In Wien-Hütteldorf wird ab Sommer 2013 gebaut werden. Die Wiener Stadtregierung investiert kolportierte 26 Millionen Euro in die Generalsanierung und Peripherieerweiterung rund um das... Stadt Wien investiert Millionen, jetzt liegt’s an Rapid – wird’s etwas „Schönes“ oder etwas „Großes“?

In Wien-Hütteldorf wird ab Sommer 2013 gebaut werden. Die Wiener Stadtregierung investiert kolportierte 26 Millionen Euro in die Generalsanierung und Peripherieerweiterung rund um das Gerhard-Hanappi-Stadion. Das Ganze geht schon recht bald über die Bühne: Anfang 2014 soll das Bauvorhaben fertig sein.

Alleine DASS sich im Westen Wiens etwas bewegt, ist gutzuheißen. Viel zu lange herrschte eine unangenehme Ruhe rund um das grün-weiße Stadionthema. Die Stille wurde jedoch in regelmäßigen Abständen von Horrorgeschichten rund um das 1977 fertiggestellte Hanappi-Stadion durchbrochen. Die Rede war von Schimmel in den Kabinen (die sich allgemein in einem inakzeptablen Zustand befinden) und maroder Bausubstanz, die bereits Teile der Stahlträger hervor linsen lässt. Auch die Westtribüne, die Jahre lang ohne Dach auskommen musste und daher von Wind, Wetter und hüpfenden Fans stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist längst in keiner angemessener Beschaffenheit.

Was geschieht mit St.Hanappi?

Die zentralen und von der Öffentlichkeit mit größter Spannung erwarteten Themen, werden naturgemäß die Änderungen am Hanappi-Stadion betreffen. Genaue Pläne, was mit „St.Hanappi“ geschieht, gibt es noch nicht. Die Stadt Wien spielte dem SK Rapid den Ball zu – was ab sofort mit den geschaffenen Budgets passiert, ist Sache des Rekordmeisters. Die genannte Summe liest sich hoch, könnte jedoch ob des Zustands des Stadions schneller aufgebraucht sein, als manch einer glaubt. Nichts desto trotz ist die Einigung mit der Stadt Wien selbstverständlich ein wichtiger und womöglich denkwürdiger Schritt – auch um sich selbst Druck aufzuerlegen. Jetzt wo der Deal „pickt“ und das Geld freigemacht wurde, gibt es kein Zurück mehr. Aber alles der Reihe nach.

Wirtschaftliche Okkasion

Präsident Rudolf Edlinger verspricht, dass auch der SK Rapid Eigenmittel aufbringen wird, um das Budget für Sanierung und Ausbau des Stadions weiter zu erhöhen. Ob Rapid dies schafft – und falls ja, in welchem Ausmaß – ist in den weiteren Planungen eine essentielle Frage. Rapid steht nicht nur unter Druck ein passendes Konzept auf die Beine zu stellen, sondern muss die kommenden, spannenden Jahre auf langfristiger und wirtschaftlicher Basis ausnützen. Durch die Bauarbeiten in Hütteldorf wird Rapid noch stärker in den Medien vertreten sein als bisher und wenn die ersten Ergebnisse und Eindrücke vorgezeigt werden können, hat Rapid die Okkasion diesen Schwung für Geschäftsanbahnungen zu nützen. Frei nach dem Motto: „Rapid baut um – und Ihr Unternehmen kann von Anfang an dabei sein!“ Dies ermöglicht Rapid einerseits die Aufstockung des Baubudgets, andererseits den Abschluss neuer, längerfristiger Sponsoren- oder Investorendeals.

Rapid wird unabhängig

Was nämlich das Wichtigste am großen Hanappi-Paukenschlag ist: Rapid übernimmt das Stadion bis 2039 als Pächter! Dies macht Rapid unabhängig und eröffnet neue Möglichkeiten – etwa auf dem Gebiet der Gastronomie, die bisher von der Stadt Wien geführt wurde. Lange Wartezeiten nicht nur zu „Stoßzeiten“, ein mehr als dünnes Angebot und der wohl teuerste (und bei weitem nicht beste) Käsekrainer-Hotdog Wiens (4,50 Euro) schmälerten für den „bequemen“ Fußballfan die Freude auf einen Stadionbesuch. Das wichtige und – sofern richtig konzipierte – lukrative Thema Gastronomie liegt nun ebenfalls in den Händen des SK Rapid. Unter anderem…

Arbeit fängt erst an

Um die Situation rund um den Stadion-Ausbau bzw. –Umbau einschätzen zu können, ist es vor Präsentation der konkreten Konzepte noch zu früh. Vorerst ist positiv zu bewerten, DASS etwas geschieht, effektiv erreicht hat Rapid aber natürlich noch nichts (abgesehen von der Einigung mit der Stadt Wien). Nun gilt es abzuwarten, wie die Details des Großprojekts rund um die Keißlergasse in Wien-Penzing aussehen. Rapid ist am Zug und ist sich durchaus bewusst, dass die echte Arbeit erst beginnen wird.

Sky-Boxen wären am Wichtigsten

Die Frage, die die meisten Rapid-Fans interessiert: Nachdem auch das Thema „Ausbau“ zur Sprache kam, wartet man gespannt auf erste Details, was das künftige Fassungsvermögen des grün-weißen Fußballtempels betrifft. Dass mehr als 3.000 Sitzplätze hinzukommen ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Traumvorstellungen wie die Aufstockung der Westtribüne oder einem dritten Rang auf der Nord- oder Südtribüne sind budgetär (nach aktuellem Stand) nicht im Rahmen des Möglichen. Die Osttribüne ist aufgrund der Wohnhäuser in der angrenzenden Deutschordenstraße nicht ausbaubar. Was jedoch viele Fans nicht verstehen ist, dass es für Rapid praktisch unerheblich ist, ob das Stadion 20.000 oder 25.000 Zuschauer fasst. Der finanzielle Unterschied ist auf lange Sicht relativ gering – enorm wichtig ist jedoch die Schaffung von Sky-Boxen für Businesskunden, die im modernen Fußball eine enorm wichtige Einnahmequelle für Großklubs sind und dem Verein jährlich siebenstellige Euro-Beträge einbringen können. Dennoch ist es schwierig abzuschätzen, wie einfach der „Einbau“ derartiger Sky-Boxen vonstattengehen würde – immerhin besteht weiterhin das Problem der 70er-Jahre-Bausubstanz, die „Lego-Modelle“ völlig unmöglich macht. Auch hier muss auf ein erstes Gutachten gewartet werden, bevor Euphorie einkehren darf.

Rapid wird „breiter“

Die Veränderungen in der Stadionperipherie lassen darauf schließen, dass Rapid allgemein „größer“ wird, was so manchen Fan, der Veränderung für seinen Verein forderte, erfreuen wird. Der Bau der Rapid-Akademie ist nicht nur aufgrund des Akademie-Status eine Weiterentwicklung und eine Erleichterung des täglichen Geschäfts. Rapid hat auf Nachwuchsebene größere Möglichkeiten und kann professioneller und breitgefächerter arbeiten, was auf Dauer junge Spieler dazu veranlassen könnte, den Verein nicht voreilig gen Ausland zu verlassen. Auch im Ernst-Happel-Stadion bekommt Rapid Büros, kann sich also breiter machen.

Training im Prater

Vor dem Ernst-Happel-Stadion werden die Profis der Grün-Weißen in Zukunft trainieren. Die Räumlichkeiten rund um das Stadion wurden zur Europameisterschaft verbessert, die Infrastruktur ist eine bessere als in Hütteldorf, der Ort zentraler gelegen. Der fahle Beigeschmack am neuen Trainingsgelände: Rapids Kampfmannschaft verlässt zum Trainieren Hütteldorf, was einem kleinen Teil der Rapid-Fans unter anderem deshalb sauer aufstoßen wird, weil vor wenigen Jahren der Lokalrivale aus Wien-Favoriten dieselben Trainingseinrichtungen nutzte und Rapid zugunsten des Praters seine Heimat verlässt – auch wenn es dabei nur ums Training geht. Wirklich hart trifft dies allerdings die „Ur-Hütteldorfer“: So mancher in Hütteldorf lebende Pensionist, für den das Rapid-Training beinahe täglich als Vorwand für einen kurzen Spaziergang herhält, kann im Westen Wiens nur noch Akademie-Mannschaften beim Üben zusehen. Dass Rapid auf derartige Einzelschicksale keine Rücksicht nehmen kann, ist allerdings angesichts der großen Möglichkeit selbstverständlich.

„Etwas Schönes“ oder „etwas Großes“?

Rapid hat im Allgemeinen durch diese neuen Entwicklungen die große Möglichkeit sich als Verein stark weiter zu entwickeln. Kritik an der Vereinsführung, dass man den Verein absichtlich klein hält, nie den Mut aufbrachte, die nächste Sprosse auf der Professionalitätsleiter zu erklimmen, weil die bestehenden Ressourcen für Österreich ausreichend sind, wurde bekanntlich immer lauter. Wenn das Projekt „Hanappi neu“ – besser noch „Hanappi anders“ – bei dem die Stadt Wien einen wichtigen Anstoß gab, von Rapid auf noch größere und vor allem fertige Beine gestellt werden kann, würde sich der Verein praktisch auf eine neue Arbeitsebene zwingen. Die nächsten Monate und die mit Spannung erwarteten konkreten Konzepte werden zeigen, ob Rapid aus den bestehenden Ressourcen „etwas Schönes“ macht, oder die sich bietende Möglichkeit nutzt, um den Verein tatsächlich in weitaus höhere Sphären zu schießen. Angesichts dessen wie schnell sich der Fußball weiterentwickelt, wäre der Fokus auf eine große und nachhaltige Lösung anzuraten – die nächsten Bauambitionen wird Rapid angesichts des Pachtvertrags frühestens 2039 anmelden können…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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