Der SK Rapid holt Louis Schaub nach sechs Jahren wieder zurück nach Wien! Der 29-Jährige unterschrieb in Hütteldorf einen Vierjahresvertrag. Rapid bekommt einen Spieler,... Spieleranalyse: Wie passt Louis Schaub ins aktuelle Rapid-Spiel?

Der SK Rapid holt Louis Schaub nach sechs Jahren wieder zurück nach Wien! Der 29-Jährige unterschrieb in Hütteldorf einen Vierjahresvertrag. Rapid bekommt einen Spieler, der für die österreichische Bundesliga getrost als Toptransfer zu bezeichnen ist und der Vor- und Nachteile mitbringt.

Nach sechs Jahren in Deutschland und der Schweiz war für Schaub nun – im Alter von 29 Jahren relativ früh – die Zeit für eine Wien-Rückkehr gekommen. Dass Rapid hier der erste Ansprechpartner war, lag auf der Hand. Die Hütteldorfer packten die Gelegenheit beim Schopf, obwohl die Position Schaubs nicht die größte Priorität in der aktuellen Kaderplanung war, aber auch Probleme abfedern wird, die zuletzt häufig in der Öffentlichkeit adressiert wurde – die Kadertiefe und die Spielstärke.

Vom „Euro-Louis“ zu Kölns „Assist-Monster“

Zunächst sehen wir uns aber an, wie Schaubs sechsjähriges Auslandsintermezzo verlief: Der offensive Mittelfeldspieler verließ Rapid im Sommer 2018 gegen eine Ablösesumme von 3,5 Millionen Euro in Richtung Köln. Sein Abschied ging damals ein wenig unter, weil zeitgleich Steffen Hofmann seine Karriere beendete und in Schaubs letztem Heimspiel gegen Altach traf.

Zuvor löste Schaub unter den Rapid-Fans durchaus ambivalente Gefühle aus. Praktisch jeder Rapid-Fan wusste stets über das große Potential des Kreativspielers Bescheid, doch man hatte nur selten das Gefühl, dass er sein Potential auch vollständig ausschöpft. Besonders auffällig war Schaub stets in den Sommermonaten. Bei warmen Temperaturen und in Flutlichtspielen funktionierte er am besten, erarbeitete sich so seinen Ruf als „Euro-Louis“. In der Europa-League-Qualifikation traf er für Rapid in zehn Spielen elfmal und in der Qualifikation zur Champions League machte er drei Tore und einen Assist in vier Spielen. Die Auftritte gegen Ajax Amsterdam und Shakhtar Donetsk sind auch heute noch legendär. In Gruppenphasen baute Schaub allerdings ab, kam für Rapid in 16 Spielen nur noch auf zwei Tore und einen Assist.

Sein Wechsel nach Köln war insgesamt eine gute Entscheidung: Die Kölner gingen als einer der Aufstiegsfavoriten in die Saison 2018/19 der zweiten deutschen Bundesliga, wurden am Ende auch Meister. Schaub brachte es in 29 Pflichtspielen auf vier Tore und 15 Assists. In der zweiten deutschen Bundesliga kam nur Schaubs Teamkollege Dominick Drexler in dieser Spielzeit auf mehr Assists. Schaub kam dabei primär als „Zehner“ zum Einsatz.

Schwerer Bundesligastart und eine Top-Zeit in der Schweiz

2019/20 stieß er in der Bundesliga allerdings an seine Grenzen. Ein schwieriger Herbst mit dem 1. FC Köln, fast durchgehend in den Abstiegsrängen, ein Tor und ein Assist. Danach folgte die halbjährige Leihe zum Hamburger SV, wo er ebenfalls nicht überzeugen konnte, nur einen Assist in zwölf Spielen beisteuerte und den Aufstieg verpasste.

Die Saison 2020/21 sollte zu einer erfolgreichen Konsolidierungssaison werden. Schaub wechselte für ein ganzes Jahr leihweise zum FC Luzern, wo er ein Schlüsselspieler war und den Schweizer Cup gewann. In 36 Pflichtspielen kam er auf neun Tore und elf Assists, spielte sich mit Top-Leistungen zurück ins Nationalteam, für das er alleine im Jahr 2021 auf neun Spiele kam, davon vier von Beginn an.

Reservist in starker Kölner Bundesligamannschaft

Nach dem Ausrufezeichen, das er in der Schweiz setzte, wurde er für die Spielzeit 2021/22 von den Kölnern zurück in die Bundesliga geholt. Dort kam er auf 28 Saisoneinsätze, allerdings meistens von der Bank. Nur sechsmal stand er in der Startelf, ein Tor und zwei Assists waren die effektive Ausbeute. Die starke Kölner Mannschaft wurde Siebter, qualifizierte sich für Europa.

Wechselhafte Jahre in Hannover

Europäisch sollte der heute 29-Jährige allerdings bis heute nur für Rapid zum Einsatz kommen, denn im Sommer 2022 verließ er die Kölner ablösefrei und wechselte nach Hannover. Im Herbst der Saison 2022/23 hatte er beim Zweitligisten noch Anlaufschwierigkeiten, spielte dann aber ein starkes Frühjahr und kam am Ende auf fünf Tore und fünf Assists in 25 Zweitligaspielen.

Damit stiegen aber auch die Erwartungen für die neue Saison und viele Fans waren nach der gerade abgelaufenen Saison 2023/24 enttäuscht über Schaubs Ausbeute in seiner zweiten Hannover-Spielzeit. Drei Tore und drei Assists in 29 Spielen waren weniger als man sich vom Spielmacher erwartete. In Foren und auf Twitter/X schrieben, nachdem das Rapid-Interesse aufkam, viele Fans davon, dass sie Schaub gerne „nach Wien tragen“ würden. Andere wiederum wiesen auf das deutlich sichtbare Potential hin, das er aber bei den Niedersachsen nie voll ausschöpfen konnte.

Untypischer Spielstil in Leitls Hannover-Konzept

Woher kam aber die Skepsis der Fans? Zunächst muss erwähnt werden, dass Schaub in einigen Aspekten nicht ideal zu Hannover passte. Unter Trainer Stefan Leitl zählte Hannover in den letzten beiden Jahren jeweils zu den pressingstärkeren Mannschaften der zweiten deutschen Bundesliga. In der abgelaufenen Saison hatte das Team den drittniedrigsten PPDA-Wert aller Ligateilnehmer.

Nun ist bekannt, dass Schaub nicht für seine Stärken im Pressing berühmt ist, sondern eher ein Spieler für die „feine Klinge“ ist. Und betrachtet man seine Leistungsdaten über die Saison hinweg, wird klar, dass er auf einer fürs Pressing essentiellen Position maximal im Ligadurchschnitt lag. Das hing auch mit Schaubs Naturell gegen den Ball zusammen und da er im Offensivpressing der Hannoveraner eher eine passive, häufig leichtfüßige Rolle einnahm, wurde er nicht als vollwertiges Mitglied des Powerfußballs gegen den Ball betrachtet. Dem steht allerdings gegenüber, dass Schaub gute Werte im Gegenpressing hatte und somit trotz seiner passiven Herangehensweise ein wichtiger Spieler gegen den Ball war.

Was 2023/24 allerdings auch auffällig war: Schaub präsentierte sich nicht mehr so torgefährlich, wie noch in der Vorsaison, kam nur selten in gute Abschlusspositionen und auch die Expected Assists und Schlüsselpässe wurden zuletzt weniger. Das hängt auch damit zusammen, dass Schaub zu viele Ballverluste verzeichnete.

Schaubs Radar Chart in wichtigen Metriken für die Saison 2022/23 – die Schlüsselpässe (KP/90), aber auch eine gute Treffsicherheit und hohe Flankengenauigkeit machten ihn zu einem der besseren „Zehner“ in der zweiten deutschen Bundesliga. In der Saison 2023/24 baute er in diesen Werten allerdings ab.

Passsicherheit und gutes „Ausspielen“ am Flügel

Neben den zu häufigen Ballverlusten steht aber auch eine Statistik, die wieder für Schaub spricht. Der Offensivspieler, der häufig im Zentrum begann, dann aber viel auf rechts pendelte, wies in beiden Hannover-Saisonen eine sehr hohe Passgenauigkeit von über 80% auf, was für die Positionen, auf denen er spielte, ein starker Wert ist.

Auffällig ist hier auch, dass Schaub progressive Passmuster suchte und sich gerade aus dem zweiten Drittel gut nach vorne orientierte, selten die Sicherheitsvarianten suchte. Einzig wenn er sich am rechten Flügel festgelaufen hatte oder zugestellt wurde, suchte er natürlich zumeist die sichere Variante bzw. das Kombinationsspiel mit seinen Nebenleuten. Schaub ist nach wie vor nicht als Spieler bekannt, der sich in Flügelflitzermanier an der Grundlinie entlanghangelt, um den Weg zum Tor zu finden. Viel mehr versuchte er, Aktionen mit kurzem Passspiel auszuspielen, Laufwege zur Mitte und schließlich Tiefenpässe in den Strafraum zu suchen.

Schlüsselpässe müssen wieder forciert werden

Das ist ein Faktor, der wiederum für Rapid zu einem Vorteil werden kann. Die spielerische Linie ging bei den Grün-Weißen im Meisterplayoff merklich verloren und es gab zu wenige, zusammenhängende Ballstafetten in der Offensive. Die Kreativität Schaubs am Ball und seine hohe Passsicherheit können hier Abhilfe schaffen. Wenn er auch in den effektiven, progressiven Pässen bzw. bei Schlüsselpässen auf Werte der Saison 2022/23 kommen kann, was bei der niedrigeren Qualitätsdichte der österreichischen Bundesliga durchaus machbar sein sollte, kann er durch seine Kreativität zu einer Waffe im letzten Drittel werden.

Tiefere Rolle gegen den Ball würde Sinn machen

Unterm Strich bedeutet das, dass Schaub in Rapids Offensivpressing wohl eher eine passivere, zurückgezogene Rolle einnehmen sollte, um in zweiter Pressinginstanz in den Kampf um den Ball zu gehen bzw. im Zentrum eine Gegenpressingrolle einzunehmen. Der klassische Anläufer ist der 29-Jährige nicht, was aber je nach Konzept nicht unbedingt ein Problem sein muss. Schaub wäre gegen den Ball ein Spieler, der sich bei hohem Pressing eher in den Achterraum fallen lassen kann, um dort Bälle zu erobern und das Spielfeld dann vor sich zu haben.

Seidl gewann beispielsweise fast doppelt so viele Bälle, allerdings in einer inkonsistenteren Liga. Zudem konnte der Rapid-Shootingstar die Bälle besser verteilen als Schaub in der vergangenen Saison, was auch dazu führte, dass er im Meisterplayoff häufig zugestellt wurde und in der Luft hing. Schaub agiert etwas anders, sucht progressive Läufe mit Ball und versucht trotz seines insgesamt eher niedrigen Grundtempos mit seiner Technik Linien zu überwinden.

Stärkung der rechten Seite, mehr Spielverlagerungen

Eine andere Stärke Schaubs, die er vor allem in seiner Luzern-Zeit gut ausspielte, sind seine präzisen Spielverlagerungen. Hierfür kommen ihm seine Pendelbewegungen nach rechts zugute, was die zuletzt eher schwache rechte Seite Rapids stärken könnte. Auch die unbeständigen Leistungen von Christoph Lang auf rechts könnten durch die Schaub-Verpflichtung abgefedert werden. Da er zudem ein ausgewiesener Linksfuß ist, könnte auch der inverse Faktor eine Rolle auf der rechten Seite spielen. Obwohl Rapid rein personell keine große Not hatte, für die Zehn und die Rechtsaußenposition (auf der auch Jansson spielen kann) nachzurüsten, wird Rapid in diesen Räumen jedenfalls flexibler und spielstärker werden.

Wichtigster Faktor: Was macht Katzer noch?

Um Schaubs Rolle aber in einen klaren Kontext setzen zu können, müssen noch mehrere Fragen beantwortet und die Kaderplanung abgewartet werden. Wird Grüll noch adäquat ersetzt oder soll Jansson in diese Rolle schlüpfen? Wer kommt für die Außenverteidigerpositionen? Wird es noch eine Änderung im Achterraum geben? Kann Burgstaller zu alter Stärke finden und/oder kann Mayulu seine Schwächen im Pressing und Anlaufverhalten ausmerzen?

Dies sind alles zentrale Punkte, die eine Auswirkung darauf haben werden, wie sich Schaub vor allem gegen den Ball verhalten „darf“. Wenn es in Rapids Offensive Akteure gibt, die hohes Pressing beherrschen oder erlernen, dann könnte Schaub gegen den Ball eine passivere Rolle einnehmen und den spielerischen Part, der allgemein definitiv als seine Stärke zu bezeichnen ist, forcieren. Es wäre vergleichbar mit Jakob Jantschers Rolle bei Sturm, unmittelbar bevor die Grazer Schritt für Schritt in die Ligaspitze vorstießen.

Mehrere mögliche Rollen mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten

Wenn Schaub hingegen im Spiel gegen den Ball im Rapid-Mittelfeld das werden soll, was Burgstaller vor allem 2022/23 eine Etappe weiter vorne war, nämlich ein dynamischer, balljagender Leithammel, dann wird es komplizierter. Aber auch hier muss abgewartet werden, wer etwa auf der Rechtsverteidigerposition kommen wird, um auch das große Ganze in der Tiefe des Raumes besser einschätzen zu können.

Definitiv eine Qualitätssteigerung in Grün-Weiß

Das Fazit eines spannenden Transfers ist, dass Rapid mit Schaub sicher nicht schlechter wird, das Gesamtbild aber erst dann greifbar wird, wenn man die weiteren Transferaktivitäten Rapids kennt. Schaub bringt Stärken mit dem Ball und Schwächen gegen den Ball mit, wird da und dort sicher wieder den einen oder anderen Fan mit seiner Leichtfüßigkeit oder fehlender Grundschnelligkeit auf die Palme bringen, dann aber wieder ein Supertor oder einen genialen Assist einstreuen.

Angesichts der angespannten finanziellen Lage muss man in Hütteldorf aber mit der Verpflichtung eines erst 29-jährigen 29-fachen Nationalspielers hochzufrieden sein. Und auch die Emotionalität und die Erinnerung an erfolgreichere Zeiten könnte im Westen Wiens, wo es zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt bekanntlich ein schmaler Grat ist, einen positiven Unterschied ausmachen.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen