Die Wiener Austria holte mit dem 2:1-Derbysieg über den SK Rapid die nächsten „Big Points“ und konnte in der Tabelle bereits mit Sturm Graz... Taktikanalyse: Der Derbyverlauf als Spiegelbild für die beiden Klubs

Die Wiener Austria holte mit dem 2:1-Derbysieg über den SK Rapid die nächsten „Big Points“ und konnte in der Tabelle bereits mit Sturm Graz gleichziehen. Wie immer präsentieren wir euch unsere ausführliche Derbyanalyse im „Double Feature“, wobei Dalibor Babic die Austria und Daniel Mandl den SK Rapid beleuchtete.

Austria mit nervösem Beginn

Nach dem erfolgreich absolvierten Doppel gegen Doublesieger Sturm, hatte die Wiener Austria klarerweise wenig Grund, großartige Veränderungen vorzunehmen – einzig der gesperrte Pérez Vinlöf wurde durch Guenouche ersetzt.

Viel interessanter war jedoch die Frage der gewählten Spielanlage, präsentierten sich doch die Violetten gerade in den beiden Duellen gegen Sturm mit zwei unterschiedlichen Gesichtern.

Doch bevor man irgendwelche Rückschlüsse in Sachen Spielanlagen ziehen konnte, ging es standesgemäß und wie es sich für ein Derby gehört wild zur Sache. Beide Teams versuchten in den Zweikämpfen gleich Eindruck beim Gegner zu hinterlassen und gleichzeitig die Nervosität aus den Beinen zu bekommen. So dauerte es einige Minuten, ehe sich ein Spielfluss entwickelte und beide Teams ihren Rhythmus fanden. Wir stellten im Vorfeld der Partie die Frage, wie die Austria ihr Pressing gestalten würde und ob man – wie die Woche zuvor der WAC – zu einer „V“-Pressinglinie greifen würde.

Pressing mit Fokus auf Rapids-Doppelsechs

Die Antwort sollte es recht schnell geben – das war nicht der Fall. Im Gegensatz zum WAC, setzten die Austrianer auf einen wesentlich aggressiveren Ansatz und wollten den Spielaufbau von Rapid nicht nur unterbinden, sondern früh unter Druck setzen. Aus diesem Grund bildeten die Violetten eine Art „Käfig“, in den sie Grgic und Sangare sperren wollten, weshalb die Pressingformation wie ein 3-3-2-2 aussah. Das kann man beim nächsten Bild erkennen:

 

Das Pressing der Austria, man bildet eine 3-3-2-2 Formation, in der Fitz und Barry auf die „Acht“ rücken und die beiden Stürmer davor mittels Deckungsschatten die Innenverteidiger anlaufen sollen. Wenn der Ball auf Linksverteidiger Auer gespielt wird, sprintet Flügelverteidiger Ranftl (gelber Pfeil) nach vorne und attackiert diesen.

Das Ziel war hier recht klar: Man wollte die beiden Sechser von Rapid vom Aufbau isolieren und der Verteidigung auferlegen, um ihn auf die Außenverteidiger zu lenken. Wenn diese den Ball bekamen, war dies der Pressingauslöser und Rapid wurde unter Druck gesetzt. Interessanterweise versuchten die Gäste jedoch erst gar nicht, asich von hinten spielerisch zu lösen und den Torhüter einzubinden, sondern scheuten das Risiko und wählten oftmals prompt den langen Ball nach vorne.

Austria-Trainer Helm passt die Pressingformation an

Das lag vermutlich auch daran, dass die Austrianer bereits in der Anfangsphase einige Ballgewinne in der gegnerischen Hälfte verbuchten und dadurch nicht nur die Nervosität ablegten, sondern auch den Gegner gleich in der Defensive forderten. Die Violetten wirkten über diesen Umstand überrascht, dürfte man sich wohl aus strategischer Sicht eine besser mitspielende Rapid-Mannschaft erwartet haben.

Aus dem Grund hat man eben auch an vorderster Front nach langer Zeit mal wieder diese Anordnung mit einer Art „Käfig“ ausgepackt und Barry höher positioniert. Nachdem allerdings Rapid kaum Zeit mit dem Spielaufbau verschwendete, stellte man die Pressingformation recht schnell wieder um und schob Barry zurück auf die Höhe von Fischer. Damit wollte man im Kampf um den zweiten Ball mehr Präsenz gewährleisten.

So wurde aus der Pressingformation vermehrt ein klassisches 3-4-3, was man erst unlängst in Graz erfolgreich spielte. Das kann man in der nächsten Bildsequenz gut erkennen:

 

Rapid mit dem Versuch des Spielaufbaus, die Austria läuft nun mit einem 3-4-3 an, bei dem die erste Pressinglinie die beiden Sechser in Deckungsschatten nimmt (gelber Strich), ehe der ballführende Innenverteidiger Cvetkovic angelaufen wird. Dieser kann daher nur in die Breite zum Außenverteidiger spielen, wo der linke „Schienenspieler“ Guenouche ebenfalls bereits am Sprung nach vorne ist (roter Pfeil rechts).

Für die Veilchen war dies der erste Punkterfolg, den man verbuchen konnte. Rapid blieb zwar dennoch gefährlich und konnte etwa nach zwei Umschaltsituationen die ersten Abschlüsse verzeichnen, allerdings kippte die Statik des Spiels mehr und mehr in Richtung der violetten Gastgeber. Hauptgrund dafür war wie eben dargestellt, dass man im Pressing sehr gute Arbeit verrichtete und die Bälle schnell zurückeroberte. Jetzt war natürlich die Frage, was man aus dem Ballbesitz machen würde und ob man daraus Kapital schlagen könnte.

Starkes violettes Übergangsspiel

Nachdem man in den ersten Minuten etwas nervös agierte, holten die Austrianer über diese Ballgewinne eine gewisse Sicherheit ins eigene Spiel und begannen, in Ruhe den Gegner zu bespielen. Rapid attackierte in der Anfangsphase noch etwas höher und formierte sich in einem 4-4-2, was auch immer wieder zu einem 4-3-3 wurde, wenn der ballnahe Flügelspieler nach vorne auf eine Höhe mit den beiden Stürmern rückte. Damit wollte man Gleichzahl gegen die Dreierkette der Austria schaffen und so den Spielaufbau zustellen. Doch die Violetten demonstrierten eindrucksvoll, dass dieses Unterfangen alles andere als einfach ist.

Die Gastgeber versuchten in dem Fall, die erste Pressinglinie durch eine längere Ballzirkulation ins Laufen zu bringen, um dann den freien Mann – entweder „Sechser“ Fischer oder einen Außenverteidiger – zu finden. Der Schlüsselspieler und Chefstratege in der Spieleröffnung war wie immer der 100-fache Teamspieler Aleksandar Dragovic. Im nächsten Bild kann man gleich erkennen, wie er mit nur einem Pass die erste Pressinglinie von Rapid aushebelt:

 

Austria im Ballbesitz, Rapid versucht mit ihrer ersten Pressinglinie Druck zu machen, jedoch erkennt Abwehrchef Dragovic direkt den freien Mitspieler und bedient mit einem „Schlenzer“ Rechtsverteidiger Ranftl, der nun viel Raum vor sich hat und in die gegnerische Hälfte vorstoßen kann.

Sofern Rapid als Reaktion darauf versuchte, mit der ersten Pressinglinie breiter zu stehen, fanden die Austrianer auch hier gute Antworten und überspielten diese in Ruhe und recht schnörkellos dank des eigenen guten Positionsspiels, wie die nächste Bildsequenz demonstriert:

 

Die Austria im Spielaufbau, Rapid versucht mit einem situativen 4-3-3 Druck nach vorne auszuüben, jedoch hebeln auch hier die Violetten mit zwei Pässen über Plavotic und Fischer das Anlaufverhalten recht einfach aus und finden den freien Linksverteidiger Guenouche, der im Anschluss den Ball in die gegnerische Hälfte tragen kann.

Fischer überzeugt als „Ankersechser“

Hier spielten die Violetten eindrucksvoll ihre spielerische Klasse aus und fanden ein ums andere Mal einen sauberen Übergang in die gegnerische Hälfte. Die Hütteldorfer waren dadurch in weiterer Folge mehr oder weniger gezwungen, auf das höhere Anlaufen zu verzichten und sich zurückzuziehen, da sonst die Abstände und Löcher im Verbund zu groß wurden. Doch auch das limitierte das starke Übergangsspiel der Violetten kaum und man fand Lösungen dagegen, wobei auch Kapitän Manfred Fischer stärker in den Fokus rückte.

Da Rapid sich in ein tiefes 4-4-2/4-4-1-1 zurückzog, positionierte sich Fischer meist klug hinter der ersten Pressinglinie und wurde immer wieder von Dragovic freigespielt, wie die nachfolgenden verschiedenen Szenen demonstrieren:

Die Austria im Spielaufbau, nun rückt der Fokus mehr auf das Freispielen von Fischer und in weiterer Folge das Bespielen der zentralen Räume. Abwehrchef Dragovic bedient Kapitän Fischer, der aufdrehen kann und direkt auf „Achter“ Barry spielt, der den Ball in die gegnerische Hälfte führen kann.

Erneut findet Dragovic seinen Mitspieler Fischer zwischen den beiden Stürmern, der geistesgegenwärtig direkt auf den im Halbraum lauernden Fitz weiterspielt, womit man mit nur zwei Pässen ins letzte Drittel kommt.

 

Oder man überspringt auch mal Fischer und spielt direkt vertikal in den Zwischenlinienraum, wo Malone (gelber Strich) lauert und den Ball erhält.

Diese zahlreichen Aufbausequenzen zeigen, dass die Austria über einen starken Spielaufbau verfügte und auf unterschiedlichste Varianten zurückgriff, um nach vorne zu kommen – egal ob es über die Innen- und Außenverteidiger, oder den Sechser war. Dadurch überrascht es auch nicht, dass der Ballbesitzwert der „Veilchen“ nach ungefähr einer halben Stunde bei über 60 Prozent lag und man das Spiel weitestgehend unter Kontrolle hatte.

Nicht sauber genug im letzten Angriffsdrittel

So gut das Spiel über die beiden ersten Spielfelddritteln funktionierte – im letzten Drittel hatte man dann einige Schwierigkeiten und die Angriffe gerieten ins Stocken. Das war aber auch nicht verwunderlich, zogen sich die Hütteldorfer doch sehr weit in die eigene Hälfte zurück und arbeiteten mit einem tiefen Mittelfeldpressing diszipliniert gegen den Ball.

Auch Rapid war es klarerweise in der Analyse der Austria nicht entgangen, dass die Violetten gerne die Flügelzonen überladen und dann den Weg in Richtung Strafraum suchen. Also konterten die Gäste dieses Vorhaben und verschoben ebenfalls extrem in Richtung Flügel, wie das nächste Bild demonstriert:

Die Austria sieht sich im letzten Drittel einer grün-weißen Wand entgegen und gleich fünf Spieler versperren den Weg nach vorne, während selbst Rapid-Stürmer Beljo 30 Meter vor dem eigenen Tor verteidigt.

Gegen den massiven Abwehrverbund war es für die Austria natürlich schwierig, sich sauber freizuspielen und Torchancen zu kreieren. Wenn es mal gelang, war die starke Innenverteidigung von Rapid meist gerade noch zur Stelle und klärte. Man hätte natürlich auch noch mehr Risiko gehen und die Halbverteidiger mit aufrücken lassen können, doch beim Stand von 0:0 wollte man verständlicherweise nicht volles Risiko gehen und damit die eigene Balance gefährden, um ein Tor zu erzwingen. Daher versuchte man eine Art Mittelweg und mit einer kontrollierten Offensive zu Torchancen zu kommen, was sich allerdings als nicht gerade einfach herausstellte.

Rapids Umschaltspiel bereitet der Austria Probleme

So hatte man eine Phase von 25-minütiger Kontrolle über die Partie, in der man quasi auf den Moment wartete, um zuzuschlagen und diese Dominanz in ein Tor umzumünzen. Doch es sollte letztlich anders kommen, da man in einer Situation zu gierig wurde und die Balance verlor.

Fitz verlor am gegnerischen Sechszehner den Ball und die Konterabsicherung funktionierte nicht, weshalb nur noch die Dreierkette und Rechtsverteidiger Ranftl an der Mittellinie verblieben und ein großes Loch klaffte. Dadurch konnten die Hütteldorfer den Ball quer über das Feld treiben und der Ball kam zu Schaub, dessen Schuss zwar abgeblockt wurde, den Abpraller jedoch Sangare artistisch mit einem Seitfallzieher im Tor unterbrachte – ein absolutes Traumtor, welches sich nicht abzeichnete.

Die Austrianer versuchten im Anschluss dort weiterzumachen, wo man aufhörte und man wollte sich offensichtlich trotz des Rückstands nicht aus dem Konzept bringen. Beinahe sollte dies schiefgehen, denn nach einem Ballverlust von Plavotic in der gegnerischen Hälfte, konterte Rapid erneut und verlagerte das Spiel, wonach Schaub eine Auer-Flanke stark verarbeitete, zum Abschluss kam und Sahin-Radlinger zu einer Parade zwang. Im Anschluss folgten zwei Eckbälle, wobei der zweite flach in den Rückraum gespielt wurde und hier Jansson zum Abschluss kam, der Ball jedoch von Beljo vor der Linie „geklärt“ wurde – Glück für die Violetten!

Doch quasi direkt im Gegenzug zeigten die Violetten eine tolle Sequenz über 60 Sekunden, wo man mit einer längeren Ballzirkulation inklusive Gegenpressing, von hinten bis nach vorne kam und Malone freispielte, dessen Abschluss zwar geblockt wurde, jedoch der Abpraller bei Ranftl landete, der von Linksverteidiger Auer im Strafraum zu Fall gebracht wurde. Den fälligen Elfmeter verwandelte Spielmacher Fitz souverän zum 1:1, was auch der Halbzeitstand sein sollte.

Austria mit Blitzstart und wiedererlangter Kontrolle

Nach dem Wiederanpfiff kamen die Violetten äußerst bissig aus der Kabine und setzten sich auf der linken Seite fest, wo Malone und Fitz stark nachsetzten und die Hütteldorfer zu einem eigentlich vermeidbaren Foulspiel zwangen. Den anschließenden Freistoß versenkte Spielmacher Fitz sehenswert im langen Eck und schoss damit seine Mannschaft mit dem Start des zweiten Durchgangs direkt in Front.

Danach setzten die Austrianer wieder dort an, wo man über weite Strecken der ersten Halbzeit aufhörte. Die Marschrichtung des Trainerteams der Violetten dürfte in der Kabine gewesen sein, dass man weiterhin mutig nach vorne spielen und auch die Halbverteidiger mitgehen sollen, um u.a. einen besseren Zugriff im Gegenpressing nach Ballverlust zu bekommen.

Das sorgte dafür, dass man mit dem gesamten Mannschaftsverbund sehr weit in die gegnerische Hälfte aufrückte und versuchte, sich hier festzusetzen. Das kann man am nächsten Bild gut erkennen:

Die Austria in Ballbesitz, Halbverteidiger Handl ist weit aufgerückt und am Ball, man versucht wie gewohnt die rechte Seite zu überladen (gelber Strich) und lässt den Ball in den eigenen Reihen laufen.

Auch gegen den Ball blieb man weiterhin am Gaspedal und versuchte, den Erzrivalen hoch zu pressen und den gegnerischen Spielaufbau nicht aufflammen zu lassen. Man wich daher trotz der eigenen Führung keinen Meter zurück, im Gegenteil, man wollte direkt nachsetzen, wie das nächste Bild demonstriert:

Rapid mit dem Versuch des Spielaufbaus über Linksverteidiger Auer, der direkt von Flügelverteidiger Ranftl angepresst wird und keine kurzen Anspielstationen hat. Daher versucht er abzudrehen statt den langen Ball zu spielen, wird dadurch jedoch von Ranftl und Prelec in die Zange genommen, was zum hohen Ballgewinn der Austrianer führt.

Das einzige Problem blieb, dass man im letzten Drittel weiterhin zu unsauber blieb und gute Situationen liegen ließ. Rapid-Trainer Klauß wollte dann auch recht schnell mit Rückkehrer Kara einen weiteren „Brecher“ ins Spiel bringen, um Abnehmer für die langen Bälle zu haben. Zuvor vergab Schaub noch die große Möglichkeit auf das 2:2 nach einer Jansson-Flanke. Doch auch nach der Einwechslung von Kara änderte sich zunächst an der Statik des Spiels wenig und die Austria kontrollierte weiterhin das Geschehen ohne gefährlich zu werden.

Nach gut 70 Minuten begannen die Violetten dann sich nach und nach zurückzuziehen und Rapid das Spiel zu überlassen. Zwar versuchte man auch weiterhin situativ vorne zu pressen, doch das große Problem war eher der eigene Ballbesitz, wo man begann, jegliches Risiko zu vermeiden. Beim kleinsten Anzeichen von Druck wurde der Ball nach vorne geschlagen – das allerdings meist nicht gut, weshalb die beiden violetten Sturmspitzen in der Luft hingen und keinen Tiefgang erzeugen konnten.

Dadurch kam der Ball meist postwendend zurück und Rapid fand einen Angriffsrhythmus im eigenen Ballbesitz. Gleichzeitig erhöhten die Hütteldorfer das Risiko und warfen allmählich alles nach vorne, wodurch man nun die Austria hinten einschnüren konnte und die Kontrolle übernahm. Obwohl die Gäste in der Verteidigung nur noch Mann gegen Mann verteidigten, konnte die Austria durch das ungezielte Wegschlagen der Bälle, kaum Entlastungsangriffe fahren, um länger durchzuschnaufen. Das wurde auch durch die Wechsel von Austria-Trainer Helm nicht besser, die kaum Entlastung brachten. So bot sich in der Schlussphase folgendes Bild:

Die Austria verteidigt mit allen Feldspielern das eigene Abwehrdrittel.

Das gelang auch weitestgehend und Rapid tat sich schwer, diesen massiven Abwehrblock zu knacken – ähnlich wie es die Austrianer zuvor nicht schafften. Die beste Chance vergab noch der eingewechselte Seidl, der nach starker Beljo-Vorarbeit zu lange zögerte und gerade noch von Plavotic geblockt wurde. Die Austria brachte den Heimsieg schließlich über die Zeit und schraubte das Punktekonto auf 39.

Rapid bringt mehr Tiefgang aufs Feld…

Rapid-Trainer Klauß schickte sein Team im typischen 4-2-2-2-System aufs Feld, sorgte aber im Vergleich zum Wolfsberg-Spiel für mehr Tiefgang: Jansson ersetzte Seidl, dessen Kreise vom WAC massiv gestört wurden, was ihn zum meistgefoulten Spieler in der ersten Frühjahrspartie machte und vor ihm startete mit Nikolaus Wurmbrand ein weiterer Sprinter.

Der Gedanke dahinter war klar: Die groß gewachsene, physisch starke Austria-Innenverteidigung sollte mit Tempo gestresst und idealerweise in Laufduelle gezwungen werden. Jansson pendelte dabei gemäß seines Naturells auch immer wieder auf den Flügel, um dort nach der Möglichkeit zu suchen, hinter Austria-Rechtsverteidiger Ranftl in Laufduelle mit dem herausrückenden Handl zu kommen.

Zusätzlich sollte Wurmbrand davor das Anlaufverhalten der Hütteldorfer variabler und energischer machen und vermeiden, dass die Abwehrkette der Austria in Ruhe aufbauen kann.

…und flexibilisiert den Spielaufbau

Auf der anderen Spielfeldseite lernte Rapid aus den erfolglosen, in der Öffentlichkeit scharf kritisierten Aufbaumustern, die man gegen den WAC praktizierte. Statt eines statischen Spielaufbaus und dem „Locken“ des Gegners auf den ballführenden Spieler, wählte Rapid unterschiedliche Muster und wollte die Austria so in Bewegung halten.

Einerseits versuchte man natürlich wie gewohnt, Grgic oder Sangaré im Sechserraum in Szene zu setzen und so Aufdrehbewegungen zu generieren, aber auch die beiden Zehner direkt anzuspielen. Man versuchte den Aufbau etwas weiter vom eigenen Tor wegzuhalten als zuletzt, um bei Ballverlusten gegen die gut organisierte Austria nicht sofort in gefährliche Situationen zu geraten.

Eine andere Facette, die hinzukam, waren zudem lange Bälle in die Spitze, mit denen man Beljo in Duelle zwingen wollte, um gegebenenfalls nachrücken und ins Gegenpressing gehen zu können. Beljo gewann auch sehr viele dieser Duelle (17 von 30 Zweikämpfen), aber durch ein unzureichendes Stellungsspiel im fürs hohe Gegenpressing neuralgischen Raum, bekam Rapid auf die zweiten Bälle kaum Zugriff.

Zudem waren natürlich auch Pässe auf die Außenverteidiger wieder ein Faktor, allerdings bei weitem nicht so intensiv wie gegen den WAC. Es war erwartbar, dass Zuspiele auf Auer oder Bolla der Pressingauslöser für die Austria sein würden, weshalb man weitgehend versuchte, diese zu vermeiden und lieber möglichst schnell in höhere Feldpositionen zu kommen, um dort gegenzupressen und situative Kontrolle in höheren Regionen zu bekommen.

Das Zentrum für Sangaré freischaufeln

Ein Faktor bei Rapid – vor allem im Ballbesitzspiel und im offensiven Umschaltspiel – sollte sein, das Zentrum für Mamadou Sangaré freizuschaufeln, sodass dieser die Mitte beherrschen und als Ballverteiler fungieren kann.

Die Durchschnittspositionen des Spiels. Auf eine recht plakative Weise ist hier sichtbar, dass man Sangaré (17) als „Herzstück“ des Mittelfelds platzieren wollte. [Screenshots ab hier von Wyscout S.p.a]

Das schien Rapid auch phasenweise gut zu gelingen: Jansson gab für seine Position außergewöhnlich viel Breite, wobei auch Grgic sich in diese Zonen bewegte. Das zog bei der Austria Barry, aber auch Fischer stets leicht nach rechts, wodurch in der Mitte Räume für Sangaré aufgingen.

Wie bereits beschrieben, schaffte es Rapid kaum, diese Räume direkt aus dem eigenen Spielaufbau zu bespielen, allerdings konnte man die Lücken, die man haben wollte, recht häufig reißen, wenn kurze Passsequenzen sauber ausgespielt werden konnten. Wenn Sangaré dann aufdrehen konnte und das Spiel vor sich hatte, zeigte Rapid durchaus gute Aktionen und wurde auch immer wieder gefährlich.

Das Problem war jedoch, dass diese Situationen über den Großteil der Partie dennoch mehr die Ausnahme, als die Regel waren. War es im Herbst noch so, dass Sangaré häufig direkt von Raux-Yao im Spielaufbau eingesetzt wurde und sich mit einer unwiderstehlichen Aufdrehbewegung selbst den Raum suchte, den er benötigte, erzeugte die Austria den bereits beschriebenen „Pressingkäfig“ für Grgic und Sangaré, der das Kreativspiel der Rapid-Doppelsechs doch deutlich einschränkte.

Dass Sangaré nicht die Vertikalität in sein Spiel brachte, die man sich erhoffte, sieht man auch der Passmatrix der Begegnung:

Auch hier sieht man Sangaré (17), als das Herzstück der Rapid-Formation. Je dicker die Linie, desto häufiger das Zuspiel. Sichtbar ist, dass Sangaré wenig Bindung nach vorne hatte, dafür aber sehr viel an die Seiten zu den Außenverteidigern Auer und Bolla.

Wenn wir uns die Anzahlen der Zuspiele genauer ansehen, wird dies noch einmal deutlicher:

Der häufigste Pass im Rapid-Spiel war der von Sangaré auf Bolla (12x), gefolgt von dem von Sangaré auf Auer (9x). Ebenso oft spielte zudem Bolla auf Schaub und Auer auf Jansson. Sangaré brachte aber beispielsweise nur einen einzigen Ball zu Louis Schaub.

Das alles hatte natürlich auch damit zu tun, dass eine offene Spielposition bzw. Körperhaltung von Sangaré bei der Austria eine Art Umschalttrigger auslöste und die Helm-Elf sofort wieder versuchte, seine Passschienen und Räume zu verengen. Auch wenn Sangaré unterm Strich keine besonders gute Partie spielte und ein wenig die Aufdrehdynamiken aus dem Herbst vermissen ließ, waren dies dennoch die Szenen, aus denen Rapid am ehesten gefährlich wurde.

Auer als zweite Schlüsselpersonalie

Wie die allermeisten Gegner machte auch die Austria Rapid-Linksverteidiger Jonas Auer als „wichtigstes“ Pressingopfer aus. Man trachtete danach, den Spielaufbau Rapids auf Auer zu lenken, um diesen dann durch intensives Anlaufen zu stressen und zu Fehlern zu zwingen. Auer ist einerseits bekannt dafür, dass er in seinen Ballweiterverarbeitungen weniger Kreativität zeigt als etwa Bolla auf der anderen Seite, aber auch anfällig für Schlampigkeitsfehler ist.

Zudem dürfte es der Austria auch ein Anliegen gewesen sein, dass Auer in tiefen Feldpositionen verbleibt. Seine Stärken hat der 24-jährige Niederösterreicher eher offensiv, einerseits durch seine Dynamik, wenn er freies Feld vor sich hat, andererseits durch immer wieder gute Flanken.

Wie man an den Durchschnittspositionen auf einer der obenstehenden Grafiken erkennen kann, wurde Auer sogar massiv hinten hineingedrückt. Er spielte beinahe so tief wie die Innenverteidiger und gab dem Rapid-Spiel kaum physische Tiefe, was verschiedene negative Auswirkungen auf die Partie hatte.

Die zwei augenscheinlichsten Auswirkungen: Zum einen war Rapid am linken offensiven Flügel, aber auch in den Halbräumen zumeist auf Einzelaktionen angewiesen. Jansson hatte praktisch nie die Möglichkeit, Offensivaktionen sauber auszuspielen, indem seine Mitspieler für Überladungen sorgten und ihn so unterstützten. Es ging praktisch immer ins Eins-gegen-Eins, was natürlich auf Dauer eher zu einer Lotterie wird. Kann funktionieren, muss aber nicht.

Die andere, für den Ausgang des Spiels noch wichtigere Auswirkung, war jedoch, dass Auers tiefe Feldposition eine direkte Auswirkung auf Ranftls hohe Feldposition hatte. Da Auer aus einer sehr tiefen Position heraus agierte, konnte der formstarke Austria-Flügelverteidiger nach Belieben nach vorne schieben und eher wie ein Rechtsaußen agieren. Da der Personalverbund aus Auer und Jansson überhaupt keine Bindung hatte, konnte Ranftl – genau wie er es am liebsten hat – hochschieben, sehr aktiv sein und wurde von Rapid nie hinten hineingepresst.

Und das am allermeisten augenscheinliche Resultat daraus, war schließlich das Foul, das zum Elfmeter für die Austria führte.

Wenn Rapid auf der linken Angriffsseite im Mannschaftsverbund durch diese tiefe Feldposition eines Außenverteidigers derart tief steht, kann man schlussendlich auch keine (wichtigen!) Ballbesitz- und Kontrollphasen in höheren Feldpositionen schaffen. Zur Erinnerung: Die Frage nach der offensiven Qualität und Intensität der so genannten „Schienenspieler“ war eines der großen und am meisten diskutierten Fragezeichen, als Rapid zu Saisonbeginn auf ein 4-2-2-2 ohne klassische offensive Flügelspieler umstellte…

Rapid zwar konkreter, aber weiter mit Ladehemmung

Dennoch war Rapid im Derby die insgesamt konkretere Mannschaft. Während die Austria aus einem Elfer und einem Freistoß aus einer für einen Direktschuss eigentlich ungefährlichen Zone ihre Tore erzielte und damit erneut ihre beeindruckende Effizienz unter Beweis stellte, biss sich Rapid vor allem an sich selbst die Zähne aus.

Der bereits erwähnte „Block“ von Dion Beljo nach Jansson-Schuss, der bei nur leicht anderem Verhalten des kroatischen Stürmers das 2:0 bedeutet hätte, oder Matthias Seidls Abschluss in der Schlussphase, bei dem er sich den Ball aus unerfindlichen Gründen stoppt und auf den schwächeren linken Fuß legt, anstatt einfach mit rechts ins Tor „abtropfen“ zu lassen… und die beiden Gegentore schießt man sich indes praktisch selbst. Es sind genau diese Aktionen, die die mangelnde Selbstverständlichkeit bei Rapid derzeit am besten widerspiegeln.

Rapid kam am Ende auf einen xG-Wert von 1.48, wofür gleich 15 verschiedene Aktionen verantwortlich waren. Dabei kam Beljo nur auf zwei Abschlussaktionen, Wurmbrand auf eine, der eingewechselte Kara auf keine. Beljo kam dennoch auf starke zehn Ballberührungen im gegnerischen Sechzehner – allerdings in den allermeisten Fällen in ungefährlichen Zonen bzw. eher als potentieller Vorbereiter.

Die Austria kam auf einen xG-Wert von 1.10 und ohne den Elfmeter wäre dieser Wert nur bei 0.34 gelegen. Dennoch trafen die Veilchen zweimal – obwohl man aus dem Spiel heraus auf keine einzige Aktion kam, die am Ende einen höheren xG-Wert als 0.04 auswies (Fitz in der 68. Minute, was auch der letzte fertiggespielte Angriff der Austria war).

Rapid tut sich also weiterhin schwer, sein Glück zu erzwingen und obwohl man insgesamt kein schlechtes Derby spielte, passte gerade zwischen diesen beiden Mannschaften alles zusammen. Es war ein Spiel zwischen extremem Selbstvertrauen und spürbarem Hadern mit sich selbst. Und so war es am Ende eine Schnittpartie, in der der mentale Faktor die entscheidendste Rolle spielte…

Dalibor Babic (Austria) und Daniel Mandl (Rapid), abseits.at

Dalibor Babic