Mit Thierno Ballo aus der U23 des Chelsea FC beendete Rapid sein Einkaufsprogramm für diesen Sommer. Der 19-Jährige kommt ohne Kaufoption und wird Rapid... Spieleranalyse: So passt Thierno Ballo ins Konzept von Rapid!

Mit Thierno Ballo aus der U23 des Chelsea FC beendete Rapid sein Einkaufsprogramm für diesen Sommer. Der 19-Jährige kommt ohne Kaufoption und wird Rapid daher nur in der laufenden Saison verstärken. Wir sehen uns die wichtigsten Eckdaten zum neuen Talent in Grün-Weiß an.

Als Thierno Mamadou Lamarana Ballo in der ivorischen Großstadt Abidjan geboren, kam der Neo-Rapidler als Kind nach Oberösterreich. Der Sohn eines Vaters von der Elfenbeinküste und einer Mutter aus Guinea begann das Kicken bei Chemie Linz und wechselte später in den Nachwuchs des LASK. Bereits im Alter von elf Jahren zog Ballo weiter nach Deutschland, spielte im Nachwuchs von Bayer Leverkusen und Viktoria Köln. In der U17-Mannschaft der Kölner spielte Ballo bereits als 14-Jähriger.

Mit 17 in der U23 von Chelsea

Mit Hilfe seines oberösterreichischen Mentors und Beraters, Peter Huemerlehner, der zwischenzeitlich auch zusätzlich Erziehungsberechtigter Ballos war, wurde 2018 im Alter von 16 Jahren der Wechsel zu den Blues fixiert. Für Chelsea war er sowohl in der U18-, als auch in der U23-Mannschaft Stammspieler, debütierte für die Reserve – also die U23 – im Alter von 17 Jahren. Fürs österreichische U19-Nationalteam debütierte Ballo 15-jährig, für die U21 im vergangenen März nach längerer Corona-Spielpause mit 19.

Der wichtigste Sprung

Der Offensivspieler ist also einer, der bereits „mehrere Klassen übersprang“. Wie bei den meisten Top-Talenten dieses Alters ist nun aber die große Frage, wie gut Ballo den Sprung vom „Kinder- in den Erwachsenenfußball“ vollzieht. Mit 19 ist man natürlich kein Kind mehr und anderswo sind Spieler dieses Alters bereits Leistungsträger in Top-Klubs, aber Ballo spielte bisher hauptsächlich auf Nachwuchs-Level und bringt nur wenig Erfahrung auf Profilevel mit. Aber es gibt durchaus interessante Vergleichswerte, die man anhand seiner Zeit in London ziehen kann.

Bestes 2002er-Talent statt bestem 2003er-Talent

Vorweg Allgemeines: Thierno Ballo ist ein Zehner, der auch als Rechtsaußen eingesetzt werden kann. Laut Position ist er somit ein eindeutiger Ersatzmann für Yusuf Demir, der an den FC Barcelona verliehen wurde. Dass Österreichs größtes Talent des Jahrgangs 2003, Demir, durch eines der bzw. vielleicht sogar das größte Talent des Jahrgangs 2002 ersetzt wurde, macht natürlich schon per se Sinn, wenn die beiden dieselben Positionen bekleiden. Vergleichbar sind die beiden in ihrem Spielstil dennoch kaum.

Doppelte Bewertung nötig

Der 172cm große Ballo ist ein Spieler, der grundsätzlich große Aktionsradien abdeckt, aber nicht primär als Kombinationsspieler fungiert. Er ist auch kein intensiver Zentrumsdribbler wie Demir oder ein Ballverteiler wie Knasmüllner. Man muss Ballo doppelt bewerten und zwar einerseits auf seiner Position im offensiven Mittelfeld und andererseits als Flügel.

Weite Wege

Gegen den Ball ist Ballo ein Spieler, der viel in Bewegung ist und wichtig für das Pressing seiner Mannschaften sein kann. Er ist einer, der viele Zweikämpfe um freie Bälle sucht, lästig nachhakt, auch mal grätscht. Bei gegnerischem Ballbesitz ist sein Spiel also alles andere als statisch und der durchaus athletische, wenn auch körperlich noch verbesserungwürdige Youngster geht durchaus weite Wege und auch dorthin wo’s weh tut.

Clever in der Balance

Wenn Ballo am rechten Flügel zum Einsatz kommt, sucht er häufig die Grundlinie und das Eins-gegen-Eins. Sein Passspiel ist hier nicht besonders intensiv und Ballo spielte für eine dominante Mannschaft wie Chelsea recht wenige Pässe, dafür aber durchschnittlich für einen Offensivspieler sehr genau und vor allem nur selten mit Fehlern im Passspiel nach hinten gespickt. Hier ist also vor allem Pragmatismus das Zauberwort, um wenige Ballaktionen später wieder in aussichtsreiche Eins-gegen-Eins-Situationen am Flügel zu kommen. Damit ist er stilistisch bzw. in den allgemeinen Abläufen ähnlich gepolt wie Arase, der jedoch Probleme im Eins-gegen-Eins hat.

Vergleich mit Arase

Da der Vergleich mit Arase in Bezug auf die Flügelposition am ehesten zulässig ist, lohnt sich eine kleine Gegenüberstellung. Arase dribbelt mehr als Ballo, hat aber im Schnitt auch eine deutlich schlechtere Erfolgsquote. Arases Passspiel ist sogar noch etwas weniger intensiv und auch etwas ungenauer. Dennoch bringt Arase mehr progressive Läufe zustande, wenngleich viele davon keinen Erfolg einbringen, weil häufig die Bindung zu den Mitspielern fehlt. Bei beiden auffällig sind allerdings die zahlreichen Zweikämpfe: Alleine in der vergangenen Saison kam Arase auf durchschnittlich 22,5 Zweikämpfe pro Spiel bei 39,6%-iger Erfolgsquote. Ballo kommt auf Flügelpositionen (hauptsächlich im Nachwuchsbereich!) auf die exakt selbe Erfolgsquote, führte aber im Schnitt gleich 30 Zweikämpfe pro Partie. Sein körperlicher Aufwand ist demnach als Rechtsaußen noch größer als der von Arase, dafür bringt er mehr Passsicherheit und leichte Vorteile im Dribbling mit. Weiters sucht er eher die Grundlinie, als den inversen Lauf in Richtung Strafraum. Auch das unterscheidet ihn leicht von Arase.

Sehr viele Duelle auch in der Zentrale

Interessanter ist jedoch Ballos Verhalten im offensiven Mittelfeld bzw. als Hängende Spitze. Aufgrund der Einfachheit seines Passspiels und dem hohen kämpferischen Aufwand, bringt er gute Passquoten und ein hohes Maß an Duellen – wenn auch insgesamt nicht mit positiver Bilanz – mit. Aber alleine die hohe Anzahl an Zweikämpfen macht Ballos Mannschaften präsenter und das Pressing in erster Instanz schwieriger zu überspielen.

Wichtig für die Strafraumbesetzung

Das Paradoxon an Ballos Zahlen ist, dass er in Bezug auf direkte Balleroberungen oder progressive Läufe mit Ball alles andere als außergewöhnliche Werte aufweist. Da er aber viel in Bewegung ist und stört, ist er eine Art „Assist-Geber“ für entscheidende Zweikämpfe oder Pressing/Gegenpressing-Situationen. Und hier kommt die wohl wichtigste Facette in Ballos Spiel zum Tragen: Der 19-Jährige kommt vor allem als zentraler Akteur sehr häufig in den Strafraum oder dessen Kante. Diese Tiefenläufe machen ihn zu einem sehr modern agierenden Zehner (statt zu einem „Spielmacher“ älterer Prägung, wie etwa Knasmüllner) und sorgen bei seinen Teams für bessere Strafraumbesetzungen. Es ist nicht verwunderlich, dass Ballo viele seiner Tore im Nachwuchs aus Abstaubern bzw. fast alle von innerhalb der „Box“ erzielte. Es sind gezielte Tiefenbewegungen, die den gebürtigen Ivorer von anderen Rapid-Offensivspielern in der Zentrale unterscheiden. Selbst Taxiarchis Fountas hatte auf der Zehn in letzter Zeit Schwierigkeiten per Laufspiel in die Tiefe oder in Schnittstellen vorzustoßen, um in gute Abschlusssituationen zu kommen.

Auch auf Erwachsenenlevel spielerisch sicher

In Ballos Karriere gibt es wenige Vergleichswerte in Bezug auf seine Performances im Erwachsenenfußball. Aber es gibt sie: In der so genannten EFL Trophy, einem Cup-Bewerb für englische Klubs ab der dritten Leistungsklasse, lassen die Premier-League-Teams ihre eigens dafür aufgestellten U21-Teams teilnehmen. Ballo spielte also in der U21 des Chelsea FC gegen Teams wie Walsall, Oxford, Plymouth Argyle oder die Bristol Rovers, die allesamt eher für eine physische, „Old School“-Herangehensweise bekannt sind. Die Besonderheit hier: Ballos spielerische Werte waren gegen diese Teams sogar besser als auf Nachwuchslevel. Während er sich in Zweikämpfen etwas schwerer tat und insgesamt weniger Eins-gegen-Eins-Situationen suchte, hielt Ballo dennoch eine gewisse Präsenz hoch (23 Zweikämpfe pro Spiel in der EFL Trophy), fiel aber in puncto Passgenauigkeit, Strafraumbesetzung und vor allem Torgefährlichkeit nicht ab – im Gegenteil. Dies könnte ein erstes kleines Indiz dafür sein, dass Ballo bereit für den Sprung in den dauerhaften Profifußball sein könnte.

Wohl primär als Flügel eingeplant

Bei Rapid ist er mit hoher Wahrscheinlichkeit, zumindest anfänglich, als Flügelspieler eingeplant. Das ist auch aufgrund der Fehlerminimierung sinnvoll, da die Außenverteidiger Ullmann und Stojkovic – positionsbedingt eher Letzterer, obwohl Ballo auch als Linksaußen denkbar wäre – Ballo in „ungefährlichen“ Zonen absichern würden und er so mehr Freiheiten bekäme. Fehler in der Zentrale wären womöglich schwerwiegender und so dürfte sich Ballo vorerst als Flügelspieler eingewöhnen, um danach polyvalenter eingesetzt werden zu können. Nun gilt es die Stärken Ballos für die Rechtsaußenposition zu vereinen: Einerseits das sichere Passspiel und das gute Suchen der Grundlinie, andererseits die intensiven Läufe ohne Ball in die Spitze, um endlich mehr Anspielstationen im Strafraum bzw. auch eine bessere Strafraumbesetzung zustande zu bringen. Rapid hat jedenfalls die von Didi Kühbauer geforderte Flügelalternative gefunden – ob diese innerhalb dieses einen Leihjahres einschlägt, ist aber die große Frage. Ballo ist sicher hochtalentiert und bringt Details ins Spiel Rapids, die bisher fehlten, aber ist zugleich sicher auch eine Wundertüte.

Rapid schließt Einkaufsprogramm mit vier U21-Teamspielern ab

Rapid schließt mit Thierno Ballo sein Einkaufprogramm für diesen Sommer ab und darf mit der Ausbeute – vor allem hinsichtlich des geringen finanziellen Aufwands – durchaus zufrieden sein. Am auffälligsten war eindeutig, dass Zoran Barisic gleich vier U21-Teamspieler an Land zog. Robert Ljubicic kam zwar bisher nur einmal für Gregoritschs U21 zum Einsatz, die anderen neuen Jungen – Auer, Ballo und Aiwu – spielen aber bereits tragende Rollen bzw. sind weitgehend Stammspieler. Rapid setzt somit weiterhin auf den Nachwuchs, wenn auch in dieser Transferperiode nicht primär auf den eigenen. Auf lange Sicht betrachtet, wird das Geschäft unter den jungen Kickern so aber stark belebt und Rapid bewies durchaus, eine immer interessantere Adresse für junge Spieler dieses Formats zu sein. Einziger Nachteil: Möglicherweise wäre eine routinierte und abgekochte Alternative auf der Sechs die ideale Abrundung gewesen. Die Zeit wird zeigen, ob die aktuelle Zentrumsbesetzung gut genug für die bevorstehenden Aufgaben ist.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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