Der Umbruch bei Rapid nimmt Stück für Stück Formen an. Heute präsentierten die Hütteldorfer nach Admira-Kapitän Roman Kerschbaum und Patrick Greil die dritte Neuverpflichtung... Spieleranalyse: Das ist Rapid-Neuzugang Aleksa Pejic!

Der Umbruch bei Rapid nimmt Stück für Stück Formen an. Heute präsentierten die Hütteldorfer nach Admira-Kapitän Roman Kerschbaum und Patrick Greil die dritte Neuverpflichtung fürs Mittelfeld. Es handelt sich um Aleksa Pejic vom weißrussischen Meister Schachtjor Soligorsk, der bis Sommer 2025 unterschreibt. Wir haben den Serben genauer unter die Lupe genommen.

Wer keine Lust oder Zeit hat, unsere umfassende Analyse zum neuen Rapid-Sechser zu lesen, der erhält gleich am Anfang des Artikels eine Übersicht mit den Vor- und Nachteilen dieses Transfers. Die einzelnen Punkte werden weiter unten im Artikel genauer analysiert. Wer alle Details erfahren möchte, erhält sie im Laufe des weiteren Artikels.

Gründe für und gegen die Verpflichtung von Aleksa Pejic

Das spricht für den Transfer

+ Bringt eine Facette mit, die Rapid im zentralen Mittelfeld bisher nicht hatte
+ Wuchtiger, körperlich äußerst starker und präsenter Sechser, der zahlreiche Zweikämpfe zieht
+ Solides Passspiel, gute Spielverlagerungen, aber auch Vertikalität im Spiel
+ Viele Dribblings für einen defensiven Mittelfeldspieler, kein klassischer „Zerstörer“
+ Top-Mentalität, ein Spieler der vorneweg geht – hat das Potential zum Führungsspieler

Das spricht gegen den Transfer

Konnte sich bisher noch nicht auf Top-Level beweisen und ein Fragezeichen stellt der „Klassensprung“ dar
Aufgrund mangelnder Routine ist er manchmal noch etwas fahrig und verliert zu viele Bälle
Noch ist schwer absehbar, wer genau seine Kollegen im Mittelfeld sein werden – das macht eine gruppentaktische Analyse noch schwierig
Begeht derzeit noch zu viele Fouls
Sein schwächerer Fuß ist verbesserungswürdig, vor allem wenn er, wie in Österreich anzunehmen, weniger Zeit für seine Ballaktionen hat, als bisher

Dass Srdjan Grahovac den SK Rapid verlässt, ist bereits beschlossene Sache. Aber nicht nur deswegen benötigte der Rekordmeister dringend eine andere Art von Sechser, als man sie bisher hatte. Rapid hatte in den letzten Jahren immer wieder Probleme im Mittelfeldzentrum, weil viele Gegner die Wiener im Sechserraum und davor physisch ausstachen. Die zentralen Mittelfeldspieler Rapids präsentierten sich entweder laufstark oder (relativ) passsicher, aber – wie der Wiener sagen würde – eine „Kant’n“ ging Rapid häufig schmerzlich ab.

Sehr robuster Sechser mit guter Mentalität

Die bekommt man mit Aleksa Pejic nun definitiv. Der 22-Jährige ist 190cm groß, wiegt 83 Kilo und ist definitiv ein Spieler, den man in jede Schlacht werfen kann. Der Serbe hat eine äußerst dynamische Präsenz, eine aggressive Körpersprache auf dem Platz und ist wohl das, was man gemeinhin als „Mentalitätsspieler“ bezeichnet. Prinzipiell ist Pejic auf der „Sechs“ zu Hause, allerdings trotz seiner Statur eher nach vorne als nach hinten orientiert. Das bedeutet, dass er nicht unbedingt ein abkippender Sechser ist, der im Spielaufbau hilft, sondern eher die erste Anspielstation im Zentrum, die mit einer Aufdrehbewegung die Offensive sucht.

Wucht als größtes Asset

Pejic’ größte Stärke ist definitiv seine enorme Kraft. Der athletische, baumlange Mittelfeldspieler ist einer dieser Akteure, mit denen man nicht gerne zusammenkracht. Pejic kann seine Gegenspieler zumeist einfach wegschieben und wie viel Wucht in seinen Tacklings und Körpereinsätzen steckt, kann man auf diversen Highlight-Videos an der Hilflosigkeit der gegnerischen Spieler erkennen. Pejic in einem körperbetonten Eins-gegen-Eins zu Fall zu bringen oder sich anders körperlich gegen ihn durchzusetzen, ist also äußerst schwierig. Dasselbe gilt für Luftduelle, in die der Serbe zumeist ebenfalls mit enormer Wucht geht – auch bei offensiven Standards, was ihn auch im Angriff zu einer Waffe machen sollte.

Gute körperliche Balance auch am Ball

Diese Stärke spielt Pejic auch mit dem Ball aus. Untypisch für Sechser seiner Statur geht Rapids Neuverpflichtung häufig in Dribblings und schirmt den Ball gut mit seinem Körper ab. Zudem gilt er sowohl mit, als auch ohne dem Ball als schneller Spieler, der mit seinen langen Schritten ordentlich Tempo aufnehmen kann. Phasenweise erinnert er dabei an eine Mittelfeldversion von Mateo Barac, allerdings auf engeren Räumen auch deutlich sicherer.

Facettenreich im Spiel nach vorne

Grundsätzlich sucht Pejic progressive Lösungen mit Ball und spielt mit Vorliebe Diagonalbälle und Chippässe in die Spitze. Die Erfolgsquote ist hierbei divers – die Verlagerungen an die Flügel kommen meist punktgenau, die Chipbälle passieren auch mal aus Verlegenheit. Insgesamt hat er aber bei so genannten weiten Bällen eine positive Bilanz, was alles andere als selbstverständlich ist. Wichtig ist aber der Facettenreichtum des Sechsers, denn ebendiese Stilmittel sind in nahezu jeder Aktion ebenso denkbar, wie der kurze Pass mit anschließender, dynamischer Raumbesetzung, oder auch Dribblings, teilweise bis an oder in den gegnerischen Sechzehner.

„Links-Rechts-Schwäche“

Für Fehleranfälligkeit könnte dabei gezieltes Attackieren seines schwächeren linken Fußes sorgen. Pejic nutzt seinen stärkeren Fuß doch deutlich häufiger, streut schon mal einen lockeren Außenristpass ein, um den „Linken“ zu vermeiden. Hier hat der Belgrader sicher noch Verbesserungspotential.

„Hin und Her“ als Verbesserungspunkt

Auch an seiner Konstanz muss Pejic mit Sicherheit noch arbeiten. Es kommt noch relativ häufig vor, dass er sich auf einer Zentrumsposition übernimmt und den Ball verliert. Nicht unbedingt aufgrund eines verlorenen Zweikampfes, sondern, weil er sich festläuft oder die Entscheidungsfindung noch nicht hundertprozentig ausgereift ist. Allerdings kommt der Serbe dann auch sehr schnell ins Gegenpressing, weshalb sich bei seinen letzten Stationen einige Szenen beobachten ließen, in denen der Ballbesitz schnell wechselte. Einerseits wegen Fehlern, dann aber wieder andererseits wegen erfolgreicher Rückeroberung.

Hoher Radius, unkonventioneller Spielstil

Auch die dahingehenden Werte sind für einen Sechser teilweise etwas untypisch. Pejic dribbelt viel, kommt durchschnittlich in jedem Spiel einmal gefährlich vors Tor, verliert den Großteil seiner Bälle (eher weit) in der gegnerischen und nicht in der eigenen Hälfte, führt aber auch extrem viele Defensivduelle. Dies wird bei Rapid wohl seine wichtigste Aufgabe, zumal er den Achtern und Zehnern schon alleine die schiere Masse an Zweikämpfen abnehmen muss. Aber auch seine Aufrückbewegungen in den Achter- und Zehnerraum sind wertvoll und zeigten in der Vergangenheit, dass sie häufig die Ordnung des Gegners stören. Pejic ist nicht als klassischer Box-to-Box-Midfielder zu bezeichnen, aber sein Aktionsradius kommt dem zumindest nahe.

Aleksa Pejic‘ Heatmap als Profi

Über die serbische Liga ins Nationalteam und ins Ausland

Da Pejic dorthin geht, wo’s wehtut, kommt er in zahlreiche Schnittzweikämpfe und gewinnt somit viele Bälle, macht aber auch noch etwas zu viele Fouls. Das ist aber sicher auch der mangelnden Routine geschuldet, schließlich kommt der im Juli 23 Jahre alte Serbe noch auf keine 100 Profispiele. In Serbien kickte Pejic für den Drittligisten Brodarac, danach zwei Jahre für Erstligist Proleter in der Vojvodina. Pejic avancierte schnell zum Stammspieler und es folgte eine Teameinberufung und ein Auslandstransfer.

Zwei Länderspiele für eine serbische B-Auswahl

Im Jänner 2021 spielte Pejic zweimal für die serbische Nationalmannschaft: Beim 0:0 gegen die Dominikanische Republik spielte er auf der Sechs durch, beim 0:0 gegen Panama wurde er für eine halbe Stunde eingewechselt. Allerdings kickte dabei er nicht an der Seite von Milinkovic-Savic, Vlahovic und Co., sondern in einer B-Elf, die vom damaligen U21-Teamchef Ilija Stolica betreut wurde. Offiziell war Pejic also serbischer Teamspieler, in die Nähe des A-Kaders bringt ihn das aber nicht.

Meistertitel mit Soligorsk

Im vergangenen Juli folgte der Transfer nach Weißrussland zu Schachtjor Soligorsk. Seitdem BATE Borisov seine deutliche Vormachtstellung im Land verlor, ist Soligorsk der neue große Klub in Belarus. Als Pejic mitten in der Kalenderjahrsaison 2021 zum Klub stieß, war dieser bereits amtierender Meister. Der Neo-Rapidler kam damit in eine funktionierende Mannschaft (wenn auch mit hoher Spielerfluktuation), fand sich aber schnell zurecht und traf gleich bei seinem Ligadebüt. Pejic blieb über zehn Monate weitgehend Stammspieler, bestritt 19 Spiele für Soligorsk, traf einmal und wurde belarussischer Meister. Für Proleter hatte er zuvor 62 Spiele bestritten und drei Treffer erzielt.

Eine neue Art von Sechser

Pejic war also überall, wo er als Profi unter Vertrag stand, Stammspieler. Und das soll künftig auch bei Rapid so sein, aber dafür muss der Mittelfeldspieler richtig Gas geben. Sein Spielstil und Typus sprechen natürlich für ihn, weil seine Physis in Rapids zentralem Mittelfeld praktisch alternativlos ist. Aber Pejic ist auch nicht der „gestandene Haudegen“, den sich viele Beobachter für diese Position wünschten, sondern erneut ein junger Spieler mit großem Entwicklungspotential. Da Rapids Mittelfeld für die neue Saison (und auch die vorgelagerten Positionen) aber noch weit davon entfernt ist, personell festzustehen, ist es momentan noch sehr schwierig, die Synergien zu seinen Nebenleuten zu analysieren. Klar ist, dass Pejic definitiv als alleiniger Sechser in einer Mittelfeldraute denkbar, aber auch in einem 4-2-3-1 gut aufgehoben ist.

Wie verkraftet Pejic den „Klassensprung“?

Die Anlagen des Serben passen und der 22-Jährige ist durchaus als besonderer, teils unkonventioneller Kicker zu bezeichnen. Die Einstellung des Rapid-Neuzugangs ist ebenso einwandfrei und Pejic ist einer der vorneweg geht, auch das Potential hat, zu einem Führungsspieler zu reifen. Das größte Fragezeichen betrifft den Klassensprung, den Pejic vor sich hat. Seine Leistungsdaten und sämtliche analysierte Werte sprechen eigentlich dafür, dass er eine Verstärkung für Rapid sein kann. Allerdings sind die Vergleichsligen die serbische und die belarussische. In Österreich wird ein stärkerer Gegenwind wehen und in der einen oder anderen Situation wird Pejic noch weniger Zeit für Entscheidungsfindungen haben. Dass Rapid Spieler recht schnell an derartige Veränderungen gewöhnen kann, hat man bereits in der Vergangenheit bewiesen – aber nur wenn man es auch dieses Mal wieder schafft, wird man den präsenten und resistenten, „kompletten“ Sechser bekommen, den man schon viel früher hätte verpflichten sollen…

Hier geht’s zur Diskussion über Aleksa Pejic!

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen