11.361 Zuseher gaben sich das Duell Red Bull Salzburg gegen Sturm Graz – und sie wurden nicht enttäuscht. In den ersten Jubel des Tores... Sturm Graz erreicht im Spiel eins nach Foda ein 2:2 (1:1) gegen den Titelfavoriten – unsere Fehleranalyse der vier Tore

11.361 Zuseher gaben sich das Duell Red Bull Salzburg gegen Sturm Graz – und sie wurden nicht enttäuscht. In den ersten Jubel des Tores von Florian Kainz (3.) platzte der Ausgleich durch Stefan Maierhofer (8.) zum Pausenstand. Jakob Jantschers 12. Saisontor in der Liga (80.), welches er unter hohem Gesundheitsrisiko erzielte, reichte nicht aus – Patrick Wolf egalisierte spät zum 2:2 (93.).

Es war für beide Seiten ein schwieriges Spiel, alleine wegen der Voraussetzungen. Sturm Graz blamierte sich unter der Woche beim Letzten der zweiten Spielklasse und unter Interimstrainer Thomas Kristl war natürlich nicht klar, wie das Spiel laufen würde. 120 Minuten unter der Woche, Blamage, neuer Trainer – die Sturm-Fans erwartete eine Wundertüte und diese schlug sich dann auch in der Aufstellung nieder, in der sich beispielsweise die lang geschmähten Haris Bukva und Christoph Kröpfl wiederfanden.

Die Bullen wiederum ließen auswärts in den wichtigen Partien Punkte liegen, wie etwa gegen die Admira oder die Austria. Umso mehr wiegt natürlich der Heimsieg gegen Rapid. Nach dem mühselig erreichten Aufstieg gegen die eigenen Amateure im Cup unter der Woche baute Ricardo Moniz wieder auf Bewährtes, ließ beispielsweise Stefan Maierhofer beginnen.

Statistikanalyse

Der Spielfilm offenbart schon, dass das Spiel ein durchaus ansehnliches war, auch wenn die technischen Feinheiten nicht so gegeben waren. Das heißt aber keinesfalls, dass es sich um ein unsauberes Spiel handelte. Lediglich bei 23 Fouls erklang die Pfeife von Schiedsrichter Gerhard Grobelnik. Nur in drei von 150 Saisonspielen wurde weniger gefoult. Sturm Graz schoss elf Mal Richtung Tor und davon acht Mal auf das Tor, die Salzburger verbuchten gleich 13 Schüsse, aber nur sechs gingen auch wirklich auf den Kasten. Die Grazer zeigten sich überhaupt äußerst spielfreudig, erarbeiteten sich elf Eckbälle, während die Gäste nur auf drei kamen (von denen allerdings einer zum Gegentor führte). Ein weiteres Schmankerl: Die Spielzeit 2011/12 ist die erste seit dem Einstieg von Red Bull in Salzburg, in welcher gegen Sturm Graz nicht gewonnen werden konnte.

Bullen verschlafen Start

Mit den Gedanken noch in der Kabine, stellte sich die gesamte Abwehr der Salzburger beim ersten Gegentor schlecht an. Obwohl mit Ibrahim Sekagya (31), Petri Pasanen (31), Christian Schwegler (27) und Andreas Ulmer (26) kein einziger Jungspund in der Verteidigung zugegen war, reichte ein Antritt des ehemaligen Red-Bull-Spielers Christoph Kröpfl, um im Strafraum aufzutauchen. Pasanen blieb stehen, die anderen drei konzentrierten sich auf den ballführenden Spieler, der aber trotz der dreifachen Zuneigung zum Abschluss kommen konnte. Der nachrückende David Mendes, mit 29 auch nicht unerfahren, schaute dem Gegner zu, verschlief, dass in seinem Rücken Florian Kainz wartete. Dieser verwertete den von Alexander Walke gut gehaltenen, aber schlecht abklatschenden, Schuss trocken zur Führung. Negativ formuliert hätte einer aus dem Trio Sekagya, Ulmer und Mendes – Schwegler war als Schnellster da, um Kröpfl zu stellen – den Linksaußen sehen müssen. Positiv formuliert: Ein super Antritt von Kröpfl, technisch fein die Abwehr ausgetanzt, und Kainz hatte sich toll angeschlichen.

Maierhofer nützt sich selbst

Der Ausgleich, der nur fünf Minuten später fiel, war ein Eckball aus dem Lehrbuch. Sieben Verteidiger im Strafraum, drei am Sechzehner verteidigten gegen vier Gegner im Sechzehner und zwei, die außerhalb dessen warteten. Im Gegensatz zu vielen statischen Eckbällen, bei dem eins zu eins zugeordnet auf die Flanke gewartet wird, flog die Kugel in den schwer zu verteidigenden Raum: Außerhalb des Fünfers hat der Torhüter kaum Zugriff auf den Ball, da sehr viel Verkehr ist und er nicht sicherstellen kann, den Ball entscheidend zu fangen oder weg zu fausten. Mendes mimte den Statisten am Fünfer, dahinter lauerten mit Maierhofer, Sekagya und Pasanen die großen und robusten Kopfballspieler. Vor allem der 1,86 Meter große ugandische Nationalspieler und „SM9“ mit seinen 2,02 Metern sind bei dieser, in den Gefahrenraum zentral vor dem Tor und außerhalb des Fünfers getretenen, Variante eigentlich nicht wirklich verteidigbar. Zumindest nicht, wenn kein Foul begangen werden soll. Die einzige Chance für Christian Gratzei hätte darin bestanden, sehr entschieden raus zu laufen. So wurde der Größenvorteil und die damit verbundene Wucht des Stürmers perfekt genutzt.

Und wieder der Lange

Einen Zweikampf benötigte Andreas Ulmer knapp nach der Mittellinie gegen seinen  Vornamensvettern Hölzl, um sich in eine ausgezeichnete Position zu bringen – Gegenwehr gab es bei seinem Lauf nicht. Am linken Strafraumeck wurde er von zwei Gegnern belauert, die Option Dusan Svento an der linken Flanke bedachte Joachim Standfest nicht, stand weder beim Slowaken noch bei Ulmer. Maierhofer deutete, noch als der Assistgeber im Halbfeld unterwegs war, an, wohin die Flanke kommen sollte. Zu hoch für den Torhüter flog sie dann Richtung zweiter Pfosten, der „Lange“ konnte, von Burgstaller verlassen, den Ball Richtung Tor drücken. Jantscher staubte ab, Burgstaller wollte den Ball weg dreschen, traf aber den Kopf des Torschützens. In dieser Situation verhielt sich der gesamte Abwehrverbund, vom Offensivspieler Hölzl weg, viel zu passiv und begünstigte so die Salzburger Führung.

Und die Salzburger gehen zu früh schlafen

Nach einem unnötigen Foul im Halbfeld kamen die Grazer in der Nachspielzeit noch zu einer Chance. Darko Bodul trat an und zirkelte die Kugel in den vollen Strafraum. Am zweiten Pfosten lauerte der eingewechselte Patrick Wolf, der im 149. Bundesligaspiel den ersten Treffer mit dem Kopf erzielte.  Dennoch hätten sieben Feldspieler und ein Tormann ausreichen sollen, um gegen sechs Spieler zu verteidigen. Wieso, weshalb und warum sich drei Salzburger bei einer 2:1-Führung in der letzten Minute der Nachspielzeit außerhalb des Strafraumes aufhielten, bleibt schleierhaft. Ein Mann in der Mauer hätte gereicht und auf den Konter zu lauern darf in dieser Situation getrost als dämlich bezeichnet werden. Moniz merkte die mangelnde Zuordnung in dieser Situation nach dem Spiel an und hat damit vollkommen recht – abgesehen davon, dass das Foul gar nicht hätte passieren dürfen. Sich zum Tor hindrehende Freistoßflanken sind gemeinhin etwas schwerer zu verteidigen als eine von der Grundlinie, dieses Tor lag aber im Bereich des Vermeidbaren.

Fazit

Die Konzentration muss von der ersten bis zur letzten Sekunde an stimmen, sonst gewinnt man nicht. Während die Salzburger Tore zu einem Gutteil der physischen Präsenz von Stefan Maierhofer  zuzurechnen sind, muss sich das gesamte Team beim 2:2 den Vorwurf gefallen lassen, versagt zu haben. Alleine der arithmetische Vorteil hätte den wichtigen Dreier sichern müssen. Allerdings zeigte sich auch, dass die Blackies in den letzten Wochen einen Knoten im Kopf hatten, der sich mit Franco Fodas Ablöse etwas gelöst zu haben scheint. Der späte Ausgleich gegen den Titelfavoriten könnte sich im Kampf um die Europacup-Startplätze als wichtiger herausstellen, als ein ernudelter, unverdienter Sieg.

Die nächste Runde wird für beide Teams entscheidend. Bei einem Sieg der Bullen am Samstag im Heimspiel gegen die SV Ried können die Grazer die Meisterschaft am Sonntag mit einem Sieg gegen Rapid Wien vor entscheiden und sich selbst wieder vollends ins Rennen um das internationale Geschäft bringen. Mit einem erfrischenden Auftreten wie gegen Red Bull ist sicherlich noch etwas drinnen.

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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