Die Saison 2023/24 ist zu Ende und wir ziehen Bilanz. Mannschaft für Mannschaft bewerten wir die sportlichen Leistungen ausgewählter Spieler und des Teams selbst, führen unsere Vorschläge für „Tops“ und „Flops“ der Saison ins Treffen und blicken am Ende zudem noch auf die wichtigsten Fakten und Statistiken der Saison.
Einmal mehr wurden die Fans des SK Rapid konsterniert zurückgelassen. Mit dem vierten Platz erreichte Rapid zwar die Europa-League-Qualifikation und damit das Minimalziel, zufrieden konnte man mit der Saison einmal mehr aber nicht sein.
„Drei angreifen“ statt „einen angreifen“
Rapid startete unter Trainer Zoran Barisic in die Saison und lag lange Zeit auf Rang eins der Expected-Points-Tabelle. Rapid funktionierte also grundsätzlich, konnte aber nie die Effizienz auf den Platz bringen, um die Top-Teams der Liga anzugreifen. Am 14. Spieltag verlor man mit 0:1 gegen Hartberg und fiel auf den achten Rang zurück. Barisic wurde beurlaubt.
Rapid traf die mutige Entscheidung den jungen Robert Klauß als neuen Trainer zu verpflichten und mit seiner lockeren, sympathischen Art hievte er Rapid aus dem mentalen Loch. Zum Abschluss der Herbstsaison war man Sechster und als ebensolcher qualifizierte man sich für die Meistergruppe.
Spuren hinterlassen haben allerdings der Derbyskandal und der große Fokus aufs Cup-Finale, das schlussendlich unglücklich, aber verdient gegen Sturm verloren wurde. So taumelte Rapid eher durch die Meistergruppe, hatte zudem dauerhaft große Verletzungs- und Fitnesssorgen. Am Ende fixierte man nach 31 Spieltagen den vierten Platz – aber sowohl was die Punkte betrifft, als auch qualitativ, war man doch weit von den Top-3 der Liga weg.
Und so heißt es in Grün-Weiß nicht mehr „Salzburg näherkommen“, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war, sondern „sich an den LASK, Salzburg und Sturm annähern“. Rapid verschlief viele Jahre und bekommt jetzt die Rechnung präsentiert – und den Top-Teams der Liga näherzukommen, wird ein schwieriges Unterfangen, das nur mit Klasse auf dem Personalsektor – in allen Bereichen – kurz- bis mittelfristig erfüllbar und langfristig zu halten sein wird.
TOPS
Marco Grüll
Der Abgang von Linksaußen und Identifikationsfigur Marco Grüll wird Rapid schmerzen. Der Salzburger war mit 13 Toren und neun Assist das Um und Auf in der Rapid-Offensive, auch weil der Torschützenkönig der Vorsaison, Guido Burgstaller, vor allem in der zweiten Saisonhälfte merklich abbaute. Die Menge an Scorerpunkten zu ersetzen, wird für Rapid eine äußerst schwierige Aufgabe. Zudem war Grüll bereits bestens an Liga und Mannschaft gewöhnt, spielte häufig mit einer Leichtigkeit, wie sie nur die wenigsten Kicker an den Tag legen. Er war ein klarer Unterschiedsspieler – und geht wie alle Kicker der letzten Jahre ohne Titel im Gepäck neue Wege…
Leopold Querfeld
Der resolute Innenverteidiger spielte sich über Rapid in die Nationalmannschaft, zählte zweifellos zu den besten Abwehrspielern der Liga und überzeugte mit Kampfkraft und Mentalität, aber auch spielerischen Stärken. Sein Abgang scheint trotz aufrechtem Vertrag bereits fix, weshalb Rapid bereits früh mit dem Franzosen Raux Yao nachrüstete. Auch das ist eine symptomatische Situation für den SK Rapid: Die beiden großen „Tops“ der Saison sind mit Saisonende praktisch schon fix weg.
Lukas Grgic
Der Sechser/Achter-Hybrid entwickelte sich über die Saison zu einem echten Leader im Mittelfeld und war vor allem im Spiel gegen den Ball enorm wichtig für die Hütteldorfer. Es war schnell sichtbar, wie sehr er fehlt, wenn er nicht auf dem Platz stand und seine großteils qualitativ und vor allem kämpferisch durchschnittlichen Ersatzleute konnte die fehlende Präsenz, wenn Grgic nicht auf dem Platz stand, nie kompensieren.
Matthias Seidl
Der durchsetzungsstarke und spielintelligente Spielmacher wuchs auf Anhieb in seine Rolle in Hütteldorf hinein und überzeugte mit Effizienz und Präzision. Erst zum Ende der Saison hin sah man Seidl seine Überspieltheit an. Die erste Saison auf höchstem österreichischen Niveau hinterließ schlussendlich doch ihre Spuren. Dennoch war sie für einen Spieler, der drei Jahre zuvor noch in der Regionalliga spielte, durchaus beeindruckend.
FLOPS
Martin Moormann
Der Rapid-Abwehrspieler stolperte durch die Saison, wurde obendrein von Verletzungen zurückgeworfen. Zunächst wurde er noch von Barisic forciert, unter Klauß spielte er praktisch gar keine Rolle mehr. Obwohl er noch einen längerfristigen Vertrag besaß, einigte man sich vorzeitig auf eine Auflösung – Moormann wechselt zu Blau-Weiß Linz.
Roman Kerschbaum
Schon in der Vorsaison war der routinierte Mittelfeldspieler eine der umstrittensten, kontrovers diskutierten Personalien im Team der Grün-Weißen. Das Erstarken von Grgic zeigte aber noch einmal deutlicher den Qualitätsunterschied. Kerschbaum wurde häufig als Notnagel bzw. während einer Partie als Absicherung für die Defensive gebracht, war aber häufig eher ein Unsicherheits-, als ein Stabilitätsfaktor.
Dennis Kaygin
Vom deutschen A-Junioren-Meister Mainz gekommen, dachte man, dass der 20-jährige Deutsche schnell den Sprung in den Profifußball schaffen und Rapid dafür das richtige Pflaster sein könnte. Recht schnell wurde er allerdings nur noch als „Bestverdiener in der Regionalliga Ost“ verschmäht. Dort wurde er mit der zweiten Mannschaft zwar Meister, aber das war nicht das, was man sich ursprünglich von ihm erwartete.
Thierry Gale
Zunächst fiel der Linksaußen aus Barbados mit seiner Leichtfüßigkeit auf und es wirkte, als würde es noch ein Weilchen dauern, bis er sich in der beinharten, österreichischen Bundesliga etablieren könne. Und es wird tatsächlich noch dauern: Im Winter zog sich Gale „im privaten Umfeld“ einen Kreuzbandriss zu und fällt wohl noch einige Monate aus. Mögliche Wunderdinge des 22-Jährige werden wohl erst 2025 ein Thema sein…
Patrick Greil
Es wirkt mittlerweile schon wieder sehr weit weg, aber Patrick Greil war im Herbst 2023 tatsächlich noch Mitglied des Rapid-Kaders. Nach 1 ½ Jahren entschied man aber dafür, dieses Missverständnis in gutem Einvernehmen ad acta zu legen. Greil verließ Rapid ohne jemals eine echte Duftmarke gesetzt zu haben – und im Winter folgten ihm mit Ante Bajic und Aleksa Pejic zwei weitere Spieler dieser Kategorie.
AUFSTEIGER
Fally Mayulu
Seine aufreizende, gegen den Ball lethargische Art Fußball zu spielen, polarisiert. Viele Fans waren sich nicht sicher, was sie vom langen Franzosen halten sollen und was die Verantwortlichen wohl in ihm sehen. Aber gegen Ende der Saison zeigte der 21-Jährige welch gewaltiges Potential in ihm schlummert. Mayulu ist ein potentieller Top-Stürmer, für den der Plafond noch sehr viel weiter oben liegt. Die eine oder andere Leichtsinnigkeit und vor allem sein pomadiges Spiel gegen den Ball muss er allerdings noch ausmerzen, bevor man wirklich von einem Klassemann sprechen kann.
STATISTIKEN
Tore
13 – Marco Grüll
7 – Guido Burgstaller
6 – Fally Mayulu
5 – Matthias Seidl
3 – Leopold Querfeld
2 – Christoph Lang, Nicolas Kühn, Lukas Grgic
1 – Jonas Auer, Isak Jansson, Martin Moormann, Thierry Gale, Ante Bajic
Assists
9 – Marco Grüll
5 – Nicolas Kühn, Matthias Seidl
4 – Guido Burgstaller
3 – Fally Mayulu, Jonas Auer, Thorsten Schick
2 – Moritz Oswald, Ante Bajic, Christoph Lang
1 – Isak Jansson, Nikolas Sattlberger, Martin Moormann, Terence Kongolo
Assist-Assists
5 – Matthias Seidl
4 – Nikolas Sattlberger
3 – Marco Grüll, Roman Kerschbaum
2 – Nicolas Kühn, Jonas Auer, Thorsten Schick, Moritz Oswald, Neraysho Kasanwirjo
1 – Christoph Lang, Guido Burgstaller, Fally Mayulu, Martin Moormann, Thierry Gale, Lukas Grgic, Dominik Vincze, Niklas Hedl
Gesamte Punkte: 45
Expected Points: 46.20
Erzielte Tore: 47
Expected Goals: 57.26
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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