Tolle Flanken, starkes Gegenpressing: Thomas Schrammel als Gewinner bei Rapids schwachem Saisonstart
Bundesliga 4.September.2014 Daniel Mandl 0
Bisher verlief die Saison für den SK Rapid Wien mehr als schwierig. Alles begann mit einem mühsamen Cup-Fight in Amstetten und einer 1:6-Klatsche beim Meister aus Salzburg. Das Ausscheiden aus der Europa League gegen HJK Helsinki war bisher der negative Höhepunkt. Vor der Länderspielpause konnte sich die Elf nun doch noch einmal fangen und immerhin den SV Grödig besiegen. In einer Saison, in der es noch nicht viele grün-weiße Gewinner gibt, stechen die wenigen, die konstant stark spielen, besonders heraus.
Einer von ihnen ist Linksverteidiger Thomas Schrammel, der in der bisherigen Saison wohl als bester Rapid-Spieler zu bezeichnen ist. Viele Rapid-Fans trauten dem 26-Jährigen diesen Schritt nach vorne nicht zu, nachdem er in seinen bisherigen Saisonen bei Rapid eher durch Passivität auffiel und die linke Außenverteidigerposition zu einer gefühlten Baustelle werden ließ. Doch Schrammel kämpfte und wurde im Jahr 2014 zu einer Stütze in der jungen Rapid-Mannschaft.
Leihgeschäfte und die Jahre im Innviertel
Vor etwa acht Jahren betonte Peter Schöttel, dass man sich den Namen Thomas Schrammel merken müsse. Als der Linksfuß noch im Nachwuchs bzw. bei den Amateuren des SK Rapid spielte, galt er als riesiges Talent, das aber den Weg in die erste Elf nie fand. Es folgten Leihgeschäfte mit dem FC Lustenau und Wacker Innsbruck, ehe Schrammel nach Ried abgegeben wurde. Nach einem überzeugenden Leihjahr kauften die Innviertler den Abwehrspieler fix und verkauften ihn nur ein Jahr später wieder um 250.000 Euro an Rapid zurück.
In der Vergangenheit viel zu vorsichtig und verhalten
Seit der Saison 2011 ist Schrammel also wieder ein Grün-Weißer, allerdings ohne zu überzeugen. Sein Spiel war von Vorsicht geprägt, er wählte immer wieder eine zu tiefe Feldposition im Angriffsspiel, hinterlief halbherzig, vorderlief praktisch nie und auch seine guten Flanken, die ihn etwa in Ried auszeichneten, blieben aus. Defensiv präsentierte er sich zwar solide, aber einer Rolle als „moderner Spielmacher“, wie Außenverteidiger gerne genannt werden, kam Schrammel nie nach. Sein Spiel war zu verhalten, voll von Sicherheitspässen und er zeigte zu wenig Eigeninitiative. Im September 2011 wurde er zudem von einem Kreuzbandriss zurückgeworfen, der ihn vor allem in der Saison 2012/13 mental bremste.
Kehrtwende im Frühjahr 2014
Im Frühling 2014 kam es aber nach einer langen Stagnationsphase zu einer Leistungsexplosion beim heute 26-Jährigen, der 2011 seine erste und bisher einzige Partie in der Nationalmannschaft absolvierte. Schrammels Körpersprache veränderte sich, seine Flankenläufe wurden nicht nur häufiger, sondern auch gefährlicher. Viele Fans, die Schrammel bereits abschrieben und als einen Spieler bezeichneten, den man eben mitschleift bis sein Vertrag endet, bemerkten dies und änderten ihre Meinung über den Außenverteidiger.
Schrammel knüpft an starke Leistungen an
Schrammel bestätigte das vorsichtige Umdenken der Fans, indem er fulminant in die Saison 2014/15 startete. Gerade in einer schwierigen Zeit für Rapid sticht er heraus und ist einer der wenigen Spieler, die durch Eigeninitiative, Mut und direktes Spiel nach vorne glänzen. Zudem konnte sich Schrammel defensiv noch einmal festigen, auch wenn er noch nicht völlig frei von Fehlern ist. Die Quote von 62,5% gewonnenen Zweikämpfen in der bisherigen Saison kann sich sehen lassen. Und was auf den ersten Blick nicht auffiel: Schrammel gewann 2014/15 starke 80% seiner Kopfballduelle.
Starke Pass- und Tacklingwerte
Auch die Passquote des Rapidlers passt: 74,8% seiner Bälle kommen an den Mann und auch in der gegnerischen Hälfte kommt er auf eine Passgenauigkeit von 72%. Mit diesen Werten liegt er im Ligaspitzenfeld und zeigt, dass er in verschiedenen Feldregionen gut ins grün-weiße Kurzpassspiel eingebunden ist. Schrammel findet seit neuestem außerdem seine Qualitäten im Gegenpressing und ist einer von Rapids fleißigsten Ballrückeroberern. Seine Tacklingstatistik in der laufenden Saison steht bei 15:1, also 93,8% erfolgreichen Tacklings.
Bessere Flanken als jeder andere
Schrammel leitet konkrete Gefahrensituationen ein und brachte bisher 7 von 19 Flanken (36,8%) an den Mann. Damit liegt er in der Statistik klar vor Spielern wie Jens Stryger Larsen (11,1%), Markus Suttner (22,7%), Christian Schwegler (14,3%) oder Joachim Standfest (25%) – obwohl 19 Flanken kein niedriger Wert sind. Noch positiver ist diese Statistik zu bewerten, wenn man bedenkt, dass Rapid über keine klassischen Target Men im gegnerischen Strafraum verfügt. Die Suche nach einem Abnehmer ist 2014/15 also sehr schwierig und dennoch findet der Linksverteidiger Wege.
Effizient
Dies führt uns zur greifbarsten Statistik: In zehn Pflichtspielen erzielte Schrammel einen Treffer und bereitete vier vor. In der gesamten vergangenen Saison brachte es Schrammel auf sechs Assists in 39 Pflichtspielen. Seine Leistung am Sonntag gegen den SV Grödig war bisher der Gipfel der starken Leistungen – auch weil Schrammel auf die rechte Abwehrseite gestellt wurde und dort nicht nur aufgrund seines tollen Tores zum 1:0 wie ein Fisch im Wasser schwamm.
Kombination Schrammel-Zielspieler wäre erfolgsversprechend (gewesen)
Schrammel ist momentan einer der wenigen Rapid-Spieler, die ihr Spiel sehr zielgerichtet gestalten und effizient bzw. zwingend sind. Allerdings hat er sich dafür eine ungünstige Mannschaft zum Durchstarten „ausgesucht“, denn obwohl Rapid momentan wohl über den konstantesten Außenverteidiger der bisherigen Bundesligasaison verfügt, fehlen die Abnehmer in der Gefahrenzone. Klarerweise konnte man nicht vorausahnen, dass Schrammel seine Leistungsexplosion aus dem Frühjahr weiter prolongiert, allerdings würde Rapid mit einem Zielspieler wie es Boyd, Jelavic oder Maierhofer waren, derzeit wesentlich besser da stehen. Nicht nur, weil solche Spieler ohnehin allgemein im grün-weißen Kader fehlen, sondern auch aufgrund der bemerkenswerten Leistungsdaten Schrammels.
Auch Pavelic mit Topwerten
Apropos Leistungsdaten: Auch die Werte von Rechtsverteidiger Mario Pavelic können sich bisher sehen lassen. Er brachte zwar nur 21,1% seiner Flanken an den Mann (4:15), gestaltete dafür jedes seiner Tacklings erfolgreich (14:0), weist ebenfalls eine positive Zweikampfbilanz auf (57,8% gewonnene Zweikämpfe), ist sogar noch passsicherer als Schrammel (80,5% Passgenauigkeit, 73,5% in der gegnerischen Hälfte) und ist damit sogar der passsicherste Außenverteidiger der Bundesliga.
Daniel Mandl, abseits.at | data by opta
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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