Viele bezeichnen ihn als besten Techniker, viele auch als größten Chancentod Rapids. Doch was für ein Typ ist der Wiener „Straßenkicker“ Rene Gartler wirklich?... Schwierige Zeiten für den Straßenkicker: Das Karriere-Dribbling des Rene Gartler

Viele bezeichnen ihn als besten Techniker, viele auch als größten Chancentod Rapids. Doch was für ein Typ ist der Wiener „Straßenkicker“ Rene Gartler wirklich? Und wieso hat er noch nicht den Durchbruch geschafft? Wir werfen einen Blick auf seinen Werdegang, seine Stärken und seine Schwächen?

Er läuft in großen Schritten, seine Füße federn seine Tritte rhythmisch ab. Locker und elegant sieht das aus, seinen Kopf legt er dabei häufig nach hinten. Hat er einmal den Ball, dann bleibt der so lange an seinem Fuß kleben, bis er den geeigneten Pass spielt. Manchmal hält er den Ball vielleicht zu lange, wird von Gegenspielern umrandet und verliert den Ball. Es ist ein gewohntes Bild von Rene Gartler, den der ehemalige Rapid-Trainer Peter Pacult im Interview mit dem Rapid-Magazin als „letzten echten Straßenkicker Wiens“ bezeichnet hat. Der Letzte ist er sicherlich nicht, da reicht der Verweis auf den jüngeren Veli Kavlak, da reicht schon ein Blick in die gefüllten Käfige Wiens. Ein Straßenkicker ist Rene Gartler aber allemal, und aus Wien ist er auch.

Von Wien nach Wien

Bleiben wir in Wien, gehen wir zeitlich zurück. 1985 hier geboren, beginnt seine Karriere dort wo sie ihn später wieder zurückführt, beim SK Rapid. In der Jugend überzeugt er so weit, dass er 2005 zu seinen ersten Einsätzen in der Bundesliga gelangt. Daraufhin verleiht ihn Rapid an den damaligen Erstligisten SV Kapfenberg, in 18 Spielen erzielt er zwei Tore. Wo die Leihe in Kapfenberg aufhört, da beginnt sie mit St. Pölten. 12 Spiele und ein Tor lautet die persönliche Statistik des Wieners. 2006 kehrt Rene Gartler an die alte Wirkungsstätte zurück, ohne einen einzigen Einsatz, verbringt er ein Jahr bei Rapid. Er soll wieder Spielpraxis sammeln, diesmal am anderen Ende des Landes, beim FC in Lustenau. Und diesmal macht sich die Reise bezahlt, in 31 Spielen erzielt er 21 Tore und kürt sich damit zum Torschützenkönig der Ersten Liga. Eingeschlagen hat er also, Rapid ruft den talentierten Kicker deshalb zurück, für höhere Aufgaben, in einer höheren Spielklasse.

Von Verletzung zu Verletzung

Kurz darauf versetzt ihm eine Verletzung einen Schlag: In einem Testspiel zieht er sich eine Knochenmarkschwellung im Mittelfuß zu. In der Saison 2008/2009 reicht es für Gartler deshalb nur zu zwei Einsätzen unter Trainer Peter Pacult. Im April 2009 darf er sich über seinen ersten Bundesligaeinsatz von Beginn an freuen, die Mannschaft kann später über einen 4-2 Sieg gegen Austria Kärnten jubeln. Die Freude wird allerdings dadurch getrübt, dass Rene Gartler sich schon nach neun Minuten einen Kreuzbandriss zuzieht und den Rest der Spielzeit von den Rängen mitverfolgt. Im Sommer 2009 ist seine Verletzung auskuriert, Gartler wieder bereit Bundesligaluft zu schnuppern. 19-mal darf er diesmal schnuppern, drei Tore hat er am Ende des Jahres vorzuweisen, auch seinen ersten Europacupeinsatz. Vorzuweisen hat er aber vor allem technische und spielerische Klasse. Gartler setzt bei seinen Einsätzen stets Akzente. Schwer hat er es unter Pacult dennoch und das obwohl er von schweren Verletzungen verschont bleibt. Angesichts dessen sind 16 Einsätze in der Saison 2010/2011 eine enttäuschende Anzahl.

Kreative Lücke

Peter Pacult hatte es nicht geschafft, die spielerische Lücke, die durch namhafte Abgänge entstanden war, zu schließen. Das wenig flüssige, defensive 4-4-2 hinterließ ein kreatives Loch im Zentrum. Ein Loch, das Rene Gartler zumindest teilweise hätte schließen können. Und das bewies er auch, im wohl besten Saisonspiel Rapids gegen Sturm Graz überzeugte die hängende Spitze Gartler als Spielmacher und Torjäger, beim 3:1-Sieg schoss er zwei Tore, dazu zwei weitere Tore im Verlauf der Saison und immerhin drei in der Europa League. Doch Pacult setzte häufig nicht auf den spielerisch und technisch starken Stürmer. Und das in einer miserablen Saison, in der die Kreativität an alle Ecken und Enden fehlte. Es mag auch daran gelegen haben, dass er gemeinsam mit seinem damaligen Klubkollegen Andreas Lukse nach angeblichen „nächtlichen Eskapaden“ zu einer Abmahnung und Geldstrafe seitens des Vereins verurteilt wurde. Gartler widersprach den Vorwürfen später im Interview mit dem Standard: „Ich war nicht wirklich beteiligt bei der Sache, aber mitgehangen, mitgefangen.“ Die Geldstrafe wird Gartler nicht hart getroffen haben. Bei Pacult hatte er aber fortan einen schweren Stand, sein Trainer kritisierte ihn gerne auch öffentlich. Wie sein Verhalten abseits des Fußballs ausgesehen hat, bleibt hier offen. Klar ist allerdings, dass er keine langfristige Chance erhalten hat, um sich einzuspielen, sich beweisen zu können, obwohl er in seinen Einsätzen durchaus überzeugen konnte.

Opfer des Systems?

Neue Zeiten, neuer Trainer. Peter Schöttel ist nun Trainer. Ein Trainer, der den feinen Techniker öffentlich in höchsten Tönen lobt. Zu Beginn der aktuellen Saison ist Gartler auch bald kurzzeitiger Stammspieler. Schöttel hat erkannt das Gartler als hängende Spitze neben einem Stoßstürmer für das 4-4-2 wie geschaffen ist, in dem er einerseits das zentrale Mittelfeld im Spielaufbau unterstützt, andererseits auch im Strafraum für Gefahr sorgt. Erkannt hat Schöttel allerdings auch, dass Gartler in seinem neuen 4-2-3-1 als Solospitze die Kaltschnäuzigkeit fehlt, nur zwei Tore hat er bislang erzielt. Es ist die Schwäche des Rene Gartler vor dem Tor, die seinen richtigen Durchbruch verhindert hat. Vielleicht sieht Schöttel ihn in diesem System als Spielmacher oder Flügelspieler.

Stärken, Schwächen und Entscheidung

Manche Rapid-Fans haben ihn bereits abgeschrieben, sie vergessen dabei, dass Stürmer heutzutage nicht unbedingt an Toren gemessen werden. Gartlers Stärken liegen im Spielaufbau, vom Ball ist er kaum zu trennen und schafft dadurch neue Räume, bereitet Tore vor. Solange die Tore geschossen werden, spielt es keine Rolle wer sie schießt. Mit Sicherheit gehört er zu den besten Technikern der Liga. Viele werfen ihm dafür mangelnden Körpereinsatz vor. Doch Gartler hat gezeigt, dass er bereit ist zu lernen. In den letzten Partien präsentiert er sich deutlich kämpferischer. Rapid wird also gut daran tun mit ihm zu planen, allerdings nur dann, wenn er auch ein fixer Bestandteil des Plans ist. Ansonsten wird Gartler über seine Zukunft vielleicht so entscheiden, wie er es auch im Spiel tut, gegenüber dem Standard hat er einmal gesagt: „Ich lasse es eher auf mich zukommen und entscheide mich in der Situation, was am besten ist.“ Am besten wäre es, wenn sich Rene Gartlers Dribbling fortsetzt und Aktionen wie diese weiterhin zu sehen sind: Beim 3:4 in der Südstadt hat er ein Abseitstor geschossen, indem er den Ball aus der Drehung mit der Ferse ins Tor beförderte.

Emanuel Van den Nest, abseits.at

Emanuel Van den Nest

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