Die SV Ried spielte auswärts gegen den SC Wiener Neustadt. Die Oberösterreicher wollten dabei einen Sieg verbuchen, um den Abstand auf Austria Wien zu... Spannend und taktisch wechselhaft: SC Wiener Neustadt remisiert gegen die SV Ried mit 3:3

Thomas Pichlmann - SC Wiener NeustadtDie SV Ried spielte auswärts gegen den SC Wiener Neustadt. Die Oberösterreicher wollten dabei einen Sieg verbuchen, um den Abstand auf Austria Wien zu wahren und gegebenenfalls auch zu beginnen einen Vorsprung auf die SV Grödig aufzubauen, um langfristig Platz 2 zementieren zu können. Auf diese wartet nämlich im Salzburger Derby eine schwere Aufgabe.

So ähnlich sah es bei Wiener Neustadt aus. Mit einem Sieg hätten sie sich wieder etwas nach vorne arbeiten, schon präventiv die formstarke Admira und natürlich kurzfristig noch den Vorletzten Wacker Innsbruck auf Distanz halten können und sich bestenfalls schon zum Mittelfeld orientieren können. Im Spiel gegen die Rieder zeigten sie dabei sogar gegen eine der formstärksten Mannschaften eine gute Leistung.

Ähnliche Formation, ähnliche Ausrichtung, ähnliche Anfälligkeiten

Wiener Neustadt - Aufstellung-4Rein formativ hatte eigentlich keine Mannschaft irgendwo eine automatische Überzahl. Beide Teams spielten defensiv mit einem 4-4-1-1/4-4-2, auch wenn Robert Zulj vielleicht etwas stärker mit nach hinten arbeitete als Herbert Rauter. Beide Mannschaften spielten dieses 4-4-2 kompakt und in einem Mittelfeldpressing, obwohl es situativ auch höher oder tiefer angelegt werden konnte. So waren die Hausherren manchmal sehr aktiv, gingen früh auf die Rieder Innenverteidiger, wenn diese höher standen und pressten bei Rückpässen auch Torwart Gebauer. Manchmal standen sie aber bewusst tiefer und selten sogar sehr passiv da, um sich von diesen Pressingphasen zu entspannen.

SV Ried - Aufstellung-8Nichtsdestotrotz war es über weite Phasen eine intensive Partie in puncto Defensivarbeit, beide Teams wollten die Mitte versperren, bei Pässen in diese Zone sofort aggressiv attackieren und auf dem Flügel die Gegner isolieren. Diese beiden taktischen Aspekte sorgten aber für eine interessante Wechselwirkung: Gelegentlich wurde die Mitte zu dicht gemacht und die Seite waren offen, was gefährliche Flanken ermöglichte.

René Gartlers Tor zum 1:1 fiel zum Beispiel aus einer solchen Szene:

schwache Staffelung Wiener Neustadt

Wie im Bild gut zu sehen ist die Formation der Hausherren kurzzeitig nicht mehr klar erkennbar. Die Viererkette steht nicht auf einer Linie, der Rechtsverteidiger agiert sehr breit und ist gar nicht im Bild. Auch dem Mittelfeld ist das Linienspiel kurzzeitig total abhanden gekommen, der Rechtsaußen ist sehr weit eingerückt und steht auf der vertikalen Höhe des rechten Innenverteidigers. Die Rieder können dadurch einen Pass auf die Außenbahn spielen, für Wiener Neustadt heißt es jetzt Verschieben.

Intensitätsprobleme

Nun haben sie aber Probleme mit der Intensität im Pressing. Ried macht das sehr gut, ein Lauf in die Schnittstelle zwischen Innen- und Außenverteidiger verhindert das Herausrücken auf den Linksverteidiger Rieds. Mimm, der zuvor eingerückte Rechtsaußen bei Wacker, kann keinen Druck aufbauen und deckt somit seinen Gegenspieler nicht. Schicker kann dadurch eine scharfe und präzise Flanke ohne Bedrängnis und Zeitdruck bringen, Gartler sagt Danke und gleicht aus.

Der Sportclub übernimmt die Oberhand im Pressing

Alles in allem war der Sportclub trotz etwas weniger Struktur die kompaktere und aggressivere Mannschaft, insbesondere in der Anfangsphase. Durch die sehr aktive Spielweise bei Pässen in die Mitte und einem laufintensiven Verschieben gewannen sie unglaubliche 85% der Zweikämpfe bis zum 1:0. Sie gewannen viele enge Zweikämpfe, konnten Situationen dadurch entschärfen und gingen schnell in Konter, wodurch sie wiederum in der gegnerischen Hälfte landeten und Ried zurückdrückten.

Phasenweise hatten die Hausherren darum an die 60% Ballbesitz, ohne wirklich auf Ballbesitz zu spielen. Vielmehr war es die Effizienz in der Balleroberung, welche ihnen diesen Wert ermöglichte und die Rieder bei der Raumaufteilung in der Offensive vor Probleme stellte. Allerdings arbeiteten sich die Oberösterreicher zurück ins Spiel. Mit intelligenter Deckungsarbeit konnten sie einige Male gute Konter fahren und sorgten ihrerseits für ein Spiel mit viel Hin und Her.

pressing der rieder

Hier ist zum Beispiel eine Gegenpressingsituation aus der Anfangsphase zu sehen. Die Rieder orientieren sich mannorientiert und üben Druck auf den Ballführenden aus, der ein schlechtes Sichtfeld hat. Dieser versucht einen Pass zu spielen, bringt ihn aber nicht ordentlich an. Walch, der sich schon mannorientiert am potenziellen Passempfänger orientiert hatte, sprintet in den Passweg und kann dann ein gefährliches Solo machen.

Dazu gesellten sich weitere Probleme in puncto defensiver Intensität und Stabilität beim SC. Beim 2:2 war es abermals zu viel Raum für Ried, der für den Treffer sorgte.

Intensitätsprobleme 2

Die Verteidigung und das Mittelfeld bewegen sich im Defensivspiel nicht harmonisch, wodurch riesige Räume im Zwischenlinienraum offen sind. Walch auf links kann dadurch einen Lauf in diesen Raum starten, er hat genügend Zeit und Raum, um diagonal zu gehen und dort abzuschließen. Unterstützt wird er hierbei aber wiederum von seinen Mitspielern.

Walchs Schuss

Die Hausherren versuchten noch sich um Walch zu ballen und Druck zu erzeugen. Aber es war wieder ein für die Rieder typischer Schnittstellenlauf, der den ballnächsten Gegenspieler wegzog und Walch die Chance zum Schuss ermöglichte. Diesen Schuss konnte der Torwart nicht festhalten, Gartler staubte ab und besorgte das 2:2.

Die Rieder zeigten aber gelegentlich ebenfalls Staffelungsprobleme, die aber eher bei gegnerischen Kontern existent waren als im Spiel selbst.

ried beim 01 mit staffelung und abseitsproblemen

Hier spielten die Hausherren einen langen Ball in die Spitze, der verlängert wurde. Die Rieder spielen nicht auf Abseits, sondern mannorientiert – was an sich kein Problem ist und durchaus die stabilere Variante. Aber dann muss man auch die Zweikämpfe gewinnen, was hier nicht der Fall war und der durch die Nicht-Abseitsfalle offene Raum bespielt werden konnte.

Ein ähnliches Problem bei den Zweikämpfen gab es beim 3:2 durch Martschinko, der nach einem langen Ball der Rieder den Ball 30 Meter vor dem eigenen Tor erhielt und daraufhin fünf Spieler stehen ließ, an die 60 Meter mit Ball am Fuß lief und dann den treffen konnte. Nach einer roten Karte konnte Ried aber in der Schlussphase noch ein weiteres Mal ausgleichen und das Spiel mit einem 3:3 nach dreimaligem Rückstand beenden.

Fazit

Alles in allem war es also taktisch ein durchaus simples Spiel: Beide Mannschaften pressen in ähnlicher Ausrichtung und mit ähnlichen Mechanismen, doch während die Hausherren hierbei intensiver und aggressiver sind, fehlen ihnen oft die Strukturen und sie können die Intensität nicht durchgehend aufrechterhalten, da es ihnen bisweilen auch an der Kompaktheit mangelt.

Die Rieder hingegen schienen strukturierter und stabiler zu stehen, ließen aber mehr Chancen zu und verloren klar mehr Zweikämpfe, wodurch sie letztlich auch zwei Tore erhielten. Beide Teams können mit diesem Unentschieden zufrieden sein.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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