Sechs Tore und eine Traumpartie für Taktiker: Die SV Ried besiegt Grödig mit 4:2!
Bundesliga 29.September.2013 Rene Maric 0
In einem interessanten und taktisch hochwertigen Spiel gewann die SV Ried nach einer fulminanten Anfangsphase mit 4:2. Dabei fielen fünf Tore innerhalb der ersten halben Stunde, in welcher zuerst die SV Ried mit drei Toren die taktischen Instabilitäten der Grödiger bespielte. Zwar spiegelte das Resultat nicht die mannschafts- und gruppentaktischen Unterschiede wieder – die deutlich geringer waren –, zeigte aber dennoch die höhere Erfolgsstabilität der Oberösterreicher im Vergleich mit den Salzburgern
Grödig im 4-1-4-1, mit aggressivem Pressing… und Kinderkrankheiten
Die Gäste begannen im 4-1-4-1 und spielten – wie üblich – ein leidenschaftliches, aggressives und auch relativ hohes Pressing. Auch nach Ballverlusten wird sofort (Gegen-)Pressing praktiziert und es wird aggressiv auf den Ballführenden des Gegners geschoben. Mit dieser Spielweise konnten sie sich bislang nicht nur viele Punkte (trotz einiger Gegentore) sichern, sondern überwinden die individuelle Unterlegenheit und sorgen nebenbei für ein paar neue Sympathisanten.
Ironie des Schicksals: Den ersten Gegentreffer erhielt Grödig eben wegen schlechter Ausspielung des Pressings bzw. individueller Schwächen dabei. Sie stellten einen Abschlag der Rieder mannorientiert zu, wodurch Torwart Gebauer einen langen Ball spielen musste. Hier war die Mannschaft nicht kompakt genug, einer der Innenverteidiger schiebt heraus und erreicht den Ball nicht ordentlich. Dank gutem Einsatz von Gartler und schneller Reaktion Zuljs fällt dann das 1:0.
Beim 3:0 gab es ein ähnliches Prinzip:
Gut zu sehen ist, dass der Zwischenlinienraum bei den langen Bällen etwas zu weit offen ist, die Formation ist in der Vertikale gestreckt und es sind Löcher vorhanden, in welche die Rieder diese langen, hohen Befreiungsschläge auch effektiv spielen können. Darum muss ein Innenverteidiger herausweichen und in den Luftzweikampf gehen, wodurch ein Loch entsteht. Die verbliebenen drei Verteidiger der ursprünglichen Viererkette schieben das Loch zwar zu, allerdings kann Gartler sich in der Zwischenzeit einfacher zum Ball orientieren und hat ihn. Nun dreht er sich und das Loch ist durch die zusammengezogene Enge zu, allerdings entsteht ein anderes Problem.
Wie üblich wich Gartler auf die Flügel aus – nun mit Ball statt ohne – und zieht die Aufmerksamkeit der Gegner auf sich. Hier sieht man die Gefahr einer solchen engen Formierung nach einem herausgerückten Spieler: Zulj erkennt die mangelnde Breite im Defensivspiel der Grödiger und geht intelligent und dynamisch auf den zweiten Pfosten, wo er den Ball erhält und das Tor macht.
Somit fielen zwei der ersten drei Tore aufgrund größerer individueller (verlorene Zweikämpfe, mangelnde Dynamik im Herausrücken) und gruppentaktischer Probleme (mangelnde Kompaktheit im Zwischenlinienraum, vereinzelt mangelnde Breite im Defensivspiel). Das zweite Tor war allerdings schon eher ein Beispiel für mangelnde gruppentaktische Abstimmung.
Nach einer Pressingsituation rückt der Rechtsaußen Grödigs nach vorne auf und setzt sein Pressing fort; was man durchaus auch als ersten Fehler sehen kann. Man kann das natürlich auch so praktizieren, dafür wird er allerdings weder von einer kompakt aufrückenden Mannschaft unterstützt, noch verschiebt das ballferne Mittelfeld horizontal zu ihm und sichert die Mitte. Dadurch kann der pressende Spieler enorm einfach ausgespielt werden und es entsteht eine große Lücke in der Mitte.
Dadurch kann der Rieder einen Schussversuch anbringen – dass der in der eigentlich gut stehenden Viererkette der Grödiger landet und da auch noch genau beim Rieder Stürmer, ist natürlich Pech. Wären aber die vorhergehenden taktischen Aspekte richtig praktiziert worden, dann wäre es gar nicht zu diesem Pech gekommen und der Gegentreffer hätte nicht fallen können.
Ried taktisch abgezockter und kompakter
Letztlich zeigte sich in diesem Spiel, dass die Rieder mehr Zugriff auf den Gegner hatten und sich innerhalb ihrer Formation deutlich stabiler verhielten. Sie konnten viele Grödiger Angriffe unterbinden oder zumindest im letzten Spielfelddrittel abfangen. Ursache dafür war – neben der höheren Kompaktheit und den abgestimmteren Bewegungen – auch, dass sie sich etwas mannorientierter verhielten.
Zogen die Grödiger ihre schnellen Konter über die Flügel und die Halbräume durch, dann wurden sie von den Riedern mannorientiert verfolgt. Fiel dann der Außenstürmer zurück, stieß der Außenverteidiger in die Spitze oder rückte einer der Achter auf und ging auf den Flügel, wurden sie alle vom vorherigen Gegenspieler verfolgt. Damit wollte man Kommunikationsprobleme im Übergeben vermeiden, welche bei den schnellen Angriffen der Grödiger und ihren Überladebewegungen entstehen. Gleichzeitig wurden die Grödiger in mehr Zweikämpfe verwickelt und sahen sich oft unter Bedrängnis, während die Rieder immer zu den Manndeckern einen oder zwei freie Spieler in der Nähe hatten, um sich öffnende Löcher zu versperren.
Auch das Aufbauspiel der Grödiger wurde behindert.
Die zwei Stürmer des Rieder 4-4-1-1/4-4-2-Pressings orientierten sich immer wieder an den Mittelfeldspielern des Gegners und stießen dann nach vorne, um die Innenverteidiger unter Druck zu setzen. Dadurch verstellten sie zuerst die Anspielstation ins Mittelfeld, konnten dann auf den richtigen Moment zum Pressing warten und schoben dann mit einem der gegnerischen Mittelfeldspieler im eigenen Deckungsschatten nach vorne, wodurch sie viel Druck erzeugten.
Dies kann man dann in der nächsten Szene beobachten.
Der Verteidiger Grödigs kann nun eigentlich nur zurückspielen oder auf die Seite passen, ein Angriff über die Mitte wird unterbunden und es gibt kaum die Möglichkeit konstruktiv längere Angriffe aufzubauen.
Fazit
Zu Beginn wirkten die Grödiger in ihren Pressingbemühungen unharmonisch, etwas chaotisch und schwach abgestimmt, obgleich die Tatsache, dass und welches Pressing sie spielen, schon aller Ehren wert ist. Es gab zwar eine Phase, wo der SV Grödig nach einem Flügelkonter und einen Standard ins Spiel zurückkamen, doch die Rieder fanden sich und nach der gelb-roten Karte für Leitgeb – einen der Schlüsselspieler im Mittelfeld, sowohl für die defensive Balance als auch für die Offensivbewegungen – war das Spiel de facto entschieden.
Die Oberösterreicher setzten noch ein Tor in der zweiten Hälfte drauf und gewannen die Partie schließlich verdient. Somit setzt sich die SV Ried auf Platz 2 fest – vor Grödig, die auf Platz 3 liegen. Ein kleiner Triumph für die individuell schwächeren, aber kollektiv innovativen Teams.
Rene Maric, abseits.at
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Rene Maric
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