Ein Spieler wechselt im Sommer vom SV Grödig zum SK Rapid Wien – schon wieder. Nachdem Philipp Huspek bereits im Winter zusagte, ab Sommer... Taktisch clever und ganz viel Spielwitz: Darum wechselt Tomi Correa zum SK Rapid Wien

_Tomi - SV GrödigEin Spieler wechselt im Sommer vom SV Grödig zum SK Rapid Wien – schon wieder. Nachdem Philipp Huspek bereits im Winter zusagte, ab Sommer das grün-weiße Trikot zu tragen, entschied sich nun auch Tomi Correa für den Rekordmeister. Er unterschreibt bis Sommer 2017. Was für ein Spielertyp der Spanier ist und welche Möglichkeiten für Rapid sich durch diesen Transfer ergeben erklärt abseits.at in diesem Artikel.

Obwohl Tomi ablösefrei kommt wird seine Verpflichtung von vielen Fans durchaus kritisch gesehen. Er ist auf den ersten Blick kein spektakulärer Spielertyp, sammelte in Österreich bisher mehr gelbe Karten als Assists, wird den Altersschnitt im Kader anheben, hatte schon die eine oder andere längere Verletzung, hat keine beeindruckenden Stationen in seiner Vita und erinnert oberflächlich an dunkle Transferzeiten.

Schon wieder ein „logischer“ Transfer?

Ein häufiger Kritikpunkt an der Transferpolitik der Hütteldorfer in der Vergangenheit war, dass diese hauptsächlich „logische“ Transfers tätigten. Ein, zwei solide bis gute Saisonen in der österreichischen Bundesliga reichten für ein Engagement. Als mit Helmut Schulte und Andreas Müller dann zwei „externe“ Lösungen als Sportdirektoren vorgestellt wurden, hatten viele Fans die Hoffnung, dass sich dies ändern würde. Tatsächlich wurden unter den beiden Deutschen jedoch weiterhin in erster Linie Spieler aus der heimischen Liga verpflichtet. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich aber Unterschiede.

Die Idee […] ist grundsätzlich keine schlechte, aber sie geht am grundlegenden spielerischen Personalproblem Rapids insofern vorbei, dass man nach diesem Konzept nur sehr selten „fertige“ und konstante Fußballer […] zum Klub holt“, lautete im November 2012 die Kritik. Die Spieler, die man in den letzten Transferperioden von Ligakonkurrenten holte sind nun aber eben genau solche „fertige“ und konstante Fußballer.

Florian Kainz kam bereits bei Sturms Titelgewinn 2011 regelmäßig zu Einsätzen und hat vor seiner Verpflichtung schon Formtiefs bewältigt. Bei Christopher Dibon war es nach seinem ambitionierten Wechsel zu Red Bull Salzburg ähnlich. Stefan Schwab hielt drei Saisonen das Zentrum der Admira, die sowohl oben als auch unten mitspielte, zusammen und konnte somit wichtige Erfahrungen sammeln. Auch der Transfer von Robert Beric wurde zunächst – obwohl er in Sturms sehr launischer letzten Saison 21 Scorerpunkte erzielte – kritisch gesehen. Die beiden Noch-Grödiger fallen ebenfalls in diese Kategorie.

Schlüsselspieler unter Hütter, weil Hütter-untypisch

Sowohl der Transfer von Huspek als auch jener von Tomi kamen durchaus überraschend. Jener des Österreichers deshalb, weil dieser Medienberichten zufolge im Winter vor einem Wechsel nach Deutschland stand, und jener des Spaniers, weil dieser der breiten Öffentlichkeit wohl weniger gut bekannt ist. Zudem ist er bereits 30 Jahre alt, was zwangsweise die Frage nach dem Entwicklungspotenzial hervorruft. Ganz zu schweigen von der mäßig vorzuweisenden Strahlkraft seiner bisherigen Stationen.

Im Sommer 2009 kam Tomi aus der dritten spanischen Liga nach Österreich und stand zunächst vier Jahre beim SCR Altach in der Heute für Morgen Erste Liga unter Vertrag. Bis 2012 spielte er dabei unter Adi Hütter – einem großen Förderer. Schon zum damaligen Zeitpunkt hob dieser Tomis technische Fähigkeiten hervor – ein wichtiger Faktor dafür, dass er unter dem heutigen Salzburg-Coach stets eine Schlüsselfigur war.

Hütter ist bekanntlich ein Verfechter des Offensivpressings und des nach vorne Verteidigens, was heißt, dass die Spiele seines Teams immer eine hohe Dynamik entwickeln, da es permanent zu Umschaltsituationen kommt. Dafür benötigt es hauptsächlich schnelle, wendige, dynamische Spieler, die dieses Tempo gehen können – allerdings auch Akteure, die für die nötige Struktur sorgen. Genau damit – und natürlich mit seiner Torgefährlichkeit (57 Tore und 33 Assists in 149 Pflichtspielen für Altach und Grödig) – machte sich Tomi unverzichtbar.

Taktisch cleverer Zehner mit viel Spielwitz

Tomi ist nicht besonders schnell oder antrittsstark wie etwa Huspek oder Stefan Nutz, sondern erinnert in seiner Spielweise vielmehr an klassische Zehner. Vor allem aufgrund seiner Statur (80kg auf 1,86m) wirkt er jedoch weniger elegant. Er war unter Hütter keiner der vielen jagenden Spieler, sondern derjenige, der diese mit präzisen Pässen einsetzte. Individuell besticht Tomi vor allem durch seine Ballsicherheit und Kreativität, was ihm vor allem im Kombinationsspiel zu einem potenziell wichtigen Spieler macht.

Ohne Ball sind Tomis Bewegungen zwar zuweilen wirkungslos – das heißt er öffnet eher selten Räume für seine Mitspieler – umso effizienter ist er aber wenn er den Ball selbst am Fuß hat. Trotz seiner schlaksigen Statur ist Tomi koordinativ nämlich gut veranlagt und nur schwer aus der Balance zu bringen, was er dahingehend nutzt, immer wieder Überraschungsmomente zu kreieren, die seine Mitspieler in gute Positionen bringt.

Das Besondere an den Pässen, Schüssen und Dribblings des Offensivspielers ist, dass sie ansatzlos geschehen. Daher sind sie für den Gegner kaum zu antizipieren. Die Aktionen werden dann gesetzt, wenn die Gegenspieler außer Balance sind. Das sieht aufgrund seines Körperbaus zuweilen gewöhnungsbedürftig ist; da solche Aktionen aber regelmäßig zu seinen Gunsten ausgehen, kann dies nicht nur Zufall sein. Wie es im Detail vonstattengeht sehen wir uns anhand eines Beispiels an.

Zunächst erkennt man hier Tomis herausragende Balance und Koordination. Der Ball wird nach außen gespielt und der Spanier neigt sich in diese Richtung. Die beiden Gegenspieler folgen dieser Bewegung naturgemäß. Obwohl sich Tomi sogar ein wenig mit dem Ball mitdreht, um die Körpertäuschung noch effizienter zu gestalten, schafft er es, sich sofort nachdem er den Ball prallen lässt in die Gegenrichtung zu drehen. Den Effekt, den er damit erzielt, geht jedoch weit darüber hinaus, dass er sich von den beiden Gegenspielern befreien konnte.

Nicht nur diese, sondern die gesamte Hintermannschaft orientierte sich auf den Flügel und muss nun die Laufrichtung ändern, während Tomi bereits ein extrem breites, offenes Sichtfeld hat. Hätte sich der Spanier nach außen gedreht, hätte er nach vorne hin keine einzige direkte Anspielstationen gehabt, nun sind es aber gleich drei: der Stürmer vor ihm, der aus der Tiefe kommende Achter und der ballferne Flügelspieler. Alle drei orientieren sich nach vorne. Mit einem Schlag hat das Spiel eine enorme Dynamik entwickelt.

Tomi lässt diese Dynamik noch ein wenig wirken und verzögert den Pass, wodurch einerseits die Unordnung in der gegnerischen Defensive größer wird und andererseits die Passwinkel günstiger werden. Sowohl dem Achter als auch dem Flügelspieler kann man nun direkt in den Lauf spielen. Dafür braucht es selbstverständlich entsprechend hohe Passqualitäten braucht, die Tomi jedoch wie erwähnt mitbringt. Der linke Flügelspieler nimmt aus dem Angriff zwar wieder das Tempo heraus, Tomis Nachrücken hält die Kombination jedoch am Leben, sodass der Ball letztlich im Tor untergebracht wird.

Wenige, aber passende Einbindungsmöglichkeiten

Trotz seiner technischen Qualitäten bleibt abzuwarten, ob Tomi auch beim SK Rapid den Sprung zum Stammspieler oder gar Leistungsträger schafft. In Altach und Grödig gelang ihm dies auf Anhieb, beim Rekordmeister ist die Konkurrenz jedoch größer. Er selbst ist gealtert und hat einige Verletzungen verdauen müssen. Am besten kam er in den letzten Jahren als hängende Spitze zum Einsatz – eine Position, die es beim Rapid aktuell nicht gibt. Hinter der Solospitze agierten mit Steffen Hofmann und Stefan Schwab in der aktuellen Saison Spieler, die eher aus der Etappe kommen.

Tomi ist hingegen jemand, der weniger die Verbindung aus dem defensiven Mittelfeld herstellt, sondern sich häufiger im Zwischenlinienraum bewegt und dort Kurzpasskombinationen eingeht. Will man den Spanier auf die Zehnerposition des aktuell praktizierten 4-2-3-1 stellen, muss man also auch rundherum die eine oder andere Anpassung vornehmen. Andererseits hat Zoran Barisic in der Winterpause angekündigt, sein Team variabler machen zu wollen. Unter anderem dürfte dabei auch eine 4-4-2-Ordnung eingeplant sein, wo man mit Tomi und Beric ein potenziell sehr kombinationsstarkes Duo aufbieten könnte.

Für weitere Positionen dürfte der Sommerneuzugang aber kaum infrage kommen. Er ist zu langsam um einen Flügel dauerhaft auf und ab zu bearbeiten. Ein Einsatz im defensiven Mittelfeld würde die Stabilität stark gefährden, da Tomi in der Rückwärtsbewegung inkonsequent ist. Lediglich als erweiterte Option für die Solostürmerposition würde er sich an und für sich eignen. Allerdings müsste dann mehr tororientierte Unterstützung aus dem Mittelfeld kommen, was vor allem im letzten Herbst selten der Fall war.

„Der Laufweg bestimmt den Pass“

Theoretisch haben die Rapid-Verantwortlichen also einen sehr guten Transfer getätigt, denn vor allem das Spiel in Ballbesitz – die Paradedisziplin Tomis – klappte in den letzten Jahren nicht wie gewünscht. Anstatt beschleunigend in die Tiefe zu spielen sah man bei den Grün-Weißen häufig ein einschläferndes Hin- und Herpassen in ungefährlichen Zonen. Fehlte also nur jemand, der sich diese Pässe zutraut und sie auch spielen kann? Haben sich die Probleme in Rapids Kombinationsspiel mit einem Schlag erledigt?

Der Laufweg bestimmt den Pass und nicht umgekehrt“, sagte Deutschlands Weltmeistertrainer Joachim Löw vor einigen Jahren. Genau darin besteht auch das Hauptproblem Rapids. Raumöffnende Bewegungen oder zusammenhängende Positionswechsel der Spieler sieht man bei den Hütteldorfern kaum, obwohl es genau das brauchen würde um auch mit einfachen Pässen tiefstehende Abwehrreihen zu knacken. Das ist auch das Erfolgsgeheimnis des Juego de Posicíon – einem Leitbild, dem unter anderem Pep Guardiola folgt. Kurz gesagt: Einfache Pässe und komplexe Bewegungen statt komplexe Pässe und einfache Bewegungen.

Andererseits ist diese Art des Fußballspielens überaus kompliziert zu coachen und es wäre vermessen, von österreichischen Mannschaften dieselben taktischen Abläufe wie von den weltbesten Teams zu fordern. Die Spieler hierzulande zeigen eher einfache Bewegungsmuster, die jedoch unter den passenden Gegebenheiten ebenfalls zum Erfolg führen können. Ziel muss es also sein, diese Umstände zu kreieren. Mit einem Spieler wie Tomi, der mit einem einzigen Ballkontakt die Spieldynamik dermaßen beeinflussen kann, ist dies durchaus möglich.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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