Taktisch und individuell flexibel: Andreas Kuen und seine Möglichkeiten beim SK Rapid
Bundesliga 9.Februar.2015 Alexander Semeliker 0
Der SK Rapid Wien konnte sich aufgrund der ausbleibenden Transfers – lediglich Philipp Huspek wurde ab Sommer verpflichtet – in der Wintervorbereitung fast ausschließlich auf die Weiterentwicklung der Abläufe aus dem Herbst konzentrieren. Einen gefühlten Neuzugang gibt es dennoch: Andreas Kuen. abseits.at blickt auf die taktischen Möglichkeiten, die er eröffnet.
Ein Kreuzbandriss und Muskelverletzungen sorgten dafür, dass Kuen im Jahr 2014 kein einziges Mal in der Bundesliga gegen den Ball treten konnte. Dass man ihn dort im Frühjahr öfter sehen wird, ist keine überaus gewagte Behauptung. Der 19-Jährige hinterließ in der Wintervorbereitung einen guten Eindruck und bekam von vielen Seiten Lob. Ihm, so etwa Kapitän Steffen Hofmann, gehöre die Zukunft.
Werdegang und Rolle in Innsbruck
Als der Transfer von Kuen Anfang Juni letzten Jahres bekanntgegeben wurde waren sich die meisten einig, dass es sich dabei um einen überaus talentierten Spieler handelte, dem man jedoch Zeit zur Entwicklung eingestehen musste – nicht nur aufgrund seiner schweren Verletzung. Für Wacker Innsbruck stand er gerademal in 15 Pflichtspielen – nur drei davon absolvierte er über die volle Distanz – auf dem Rasen, in denen er ein Tor erzielte.
Als großen Förderer sieht der gebürtige Tiroler seinen Landsmann Roland Kirchler, unter dem er hauptsächlich zum Einsatz kam. Eine fixe Position wurde dem Youngster dabei aber nicht zugeschrieben. Meist spielte er auf einer der beiden Außenpositionen im Mittelfeld. Er kam jedoch auch als zentraler offensiver Akteur in einer 4-1-4-1-Grundordnung zum Zug, wo es allerdings Probleme gab – vor allem wenn er gemeinsam mit Lukas Hinterseer hinter Roman Wallner auflief. Dem Vorteil der offensiven Flexibilität stand dabei eine unzureichende Absicherung in der Defensive gegenüber.
Weitreichende individuelle und taktische Anlagen
Die relativ hohe Flexibilität hatte wohl einen großen Anteil daran, dass Kuen bis zu seiner Verletzung meist in der Startelf stand und soll auch bei Rapid eine Starthilfe sein. Sowohl taktisch als auch individuell vereint er mehrere Fähigkeiten, die ohne Zweifel noch stärker ausgeprägt werden müssen, will er den Lorbeeren gerecht werden. Trotz seiner Körpergröße (1,75m) ist er im Zweikampf durchaus robust. In der letzten Saison eroberte er pro 90 Minuten beispielsweise 2,2 Bälle in Zweikämpfen. Zum Vergleich: bei Florian Kainz sind es aktuell 1,1 und bei Louis Schaub 2. Herausragend war zudem seine hohe Flankengenauigkeit von 50%.
Zu den weiteren Stärken im individuellen Bereich zählen Kuens Technik und seine Dynamik, dank denen er sowohl in engen Räumen kombinieren, aber auch sehr weiträumig agieren kann. Er variiert sein Passspiel zwischen kurzen Kombinationspässen, nach denen er sich umgehend freiläuft, und beschleunigenden und öffnenden Vertikal- bzw. Diagonalpässen. Dementsprechend sieht sein Bewegungsspiel aus. Mal positioniert er sich sehr breit und wartet auf Zuspiele in die Tiefe, mal kommt er dem Ballführenden entgegen und fordert selbst den Ball. Andererseits hat er gerade dort aus taktischer Sicht wohl die meiste Luft nach oben.
Seine Läufe in die Tiefe, vor allem als ballferner Spieler, sind teilweise sehr gut gewählt. Er ging bei Wacker vom Flügel in den richtigen Momenten direkt in Richtung Fünfmeterraum oder positionierte sich abwartend im Rückraum. Seinen Defensivabläufen fehlte aber zuweilen die Struktur. Der Reiz, früh den Ball erobern zu wollen, dürfte zwar durchaus ausgeprägt sein, sein Stellungsspiel ist aber gerade dann, wenn die Gefahr nicht direkt greifbar ist, ausbaufähig und schlampig. Er steht dann – ähnlich wie bei Marko Arnautovic – den einen oder andern Schritt zu weit von der Idealposition weg.
Lang- und kurzfristige Möglichkeiten
Schafft es Kuen diese Anlagen wirkungsvoll zu entwickeln, dürfte er bei Rapid eine sehr gute Rolle spielen und könnte das Flügelspiel aufwerten. Er könnte aber auch eine technisch sauberere Version von Guido Burgstaller werden und nicht nur auf den Seiten sondern auch im Zentrum forciert werden – unter Umständen sogar als ausweichende falsche Neun. Auch die Möglichkeit, ihn als vertikal pendelnden Achter zu nutzen bestünde theoretisch, wenngleich er dafür neben seinem Positions- auch sein Passspiel deutlich verbessern müsste.
Kurzfristig wird der Nachwuchsteamspieler aber wohl auf den Flügelpositionen zum Zug kommen, wobei seine Flexibilität in dieser Hinsicht vielleicht sogar ein wenig hemmend ist. Gerade als Einwechselspieler benötigt es im Allgemeinen Akteure, die eine klare Stärke haben. Philipp Schobesberger, der im Sommer als relativ unerfahrener Regionalligaspieler verpflichtet wurde, ist zwar und für sich ein einfacherer Spielertyp, sein geradliniges Flankenspiel konnte in einigen Fällen im Herbst aber durchaus passend eingebunden werden. Insofern dürfte bei Kuen bei Rapid der Schritt zum festen Bestandteil des Spiels seiner Mannschaft anders als bei Wacker Innsbruck fließender vonstattengehen.
Alexander Semeliker, abseits.at | Statistikdaten by Opta
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