Schwach im Aufbauspiel, nicht zwingend genug: Damari schießt nervöse Rapid-Elf K.O.
Bundesliga 10.November.2014 Daniel Mandl 2
Das Ernst-Happel-Stadion ist für Rapid einfach kein guter Derbyboden. Die Hütteldorfer legten gestern Nachmittag eine nervöse, spielerisch schwache erste Hälfte hin und wachten erst auf, als es schon viel zu spät war. Knapp wurde es trotzdem nochmal, aber das war sicher nicht einer durchgängig strukturierten Leistungen, sondern eher dem Momentum geschuldet. Derbies haben eben andere Gesetze.
Rapid-Trainer Zoran Barisic musste seine Innenverteidigung umstellen: Neben der Sonnleitner-Sperre wurde auch Maximilian Hofmann nicht fit. Dass Dibon und Stangl noch nie gemeinsam innen spielten, sah man vor allem in der ersten Halbzeit, als die Abstimmung nicht passte und zu wenig Fokus auf der Manndeckung lag. In der zweiten Halbzeit wurde das Duo zwar besser, aber ein erneut zu zögerliches Attackieren Dibons vor dem 0:3 leitete die Vorentscheidung durch Royer ein.
Heiße Schlussphase
Eine Vorentscheidung, die aber doch noch keine war. In der Schlussphase bäumte sich Rapid auf, stellte erstmals überhaupt in dieser Saison situativ auf ein Zweistürmersystem um, spielte fortan in einem 4-1-3-2 und wurde mit Glück und größerer Präsenz in der Gefahrenzone zwingender. Zuvor spielte Alar noch auf der Zehn, Hofmann versetzt dahinter. Alar ging in der 83.Minute gut in die Tiefe und besorgte gegen einen zögerlichen Heinz Lindner das 1:3. Robert Beric zeigte sich in der Nachspielzeit gegen einen ebenso zögerlichen Lindner als Schlitzohr und erzielte das 2:3. In der letzten Szene des Spiels hatte die Austria noch einmal Glück, als Schiedsrichter Harkam nach grenzwertigen Attacken gegen Novota (!) und Alar Gnade vor Recht ergehen ließ. Starkls finaler Abschluss landete nur im Außennetz und die Austria durfte sich über den ersten Derbysieg seit Februar 2013 freuen. Bis zu Alars Anschlusstreffer verzeichnete Rapid keinen einzigen Schuss aufs Austria-Tor.
Probleme von Beginn an
Es waren aber weder die glücklosen Abschlüsse in der Endphase, noch der Schiedsrichter, die schuld an der Rapid-Pleite hatten. Die zeichnete sich schon in der ersten halben Stunde ab. Rapid startete nervös ins Spiel, ließ sowohl eine spielerische Linie, als auch das in den letzten Wochen starke Gegenpressing vermissen. Die Austria stellte sich physisch dagegen, gewann einige zweite Bälle und konterte schnörkellos. Dass Jan Novota einige Male patzte, so auch beim 0:1 durch Damari, passte ins biedere grün-weiße Bild.
Rapids Aufbauspiel: Loch im Mittelfeld
Rapids Spielaufbau verlief über die gesamte erste Halbzeit schleppend. Die Abstände zwischen den Offensivspielern und den aufbauenden Defensivleuten waren deutlich zu groß. Die offensive Mittelfelddreierreihe Rapids tat zu wenig, um den zentral aufbauenden Spielern entgegenzukommen. In Rapids Mittelfeldzentrale klaffte ein riesiges Loch und man kam nur schwer hinter die Reihen der Austria. Als Resultat dessen, versuchte es Rapid immer wieder mit weiten Bällen in die Spitze, die aber locker abgelaufen werden konnten, zumal Robert Beric nicht gerade für seine offensive Zweikampfpräsenz berühmt ist. Der Slowene konnte im Derby keinen einzigen Ball sichern und der nicht immer sattelfeste Vance Sikov hatte leichtes Spiel.
Schaub auf verlorenem Posten
Das mangelnde Antizipieren der Offensivspieler spiegelte sich vor allem in Louis Schaubs Leistung wider. Der 19-Jährige fand überhaupt nicht ins Spiel, weil er seine Position am rechten Flügel zu selten verließ und ohne Ball bzw. bei Aufbauspiel Rapid viel zu offensiv eingestellt war. Ein Zurückfallenlassen des Technikers bzw. ein Einrücken in die Mitte, hätte nicht nur Rapid eine weitere, technisch beschlagene Anspielstation beschert, sondern gleich mehrere Austria-Akteure ihrer ohnehin sehr geradlinigen Aufgaben entbunden und „blank gestellt“.
Tore, die man nicht schießt…
Als Schaub dies einige Minuten vor dem 0:2 erstmals machte, wurde Rapid gefährlicher, weil die Austria nicht mehr ganz so einfach von außen nach innen verteidigen konnte. Einer der Nutznießer aus dieser Situation war auch Florian Kainz, der fortan nicht mehr so einfach gedoppelt werden konnte und so einige Torchancen vorbereitete. Schrammel und Petsos vergaben die besten Möglichkeiten – und die Austria erzielte praktisch im Gegenzug das 0:2. Auch wenn er aktuell zwei Tore weniger auf dem Konto hat als Robert Beric, ist Omer Damari der deutlich komplettere Stürmer, was er in der ersten Halbzeit eindrucksvoll bewies. Fehler der Rapid-Hintermannschaft wurden von den Veilchen eiskalt ausgenutzt, während Rapid auch offensiv Geschenke verteilte.
Schnelles Umschalten der Austria
Das Spiel der Austria war diszipliniert und beschränkte sich auf das Wesentliche. Angeführt von einem klar verbesserten Mario Leitgeb versuchten die Veilchen Bälle noch vor dem Strafraum abzuräumen und standen hierfür phasenweise sehr tief. Nach Ballgewinnen war man weniger mit der Sicherung der Bälle beschäftigt, sondern suchte mit langen Diagonalpässen den Weg in die Offensive. Der starke Alexander Gorgon, über den weit mehr lief, als über Meilinger auf der linken Seite, war für diese Diagonalpässe ein dankbarer Abnehmer, der immer wieder Druck machte und gegen Thomas Schrammel eine starke Partie ablieferte.
Rapid findet nicht ins Gegenpressing
Rapid kam durch dieses schnelle Umschalten der Austria kaum ins Gegenpressing. Das zentrale defensive Mittelfeld der Grün-Weißen verlor zu viele Zweikämpfe. Der nach seiner Verletzung ins Team zurückgekehrte Dominik Wydra war ein Totalausfall und auch Thanos Petsos hat sein Formtief noch lange nicht überwunden. Zwar spielte die Austria ihre zahlreichen Kontermöglichkeiten nur selten makellos zu Ende, aber Rapid wurde immer wieder ins schnelle Umschalten von Offensive auf Defensive gezwungen, was auf Dauer an die Substanz ging. Während man etwa gegen die Admira oder in Ried viele Bälle sofort nach Verlust zurückerobern konnte, musste man gegen die Austria sehr weite Wege gehen, um das Spielgerät zurückzuholen.
Austria lenkt Rapids Aufbauspiel nach außen
Rapid verunsicherte sich durch seine anfängliche Nervosität selbst und zeigte in der ersten Halbzeit viel zu wenig Eigeninitiative, um die Spielsituation zu verändern. Deni Alars Einwechslung machte Rapid präsenter, merzte aber die Grundprobleme im gestrigen Spiel nicht aus. Pavelic erwischte einen schwachen Tag, hinterlief seinen jeweiligen Vordermann nur halbherzig, hatte Angst Fehler zu begehen. Auch Linksverteidiger Schrammel fand nur schwer ins Spiel und verlor immer wieder die Bindung zum phasenweise starken Florian Kainz, der eher auf lange Bälle, als auf kurzes Kombinationsspiel spekulierte. Die Austria leitete Rapids Aufbauspiel aber immer wieder geschickt auf ebendiese „Schwachstellen“ um, wodurch Rapid nur die Wege durch die spärlich besetzte Mitte oder über weite Bälle in die Spitze blieben. Beide Wege fruchteten nur sehr selten.
Nur zwei Schüsse aufs Austria-Tor
Hinzu kam noch die fehlende Abgezocktheit in entscheidenden Momenten: Petsos vergab zwei Topchancen kläglich, Starkl und Schrammel je eine. Selbst aus zehn Metern oder näher trafen die Rapid-Akteure nicht einmal aufs Tor. Alar traf nach Hofmanns gut durchgeführtem Freistoßtrick den Ball nicht. Eine Statistik, die sich wie ein roter Faden durch die Rapid-Saison zieht: Die Hütteldorfer schossen im Laufe des 311. Wiener Derbys nur zweimal aufs Tor. Beide Bälle waren drin, was aber nicht viel hilft, wenn Heinz Lindner bei den restlichen 14 Schussversuchen nicht mal eingreifen musste.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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