Der SK Rapid verpflichtete heute Denso Kasius vom FC Bologna. Der 20-jährige Niederländer kommt leihweise aus der Serie A und soll bei Rapid kurzfristig... Spieleranalyse: Das ist Rapid-Neuzugang Denso Kasius!

Der SK Rapid verpflichtete heute Denso Kasius vom FC Bologna. Der 20-jährige Niederländer kommt leihweise aus der Serie A und soll bei Rapid kurzfristig aushelfen, nachdem die beiden Rechtsverteidiger Thorsten Schick und Martin Koscelnik in den nächsten Wochen bis Monaten fehlen werden.

Der 183cm große U21-Nationalspieler der Niederlande wurde in Delft, also zwischen Rotterdam und Den Haag geboren. Seine Jugendjahre verbrachte er passenderweise zuerst bei Sparta Rotterdam, dann bei Feyenoord und schließlich bei ADO Den Haag. Gerade in den starken Rotterdamer Akademien war Kasius „einer von vielen“ und noch war nicht ganz klar, wohin die Reise beim Rechtsverteidiger gehen würde. Entscheidend war schließlich der Wechsel nach Utrecht, eine knappe Autostunde in Richtung Nordosten.

Konsolidierung im Nachwuchs von Utrecht

Im Alter von 15 Jahren dockte Kasius in der U17 des FC Utrecht an, avancierte sowohl in dieser Altersklasse, als auch später in der U19 zum Leistungsträger. Bereits als Den-Haag-Spieler durfte er in die U16-Nationalmannschaft der Niederlande schnuppern – zu regelmäßigen Einsätzen kam es dann aber nicht. Sein Debüt für die zweite Mannschaft von Utrecht gab er kurz nach seinem 17. Geburtstag. Im Jahr 2020 spielte er schlussendlich siebenmal für die „Zweier“.

Aus der zweiten niederländischen Liga direkt in die Serie A

Aber in Utrecht sah man im Youngster Potential und so wurde er zum FC Volendam verliehen. Der damalige Zweitligist gilt als Klub, der für Offensivfußball und Spektakel steht. 1 ½ Saisonen sollte Kasius beim späteren Eredivisie-Aufsteiger bleiben. Am Ende war es aber nur ein Jahr: Nach sechs Toren und vier Assists in 37 Spielen, trat der FC Bologna auf den Plan und Utrecht musste den Rechtsfuß von der Leihe zurückbeordern. Der Eredivisie-Klub verkaufte Kasius um 3,3 Millionen Euro nach Italien, wo er bis 2025 unterschrieb. Für die Kampfmannschaft von Utrecht bestritt Kasius schlussendlich kein einziges Spiel.

Andere Spielsituation in Bologna

Ab Jänner 2022 spielte Kasius nun also in Italien und war dort mit einer völlig neuen Situation konfrontiert, die sich auch in seinem Spiel niederschlug. Anders als bei Volendam, wo man mannschaftlich versuchte, dem Gegner die Tür einzurennen und möglichst direkt und explosiv aufzutreten, spielte er nun für eine Mannschaft, die speziell unter dem neuen Trainer Thiago Motta gerne den Ball hat, auch mal länger zirkulieren lässt und eher auf Kontrolle aus ist. Gleichzeitig erarbeitet sich Bologna im Vergleich verhältnismäßig nur wenige Torchancen, auch weil der Vergleich zwischen Bologna in der Serie A und Volendam in der zweiten niederländischen Liga nur sehr schwer zu ziehen ist.

Offensiv denkender Außenverteidiger

Um die Situationsveränderung des Neo-Rapidlers genauer zu erklären, sehen wir uns nun Kasius’ Spielweise im Detail an. Der 20-Jährige ist ein moderner Außenverteidiger, der große Bereiche des Spielfelds abdecken kann – im neueren Fußballjargon ist er somit als Flügelverteidiger zu bezeichnen. Allerdings spielte Kasius bei Volendam einen klassischen Außenverteidiger in einer Viererkette, wenngleich er diese Position eher wie ein Flügelverteidiger anlegte und in den Niederlanden somit ausgesprochen riskant agierte.

Guter Kompromiss in Mihajlovic’ 3-5-2

Die Fähigkeit, Defensive und Offensive gleichermaßen abzudecken, war wohl auch der Grund für das Interesse von Bologna, das formationsflexibel agiert, aber speziell unter seinem letzten, erst vor kurzem verstorbenen Trainer Sinisa Mihajlovic gerne in einer 3-5-2-Grundordnung auflief. Während der ÖFB-Legionär Stefan Posch den rechten Flügelverteidiger wegen seiner offensiven Mängel nicht spielen konnte, agierte Rechtsaußen Riccardo Orsolini zu offensiv und konnte die entsprechenden Defensivaufgaben nicht ausreichend abdecken. Kasius war hier sowohl in der Frühjahrssaison 2022, als auch im darauffolgenden Herbst, der gute Kompromiss.

Spektakuläre Spielweise in Volendam

Der Niederländer ist ein Spieler, der stets unterwegs ist und sehr viele Meter ohne Ball, häufig auf hohem Tempo, abspult. Seine Grundschnelligkeit und ein mittlerweile hohes Maß an körperlicher Balance und Athletik spielen ihm in die Karten. Was Kasius in Volendam zeigte, brachte er anfänglich auch in Bologna auf den Platz und Mihajlovic mochte die unbekümmerte Art des Youngsters. Gerade wegen der unwiderstehlichen Tempodribblings und des hohen Aktionsradius wurde er schließlich aus Utrecht abgeworben.

Dribbling ist allerdings ein falsches Wort, denn in Volendam sprintete Kasius zumeist schlichtweg durch die gegnerischen Reihen. Der Widerstand in der zweiten niederländischen Liga war natürlich endenwollend, aber die temporeichen Läufe des jungen Niederländers waren so oder so schön anzusehen. In Volendam wurde dies aber auch von ihm erwartet und es war kein großes Problem, wenn Ballverluste zu Gegenstößen führten. Volendam machte nach Rückschlägen einfach weiter Druck nach vorne und besserte die Fehler selbst aus.

Flügelverteidigerposition sorgt auch in Italien für „hohe“ Ballverluste

Diese spektakuläre Spielweise kam Kasius enorm entgegen und das obwohl er in Volendam auf der rechten Seite zumeist keine Absicherung hatte und auf der rechten Außenbahn der „letzte Mann“ war. Bei Bologna erwartete man, dass er auf der Hybridposition des Flügelverteidigers besser funktionieren würde, auch weil er auf der rechten Innenverteidigerposition mit dem Chilenen Gary Medel einen sehr routinierten Spieler als wichtige Hilfe hinter bzw. neben sich hatte.

Gerade in seiner Anfangszeit bei Bologna war dies auch so – auch wenn er nicht sonderlich viele Spiele bestritt. Eine wichtige Statistik aus der Volendam-Zeit konnte Kasius auch in Bologna etablieren: Die meisten seiner Ballverluste hatte er in der gegnerischen Hälfte. In Drittel eingeteilt sogar im letzten Drittel. Dies erklärt auch, warum der Niederländer im Vergleich zu den anderen Spielern der Liga im oberen Drittel aufscheint, wenn es um allgemeine Ballverluste geht. Offensivaktionen sind zumeist allgemein riskanter und ein Fehler wahrscheinlicher. Allerdings taten diese Ballverluste dem gut abgesicherten FC Bologna in höheren Zonen weniger weh. Zudem reihte sich Kasius was Gegenpressing-, Passgenauigkeits- und Progressivpassstatistiken prompt im Mittelfeld der Serie A ein.

Neues Spieltempo

Sichtbar war aber auch, dass Kasius speziell in Ballbesitz damit haderte, weniger Zeit für Ballverarbeitungen zu haben. Bei Volendam konnte er nicht nur häufig ungehindert durch die gegnerischen Reihen sprinten, sondern auch lange überlegen, für welche Passvariante oder Spielform er sich entscheiden will. In der Serie A geht natürlich alles etwas schneller und Kasius ging nicht mehr so sehr mit dem Kopf durch die Wand, sondern wählte in der Hitze des Gefechts lieber die einfacheren, sicheren Passvarianten. Dies nahm ihm natürlich eine seiner größten Stärken – die Dynamik und die damit verbundene Unbekümmertheit – allerdings war der Sprung aus der zweiten Liga der Niederlande direkt in die Serie A ein großer und es ist durchaus beeindruckend, dass Kasius auf Anhieb zumindest ansatzweise eine Rolle spielte.

Beste Spiele gegen die „Kleineren“

Gegen die größeren Gegner war sichtbar, dass der Klassensprung doch ein sehr großer war. Etwa beim 0:2 gegen den AC Milan, wo Kasius durchspielte, aber gegen Rafael Leao und Theo Hernándenz natürlich kein leichtes Spiel hatte. Der typische, direktere Kasius-Stil war eher gegen die kleineren Klubs sichtbar, weshalb er seine beiden Serie-A-Assists – die beide Marko Arnautovic verwertete – gegen Hellas Verona und die AC Fiorentina beisteuerte. Es sollten unterm Strich auch seine besten Spiele für den FC Bologna sein. Umso bitterer war es für Denso Kasius, dass unmittelbar nach dem 2:1-Sieg über die Fiorentina Thiago Motta Trainer wurde und die Viererkette wieder fix etablierte – idealerweise mit Hauptaugenmerk auf defensive Absicherung, weshalb auch Stefan Posch zuletzt immer wieder Rechtsverteidiger spielte.

Vielversprechender Start, schwere Zeit nach Mihajlovic’ Tod

Das erste Jahr von Kasius in der Serie A ist angesichts dessen, dass er direkt aus Volendam dennoch positiv zu bewerten. Er bewies, dass er läuferisch mehr als nur mithalten kann, lieferte auch zahlreiche erfolgreiche Defensivaktionen ab, nahm stets den Kampf an. Klare Schwächen konnte man lediglich im Kopfballspiel und bei der Verwendung des schwächeren linken Fußes unter intensiver Bedrängnis orten.

Elf Spiele bestritt Kasius unter Trainer Sinisa Mihajlovic. Nach dessen krankheitsbedingtem Rücktritt spielte der Niederländer noch einmal unter Interimscoach Luca Vigiani, kam danach allerdings von 15 möglichen Spielen unter dem neuen Trainer Thiago Motta nur zweimal zum Einsatz und stand gerade mal 40 Minuten auf dem Platz. Etwa drei Wochen fiel er zudem aufgrund einer Wadenverletzung aus.

Konzeptänderung in Bologna, „totaler Fußball“ in Niederlandes U21

Die Zeit seit Oktober waren für Kasius demnach eher verlorene Monate und es wäre unter Motta allgemein nicht leichter für ihn geworden. Bologna soll etwa an der Verpflichtung des Rechtsverteidigers Kelvin Amian von Spezia Calcio interessiert sein. Kasius dürfte schlichtweg nicht ins Konzept des einstigen Inter- und PSG-Stars passen.

Die Zeit vor Motta war allerdings äußerst positiv, was sich auch in einer Einberufung ins niederländische U21-Nationalteam niederschlug. Im Sommer und Herbst machte Kasius drei Partien mit, steuerte einen Assist bei, spielte in einer von „totalem Fußball“ geprägten Mannschaft wieder wie einst in Volendam. Mit Jungstars wie Xavi Simons, Myron Boadu, Sven Botman oder Brian Brobbey spielte es sich natürlich gut und der unbekümmerte Kasius bekam sogar den Vorzug gegenüber Ajax-Toptalent Devyne Rensch, den er in seiner Entwicklung zuletzt überholte, obwohl auch dieser bei Ajax zu Einsätzen kommt.

Rapid als gutes Mittelding

Rapid könnte für Kasius in jedem Fall ein gutes Mittelding sein. Für Volendam war er definitiv eine Nummer zu groß und auch wenn er in der Serie A eine gute Figur machte, die den niederländischen U21-Teamchef Erwin van de Looi unweigerlich auf den Plan rief, war es für einen Durchbruch wohl noch zu früh – wenngleich Kasius auch dafür das Zeug hätte. Die österreichische Bundesliga könnte ihm nun bei der Konsolidierung dienen und auch die nötige Spielpraxis anbieten.

„Welchen“ Kasius werden wir sehen?

Die große Frage wird aber sein, welchen Kasius wir bei Rapid sehen werden. Die Rapid-Fans müssen auf den Kasius hoffen, den man in Volendam und in der niederländischen U21-Nationalelf sah – der steht nämlich für Spektakel und äußerst direkten Offensivfußball. Trainer Zoran Barisic will vermutlich eher ein Mittelding sehen, denn der in der Serie A defensiv gereifte Kasius wird für die bevorstehenden Aufgaben taktisch ausgesprochen wichtig werden. Gleichzeitig sollte der 20-Jährige seine Tempodribblings und Offensivsprints nicht außen vor lassen.

Wenig defensive Absicherung auf Rapids rechter Seite

Die Ausfälle von Schick und Koscelnik bringen noch eine weitere Facette ins Spiel: Nämlich die, dass Schick unter Barisic im 4-2-3-1 weitgehend als Rechtsaußen gesetzt war. Dies brachte Rapid zusätzliche defensive Stabilität, weil Schick aufgrund seines Naturells gut nach hinten arbeitet. Im Frühjahr werden auf dieser Position allerdings am wahrscheinlichsten Ante Bajic oder Nicolas Kühn spielen, womit ein größerer Teil der defensiven Absicherung an Kasius oder an pendelnden zentralen Mittelfeldspielern (wie etwa im Test gegen Dynamo Kyiv immer wieder bei Patrick Greil zu beobachten war) hängenbleiben wird.

Ein vorsichtigerer Kasius in Grün-Weiß?

Es ist demnach nicht unbedingt zu erwarten, dass wir bei Rapid einen derart offensiv agierenden Denso Kasius erleben werden, wie er in den Niederlanden zu sehen war. Natürlich wird er versuchen, durch Vorstöße Gegner zu binden und die Ordnung zu stören, allerdings hat Rapid den Anspruch sich demnächst für das Meisterplayoff zu qualifizieren, wo man zahlreiche Spiele auf Augenhöhe vor der Brust hätte. Auch wenn Kasius aufgrund seiner Laufstärke und auch Schnelligkeit einen großen Radius abspulen kann, ist es eher unwahrscheinlich, dass er sein wahres „Flügelverteidiger-Gen“ ausspielen wird können.

Klar ist, dass Rapid mit Kasius seinen nun technisch besten Außenverteidiger in den Kader holte und allgemein einen Spieler mit riesigem Potential an Land zog. Wie erfolgreich das Engagement des 20-Jährigen in Hütteldorf sein wird, ist aber primär eine Balancefrage, die nicht nur von Kasius selbst, sondern auch von seiner „Nahwelt“ auf dem Platz beantwortet werden wird.

Der Video-Vergleich: Denso Kasius als Spieler des FC Volendam…

…und Kasius in der Serie A und beim niederländischen U21-Team

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen