In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder  taktischer Feinheiten genau untersucht... Toranalyse zur 27. Runde der tipp3-Bundesliga | Hinterseer, Thürauer

Lukas Hinterseer - FC Wacker InnsbruckIn dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder  taktischer Feinheiten genau untersucht und analysiert werden. In der Toranalyse zur 27. Runde nimmt abseits.at die Treffer von Lukas Hinterseer (Wacker Innsbruck), und Lukas Thürauer (Admira Wacker) unter die Lupe.

 

 

SV Scholz Grödig – FC Wacker Innsbruck 0:1, Lukas Hinterseer (47. Minute)

Daran, dass der FC Wacker Innsbruck sportlich die Klasse halten wird können, glauben nur noch die wenigsten. Zwar erreichten die Tiroler am vergangenen Wochenende auswärts in ein Grödig ein 1:1, Admira Wacker Mödling setzte sich mit einem 3:0-Sieg gegen Wiener Neustadt jedoch ab. Das ist insofern bitter, als sich die Innsbrucker im Vergleich zur Herbstsaison durchaus gesteigert haben. Auch beim 1:0 in Grödig sah man taktisch interessante Abläufe.

Die Stärke und Aggressivität des Gegenpressing des SV Grödig hat sich mittlerweile herumgesprochen. Auch in dieser Szene bringen die Salzburger das gut ein, wie man im obigen Bild sieht. Die Mittelfeldreihe betreibt ein geschlossenes Rückwärtspressing und der ballführende Lukas Hinterseer (gelb) wird vom defensiven Mittelfeldspieler abgedrängt. Die ballnahen Innsbrucker reagieren jedoch gut darauf und orientieren sich in den freien linken Raum, sodass sie beim Zuspiel zunächst wenig Druck haben.

Grödig ist daraufhin wieder auf Zugriff aus und verschiebt schnell in Richtung Ball. Entscheidend aus Innsbrucker Sicht ist hier das Hinterlaufen von Ji-Parana (schwarz). Spielt Christian Schilling (rot) nun seinen Mitspieler auf der Seite an, wird dieser von diesen zwei Spielern und dem herausrückenden Sechser gestellt. Andererseits öffnet dieses Hinterlaufen auch das Zentrum, da die erwähnten drei Grödiger nach außen gezogen werden. Genau das erkennt Schilling.

Er dreht sich in den geöffneten Raum, was den Innsbruckern viel Zeit gibt, den Angriff weiter zu strukturieren. Die ballnahen Grödiger wollen den Ballführenden wieder unter Druck setzen, allerdings fehlt dazu die nötige Rückendeckung. Vor allem das Nicht-Einrücken des linken Mittelfeldspielers ist hier problematisch. Dies wird von den Tirolern allerdings auch provoziert, da sie zwei Spieler rechts sehr breit stehen haben.

Die Folge dessen ist, dass es zwischen den Linien genug Platz gibt um den zurückfallenden Miroslav Milosevic (blau) anzuspielen. Der Serbe zieht dadurch seinen Gegenspieler, Grödigs linken Innenverteidiger, aus seiner Position heraus. Dies erkennt wiederum Hinterseer exzellent und sprintet in den dadurch entstandenen Raum hinter der Abwehr. Einen Steilpass später erzielt der 22-Jährige seinen zwölften Saisontreffer.

Admira Wacker Mödling – SC Wiener Neustadt 2:0, Lukas Thürauer (31. Minute)

Pressing und Gegenpressing sind zwei taktische Strategien, die im modernen Fußball mittlerweile unerlässlich sind. Auch in der österreichischen Bundesliga finden sie immer mehr Aufmerksamkeit. So agiert nun unter anderem auch der SC Wiener Neustadt aktiver im Spiel gegen den Ball – ebenso Admira Wacker Mödling. Es ist also kein Zufall, dass beim Aufeinandertreffen der beiden Teams ein Tor infolge eines Gegenpressingsduells gefallen ist.

Die Admira befindet sich hier im Angriff. Der Linksverteidiger spielt einen Pass auf den diagonal fallenden Flügelspieler, der jedoch umgehend von den Wiener Neustädtern unter Druck gesetzt wird. Man sieht, dass die Gäste in dieser Szene mit drei Spielern um den Ball stehen, während die drei ballnächsten Admiraner weiter weg positioniert sind. Das ist jedoch keinesfalls ein Fehlverhalten dieser, denn im Aufbauspiel ist man naturgemäß bestrebt, das Spiel breit zu machen.

Entscheidend ist dann die Reaktion auf den Ballverlust und da macht die Admira in diesem Fall alles richtig. Sie ziehen sich umgehend zusammen. Die Spielerdichte um den Ball wird dadurch enorm groß, was auch vom vorangegangenen Pressing der Wiener Neustädter rührt. Diese verfügen jedoch nicht über die technischen Fähigkeiten, um sich aus einer solchen Enge befreien zu können. Viel mehr versuchen sie derartige Situationen über ihr Gegenpressing zu lösen. Dafür fehlt hier jedoch die nötige Absicherung, denn als solche steht nur ein Sechser zur Verfügung.

Dieser verliert jedoch den wichtigen Zweikampf und es ergibt sich die oben zu sehende Konstellation: die Admira hat vor dem Ball doppelt so viele Spieler wie die Gäste. Deren Abwehr stand davor sehr tief und weicht nun zurück. Das gibt Lukas Thürauer (gelb) viel Platz, den er zu einem Distanzschuss nutzt, bei dem Wiener Neustadts Tormann eine schlechte Figur macht.

Dieses Tor ist aber nicht nur ein Sinnbild für das noch immer akute Torhüterproblem in Österreich, sondern steht vielmehr symptomatisch für die taktische Entwicklung des österreichischen Fußballs. Die meisten Teams haben die Zeichen der Zeit erkannt und wollen einen modernen Spielstil, mit Fokus auf ein schnelles Umschaltspiel, praktizieren. Allerdings fehlt oft die dafür nötige taktische Reife der Spieler, sodass es dem Gegenpressing an Struktur fehlt und es eher an ein kollektives Jagen nach dem Ball erinnert, bei dem die Spieler keine klaren Positionen einnehmen.

Alexander Semeliker, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

Keine Kommentare bisher.

Sei der/die Erste mit einem Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert