Toranalyse zur 22. Runde der tipp3-Bundesliga | Alan, Soriano, de Paula
Bundesliga 10.Februar.2014 Alexander Semeliker 0
In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder taktischer Feinheiten genau untersucht und analysiert werden. In der Toranalyse zur 22. Runde nimmt abseits.at die Treffer von Alan, Jonathan Soriano (beide Red Bull Salzburg) und David de Paula (Austria Wien) unter die Lupe.
FC Red Bull Salzburg – SV Scholz Grödig 1:0, Alan (17. Minute)
Red Bull Salzburg ist auch nach der Winterpause das Maß aller Dinge. Im Nachtragspiel unter Woche bezwangen sie den SC Wiener Neustadt 5:1, am Wochenende legte der Tabellenführer gegen den SV Grödig eine 6:0-Gala nach. Zwei Tore aus diesem Spiel wollen wir uns genauer ansehen. Wir beginnen mit dem 1:0 durch Alan. Der Fokus liegt dabei auf der individualtaktischen Überlegenheit der Gastgeber.
Der Ausgangspunkt für diesen Treffer ist ein langer Ball des Salzburger Torhüters. Man sieht hier wie sich beide Mannschaften auf die linke Seite orientieren und sich dort zu einem etwaigen Gegenpressing bereitmachen. Die Bullen stehen neben Abnehmer Alan (gelb) mit zwei weiteren Spielern in der Zone, in die der Ball geschlagen wird. Bei Grödig sind es zunächst nur zwei – der Rechtsverteidiger und der rechte defensive Mittelfeldspieler. Dementsprechend überlegt Matthias Maak (rot), ob er nach vorne gehen soll.
Dieses kurze Zögern macht sich Jonathan Soriano (blau) zunutze. Der Spanier positioniert sich zwischen den beiden Innenverteidigern und geht bei der Kopfballverlängerung von Alan in die Tiefe. Aufgrund seiner Ausgangsposition hat er zum einen Abstand zum zweiten Innenverteidiger und aufgrund der Unentschlossenheit von Maak auch gegenüberdiesem Vorteile im Antritt. Das Spiel nimmt danach umgehend Tempo auf.
Hier sieht man die resultierenden Abstände zwischen Soriano, Maak und Maximilian Karner (schwarz), was Salzburgs Stürmer mit seiner brillanten Entscheidungsfindung ausnutzt. Er führt den Ball und ist daher in der handelnden und bestimmenden Rolle. Erfahrungsgemäß erwartet man in dieser Situation einen Pass in den Rückraum, was für die Abwehrspieler aber enorm schwer zu verteidigen ist. Das erkennt man auch hier.
Das Problem für die verteidigende Mannschaft ist, dass sie nicht wissen, wann der Angreifer den Rückpass spielt. Man erkennt im obigen Bild, dass Karner in diesem Moment das Zuspiel auf Alan erwartet. Er lehnt sich zurück um schnell auf diesen reagieren zu können, oder den Pass sogar abfangen zu können. Soriano erkennt dies aber und setzt seinen Lauf fort.
Der Abstand zwischen Soriano und Karner ist dementsprechend größer geworden, was dazu führt, dass der Grödiger diesen umgehend schließen will. Man erkennt das in diesem Bild an Karners Körperhaltung; im Vergleich zum Moment davor ist er stark nach vorne gelehnt. Dadurch kann er auf den Rückpass allerdings schlechter reagieren und Alan hat letztlich wenig Mühe sein 16. Saisontor zu erzielen.
FC Red Bull Salzburg – SV Scholz Grödig 3:0, Jonathan Soriano (56. Minute)
Die Spielanlagen von Red Bull Salzburg und Grödig sind sich prinzipiell sehr ähnlich. Beide Teams definieren sich über ihr Spiel gegen den Ball, mit dem feinen Unterschied, dass die Bullen ihr Pressing einen Tick besser absichern, wie bereits in der Analyse des Spiels ausgeführt. Der Hauptgrund dafür ist schlicht ihre individuelle Überlegenheit, besonders auf den Innenverteidigerpositionen. Diesen Aspekt konnte man unter anderem auch beim 3:0 sehen.
Man sieht hier wie die Salzburger ins Gegenpressing gehen. Der Druck auf den Ballführenden wird von allen Seiten hoch gehalten. Die beiden linken Außenspieler attackieren, ein Stürmer orientiert sich in dessen Rücken und Stefan Ilsanker (schwarz) nimmt ihm die nahe Anspielstation. Es folgt daher ein scheinbar riskanter Pass in die Tiefe. Wohin genau dieser gehen sollte und warum dies an und für sich keine schlechte Entscheidung ist, sieht man im nächsten Bild.
Die Innenverteidiger der Salzburger verfügen über ein ausgeprägtes Antizipationsvermögen, das sie jedoch in einzelnen Fällen zu sehr ausreizen. Hier sieht man, dass Martin Hinteregger (rot) über die Mittellinie herausgerückt ist und hinter ihm ein Grödiger Stürmer steht, der im Falle eines erfolgreichen Pass‘ in eine Eins-gegen-Eins-Situation gegen den zweiten Innenverteidiger gehen kann. Neben diesem Risiko erkennt man hier aber auch das enorme Potenzial dieser Spielweise.
Zwar spielt der SV Grödig im Allgemeinen ebenfalls ein sehr gutes Gegenpressing, aufgrund dessen, dass Hinteregger es schafft mit dem ersten Kontakt den Ball auf Kevin Kampl (blau) zu spielen, können sie dieses aber nicht ordentlich anwenden. Kampl hat zwischen den Linien der Grödiger viel Platz und kann im Folgenden seine Stärken im Kombinationsspiel ausspielen.
SK Rapid Wien – FK Austria Wien 0:1, David de Paula (26. Minute)
Alle bisherigen Effekte und Wechselwirkungen – Pass in den Rückraum, individuelle Entscheidungsfindung, Umspielen des gegnerischen Gegenpressing – finden wir auch im letzten Tor, das wir detailliert analysieren. Es ist dies der Treffer von David de Paula zum 1:0 für die Wiener Austria im Wiener Derby.
Rapid befindet sich im Angriff, der aufgerückte Rechtsverteidiger will hier den Ball in den Rücken der Abwehr spielen. Zwei Rapid-Spieler orientieren sich auch in diesen Bereich, allerdings ist der Ball zu unpräzise gespielt, sodass Austrias Sechser dank seines konsequenten Rückwärtspressings den Ball erobern kann. Entscheidend ist dann das Tempo, mit dem sich die Austria befreien kann. Bereits der erste Pass des Sechsers erfolgt mit dessen ersten Ballkontakt, beeindruckender ist aber das folgende Zuspiel.
Der Ball wird ins Zentrum auf Florian Mader (rot) gespielt, woraufhin Rapid umgehend ins Gegenpressing übergeht. Ein nachvollziehbarer Ablauf, da man selbst noch mit vielen Akteuren vor dem Ball ist. Auch die Vorgehensweise an sich ist offenbart keinen grundlegenden Fehler. Steffen Hofmann (grün) läuft den Passempfänger bereits an als das Zuspiel noch unterwegs ist und Thanos Petsos (weiß) orientiert sich ebenfalls früh zu de Paula (gelb).
Der Spanier steht im Sichtfeld von Mader, ist daher die am nächsten liegende Anspielstation. Ein hoher Ball auf den rechten Mittelfeldspieler wäre auch möglich, ist jedoch schwerer zu bewerkstelligen. Mader greift in dieser Situation aber zur überraschendsten und schwierigsten, gleichzeitig besten Option. Markus Suttner (schwarz) schaltet im Gegensatz zu seinem direkten Gegenspieler sofort um und geht hinter Hofmann nach vorne. Mader setzt den Linksverteidiger dann per Ferse ein und so steht dieser vor einem weit geöffneten Raum.
Die Auswirkungen dieses Pass‘ sieht man in diesem Bild. Petsos muss sich wieder von de Paula lösen, woraufhin dieser in die Tiefe stoßen kann. Aus Rapid-Sicht zu bemängeln ist in dieser Aktion die tiefe und passive Stellung der Viererkette. Wie man bei den Salzburgern zuvor gesehen hat, sind die Innenverteidigung die entscheidenden Spieler bei der Absicherung des Gegenpressings. Stehen sie, wie hier, zu tief, hat der gegnerische Stürmer Platz sich zu drehen.
Gleichzeitig verliert das eigene Team die letzte Möglichkeit Zugriff zu bekommen und man begibt sich in Abhängigkeit des Gegners, der dann das Tempo diktieren kann und auf dessen Bewegungen man nur mehr reagieren kann. Philipp Hosiner (blau) nutzt dies in diesem Fall gut aus und spielt einen präzisen Steilpass auf de Paula, der schon in seinem ersten Pflichtspiel für die Austria trifft.
Alexander Semeliker, abseits.at
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