Es war wohl das Topspiel dieses Spieltags: der Zweitplatzierte und Austria-Verfolger Red Bull Salzburg spielte auswärts in Graz gegen den SK Sturm. Aus taktischer... Spiel auf Augenhöhe: Sturm und Salzburg trennen sich mit 1:1!

Es war wohl das Topspiel dieses Spieltags: der Zweitplatzierte und Austria-Verfolger Red Bull Salzburg spielte auswärts in Graz gegen den SK Sturm. Aus taktischer Sicht war es interessant zu sehen, wie Peter Hyballa auf die Salzburger Offensive reagieren würde und ob er sich zuhause tiefer positionieren würde.

Dies war der Fall, auch wenn es unter anderem an der frühen Führung durch Richard Sukuta-Pasu lag, weswegen sich die Grazer zwecks Ergebnisverwaltung noch etwas tiefer positionierten. Sie wollten über das Konterspiel die Offensive des Gegners aushebeln und die aufgefächerte Formation attackieren, was aber nur teilweise gelang. Die Salzburger spielten gut gegen die Grazer Anordnung an und konnten letztlich nach einer schwachen ersten Halbzeit, wo sie weniger Chancen (3:6) bei mehr Ballbesitz (über 60%) hatten, ihrem Spiel einen positiven Trend geben. Dieses Momentum reichte aber nur zu einem Unentschieden.

Die Spielweise des SK Sturm

Hyballa stellte einmal mehr seine Formation und sein System um. Ob ein 4-4-2 mit einer Raute im Mittelfeld, ein 4-3-3, ein 4-2-3-1 oder gar verkappte Vier-Stürmer-Systeme; bislang war alles dabei. Dieses Mal entschied er sich für ein 4-4-2, um mit zwei konstanten Viererketten seiner Mannschaft defensive Stabilität zu verschaffen.

Zwei Viererketten sind auch deswegen so stabil, weil man die gesamte Breite des Spielfelds abdecken kann und in der Defensive nur zwei Bänder besitzt, wodurch man in der Vertikale extrem kompakt sein kann. Das Ziel ist es, dem Gegner – und gegen Salzburgs Dribbler ist dies besonders wichtig – den Raum zwischen den Linien zu versperren oder im Idealfall schlicht inexistent zu machen. Darum stellte Hyballa auch den bisherigen offensiven Außenverteidiger Leonhard Kaufmann eine Ebene nach vorne als defensivstarken rechten Mittelfeldspieler.

Dahinter spielte Martin Ehrenreich als Rechtsverteidiger – eine überraschende Wahl, welche die Defensive verstärken sollte. Der Schachzug sollte aber nicht ganz aufgehen, Ehrenreich hatte offensiv wie defensiv noch Luft nach oben. Sein Gegenüber Christian Klem spielte beispielsweise überzeugender, ging immer wieder gefährlich mit nach vorne und versuchte Flanken auf Sukuta-Pasu und Rubin Okotie anzubringen.

Gleichzeitig wollte er die offenen Löcher in der aufgefächerten Offensivformation der Bullen attackieren und seinen Vordermann Florian Kainz unterstützen. Dieser zog mit Ball am Fuß in die Mitte und öffnete für Klem die Außenbahn.

Dazu sehen wir uns zur Verdeutlichung dieser Grazer Ausrichtung ein paar Spielszenen an, wo wir uns auf das Umschaltspiel, die Defensivformation und einen beispielhaften Angriff ansehen werden.

Die Defensive

Wie erwähnt spielte Sturm in einem 4-4-2:

Gut zu sehen ist, dass die beiden Stürmer relativ hoch blieben und sich an den gegnerischen Innenverteidigern orientierten. Diese sollten abgeschirmt oder schnell gepresst werden können, um endlose Ballstafetten der Salzburger oder gefährliche lange Bälle Franky Schiemers zu vermeiden.

Im Mittelfeld hatte Sturm Graz dann einige lose Mannorientierungen. Der Grazer Außenspieler weicht in dieser Szene auf den Außenspieler der Salzburger heraus, wodurch sich in der Mitte ein freier Mann öffnet. Der aktuell tiefste Grazer Spieler in dieser kurzzeitigen 4-1-3-2-Anordnung weicht heraus und presst ihn, während sein Nebenmann in der Mitte zurückweicht.

Dies bedeutet, dass die Rollenverteilung in dieser Doppelsechs des 4-4-2 –Systems nahezu identisch war: Michael Madl hielt sich zwar öfter tiefer, aber es war egal, welcher der beiden zum Pressing herausschob und welcher in Abwehrnähe bleiben sollte, um den Salzburgern die gefährlichen Räume zu versperren.

Das Grazer Umschaltspiel

Aus dieser stabilen Defensive mit den zwei hohen und zockenden Mittelstürmern heraus sollte gekontert werden. Ein Beispiel dafür haben wir hier.

Der Außenverteidiger und der Außenmittelfeldspieler der Hyballa-Elf haben intelligent herausgeschoben, gepresst und den Ball erobert. Sie hatten nun weite Räume hinter der Abwehr und auf den Flügeln vor sich, weil Salzburg attackieren musste und im Offensivspiel das Spielfeld logischerweise so breit wie möglich machte sowie gleichzeitig hoch aufrückte.

Nun gab es für Sturm die Option mit Ball am Fuß oder zu zweit über die Außen Raum zu überbrücken. Im Normalfall entschieden sie sich aber für lange Bälle in den freien Raum hinter der Abwehr, um die breiten Schnittstellen zu nutzen und ihre schnellen Stürmer einzusetzen. In diesem Fall starteten sowohl Okotie als auch Sukuta-Pasu dynamisch in die Vertikale und konnten somit einen kleinen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber ihren Gegenspielern ergattern.

Im Idealfall würden die Salzburger ein riskantes Spiel auf Abseits versuchen und daran scheitern – der Weg wäre durch gewesen. Doch Salzburg spielte wenig auf Abseits, insgesamt nur zwei Mal; sie selbst tappten aber ganze sieben Mal in eines.

Die Bullen taten gut daran, vorsichtig zu verteidigen. Sie verloren zwar ein paar Laufduelle, konnten aber wegen der großen Distanz zum Tor den Gegenspieler zumeist noch rechtzeitig stellen oder ihn vom Weg zum Tor abdrängen, was die Chancenqualität der Grazer in solchen Situationen verminderte.

Ein beispielhafter Klem-Vorstoß

Alternativ konnten die Grazer auch über die Seite kommen, wo sie Klem nach ähnlichem Prinzip wie oben zu utilisieren versuchten.

Hier erkennt man die vier Akteure in der Mitte und die zwei beweglichen Stürmer an vorderster Front gut. Kainz ist am Ball und ist frei von Gegenspielern, weil Klem aufrückt und den gegnerischen Außenverteidiger von einer Manndeckung abhält. Gleichzeitig kann Klem mit Dynamik nach vorne stoßen und hatte einen Geschwindigkeitsvorteil – bei ausreichend offenen Räumen konnte ihm trotz des Gegenspielers der Pass gespielt werden.

Normalerweise nutzten die Grazer aber die sich öffnenden Räume und suchten dann über die Mitte und die Halbräume ihre Chance, was nur ansatzweise funktionierte. Letztlich war es auch eine solide Abwehrleistung der Salzburger unter Druck, die ihre Chance auf den Ausgleich bewahrte.

Fazit und Kurzbeitrag zu Red Bull

Es war ein Punkt in einem schweren Auswärtsspiel, der durchaus verdient war – die Bullen werden dennoch unzufrieden sein. Ohne Kevin Kampl fehlte ein letzter Tick Kreativität und Präzision im letzten Spielfelddrittel, obwohl es ansonsten eine passable Leistung war. Mit Havard Nielsen hatten sie einen Chancentod in ihren Reihen, der einige Angriffe noch vor der eigentlichen Chance behinderte, obwohl er mit viel Laufarbeit für Gefahr sorgte. Zentral hatte Jonathan Soriano wieder seine Rolle als spielgestaltender Mittelstürmer und Verbindungsspieler, während Sadio Mané wieder zwischen sehr guten und schwachen Aktionen schwankte.

Rene Maric, abseits.at

Rene Maric

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