Mit Benjamin Böckle hat der SK Rapid heute einen neuen Linksverteidiger und nominellen Ersatz für den zu Blau-Weiß Linz abgewanderten Martin Moormann vorgestellt. Wir... Spieleranalyse: Das ist Rapids neuer Linksverteidiger Benjamin Böckle

Mit Benjamin Böckle hat der SK Rapid heute einen neuen Linksverteidiger und nominellen Ersatz für den zu Blau-Weiß Linz abgewanderten Martin Moormann vorgestellt. Wir sehen uns im Detail an, was man vom 22-Jährigen erwarten darf.

Der gebürtige Vorarlberger und frischgebackene U21-Nationalspieler wechselte 13-jährig aus Lauterach in den Nachwuchs von Red Bull Salzburg, wurde dort über sechs Jahre ausgebildet und kam auf je 27 Einsätze für die U18-Mannschaft der Roten Bullen und den FC Liefering.

Aufstieg in der 3. Liga Deutschlands

Böckle wechselte im Sommer 2022 ablösefrei in die zweite deutsche Bundesliga zu Fortuna Düsseldorf, wo er allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielte. In der Saison 2022/23 kam er auf sieben Einsätze für die Kampfmannschaft (jeweils für die Schlussphase von der Bank) und zwölf Partien für die zweite Mannschaft in der Regionalliga West.

In der abgelaufenen Spielzeit 2023/24 war er an den Drittligisten Preußen Münster verliehen, kam dort in 28 Pflichtspielen auf drei Assists und stieg als Zweiter in die zweite deutsche Bundesliga auf. Seine Expected Values weisen für diese Saison 0.52 xG und 2.28 xA aus. Er spielte somit innerhalb der Erwartung und hat keine besonders auffälligen Werte für einen Spieler seiner Position.

Gutes Laufspiel, stabiles Stellungsspiel

Der linke Flügelverteidiger bringt mit 79kg bei 185cm Körpergröße physisch gutes Rüstzeug mit, gilt als athletischer Spieler mit guter Einstellung. Spielerisch ist Böckle vor allem als pragmatisch und taktisch diszipliniert zu bezeichnen. Der Vorarlberger verfügt über einen guten Offensivdrang, schiebt ohne Ball recht hoch, ist auch als typischer Flügelverteidiger zu bezeichnen. Gleichzeitig ist er aber ein Spieler, der die defensive Stabilität bzw. das defensive Stellungsspiel vorneanstellt.

Die Stärken Böckles liegen vor allem im läuferischen Bereich. Der Linksfuß verfügt über eine gute Grundschnelligkeit, ist ein guter Läufer, kommt schnell hinter den Ball. Auch wenn er häufig als Flügelverteidiger vor/neben einer Dreierkette zum Einsatz kam, ist er aber – anders als sein Gegenüber Bendegúz Bolla – kein Spieler, der auch als klassischer Flügelstürmer, etwa in einem 4-2-3-1 funktioniert.

Pragmatisches Passspiel

Der Grund dafür sind seine offensiv sehr unauffälligen Werte in Ballbesitz. Böckle weist für seine Position gute Passwerte auf, kam beispielsweise in der abgelaufenen Saison auf eine Genauigkeit von 71%, spielte dabei aber mehr als ein Drittel nach vorne, was für eine weitgehend progressive Spielanlage spricht. Durchschnittlich kam er in Deutschlands dritter Liga auf fünf Pässe ins letzte Drittel pro 90 Minuten. Böckle sucht also zumeist die offensive Passoption, wählt in Phasen der Bedrängnis keine außerordentlich riskanten Lösungen, sondern agiert eher pragmatisch, aber dennoch immer mit dem ersten Blick auf die progressive Lösungsoption. Unbedrängt bzw. ungepresst sucht er hingegen die mutigeren Passvarianten in die Tiefe.

Wenige Dribblings und progressive Läufe

Gleichzeitig ist er kein Spieler, der den Ball mit progressiven Läufen nach vorne treibt oder in viele Dribblings oder Eins-gegen-Eins-Duelle geht, was auch einer der Gründe dafür ist, dass er nicht öfter als Linksaußen eingesetzt wurde. Seinem Spiel fehlen ein wenig die Überraschungsmomente.

Im Spiel gegen den Ball, sowie im „nach vorne Verteidigen“ hat Böckle ähnliche Werte wie Auer, wobei er ähnlich viele Ballverluste aufwies – allerdings nicht der Bundesliga, sondern in Deutschlands 3. Liga. Vor allem die Anzahl der Ballverluste im eigenen Drittel muss er noch deutlich verringern. Hier war er in Münster doch immer wieder ein Unsicherheitsfaktor.

Recht viele Steilpässe, solide xGBuildup-Werte

Wirkliche statistische Ausreißer findet man in Böckles Leistungsdaten kaum. Auffällig sind die recht häufigen Steilpässe, wo er in der abgelaufenen Saison mit 10,22 pro 90 Minuten in den Top-15 aller Spieler der 3. Liga lag. Diesen Wert aufrechtzuerhalten, wird in der österreichischen Bundesliga aber durchaus schwierig sein, zumal er nach Ballannahmen weniger Zeit bekommen wird. Zudem hat Böckle auch gute xGBuildup-Werte, was an seinem vorausschauenden Spiel liegt.

Seine Flankenwerte waren zuletzt durchschnittlich, mit durchschnittlich etwa drei Flanken pro Spiel, von denen im Schnitt eine ankam. Auch die Werte in Bezug auf Zweikampfführung, Gegenpressing, Balleroberungen oder abgefangene Bälle lagen in der 3. Liga allesamt im Durchschnitt.

Gute Werte in Österreichs zweiter Liga

Deutlich bessere Werte hatte er in seiner einzigen vollen Saison bei Liefering in der 2. Liga, als die Mannschaft auch ausgesprochen dominant auftrat und eine der besten Offensiven der Liga stellte. Der Sprung in die zweite deutsche Bundesliga nach Düsseldorf und später auch in die 3. Liga war aber im Vergleich zu Österreichs zweiter Spielklasse durchaus als Klassensprung zu bezeichnen. Der nächste steht nun beim SK Rapid an.

Erstes Halbjahr wohl zur Eingewöhnung

Mit Böckle bekommt Rapid einen 22-jährigen Perspektivspieler, der in seiner jungen Karriere bereits ein bisschen etwas erlebte, bei Rapid aber sicher Zeit braucht, um sich an das höhere Niveau zu gewöhnen. So wird es speziell im ersten Halbjahr wichtig sein, dass mit Jonas Auer der nominelle „Einser“ auf der Linksverteidigerposition fit bleibt. Böckle kann mit seinem guten Laufspiel vieles wettmachen, braucht aber spielerisch sicher ein wenig Zeit, um sich in der Bundesliga zu akklimatisieren. Rapid sollte den Vorarlberger behutsam heranführen und ihm vorerst einige wenige Einsatzminuten geben, sodass er dann eingewöhnt kaderinternen Druck auf Auer ausüben kann.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen