Nach dem scheinbaren Überwinden der Formkrise versuchten die Bullen aus Salzburg ihren Lauf zu verlängern, doch auswärts gegen einen Gegner, der an der Wand... Salzburg besiegt ultradefensive Kapfenberger dank einer abgerissenen Flanke

Nach dem scheinbaren Überwinden der Formkrise versuchten die Bullen aus Salzburg ihren Lauf zu verlängern, doch auswärts gegen einen Gegner, der an der Wand steht, ist dies sehr selten eine leichte Aufgabe. Die Kapfenberger hatten nichts zu verlieren und neben den eminent wichtigen drei Punkten auch jede Menge Prestige zu gewinnen. Gegen einen Meisterschaftskandidaten, Europapokalteilnehmer und das wohl polarisierendste Team der Bundesliga zu siegen, dürfte auch für Mannschaften im Mittelfeld eine große Feier nach sich ziehen. Ganz zu schweigen von den Kapfenbergern, welche als haushoher Abstiegsfavorit gelten und dringend mehr Selbstbewusstsein brauchen.

Vielleicht kam ihnen ein Gegner wie Salzburg zum aktuellen Zeitpunkt sogar gerade richtig, musste man doch nicht zwingend attackieren und selbst bei einer Niederlage wären die Stimmen nicht wirklich kritischer geworden. Getreu diesem Motto begannen die Kapfenberger jedenfalls, die Hausherren spielten passiv und versuchten möglichst kompakt vor dem eigenen Tor zu stehen. Die Favoriten aus Salzburg hatten damit ihre liebe Mühe und kaum ein Vorstoß war von Erfolg gekrönt. Selten war ein Angriff gefährlich und so kam es, dass beide Teams es schafften, die erste Halbzeit ohne Schuss auf das gegnerische Tor zu beenden. Wer nun von taktischen oder individuellen Geniestreichen auf Seiten der Gäste hoffte, wurde bitter enttäuscht. Sie hatten zwar nachwievor etwas mehr vom Spiel und deutlich mehr Raum, konnten dies aber nie zu Torchancen verwerten, während die Kapfenberger zweimal vor das Salzburger Tor kamen, sich jedoch schwach im Abschluss zeigten. Passend dazu war der Siegtreffer der Gäste zu Beginn der Schlussviertelstunde ein Glückstreffer. Jantscher, zu Beginn des Spiels noch über links kommend, versuchte eine weite Flanke von der rechten Seite auf Maierhofer und Co., der Ball trudelte aber perfekt über Torhüter Wolf im Kreuzeck ein.

Wechselwirkung der jeweiligen Formationen

Von Beginn an zeigte sich, wie dieses Spiel ablaufen würde. Die Abseitsfalle der Kapfenberger konnte einfach gespielt werden, da die Viererkette passiv in der Offensive und diszipliniert auf Sechzehnerhöhe agierte. Dies hatte zur Folge, dass alle vier Spieler in der Abwehr auf ihre defensiven Aufgaben konzentriert bleiben konnten und das Linienspiel problemlos pflegen und einspielen konnten. Bereits nach wenigen Minuten schnappte die Falle zu und Sorianos Tor wurde aberkannt – nur kurze Zeit später probierten die Gäste es mit Pressing, was beinahe zu einem Tor geführt hätte. Abermals Soriano setzte die gegnerische Abwehrreihe unter Druck, der Abpraller ging allerdings über das Tor. Traurigerweise war es das eigentlich schon mit offensiven Aktionen in der ersten Hälfte, denn die Gastgeber scheuten sich nicht, eine sehr tiefe Variante ihrer eigentlichen Taktik zu spielen. Normalerweise treten sie mit einem 4-3-3 an, dieses Mal gab es aber eine überaus interessante 4-2-3-1/4-1-4-1-Version davon.

Die Krux dahinter war, dass man je nach Spielsituation die Schnittstellen unterschiedlich absperren konnte. Wenn zwei Sechser vor der Abwehr spielten, so wurden die Löcher zwischen Innen- und Außenverteidigung abgeschlossen, die beiden Innenverteidiger deckten dann Soriano eng. Wenn sich aber gar der zweite (und offensivere) Achter tiefer positionierte, so hatte man fast schon eine Dreifachsechs, welche auch die mittige Schnittstelle zustellte. Die Salzburger wurden somit zu Querpässen gezwungen und war der Ball weit auf der Seite, versuchten die Kapfenberger aggressiv im Zentrum nach vorne zu kommen. Dies hatte den Sinn, die Gegner zum Flanken zu zwingen und das Mittelfeld zu sperren – ohne Maierhofer hatte ersteres aber nur wenig Zweck, deshalb wurde der Ball nach hinten geschoben oder an den attackierenden Gegner verloren.

Da man allerdings sehr tief stand und die Mittelfeldkette weit von Stürmer Kuljic entfernt war, kamen die Kapfenberger kaum nach vorne. Sie schnürten sich mit ihrer Formation in der eigenen Hälfte ein und erst nach gut einer halben Stunde kam man öfter nach vorne. Der Hintergrund war, dass man nun mit Nadelstichen versuchte, die gegnerische Offensive etwas zu destabilisieren und sie an ihre defensiven Verantwortungen zu erinnern.

Die Einwechslungen von Maierhofer und Svento zur Halbzeit hatten nämlich die Herangehensweise Moniz‘ verändert. Mit Jantscher auf rechts in einer klassischen Außenstürmerposition und Soriano als hängender Spitze statt Leonardo packte man teilweise die Brechstange aus, wollte nun vermehrt über das ohnehin aufgezwungene Flügelspiel zum Torerfolg kommen. Hierbei litt natürlich die defensive Organisation etwas, da die Außenverteidiger nicht mehr mit den Flügelstürmern in Halbpositionen zusammen spielen konnten sowie Maierhofer vorne nicht die defensive Bewegung eines spielintelligenten und wendigen Typen wie Soriano versprach. Die kompakte Stellung der Kapfenberger hatte hier einen Vorteil, den man bei der großen Chance des eingewechselten Wendlers sah. Instinktiv konnte sich Gerson aus der Viererkette lösen und den Ball erobern. Vor ihm lag sehr viel freier Raum, er konnte Wendler (eigentlich ein Mittelfeldspieler, er wurde statt Kuljic gebracht, um mehr Bindung ans Mittelfeld zu bringen) schicken und beinahe das 1:0 markieren. Er vergab kläglich und fast im Gegenzug fiel dann der spielentscheidende Treffer.

Trotz des glücklichen Tores muss sich Moniz einiges überlegen, um die Saison zu retten. Der Meistertitel ist hier zweitrangig, es geht um die spielerische Entwicklung der Mannschaft, die kaum stattfindet. Viel brachliegendes Potenzial in einer ohnehin schwachen Liga zeugen davon, wie man sich klar unter Wert verkaufen kann, aber trotzdem darauf spekuliert, dass man ja einen Titel gewinnen und somit die Saison noch retten könnte. Die absolut falsche Herangehensweise, was Moniz, ehemaliger Jugendtrainer, eigentlich wissen sollte. Kompliment wie auch Kritik für die Kapfenberger, die sich nicht scheuten, ultradefensiv zu agieren und beinahe belohnt worden wären. Selten waren gegen so einen Gegner Sieg oder Niederlage so nah beieinander.

(RM)

Rene Maric

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