Der SV Mattersburg startet in die Vorbereitung zur neunten Bundesligasaison der Vereinsgeschichte. Auch wenn die Burgenländer vor jeder Saison als Abstiegskandidat gehandelt wird, konnte... SV Mattersburg – wie man mit unpopulären Mitteln die Klasse hält…

Der SV Mattersburg startet in die Vorbereitung zur neunten Bundesligasaison der Vereinsgeschichte. Auch wenn die Burgenländer vor jeder Saison als Abstiegskandidat gehandelt wird, konnte sich das Team um Franz Lederer, der die Burgenländer seit 2004 betreut, bisher immer recht souverän in Österreichs oberster Spielklasse halten. Folgt 2011/12 eine Schlüsselsaison?

In der zweiten Liga war der SVM noch ein schillernder Zuschauermagnet, das „Wunder“ Mattersburg, das es schafft ein ganzes Bundesland zu mobilisieren. In der Bundesliga ging der Hype mit der Zeit verloren und das obwohl das Team zeitweise eine Top-Mannschaft stellte, etwa dem heutigen Teamkapitän Christian Fuchs wertvolle Starthilfe bot, mit Goce Sedloski, Didi Kühbauer oder Carsten Jancker Stars von einst ins Burgenland lodste. Mattersburg entwickelte sich Jahr für Jahr immer mehr zu einer „Squadra non grata“, zumindest wenn man nach den Meinungen gegnerischer Fans geht. Die teilweise überharte Spielweise des Mittelständlers und so mancher „Typ“ ließen nicht viele Sympathien in den äußersten Osten Österreichs wandern. Doch gerade diese Tugenden und Typen sind es, die Mattersburg seit fast einem Jahrzehnt in der Bundesliga halten.

KEIN SCHÖNHEITSPREIS FÜR DEN SVM

Franz Lederer muss für seine Art zu coachen und seine häufig zur Schau gestellte (vermutlich absichtliche) Subjektivität viel Kritik einstecken. Mattersburg gilt weithin nicht nur als hartes Team, sondern driftet Woche für Woche ins Grenzwertige bis Unfaire ab. Eine Vorgehensweise, mit der man keinen Schönheitspreis gewinnt, aber Jahr für Jahr den Klassenerhalt sichert. Auch wenn viele Spiele der Burgenländer nicht schön anzusehen sind: Die taktische Herangehensweise, gepaart mit den vorhandenen Resourcen, ist legitim, wird durch das regelmäßige Erreichen des Saisonziels bestätigt. Mattersburg erarbeitete sich in der Bundesliga einen rauen Ruf, der ihnen vorallem in Spielen gegen technisch überlegene Gegner sehr zu Gute kommt. So mancher „Edelzangler“ fürchtet in einzelnen Zweikämpfen mit Malic, Schmidt und Co. schon mal um seine Gesundheit und so kommt es nicht von ungefähr, dass der SVM nicht selten gegen „Große“ überrascht, weil die entscheidenden Zweikämpfe im Mittelfeld gewonnen werden.

VORERST GERINGFÜGIGE ÄNDERUNGEN AM KADER

Ein Umbruch ist vor der Saison 2011/12 nicht zu erwarten. Das Transferkarussell dreht sich vorerst langsam, Klub-Boss Martin Pucher muss vorerst nur Routineentscheidungen absegnen. So etwa den Wechsel des jungen Matthias Lindner zum SC Wiener Neustadt oder das Leihgeschäft des stagnierenden Thomas Salamon mit dem SV Grödig. Große Namen werden auch dieses Jahr ausbleiben. Mit Markus Böcskör (28) kommt der Stammkeeper aus Parndorf zurück zu „seinem Verein“, aus Hartberg kommt mit Martin Rodler (22) ein weiterer knallharter Verteidiger aus Hartberg, das auch den Franzosen Wilfried Domoraud (22) ins Burgenland transferiert. Domoraud kann schon in jungen Jahren als Weltenbummler bezeichnet werden: Der dynamische Angreifer kommt aus der Jugend der AS Nancy, spielte dann innerhalb von zwei Jahren bei vier unterklassigen Klubs in England (Yeovil Town, Weymouth, Weston-super-mare und Woking), ehe er über Dornbirn nach Hartberg wechselte. In Dornbirn erzielte Domoraud noch vier Saisontore, in Hartberg erzielte der Angreifer mit der hohen Arbeitsrate in 26 Ligaspielen kein einziges Tor, traf nur im Cup beim SV Sierning. Mattersburgs sportliche Leitung bewertet den bulligen Offensivspieler dennoch als bundesligatauglich.

JUNGE, REGIONALE UND PROBLEMATISCHE

Mattersburg ist jedoch ohnehin nicht der Klub, der fertige Fußballer verpflichten kann. Ein großer Teil des Kaders besteht aus vielversprechenden Perspektivspielern, die in Mattersburg die Chance bekommen zu spielen. Es ist kein zufall, dass mit Patrick Farkas ausgerechnet ein Spieler des SVM der einzige Akteur der U20-Nationalmannschaft ist, der in seinem Verein fix gesetzt ist. Auch die Einbindung von Problemboys ist eine Spezialität der Burgenländer, die damit ein Feld erschließen, dass andere Vereine eher zu meiden versuchen. Naturgemäß sind problematische Fußballer leichter zu haben, als die, bei denen das Gesamtpaket problemfrei ist. So wäre ein eskapadenfreier Ilco Naumoski längst nicht mehr in Österreich angestellt. Mattersburg gibt Spielern wie Naumoski die – oft halbprofessionellen – Freiräume, die sie brauchen und bekommt als Belohnung Fußballer, die sie unter anderen Umständen nie und nimmer an Land ziehen könnten.

NICHT NUMMER EINS KANDIDAT AUF DEN ABSTIEG

An den Automatismen und Prozessen wird sich beim SV Mattersburg auch 2011/12 nicht viel ändern. Man wird den bewährten Weg weitergehen, in der Vorbereitung auf die neue Saison wenig bis gar nicht auffallen, ruhig an sich arbeiten. Auch wenn viele Medien wie jedes Jahr gerne auf den „Absteiger Mattersburg“-Zug aufspringen, werden die Grün-Weißen in der kommenden Saison nicht der erste Kandidat für den Gang in die Erste Liga sein. Dafür sprechen die Kontinuität, die der Verein verfolgt und der Fokus auf das traditionell-unpopuläre Spiel, der sich jedoch seit nunmehr acht Jahren als richtiges Mittel erweist, um die Klasse halten zu können.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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