Sehenswertes Spiel trotz weniger Treffer – Ried und Austria trennen sich 1:1
Bundesliga 20.Oktober.2013 Rene Maric 0
Das wohl interessanteste Duell dieses Spieltags fand in Oberösterreich statt. Die SV Ried empfing den amtierenden Meister Austria Wien. Bei der Austria kriselt es aktuell ein wenig: Mit 15 Punkten aus 11 Partien (bzw. nun nach dieser Partie mit 16 Punkten bei 12 Spielen) findet man sich in der Tabellenmitte mit einem großen Rückstand auf Tabellenführer Red Bull Salzburg (28 Punkte) wieder.
Die Meisterschaft scheint bereits früh in Ferne gerückt, doch das Ziel dürfte nach wie vor sein, so bald wie möglich sich auf Platz 2 heranzupirschen und dann eventuell doch noch angreifen zu können. Aber bis zu diesem Spieltag fand sich der Gegner aus Ried auf dem zweiten Rang und zeigte bislang eine starke Saisonleistung. Zuhause machten sie der Austria das Leben wie erwartet schwer und konnten einen Punkt holen; es hätte noch mehr sein können.
Ried: Phasenweise mehr Ballbesitz und mehr Schüsse
In dieser Partie war auch gut zu sehen, dass die SV Ried das Image des ewigen Underdogs nun bewusst abgelegt hat und sich nicht mehr auf Konter und das reaktive, tief angelegte 3-3-3-1/3-3-1-3-System früherer Tage konzentriert. Schon seit langem wird das 4-2-3-1 in unterschiedlichen Arten praktiziert, doch ein Fokus auf ein höheres Pressing und mehr Kurzpässe oder Schnellangriffe über die Halbräume sind erst in den letzten Wochen und Monaten strukturierter geworden; was sich auch in den Ergebnissen wiederspiegelt.
Gegen die Austria kamen sie teilweise auf über 55% Ballbesitz, obwohl sie gegen den Meister spielten, und hatten auch mehr Torschüsse, obgleich die Austria ein paar Großchancen nicht beenden konnte. Hier hatte die Austria ein Problem im Nachrücken, spielte teilweise sehr gut ins letzte Drittel, war dort aber nicht präsent genug, um mehrere Optionen im Abschluss zu haben.
Interessant zu sehen war passenderweise, dass es eben oftmals die Austria war, welche den Ball nach Balleroberungen schnell verlor und ihr Offensivspiel teilweise zu direkt ausgelegt hatte. Mehrmals kam kein ordentlicher Kurzpass bei der Mannschaft aus Favoriten, sondern ein blinder Pass in die Spitze auf den ausweichenden Philipp Hosiner oder die beweglichen Außenstürmer.
Dafür dürften aber nicht nur weniger Automatismen, schlechtere Mechanismen oder ein übergeordneter Matchplan die Ursache sein. Die Rieder pressten nämlich hoch und nach Ballverlusten spielten sie sofort ein intensives Gegenpressing; in einer Szene in der ersten Halbzeit geriet sogar Austria-Torwart Lindner in eine Gegenpressingsituation, als er nach dem Ballgewinn eines Innenverteidigers angespielt und danach von zwei gegenpressenden Riedern angelaufen wurde. Die Konsequenz: Langer Ball, den sich die Rieder holen.
Die Rieder wechselten dabei gekonnt zwischen unterschiedlichen Intensitäten im Gegenpressing und Höhen im normalen Pressing; manchmal verfolgten sie Balllverluste mit drei oder vier Leuten, manchmal nur mit 1-2 in der Nähe agierenden Spielern. Beim Pressing gingen sie ein paar Mal ins Angriffspressing, spielten ansonsten ein tiefes oder hohes Mittelfeldpressing. Dadurch veränderten sie den Spielrhythmus der Partie, stellten die Austria vor unterschiedliche Aufgaben im Spielaufbau und waren gleichzeitig taktisch wie körperlich stabiler über 90 Minuten.
Ein Fokus lag dabei auf einer engen Positionierung der Stürmer und teilweise relativer Passivität im Anlaufen der Innenverteidiger, um den Sechserraum nicht zu öffnen. Die Unterzahl in der Mitte sollte nicht existieren und auch im Spiel nach hinten waren Robert Zulj und René Gartler überaus aktiv, wodurch die Austria selten längere oder ruhige Ballbesitzphasen im zweiten Drittel hatte. Wenn James Holland zwischen die Innenverteidiger abkippte, hatten die Austrianer Unterzahl und spielten meistens entlang des Flügels, welche die Rieder öfters gut isolieren konnten.
Die Austria mit einer Hybridformation im Pressing
Allerdings spielte nicht nur die SV Ried ein interessantes Pressing bzw. überhaupt ein solches, auch die Austria zeigte sich phasenweise sehr aktiv und stellt mit variablen Positionierungen das Mittelfeld zu. In der vergangenen Saison spielten die Austrianer ein 4-1-4-1/4-3-3, diese Saison hat sich dieses 4-1-4-1 etwas gewandelt.
Nun hat Simkovic eine gewisse Doppelrolle im Defensivspiel. Er unterstützt vorne Hosiner im Pressing und bildet dann 4-1-3-2, 4-4-1-1 oder gar 4-1-3-1-1-Formationen. Aus letzterer Formation, die wir in diesem Standbild sehen, kann er sich dann bei Bedarf wieder zurückfallen lassen oder eben Hosiner unterstützen.
Allerdings hat Nenad Bjelica das bisherige 4-1-4-1/4-3-3 nicht gänzlich ad acta gelegt. Immer wieder wird es eingenommen, auch wenn es etwas passiver über die Flügelstürmer interpretiert wird, als es vergangenem Jahr noch der Fall war. Hierbei stellen sie dennoch die Mitte gut zu, machen den Raum dort eng und verhindern konstruktive Angriffe über diese Räume. Mit Holland und Mader können sie außerdem direkt nach Ballgewinnen gute lange Bälle spielen oder eben eine Doppelsechs bilden, wenn Simkovic nach vorne rückt und ins Pressing geht.
In diesem Bild ist zum Beispiel schön zu sehen, dass die beiden Achter Mader und Simkovic exakt auf einer Höhe agieren, was im ersten Bild nicht der Fall war, wo sie in einem Vertikalabstand von ungefähr 15-20 Metern zueinander standen.
Dazu kommt, dass die offensiven Außenspieler Außenspieler bei der Austria defensiv stärker einrücken und ihren Aktionsradius mehr in der Horizontale, statt in der Vertikale haben; in einer Szene entstand gar ein 4-3-2-1 mit breiter Dreierkette im Mittelfeld bei der Austria, als die Rieder über den defensiven Halbraum aufbauen wollten.
Man merkt also, dass trotz der schwächeren Ergebnisse und den nachlassenden Strukturen im Offensivspiel Bjelica und die Austria sich in einem bewussten und geplanten Umbruch befinden, der aktuell wohl eher in der Defensive vorangetrieben wird. Es wird interessant zu sehen, ob und inwieweit diese Veränderungen sich noch positiv in dieser Saison auswirken werden.
Fazit
Ein gutes Spiel mit viel Hin und Her im zweiten Spielfelddrittel. Generell scheint es immer mehr und variableres Pressing in der österreichischen Bundesliga zu geben, auch der SV Grödig oder Red Bull Salzburg nähern sich ideologisch an die deutsche Bundesliga an: Viel Pressing, schnelles Kombinationsspiel, aber kein reiner Fokus auf Konter oder Ballbesitzspiel und natürlich Gegenpressing statt eine prinzipielle Rückkehr auf die Position. Damit kann es weitergehen – denn das 1:1 zwischen den Riedern und der Austria war trotz „nur“ zwei Treffern durchaus sehenswert.
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Rene Maric
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