Toranalyse zur 28. Runde der tipico Bundesliga 2014/2015 | Berisha, Beric, Schobesberger
Bundesliga 14.April.2015 Alexander Semeliker 1
In dieser Serie sollen jede Runde parallel zu den üblichen Spielanalysen ein paar Tore hinsichtlich der Entstehung, individueller Fehler oder taktischer Feinheiten genau untersucht und analysiert werden. In der Toranalyse zur 28. Runde nimmt abseits.at die Treffer von Valon Berisha (Salzburg), Robert Beric (Rapid) und Philipp Schobesberger unter die Lupe.
SK Rapid Wien – FC Red Bull Salzburg 0:1, Valon Berisha (3. Minute)
Das Spitzenspiel zwischen Rapid Wien und Red Bull Salzburg sorgte für viel Diskussionsstoff. Sowohl die rote Karte gegen Andreas Ulmer, als auch die taktischen Ausrichtungen der beiden Teams wurden teilweise hart kritisiert. Im Folgenden sollen daher zwei Tore aus diesem Spiel genau analysiert werden und die jeweiligen Aspekte beleuchtet werden. Als erstes sehen wir uns den schnellen Führungstreffer von Red Bull Salzburg durch Valon Berisha an.
Ein Kernproblem von Rapid in der ersten Halbzeit war die neuformierte, instabile Dreifachsechs, was die Salzburger intelligent ausnutzen. Valentino Lazaro (schwarz) ist hier von seinem rechten Flügel nach links gegangen und hat damit Stefan Schwab (weiß) mitgezogen. Dieser trennt Lazaro zwar vom Ball, jedoch gelangt dieser wieder zu den Gästen. Die Folge: Schwab und die beiden anderen Sechser stehen nahezu auf einer vertikalen Linie und werden mit einer einfachen Seitenverlagerung aus dem Spiel genommen.
Wäre Schwab links geblieben, hätte er gemeinsam mit seinem Vordermann sofort Druck ausüben können. Dies war aufgrund der Bewegung von Lazaro jedoch nicht möglich. Auch ein Übergeben an einen anderen Sechser war nicht möglich, da Dominik Wydra (grün) sich an Berisha (gelb) orientiert und Brian Behrendt (orange) richtigerweise absichert. Wie sich der fehlende Zugriff auswirkt, sieht man im nächsten Bild.
Behrendt verschiebt zwar zügig, ist aber naturgemäß auf Stabilität bedacht. Das heißt er achtet zuerst darauf, dass der Ball nicht direkt auf Lazaro gespielt werden kann und orientiert sich erst dann nach vorne, wenn der Salzburger vom Linksverteidiger übernommen worden ist. Der linke offensive Mittelfeldspieler attackiert hier jedoch den Ballführenden, was im Widerspruch mit dem Stabilitätsfokus von Behrendt steht. Christoph Leitgeb (rot) erkennt dies, stößt in den freien Raum vor und wird angespielt.
Von Interesse ist auch das Einrücken des rechten Verteidigers, der bei diesem Tor in die Kritik genommen wurde, da er damit Berisha außen freilässt. Im Kontext der taktischen Ausrichtung ist dieses Einrücken jedoch kein Fehler. Rapid wollte nämlich bewusst das Zentrum verdichten und da der linke Außenverteidiger Lazaro übernommen hat, würde Rapid die Überzahl im Abwehrzentrum verlieren, würde der Rechtsverteidiger nicht einrücken. Zum Verhängnis wird das Einrücken erst deshalb weil die Salzburger in der Folge eine in der österreichischen Liga einzigartige Kombination zeigen, die in dieser Form wohl auch nur ihnen zuzutrauen ist.
Nachdem bereits Leitgeb mit dem ersten Kontakt einen durchaus ansprechenden Vertikalpass gespielt hat, ergibt sich die oben zu sehende Situation. Rapid hat gegen den Ballführenden und Marcel Sabitzer (blau) eine sechs(!)-zu-zwei-Überzahl und steht dabei keinesfalls weit weg vom Ball. Derartige Konstellationen sah man während des Spiels öfters, was darauf schließen lässt, dass Rapid darauf aus war, dass Zentrum enorm zu verdichten und dort den Ball zu gewinnen. Dadurch ist der Druck für die ballführende Mannschaft enorm groß und die Chance auf einen Ballgewinn im Allgemeinen ebenfalls.
Das Risiko dabei ist jedoch, dass man die Seiten entblößt. Ein Pass dorthin ist also unter allen Umständen zu verhindern. Rapid hat durchaus die Voraussetzungen dafür geschaffen, jedoch dauert das Attackieren des Balls naturgemäß etwas. Salzburg gibt seinem Gegner in dieser Szene diese Zeit aber schlichtweg nicht und ist daher stets einen Schritt voraus. Sabitzer positioniert sich beispielsweise vorausschauend so, dass er mit dem ersten Ballkontakt auf Berisha spielen kann, nachdem sein Mitspielern den Ball prallen lässt. Insofern ist dieses Tor weniger auf ein besonders schlechtes Verteidigen von Rapid zurückzuführen, sondern vielmehr auf die taktisch herausragenden Abläufe der Salzburger.
SK Rapid Wien – FC Red Bull Salzburg 1:3, Robert Beric (51. Minute)
Bullen-Cheftrainer Adi Hütter wurde vorgeworfen, er hätte sein Team in Unterzahl zu offensiv eingestellt und zu weit vorne attackieren lassen. So fiel beispielsweise das 1:3 für Rapid aus einem Konter, was ein gefundenes Fressen für die Kritiker ist. Es lohnt sich jedoch auch hier genauer hinzusehen und die Hintergründe zu beleuchten. Wie die Salzburger beim 1:0 ließ Rapid dem Gegner aufgrund der hohen Dynamik in dieser Szene kaum eine andere Alternative.
Ausgangssituation ist ein Einwurf für die Salzburger, der nach unsauberen Prallen sofort beim Gegner landet. Zunächst erkennt man hier, dass Salzburg nur zwei Spieler vor dem Ball halt, also an und für sich wenig Risiko besteht – zumal Rapid selbst viele Spieler in dieser tiefen Zone hat. Entscheidend ist in weiterer Folge, dass der Ball mit dem ersten Kontakt nach vorne gespielt wird. Dadurch bekommt Salzburg erst gar nicht Chance auf eine direkte Balleroberung gegen den Ballführenden oder das Spiel zu verzögern. Zudem überbrückt man dadurch schnell viel Raum und überspielt weitere Gegenspieler.
Empfänger des Passes ist Robert Beric (gelb), der hier seine Spielintelligenz zeigt und sich nach hinten fallen lässt. Sein Gegenspieler, Stefan Ilsanker (rot), muss ihm folgen, da der Slowene im Mittelfeld sonst Platz hätte um sich zu drehen und das Spiel schon in diesem Moment noch schneller machen könnte. Ilsanker trennt Beric sogar vom Ball, was Salzburg eine Zugriffsmöglichkeit gibt.
Leitgeb (weiß) orientiert sich aber zunächst absichernd nach hinten, sodass er genauso wenig wie der rückwärtspressende Naby Keita (schwarz) ausreichend Druck auf den Ballführenden ausüben kann. Schwab (grün) läuft gut in den freien Raum, spielt einen präzisen Steilpass auf Florian Kainz (blau) und dieser bedient schließlich Beric, der Ilsanker währenddessen davongelaufen ist.
SK Rapid Wien – FC Red Bull Salzburg 2:3, Philipp Schobesberger (59. Minute)
Zum Abschluss wollen wir noch auf die taktische Anpassung von Rapid-Trainer Zoran Barisic nach dem Seitenwechsel eingehen. Es wurde nämlich nicht nur auf die bewährte 4-2-3-1-Grundformation umgestellt, sondern ferner auch die strategische Ausrichtung geändert. Es wurde zielgerichteter nach vorne gespielt – nicht nur mit hohen Bällen, sondern auch mit präzisen Vertikalpässen. Einer davon führte zum 2:3.
Salzburg steht hier in einem tiefen 4-4-1-Block, wobei der Stürmer nach einem Zweikampf am Boden liegen bleibt. Ferner erkennt man die in der Analyse erwähnte Positionierung der beiden Rapid-Sechser neben- und nicht, wie sonst, hintereinander. Die Hütteldorfer spielen in dieser Szene ihre Überzahl so aus, dass sie zunächst in der höchsten Linie eine Gleichzahlsituation gegen die Salzburger Viererkette herstellen. Zudem steht der der rechte Außenverteidiger am oberen Bildrand frei, weil Salzburg in Unterzahl ist und das Zentrum schließen will.
Kainz (weiß) bewegt sich zunächst entgegen und zieht damit seinen Gegenspieler zwei, drei Schritte aus der Position. Das öffnet den Passweg auf Beric (schwarz), was Schwab gedankenschnell annimmt und einen herausragenden Pass spielt. In der Mitte orientiert sich indes Steffen Hofmann (blau) in den Zwischenlinienraum und löst sich kurzfristig so von seinem Gegenspieler. Anschließend setzt er Philipp Schobesberger (gelb) mit dem ersten Ballkontakt ein und dieser erzielt das Tor.
Die Hütteldorfer haben also den Spieß nicht nur, wie in der Spielanalyse erwähnt, hinsichtlich der langen Bälle umgedreht, sondern kombinierten – wie die Salzburger beispielsweise beim oben analysierten 1:0 – auch so schnell, dass der Gegner im Pressing nicht nachkam.
Alexander Semeliker, abseits.at
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