Salzburg stark verbessert und brandgefährlich – darauf muss Rapid am Samstag aufpassen!
Bundesliga 9.März.2012 Georg Sander 2
Es gibt Unentschieden und es gibt Unentschieden. Die einen sind zumeist langweilige Spiele ohne Rasse und Klasse. Die anderen sind solche Spiele, bei denen es viele Torszenen gibt, sich aber letztlich keine der beiden Mannschaften durchsetzen kann. Das Spiel am Mittwochabend zwischen Red Bull Salzburg und Wacker Innsbruck am Tivoli war eine Mischung.
Für Trainer Ricardo Moniz geht es in dieser Woche um alles, seinen Job und seine Reputation. Auch Walter Kogler ist nicht unumstritten, obschon sich Wacker mit einem Sieg sogar in den Kampf um die Europacup-Startplätze hätte einschalten können. Dementsprechend traten beide Teams an. Die Salzburger in einem 4-3-3 mit drei Spitzen auf einer Linie und de facto drei Spielmachern. Innsbruck trat im gewohnten 4-1-4-1 an. Es entwickelte sich in der Anfangsphase ein ansprechendes Spiel mit Halbchancen und Chancen auf beiden Seiten. In der 29. Minute erzielte Jakob Jantscher die Führung. Der Ball landete vor seinen Füßen, halblinks gut 10 Meter vor dem Tor positioniert. Der Außenstürmer zog ab, erwischte die Hand des gegnerischen Innenverteidigers und der Ball segelte in hohem Bogen über Goalie Markus Egger ins Tor. Wäre der Ball nicht reingegangen, hätte man auch über einen Elfmeterpfiff diskutieren können. Zehn Minuten später folgte schon die spielentscheidende Szene. Zunächst stellte Kogler durch die Hereinnahme von Julius Perstaller statt Spielmacher Merino und Peter Hackmair statt Muhammad Ildiz auf ein 4-4-2 mit Doppelsechs um. Auch die Bullen wechselten. Rechtsverteidiger Fränky Schiemer musste runter, sein Knie war verletzt. Er quittierte die Frage nach dem Wohlbefinden nach dem Spiel mit „Frag net!“. Christian Schwegler kam rauf und wurde sogleich von Christopher Wernitznig genarrt. Dieser bediente Alex Hauser, der zog aus 20 Metern ab und die Bogenlampe schlug zum 1:1 im Netz ein. Der Rest des Spieles war ein Mix aus Unvermögen und Pech, aber rasant. Doch worauf muss Rapid achten, will man einen entscheidenden Schritt weg vom Rest des Feldes machen?
Sturmreihe sehr aktiv
Jonathan Soriano, der spanische Neuzugang von Barcelona B, wurde erstmals an vorderster Front aufgeboten und machte einen fast ausgezeichneten Job. Er errackerte sich eine Menge Torchancen, war dort, wo es etwas zu erben gab. Immer zwischen den Innenverteidigern des Gegners positioniert sah er die eigene Hälfte nur beim Seitenwechsel und war so ein ständiger Gefahrenherd. Den ausgezeichneten Job versaute sich Soriano, indem er die Kugel schlichtweg nicht im Tor unterbrachte. Beidfüßig, mit dem Kopf, artistisch mit dem Rücken zum Tor stehend, die Kugel wollte nicht rein, vier, fünf Hundertprozentige wurden ausgelassen, Egger blieb vom Spanier unbezwungen. Richard Kitzbichler, Analyst für Red Bull und mit dem Toreschießen vertraut, wollte sich deswegen schon selber auf den Platz begeben. Auch die Außenstürmer Jantscher und vor allem Georg Teigl zeigten sich technisch versiert, blitzschnell und gefährlich. Gemeinsam mit Leonardo und Cristiano wurde Pressing gespielt und immer wieder gut vorgestoßen. Im Endeffekt ist es ein Wunder, dass die Tiroler nur einen Treffer kassierten. Weder im anfänglichen 4-1-4-1, noch im 4-4-2 konnten entscheidende Akzente nach vorne gesetzt werden.
Leonardo mannschaftsdienlich, Cristiano mit Verantwortung
Sichtbar wurde am Mittwoch, was Cristiano auszeichnet. Der 24-Jährige initiierte Angriffe aus der Tiefe, trat alle Ecken und die meisten Standards, war vorne und hinten zu finden. Wie Nebenmann Leonardo, der auf der anderen Halbposition im Mittelfeld sehr mannschaftsdienlich spielte, verschleppte er bisweilen zwar das Spiel vor dem letzten Angriffsdrittel, konnte mit seiner Technik aber für viel Unruhe sorgen. Insgesamt erarbeiteten sich die offensiven Fünf 20 Torchancen, von denen gut und gerne zumindest die Hälfte brandgefährlich waren. Georg Teigl umschrieb diese Fülle mit breiter Brust und hämischen Grinsen nach dem Spiel: „Es war wie verhext, der Ball wollte einfach nicht rein in die Hitt’n.“
Defensive stabilisiert und stark im Spielaufbau
Für die Abwehr hatte sich Moniz auch viel einfallen lassen. Ibrahim Sekagya kehrte mit der Kapitänsschleife in die Abwehrzentrale zurück. Rasmus Lindgren und David Mendes agierten quasi um ihn herum und bauten die Angriffe auf. Lindgren übernahm die Rolle des Innenverteidigers, wechselte sich aber auch mit dem Niederländer vor ihm ab. So entstand eine spielerisch starke Zentrale. Die Außenspieler, vor allem nach der Hereinnahme von Christian Schwegler konnten die Gegenspieler schon sehr früh stören, machten das Spiel breit. Sowohl Andi Ulmer als auch Schiemer/Schwegler schalteten sich gefällig ins Offensivspiel ein. Durch Außenstürmer und Verteidiger auf den Seiten und die technischen Fähigkeiten der Mittelfeldspieler Cristiano, Leonardo und Mendes entstanden ein optisches und spielerisches Übergewicht. In die Quere kamen sich die Spieler kaum. Von hinten heraus konnten die Bullen alle Varianten des Offensivspiels ausspielen. Lange Bälle, Kurzpassspiel, „tödliche“ Pässe in die Tiefe – Wacker kam mit diesem Variantenreichtum nicht zurecht.
Wacker ge- und zeitweise überfordert
Die Innsbrucker konnten in der Anfangsphase gut dagegenhalten, gaben das Spiel aber in der Folge aus der Hand. Die Anfälligkeit der wieder einmal neu gemixten Salzburger Defensive konnte im Grunde genommen nur am Anfang ausgenutzt werden. Nur zwei Mal wurde es in Durchgang zwei gefährlich, einmal rettete Walke aus kurzer Distanz (60.) und einmal segelte eine Schreter-Hereingabe in den Fünfer, fand aber keinen Abnehmer. Die Bullen machten sich aber noch eine einfache Sache zu Nutze. Lange Bälle aus der Abwehr bzw. Abschläge von Goalie Walke wurden zunächst bereitwillig den Defensivleuten der Innsbrucker überlassen. Dadurch, dass zumindest ein Verteidiger gerade mit dem Rücken zum eigenen Tor in der Mitte steht, entledigten sich die Salzburger eines Gegners. Zufällig sah das nicht aus, zu schlüssig sind die Vorzüge des Eroberns des zweiten Balles, wenn darauf ein schneller Angriff folgt.
Rapid muss aufpassen
Wenn das Spitzenspiel der 24. Runde am Samstag um 18:30 in Wals-Siezenheim angepfiffen wird, wird es massiv schwer für Rapid Wien. Zwar wird Hinteregger statt Sekagya spielen, das macht aber vor allem das Offensivspiel noch unberechenbarer. Noch dazu ist das 1:1 nur ein Punktsieg, Wacker ging nicht K.O. Dadurch wird, so Moniz an seiner Grundordnung festhält, eine Mannschaft aufs Feld kommen, die an sich selbst gescheitert ist und den Dreier auch zu Selbstbestätigung holen will. Wenn die Hütteldorfer nicht hoch konzentriert reingehen, Soriano anfängt, eine seiner Chancen im Kasten unterzubringen, dann wird es verdammt schwer, auch nur ein Pünktchen aus der Bullenarena zu entführen.
Das Selbstbewusstsein ist bei den Salzburgern zurückgekehrt. Georg Teigls und Ricardo Moniz‘ Körpersprache bei den Interviews nach dem Spiel war anders als in den letzten Wochen. Die Schultern waren stramm gezogen, die Spieler scheinen zu honorieren, dass ihr Coach – nach eigener Aussage – „alle Schläge abfängt, damit sich die Spieler konzentrieren können“. Es war nun mal eines jener Unentschieden, nach denen eine Mannschaft deutlich gewonnen hat. Rapid sollte gewarnt sein.
Georg Sander, abseits.at
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