Transfers erklärt: Darum wechselt Petar Filipovic zur Wiener Austria
Bundesliga 28.Juni.2016 Alexander Semeliker 0
Während die Konkurrenz bereits einige interessante Transfers tätigte hielt sich die Wiener Austria bis jetzt eher zurück. Vergangene Woche präsentierte man jedoch gleich zwei neue Spieler: Petar Filipovic und Felipe Pires. abseits.at beleuchtet die möglichen Hintergründe dieser Transfers. In diesem Artikel sehen wir uns den Wechsel von Filipovic genauer an.
Der 25-Jährige wechselt ligaintern von der SV Ried an den Verteilerkreis. Bei den Innviertlern war er in den letzten eineinhalb Jahren eine äußerst wichtige Stützte. Auch die Wiener dürften sich einiges von ihrem Neuzugang erwarten, denn er wurde für immerhin drei Jahre gebunden.
Potenzielles Upgrade zu Shikov
Filipovic würde der Austria, so Thorsten Fink zur Bekanntgabe des Transfers, in der Innenverteidigung gut tun und er käme statt Vance Shikov. Dieser verlässt den FAK nach zwei Jahren in Richtung Baku. Der 30-jährige Mazedonier hinterließ bei seinen Auftritten zwar weitestgehend einen soliden Eindruck, wirkte aber selten wie ein richtiger Abwehrchef und schien auch zum Spielstil der Veilchen nicht hundertprozentig zu passen.
Die primäre Stärke von Shikov war seine Physis, doch selbst hier schnitt er trotz einer Körpergröße von 1,94m vergleichsweise schlecht ab. Er gewann letzte Saison 60% seiner Zweikämpfe bzw. 63% seiner Kopfballduelle und liegt damit in beiden Disziplinen hinter Filipovic (63% bzw. 70%). Im Spielaufbau war sein risikoarmes Passspiel ein markanter Faktor dafür, dass das Austria-Spiel meist träge wirkte. Zudem ist auch sein Antritt für ein ballbesitzorientiertes Spiel mit hoher Verteidigungslinie eher suboptimal.
Umso bemerkenswerter ist es, dass Shikov in den letzten beiden Jahren regelmäßig in der Startelf stand und mehr als die Hälfte der möglichen Spielzeit absolvierte. Ein Indiz dafür, dass die Wiener Austria auf dieser Position also Handlungspotenzial hatte. Mit Filipovic holte man nun zwar keinen besonders namhaften, aber durchaus passenden Spieler.
Ideal für Halbverteidigerposition
Dass sich Filipovic in Ried so ins Rampenlicht spielen konnte, lag unter anderem an dem dort praktizierten System. Die Oberösterreicher spielten nämlich meist in einer Grundordnung mit einer Dreierkette in der Abwehr. Linksfuß Filipovic agierte dabei in aller Regel als Halbverteidiger auf der linken Seite. Eine Rolle, die sehr gut zum Fähigkeitsprofil des Deutsch-Kroaten passt, denn er bringt wie erwähnt einerseits eine sehr hohe körperliche Robustheit mit, ist aber auch durchaus beweglich. Die nebenstehende Grafik zeigt eine beispielhafte Heatmap von Filipovic (hier aus der 32. Runde gegen die Admira).
Er bewegt sich immer wieder mit dem Ball am Fuß nach vorne und zeigt ansprechende Offensivaktionen, weshalb er vereinzelt auch als Außen- bzw. Flügelverteidiger eingesetzt wurde. Auch im Defensivspiel zeigt Filipovic eine sehr proaktive Spielweise. So ist seine Abfangrate, also der Anteil an abgefangenen Bällen an der Gesamtzahl seiner Balleroberungen, im Vergleich mit den anderen Bundesliga-Innenverteidigern sehr hoch (63,5%). Nur Lukas Spendlhofer (68,5%), Harald Pichler (67,4%) und Nemanja Rnic (66,7%) erobern anteilsmäßig mehr Bälle durch Interceptions.
Innenverteidiger erste Instanz im Spielaufbau
Im modernen Fußball ist es außerordentlich wichtig, dass die Bälle kontrolliert erobert werden, um einen erfolgsstabilen direkten Gegenstoß zu ermöglichen. Einhergehend damit ist ein entsprechend sicheres Passspiel. Hier zeigten allerdings gerade die Rieder Schwächen, denn sie waren mit einer Passgenauigkeit von 63% das schlechteste Team. Filipovic war hier mit 70% allerdings einer der sichersten Zuspieler. Wichtiger, gerade wenn man das Aufgabengebiet bei seinem neuen Verein heranzieht, ist aber ohnehin die Art des Passspiels.
Die Wiener Austria setzt zwar auf einen kontrollierten Spielaufbau von hinten heraus, hatte in der letzten Saison jedoch oft das Problem, dass die Verbindung durch das zweite Spielfelddrittel stark ausbaufähig war. Es fehlten meist entweder die zündenden Bewegungen, mit denen Räume aufgerissen wurden, oder die entsprechende Besetzung dieser, wenn sie offen waren. Dementsprechend wurde der Ball in der ersten Aufbaulinie ineffizient hin- und hergeschoben. Die individuellen Passqualitäten der Aufbauspieler spielen hierbei zwar eine untergeordnete Rolle, könnten aber dennoch als Initialzündung äußerst hilfreich sein.
Direkte Pässe in die Spitze
Gewissermaßen als Plan B im Aufbauspiel installierte Fink früh einen Ablauf, der auf lange Bälle aus der Abwehr heraus basierte. Die breit aufgefächerten Innenverteidiger, meist es war es Lukas Rotpuller auf der linken Seite, suchten mit hohen Zuspielen die in die Tiefe sprintenden Offensivspieler. Die Schwierigkeit dabei besteht naturgemäß im Timing und der Genauigkeit solcher Pässe. Inwieweit Filipovic diese Aufgabe erfüllen kann, wird sich zeigen. An der Bereitschaft, diese riskanten Bälle zu spielen, sollte es allerdings nicht scheitern, wenn man sich die folgenden, beispielhaften Passmuster ansieht.
Wie man sieht greift Filipovic oft zu direkten Pässen entlang der Linie bzw. in die Spitze, egal ob er dabei sehr tief steht oder bereits an der Mittelinie ist. Auch Diagonalbälle streut er immer wieder ein. Vor allem diese Initiative sah man Shikov kaum. Der Anteil an effektiven Vorwärtspässen lag bei lediglich 38% und auch sein Passwinkel (28,8°) unterstreicht, dass seine Zuspiele praktisch nicht für die nötige Dynamik sorgten. Zum Vergleich: bei Filipovic liegen diese Werte bei 54% und 50,8°.
Auch wenn man berechtigterweise einwenden kann, dass diese Werte vom Rieder Spielstil und Standing begünstig werden, so ist es äußerst zweifelhaft, dass Filipovic im violetten Dress eine 180°-Wende macht und nun quasi ausschließlich Querpässe spielen wird.
Gleichwertige Konkurrenz
Die Verpflichtung von Filipovic macht für die Wiener Austria wie dargelegt also durchaus Sinn. Mit seinem breiten Fähigkeitsprofil eignet er sich für verschiedene Rollen innerhalb des Ballbesitzsystems. Interessant wird jedoch, wo Fink seinen Neuzugang einsetzen wird. Links in der Innenverteidigung behauptete zuletzt Rotpuller mit einem ebenfalls Fink-kompatiblem Passspiel seinen Platz im Abwehrzentrum. Möglich, dass der Deutsche den Burgenländer daher von seiner gewohnten Position abzieht.
Für halbrechts hat die Austria aber mit Richard Windbichler ebenfalls einen durchaus gleichwertigen und noch ähnlicher veranlagten Spieler. Möglich wäre daher ohne weiteres eine Variante mit Dreierkette, die aktuell in Österreich zwar mit Skepsis betrachtet wird, angesichts des FAK-Spielermaterials allerdings durchaus überlegenswert wäre. Ein wenig dagegen sprechen würde jedoch der zweite Sommertransfer der Veilchen.
Alexander Semeliker, abseits.at
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