Spieleranalyse: Das darf man von Christoph Lang bei Rapid erwarten!
Bundesliga 17.Januar.2024 Daniel Mandl
Aufgrund des Abgangs von Nicolas Kühn verpflichtete der SK Rapid Christoph Lang vom SK Sturm Graz, nachdem dieser zuvor an Ried und Hartberg verliehen war. Der 22-Jährige ist ein anderer Spielertyp als Kühn, hat sicher einige Nachteile gegenüber dem Deutschen, wird aber auch neue Facetten in Rapids Spiel bringen. Wir analysieren den jungen Steirer im Detail.
Mit neun Jahren wechselte der Deutschlandsberger in den Nachwuchs des SK Sturm Graz und er sollte ganze zwölf Jahre bei den Grazern bleiben. Lang durchlief sämtliche Nachwuchs- und Akademiemannschaften, spielte sich über die Amateure in die Kampfmannschaft, konnte dort aber nicht Fuß fassen.
Ankunft im Profigeschäft
Erst die Leihen im Jahr 2023 ließen ihn richtig im Profifußball ankommen. Das erste Halbjahr spielte er in Ried, stieg mit den Innviertlern ab, im letzten halben Jahr wurde er zu einer Stütze in Hartberg. Zuvor war er bei Sturm eher ein Einwechsler, spielte aber nur zweimal von Beginn an, kam in Pflichtspielen 17-mal von der Bank, erzielte dabei zwei Tore und einen Assist. In der zweiten Mannschaft der Grazer hatte Lang in 43 Spielen 24 Tore erzielt, war aber zumeist als Mittelstürmer zum Einsatz gekommen. Für die U21-Nationalmannschaft traf er in zwölf Spielen viermal, assistierte zwei weitere Male und kam auf allen Offensivpositionen zum Einsatz.
Im Frühjahr 2023 zählte Lang in der Abstiegssaison der Rieder zu den positiven Erscheinungen. Er brauchte kaum Anlaufzeit, war ein Aktivposten, übernahm Verantwortung. In 17 Pflichtspielen kam er auf vier Tore und zwei Assists, aber nur ein einziger Sieg in der Liga war zu wenig für den Klassenerhalt.
Etablierung im Schopp-System – und auf neuer Position
Während seiner Leihe in Hartberg prolongierte er seinen Aufwärtstrend und passte gut ins 4-1-4-1-System von Markus Schopp. In 20 Pflichtspielen für die Oststeirer kam er auf fünf Tore und vier Assists, traf auch beim 1:0-Heimsieg gegen Rapid – dem letzten Spiel unter Zoran Barisic – gegen seinen neuen Arbeitgeber. In allen 17 Bundesligaspielen stand er in der Startelf.
Während Lang bei Sturm noch eher als Angreifer zum Einsatz kam, wurde seine Position in Hartberg weitgehend adaptiert. Lang spielte unter Schopp tiefer bzw. häufig auf der rechten Seite, wobei er diese Rolle nicht so anlegte, wie zuletzt Kühn bei Rapid. Zwar zieht Lang auch gerne von rechts zur Mitte, allerdings im Schnitt etwas tiefer als Kühn und weniger auf direkte Abschlusssituationen bedacht, sondern mehr auf Kombinationsspiel ausgerichtet.
Gute Einbindung in Hartberger Überladungen
Lang macht deutlich weniger klassische Dribblings (eine Metrik, in der Kühn einer der aktivsten Spieler der gesamten Liga war), sondern sucht kurze, schnelle Aktionen mit seinen Mitspielern inklusive dynamischer Raumbesetzung nach dem eigenen Pass. Dadurch hat Lang im Schnitt eine sehr hohe Passquote und schlägt wenige lange Bälle oder Flanken.
Das Spiel der Hartberger, speziell am Flügel, kam ihm aber auch sehr entgegen: Frieser lieferte einerseits eine Anspielstation, gab andererseits Tiefe am Flügel. Sangaré pendelte häufig aus dem Zentrum nach außen, Heil war als Rechtsverteidiger Stabilitätsgeber. Dadurch konnte Lang sich vor allem im Halbraum gut entfalten und aufgrund der guten Überladungen auch immer wieder aus dem Deckungsschatten heraus agieren. Sein Naturell als Angreifer sorgte schließlich dafür, dass sein Fokus nach vorne durchaus direkt war, allerdings weniger auf das Überwinden mehrerer Gegenspieler im Dribbling, wie es bei Kühn der Fall war, sondern eher auf der Suche nach Schlüsselpässen in die Schnittstellen.
Langs Heatmap in der laufenden Bundesligasaison verdeutlicht, dass er eine sehr balancierte Rolle auf der rechten Seite einnahm.
Die auffälligsten Leistungsdaten
Die auffälligsten Statistiken des Neo-Rapidlers betreffen die durchschnittliche Anzahl an Schlüsselpässen, die aus dieser durchaus freigeistigen Position auf der rechten Seite heraus geboren wurde, sowie die relative Anzahl der Abschlüsse aufs Tor. Diese Statistiken unterstreichen vor allem die Klarheit und Präzision Langs im Spiel mit dem Ball.
Diese Tatsache stellt praktisch einen Gegenentwurf zu Kühn dar, der zwar immer wieder progressiv agierte und mit seinen Dribblings und dem schnellen Herausbrechen aus der Grundposition die gegnerischen Abwehrreihen oft vor Probleme stellte, dann aber zu ungenau und teilweise auch unentschlossen im Abschluss war. Lang hingegen agiert weniger spektakulär, dafür aber in Abschlussaktionen und in Situationen, in denen Torchancen eingeleitet werden sollen, ausgesprochen genau.
Präzise im Abschluss, effizienter als Kühn
Das zeigen auch die Statistiken: Wir haben 32 Spieler in verschiedenen Metriken verglichen und bewerten so die Stärken und Schwächen von Christoph Lang im Ligavergleich. Hierfür haben wir einen Pool an Spielern ausgewählt, die ähnliche Aufgaben haben, wie Lang. Somit handelt es sich teilweise um Flügelspieler, teilweise um Zehner, aber auch um offensiv agierende Achter oder Stürmer/Zehner-Hybride.
In der ersten Statistik stellen wir die Schüsse pro 90 Minuten (x-Achse) und den prozentuellen Anteil an Schüssen aufs Tor (y-Achse) in Relation.
Hier ist sichtbar, dass Marco Grüll eindeutig der Spieler (der verglichenen) ist, der am häufigsten aufs Tor schießt und dies auch sehr genau macht. Lang ist in dieser Statistik jedoch ebenfalls stark, schießt zwar nicht besonders häufig aufs gegnerische Tor, dafür aber sehr genau.
Auffällig ist, dass er in diesem Vergleich erstaunlich nahe an seinem „Vorgänger“ Nicolas Kühn liegt. Der zu Celtic abgewanderte „Datenkaiser“ hat in diesem Vergleich fast dieselben Statistiken wie Lang. Allerdings kam Kühn nur auf zwei Saisontore und Lang für die Hartberger auf fünf, was die höhere Schusseffizienz von Lang klar unterstreicht.
Kühn kam dabei auf 3.68 xG und lief daher unter Erwartung, während Lang bei fünf Toren und 3.95 über Erwartung spielte.
Auch Grüll erzielte trotz seiner starken Schussstatistiken nur fünf Tore, davon zwei vom Elfmeterpunkt.
Schlüsselpässe und Passgenauigkeit in guter Balance
In der zweiten Statistik sehen wir uns – mit denselben verglichenen Spielern – die Passgenauigkeit (x-Achse) und die Anzahl der Schlüsselpässe pro 90 Minuten (y-Achse) an. Also die zweite „Paradedisziplin“ des neuen Rapid-Spielers Lang.
Auch hier ist sehr auffällig, dass Kühn im Vergleich sehr stark abschneidet, Lang aber wieder in seine Nähe kommt. Lediglich in der Anzahl der Schlüsselpässe pro 90 Minuten ist Kühn im Ligavergleich praktisch uneinholbar. Lang überzeugt für seine Position aber durchaus mit guten Passwerten und auch einer hohen Intensität, was Schlüsselpässe betrifft.
Was die Expected Assists (xA) Wertung betrifft, liegen sowohl Kühn, als auch Lang im Soll. Kühn kam bei 5.86 xA auf fünf Assists und Lang bei 2.18 xA auf zwei Assists.
Verbesserungspotential in Offensivzweikämpfen
Zum Schluss gehen wir noch eine Vergleichsmetrik ein, in der Lang eindeutig Verbesserungspotential hat. Hier setzen wir die Anzahl der Offensivduelle pro 90 Minuten (x-Achse) mit der Erfolgsquote in diesen Offensivduellen in Prozent (y-Achse) in Relation.
Während sich hier vor allem Grüll, aber auch Lustenaus Diaby und Usor vom LASK mit guten Werten hervortun, führt Lang nicht nur wenige Offensivduelle, sondern bestreitet auch noch sehr wenige erfolgreich.
Diese Statistik könnte auch deshalb schwach ausfallen, weil Lang gelegentlich auch als Mittelstürmer auflief, wo die erfolgreichen Duellwerte für gewöhnlich niedriger ausfallen. Zudem ist er auf seiner Position auf der rechten Seite häufig in Passstafetten eingebunden, wodurch er häufig nicht zwingend in Zweikämpfe gehen muss.
Betrachtet man aber auch hier die insgesamt guten Werte von Nicolas Kühn, so erkennt man den Unterschied in der Spielweise. Kühn suchte die Dribblings und wurde daher häufig in Offensivduelle verwickelt, während Lang seine Aktionen eher „ausspielte“. Dennoch ist dieser Wert ein Indiz dafür, dass Lang noch klares Verbesserungspotential in der effektiven Durchschlagskraft hat.
Solides Gegenpressing, gefährliche Standards
Dem gegenüber steht jedoch, dass Lang durchaus Stärken im Gegenpressing mitbringt und hier im oberen Ligadurchschnitt liegt. Auch die Feldpositionen, in denen er ins Gegenpressing geht, sind vielfältig und kein Zeichen großer Positionstreue, sondern eher systematischer Verdichtung. Gegen den Ball könnte Lang also durchaus ein Upgrade sein – allerdings müssen die Ballverluste aufgrund von verlorenen Offensivduellen dennoch weniger werden.
Eine weitere Facette, die Lang nach Hütteldorf mitbringt, ist seine Stärke bei Standardsituationen. Sowohl bei Freistoßflanken, als auch bei direkten Freistößen kann der Steirer immer wieder für Gefahr sorgen.
Ein Schwenk in der Planung
Ungeachtet dessen, ob Rapids Sportchef Markus Katzer möglicherweise noch ein weiteres Mal am Transfermarkt aktiv wird, ist es bemerkenswert, dass Rapid auf den Kühn-Abgang mit einem sehr unterschiedlichen Spielertyp reagiert. Mit Kühn und Bajic gab Rapid zuletzt zwei Flügeldribbler ab und es scheint auf den ersten Blick so, als würde Rapid an den Flügeln asymmetrisch agieren wollen, zumal links mit Grüll und Gale zwei Dynamikspieler im Kader stehen, während rechts eher „Ausspieler“ wie Lang oder Strunz auflaufen könnten (sofern nicht verletzt).
Alles deutet auf die Raute hin
Dieser Schwenk muss jedoch seinen Ursprung nicht im Spielervergleich zwischen Kühn und Lang haben, sondern eher an einer formativen Idee von Trainer Robert Klauß. Rapid scheint sich dafür zu wappnen, ein 4-4-2 mit Mittelfeldraute spielen zu können. Das konnte man beispielsweise auch schon in der ersten Halbzeit des Testspiels gegen den Wiener Sport-Club beobachten.
Hierfür wäre Lang der definitiv geeignetere Spieler als es Kühn war. Der Ex-Hartberger kann sowohl auf der rechten Seite der Raute zum Einsatz kommen, was auch seiner Position in Hartberg sehr nahekommen würde, als auch auf der Zehn oder als zweiter, antizipativer Stürmer auflaufen. Diese Polyvalenz bringt voraussichtlich auch gute Synergien mit dem ebenfalls flexibel agierenden Matthias Seidl und grundsätzlich wäre ein 4-4-2 mit dem aktuellen Spielermaterial durchaus interessant, auch wenn es einige offene Fragen gibt – etwa ob Sattlberger bereit ist, den alleinigen Sechser zu spielen oder welcher der beiden Angreifer den antizipativen Part gibt.
Testspiele im Trainingslager versprechen taktische Spannung
Angesichts des Kühn-Lang-Wechsels im Rapid-Kader werden die nächsten Testspiele im türkischen Trainingslager der Hütteldorfer sehr interessant anzusehen sein. Erst nach der Vorbereitung wird man genauer wissen, in welcher Rolle Robert Klauß seinen neuen Offensivmann einplant und was das für die Spieler in seinem unmittelbaren Umfeld mit sich bringt.
Der direkte Vergleich zwischen Kühn und Lang ist schwierig und so kann man kaum konstatieren, ob Rapid durch die Transfers stärker oder schwächer werden wird. Klar scheint, dass die jüngsten Personalentscheidungen Rapid vor allem „anders“ machen werden…
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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