Salzburg dominiert Ried in Unterzahl – schlechte Chancenauswertung sorgt aber für 1:1
Bundesliga 16.September.2012 Rene Maric 0
Nach zahlreichen Neuzugängen und herber Kritik am Umgang mit den „älteren“ Spielern empfingen die Salzburger zuhause die SV Ried und waren zum Siegen verurteilt, um den Druck von ihren Neuzugängen zu nehmen. Die Innviertler waren dabei ein wünschenswerter Gegner, in den letzten drei Partien holten sie keinen einzigen Punkt. Allerdings hofften sie auf den Faktor Eingespieltheit, wie Marco Meilinger vor dem Spiel erklärte. Sie wollten mit ihrem Konter- und Flügelspiel die Salzburger auseinanderheben und zumindest einen Punkt holen – auf einen Sieg zu hoffen war angesichts der Durststrecke (seit 2002 kein Auswärtserfolg in Salzburg, noch kein einziger seit der Ära Red Bull) vermessen. Darum hofften die Rieder auch auf René Gartler, vor welchem sich Roger Schmidt im Vorfeld der Partie respektvoll äußerte.
Gartlers Rolle im Rieder Spiel
Die Oberösterreicher spielten einmal mehr mit einem 4-2-3-1 und als Sturmspitze lief Gartler auf. Dieser war von Defensivaufgaben befreit und sollte vorne eine Option für lange Bälle, schnelle Konter und Ballbehauptungen sein. Seine Aufgabe war es, dass er diese Bälle verarbeitete und sie solange hielt, bis die Mitspieler nachrücken konnten. Damit das klappte, zockte Gartler und bewegte sich viel entlang der Breite, insbesondere in die Löcher der aufgerückten gegnerischen Außenverteidiger. Dort fand er Räume vor und provozierte letztlich auch dadurch die rote Karte für Vorsah nach einer Notbremse.
Salzburg hatte im Mittelfeld den Ball verloren und postwendend gab es einen schnellen langen Pass auf Gartler, der sich hinter den Rücken vom Salzburger Rechtsverteidiger Klein geschoben hatte. Er ging ins Laufduell mit Vorsah, welcher als letzter Mann umgehend die rote Karte nach seinem Foul bekam. Gute Vorzeichen für die Rieder, welche somit 85 Minuten lang in Überzahl agieren konnten.
Ried kompakt in der Defensive und Zentrale
Die Mannschaft von Trainer Fuchsbichler agierte im Mittelfeld gar mit fünf Mann, also ein 4-4-1-1 als Abart des 4-5-1. Vorne zockte wie vorher erklärt Gartler, während zentral die Passwege des gegnerischen Dreiermittelfelds versperrt werden sollten. Damit wollten die Rieder verhindern, dass Berisha, Leitgeb und Co. Schnittstellenpässe spielen konnten. Dies gelang einigermaßen gut, aber es fehlte an der Beaufsichtigung der Außen, insbesondere Kampl. Durch den Fokus auf das Versperren der gefährlichen Passwege öffneten sie teilweise Räume hinter sich und in diese Löcher zwischen den Linien kam der bärenstarke Kampl.
Die Leistung von Kampl
Immer und immer wieder holte er sich Bälle ab, rochierte auf die gegenüberliegende Außenbahn oder nahm es mit mehreren Spielern auf. Er war ganz klar der beste Spieler auf dem Platz und macht den Salzburger Fans natürlich Hoffnung auf weitere solche spektakulären Spiele. Er profitierte allerdings auch von seiner Mannschaft, welche ihm diese Wege öffnete. Beispielsweise machten die Außenverteidiger das Spiel breit und öffneten ihm bei Rochaden entweder den Raum zwischen den Ketten in der Vertikale oder verhinderten, dass ihm der ballnächste Außenspieler auf seiner Seite folgen konnte. Dadurch entledigte er sich seines Gegenspielers und konnte unbedrängt Fahrt aufnehmen, was ihm erfolgreiche Dribblings im weiteren Angriffsverlauf ermöglichte. Außerdem bewegten sich Leitgeb und Berisha gut, öffneten ihm Räume im Zentrum, in welche er hineinstoßen konnte. Von dort aus spielte er die Bälle gefährlich in die Spitze. So geschehen beim Treffer von Soriano, wie wir in dem Bild sehen.
Kampl spielt den Schnittstellenpass, während Nielsen eingerückt war und verhinderte, dass Kampl einfach attackiert und Soriano gedeckt werden konnte. Rechts machte der Außenverteidiger Klein das Spiel breit, Berisha war im Vorfeld des Angriffes nach links gelaufen und hatte Kampl Räume geöffnet. Hinten sicherten Leitgeb auf der Seite des aufgerückten Außenverteidigers sowie die Innenverteidiger Hinteregger und Schiemer im Zentrum ab, während der Linksverteidiger Ulmer tief blieb. Dies war eine intelligente Variante und Antwort auf die Unterzahl von Schmidt, welche die Offensivstärke kaum beeinträchtigte.
Salzburg zu zehnt mit Chancenplus
Ursprünglich begannen die Bullen mit einer Mischung aus 4-3-3 und 4-2-3-1, in welchem Kampl und Nielsen auf den Flügelstürmerpositionen einrücken und die Außenverteidiger dahinter aufrücken sollten. Vorsah bildete zu Beginn mit Hinteregger die Innenverteidiger, davor agierte Schiemer als Sechser. Nach dem Platzverweis für Vorsah ging Schiemer nach hinten und Kampl verstärkte im Aufbauspiel bei Bedarf das zentrale Mittelfeld. Dadurch behielten die Salzburger zentral bis zum Führungstreffer die Überhand und konnten sich einige Chancen herausspielen. Später jedoch hatte Ried mehr vom Spiel und Ballbesitz, wobei ihre Angriffe etwas zu unentschlossen und mit mangelnder Durchschlagskraft vorgetragen wurden.
Fokus auf Flankenspiel
Bei den Riedern gab es nicht nur viele Hereingaben von den Außenstürmern, sondern auch Ausflüge der Außenverteidiger. Besonders Schicker auf links zeigte sich hoch, desweiteren kamen viele Flanken aus dem Mittelfeld statt von der Grundlinie hinzu. Solche Bälle sind zumeist ungefährlich und selten hatten die Salzburger Probleme damit. Sie provozierten sie gar durch eine enge Viererkette und öffneten dem Gegner die Außenbahn. Dadurch wollten sie die Rieder nach vorne locken und sie in der Abwehr dezimieren, um dann über die schnellen Außen zu kontern. In gewisser Weise kopierten sie in Unterzahl und nach der Führung jene Spielweise, welche die Oberösterreicher zu Beginn dieser Partie praktizieren wollten, was in 60% Ballbesitz für die Gäste mündete. Eine absolut unübliche Statistik für beide Mannschaften.
Fazit
Letztlich ging das Unentschieden insoweit in Ordnung, obwohl die Salzburger wegen ihrer Schwäche in der Chancenverwertung das Spiel früher hätten entscheiden und somit gewinnen können. Alles in allem präsentierte sich der amtierende Meister trotz Unterzahl stark und die Neuzugänge überzeugten. Allen voran Kampl, welcher der auffälligste Spieler auf dem Platz war und Angriff um Angriff initiierte. Ob er diese Leistung bestätigen kann, ist fraglich – falls er es tut, dann dürfte er eine außerordentliche Verstärkung sein. Auch Trainer Roger Schmidt scheint aktuell eine gute Besetzung sein, gegen konterstarke Rieder konnte das Spiel in Unterzahl dominiert werden und beinahe reichte es zum Sieg, wenn nicht eine Unachtsamkeit bei ruhendem Ball noch zum Ausgleich geführt hätte. Mit etwas mehr Effizienz vom gut aufspielenden, aber glücklosen Soriano hätte es bereits in der ersten Halbzeit zu einer souveränen Führung gereicht. Auch Sadio Mané, der zwanzig Einsatzminuten erhielt, vertändelte einen möglichen Siegtreffer für die Bullen.
Rene Maric, abseits.at
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