Auf der Suche nach weiteren Spielern, die Rapid bei der Einhaltung des Österreicher-Topfes helfen und zudem Verstärkungen sind, stieß man auf einen alten Bekannten... Spielstarke statt dynamischer Lösung: Rapid ersetzt Schaub durch Knasmüllner

Auf der Suche nach weiteren Spielern, die Rapid bei der Einhaltung des Österreicher-Topfes helfen und zudem Verstärkungen sind, stieß man auf einen alten Bekannten aus der Bundesliga. Nach seinem missglückten Barnsley-Engagement wechselt Christoph Knasmüllner nach Hütteldorf. Wir beleuchten den Transfer im Detail.

Der mittlerweile 26-jährige Knasmüllner durchlief den Nachwuchs von Stadlau und der Wiener Austria. Vor zehn Jahren wechselte er ablösefrei zu Bayern München und spielte dort zunächst in der U17-Mannschaft. Der Mittelfeldspieler galt als Megatalent und war in Österreichs U17-Nationalteam eine der beiden prägenden Figuren – gemeinsam mit David Alaba, der wie Knasmüllner eine Vergangenheit in Wien-Donaustadt und danach bei der Austria hatte.

Überholt von Alaba und Co.

Auch bei den Bayern fand sich Knasmüllner zunächst recht gut zurecht, spielte in U17 und U19 stark, blieb dann aber bei den Bayern Amateuren in der 3.Liga ein wenig unter den Erwartungen. Es fehlte der letzte Nachdruck auf dem Weg zum Profi. Also wurde er im Alter von 18 Jahren von einigen Teamkollegen überholt. Einer davon war David Alaba, denn der heutige Bayern-Star spielte in Bayerns zweiter Mannschaft als Achter – hinter Knasmüllner, der zumeist den Spielmacher in einem 4-2-3-1-System mimte.

Über München nach Mailand

Obwohl es bei den Bayern nicht für die Profis reichte, winkte Knasmüllner ein weiterer großer Transfer. Inter Mailand sicherte sich um 500.000 Euro die Dienste des Wieners und setzte ihn vorerst in der Primavera, also der U19-Mannschaft ein. Den Weg in die Serie-A-Mannschaft fand Knasmüllner aber nicht – wieder einmal waren für die ganz großen europäischen Teams die Konkurrenz, aber auch die Anforderungen zu hoch. Acht Monate nach Start des Mailand-Intermezzos wechselte er um 100.000 Euro nach Ingolstadt.

Enttäuschende Zeit in Ingolstadt

In Ingolstadt blieb Knasmüllner drei Jahre lang und nach den Nachwuchs-Engagements an Europas Top-Adressen, war die Zeit bei den „Schanzern“ wohl die enttäuschendste. Nur 22-mal lief er für die Kampfmannschaft auf, zwei Tore standen auf der Habenseite. Fast die Hälfte seiner Ingolstadt-Zeit verbrachte er bei den Amateuren, für die er in 13 Spielen fünf Tore und drei Assists erzielte. Im Sommer 2014, damals 22-jährig, folgte der logische Rückschritt nach Österreich, der sich erst mit der Zeit als Fortschritt entpuppen sollte.

„Mit einem Bein im Fußballer-Grab“

Knasmüllner unterschrieb bei der Admira und pendelte dort zunächst zwischen Bundesliga- und Regionalliga-Mannschaft. Die Admira spielte allgemein schwach, Knasmüllner kam nach seiner Österreich-Rückkehr 2014/15 auf 14 Bundesliga-Einsätze, ging aber nur zweimal als Sieger vom Platz. Der spätere Admira-Coach Lederer meinte damals, dass Knasmüllner zu dieser Zeit bereits mit einem Bein im Fußballer-Grab stand. Das wollte der einstige Bayern-Youngster aber dann auch nicht wahrhaben, nachdem er schon zuvor immer wieder scheiterte, weil die letzten Prozente fehlten. Knasmüllner nahm sein Herz in die Hand und startete 2015/16 unter Lederer erstmals durch.

…als die Ära Barisic zu Ende ging…

Mit vier Toren, zwei Assists und fünf Assist-Assists ließ Knasmüllner nun in der Bundesliga erstmals aufhorchen. Speziell sein Doppelpack beim glatten 4:0-Auswärtssieg der Admira im Happel-Stadion gegen Rapid, das bereits leise das Ende der Ära Barisic einläutete, blieb in Erinnerung und brachte ihn in weiterer Folge sichtlich weiter. Es waren die ersten zwei von insgesamt vier Treffern gegen seinen neuen Arbeitgeber.

Top-Spieler in der Bundesliga

Ab dem Frühjahr 2016 avancierte Knasmüllner zum absoluten Führungsspieler der Admira. 2016/17 brachte er es in 35 Bundesligaspielen auf acht Tore, sieben Assists und sechs Assist-Assists. Im Herbst 2017 war er wohl der beste Spieler der heimischen Liga. In nur 17 Partien kam er auf zwölf Tore, drei Assists und vier Assist-Assists. Auch in der Europa-League-Qualifikation konnte er 2016 erste Erfahrungen sammeln und traf zweimal in sechs Partien. Der Wechsel nach England war die logische Folge, nachdem sich der Kreativspieler bei der Admira einen Namen machte.

Transferflop in Englands zweiter Liga

Knasmüllner unterschrieb einen Vertrag über 2 ½ Jahre beim FC Barnsley, der eine halbe Million Euro in die Südstadt überwies und damit von einer Ausstiegsklausel Gebrauch machte. Doch in England war der Österreicher mit alten Problemen konfrontiert: Eine nicht intakte Mannschaft mit großem Kader und damit zahlreichen Konkurrenten. Knasmüllner stand für Barnsley nur in drei Spielen und insgesamt 118 Minuten auf dem Platz. Nach einer schwachen Leistung beim 1:3 gegen Middlesbrough Anfang März wurde er nicht nur ausgewechselt, sondern stand in den verbleibenden zehn Ligapartien nie mehr im Matchkader des Zweitligisten. Barnsley stieg in die dritte Leistungsklasse ab und Knasmüllner stand genauso schnell, wie er gekommen war, wieder auf dem Abstellgleis. Sich bei den Tykes durchzusetzen, fiel Knasmüllner naturgemäß schwer. Nicht nur beim Verein aus der nordenglischen Arbeiterstadt, sondern in der gesamten, knochenharten Championship waren andere Tugenden gefragt, als der feine Kick des Wieners.

Klassischer Schaub-Ersatz

Eigentlich sind auch bei Rapid andere Tugenden gefragt, als sie Knasmüllner in die Wiege gelegt wurden. Nicht umsonst verbrachte der feine Techniker wichtige Nachwuchsjahre in Wien-Favoriten und nicht in Hütteldorf. Betrachtet man den 26-Jährigen allerdings als direkten Ersatz für Louis Schaub, so kann er durchaus spannende Facetten ins Spiel Rapids mitbringen. Der interessanteste Faktor ist hierbei die Wechselwirkung mit Thomas Murg.

Murg künftig fix auf rechts eingeplant

Der stärkste Rapid-Spieler der abgelaufenen Saison spielte abwechselnd im rechten und offensiven Mittelfeld. Da er häufig mit Schaub rochierte und dieser unter Djuricin eher in der Mitte aufgeboten wurde, wurde Murg auf der rechten Seite, auf einer ähnlichen Position wie sie einst Steffen Hofmann perfekt ausfüllte, immer sicherer und stärker. Vor allem seine inversen Läufe sorgten immer wieder für Gefahr, einige Tore und noch mehr Stangenschüsse. Knasmüllners Verpflichtung macht die Positionsverteilung konkreter, denn der bisherige England-Legionär ist auf der Zehn perfekt aufgehoben, muss nicht unbedingt auf die Seiten ausweichen.

Vertikale Flexibilität als Neuerung für Rapid

Das fiel auch bei der Admira auf: Gelegentlich wich Knasmüllner auf Halbpositionen aus, spielte auf diesen aber nie so stark, wie als nomineller Zehner. Viel wichtiger war hingegen das situativ veränderte Positionsspiel in der Tiefe, anstatt der Breite. Knasmüllner wurde auch immer wieder in die Rolle eines Achters bzw. eines Achter/Zehner-Hybrids gesteckt, zum Beispiel wenn Bajrami vor ihm auf der Zehn spielen sollte oder sogar Toth aufgrund seiner höheren Pressingintensität nach vorne rückte.

Höhere Spielstärke statt gewünschter Dynamik

Für Rapid bedeutet dies eine Veränderung im Vergleich zum ursprünglichen Plan. Die erste Wahl für die Stelle von Louis Schaub wäre Nikola Dovedan gewesen, der jedoch aufgrund harter Konkurrenz aus Deutschland nicht finanzierbar war. Dovedan hätte in der Breite eine klassische Rochade mit Murg ermöglicht, für mehr Dynamik gesorgt und auf der Zentralachse nach vorne neue Optionen, nach hinten jedoch keine Neuerungen geboten. Wenn Murg nun auf der rechten Mittelfeld-Seite fixiert wird (mit Ausnahme situativer Positionswechsel während des Spiels), kann Knasmüllner dafür sorgen, dass Rapid entweder mit einem klassischen Spielmachertypen, der sich zwischen den Linien bewegt, spielen oder aber aus einer tieferen Position für eine Art „Dreifach-Acht“ sorgen kann. Diese vertikale Flexibilität hätte Dovedan nicht mitgebracht.

Wie gut wird Knasmüllner der Rücken freigehalten?

Knasmüllner ist indes allerdings stark von den kämpferischen Leistungen seiner Nebenspieler abhängig. Speziell auf Schwab kommt eine wichtige Aufgabe zu, denn er ist es, der dem Neuzugang den Rücken freihalten muss. Aber auch die Außenspieler werden Knasmüllner einiges abnehmen müssen, zumal dieser keine Kampfmaschine wie Murg, sondern eher der Ballbesitzkicker des feinen Schlages ist. Auf Murgs rechter Seite sollte dies kein Problem darstellen, aber auf der linken Seite muss Schobesberger einen Energieschub gegen den Ball bzw. im Pressing bekommen, um die Seite im Fall von Knasmüllners Pendelbewegungen nach links, physisch zu stärken. Dies wäre mit einem Linksaußen-Zehner-Gespann Schobesberger-Dovedan eher denkbar gewesen. Gruppentaktisch spielt allerdings auch der dahinter eingeplante Bolingoli eine gewichtige Rolle, die nicht unterschätzt werden darf. Dennoch muss damit gerechnet werden, dass Rapids links Seite durch den Kauf Knasmüllners physisch und taktisch nicht gerade gestärkt wird.

Rapids Mittelfeld wird torgefährlicher

Was Knasmüllner im Vergleich zu allen anderen Kandidaten auszeichnet, ist aber seine Torgefährlichkeit. Der Zehner-Typ war schon bei der Admira ligaweit einer der Spieler, die am häufigsten aus der Distanz abzogen und dabei eine hohe Erfolgsquote hatten. Aber auch aus dem Kombinationsspiel heraus traf Knasmüllner konsequent, wobei sein Laufspiel ohne Ball herausstach. Auch bei Standardsituationen kann er Rapid Vorteile bringen.

Im Pressing auf tieferer Position besser aufgehoben

Die Probleme liegen eher im Spiel gegen den Ball. Knasmüllner ist sicher nicht der geborene Gegenpressing-Akteur und sollte sich auch im hohen Pressing Rapids etwas zurückfallen lassen, um eher Räume als Gegenspieler zuzustellen. Das Pressing müssen bei Rapid energische, kampfstarke Außenspieler wie Murg und Berisha oder auch die jeweilige Spitze übernehmen. Wenn Knasmüllner im Pressing tief steht und bei etwaigen Ballgewinnen weite Räume vor (statt beispielsweise neben) sich hat, ist er ein äußerst gefährlicher Umschaltakteur, der mit traditionell hoher Passqualität aus der Bayern-Schule aufwarten kann. Anbieten würde sich eine 4-4-2-Pressingformation, wo der Angreifer und der ballnahe Flügel auf den Ball gehen, einer der Achter nach außen pendelt, um die Position des einrückenden Flügels zu übernehmen und Knasmüllner sich auf Höhe der Achter zurückfallen lässt.

Wie schnell kommt Knasmüllner wieder in den Rhythmus?

Wie immer stellt sich zudem die Frage, wie Knasmüllner den vergangenen Barnsley-Flop wegstecken kann. In seiner Karriere war es bereits mehrfach so, dass er einige Zeit brauchte, um mit Enttäuschungen fertig zu werden. Die Konkurrenz im Rapid-Mittelfeld ist zudem auch recht groß, weshalb das Stammleiberl für ihn keine „g’mahte Wies’n“ sein wird. Nicht nur, weil die Fans der Hütteldorfer dies von all ihren Spielern fordern, wird es hauptsächlich darauf ankommen, dass Knasmüllner den Kampf annimmt. Sowohl mannschaftsintern, als auch nach außen. Wenn er nicht wieder zu zögerlich die wichtigen letzten Prozente verfolgt, sondern konstant auf 100% Einsatz spielt, wie in seinen letzten zwei Jahren bei der Admira, wird er als spielerische Instanz auch dem traditionellen Kämpferklub Rapid weiterhelfen. Unterm Strich ist aber klar, was man vom Transfer erwarten darf: Ein feiner Kicker, torgefährlicher als sein Vorgänger Schaub, aber sicher nicht das Mentalitätsmonster, das Rapid eigentlich gesucht hat.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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