Transfers erklärt: Darum wechselt Stefan Stangl zu Red Bull Salzburg
Bundesliga 2.Juli.2016 Alexander Semeliker 0
Nach dem historischen Dreifach-Double gilt Red Bull Salzburg auch in der kommenden Saison als größter Favorit auf die beiden wichtigsten Titel im österreichischen Fußball. Das liegt vor allem daran, dass sie im Sommer bisher mächtig aufrüsteten. abseits.at wirft einen genauen Blick auf die Sommerneuzugänge des Titelverteidigers.
Der jüngste Coup gelang den Bullen mit der Verpflichtung von Stefan Stangl, der sich in den letzten beiden Jahren in den Reihen des SK Rapid ins Rampenlicht spielte. Mit diesem Transfer schwächte Red Bull Salzburg aber nicht nur die direkte Konkurrenz, sondern holte sich gleichzeitig einen sehr vielversprechenden Spieler ins Boot.
Zerfall von Rapids starker linker Seite
Für die Hütteldorfer bedeutet dieser Transfer, dass sie nach Florian Kainz nun auch die zweite treibende Kraft auf ihrer linken Seite verlieren. Zusammen erzielten sie in den letzten beiden Bundesligasaisonen 16 Tore und bereiteten ganze 33 vor. Gerade deshalb waren ihre Seite auf den ersten Blick die weitaus auffälligere, was nicht bedeutet, dass ihre Mitspieler auf rechts ihre Aufgaben nicht erfüllten. Sie waren, wie an anderer Stelle bereits ausgeführt, schlicht andere. Die Dominanz von Stangl und Kainz im Rapid-Spiel erkennt man, wenn man sich die nachstehenden, beispielhaften Heatmaps ansieht.
Die Grafik zeigt die Orte der Ballaktionen von den beiden bzw. ihren Mitspielern auf der rechten Seite. Besonders markant ist dabei, dass Stangl und Kainz im zweiten Drittel viel dominanter sind. Diese Zone ist gerade für Teams, die sehr ballbesitzorientiert agieren, eine äußerst wichtige. Hier entscheidet sich, wie schnell und erfolgsstabil der Ball in die Gefahrenzone kommt. Dementsprechend wichtig ist es, passende Spielertypen am Feld zu haben. Bei Rapid war dies mit dem sehr konstant spielenden Kainz und dem vielseitigen Stangl in den letzten beiden Jahren der Fall.
Vielseitiger Außenverteidiger-Typ
Als Stangl 2014 von Wiener Neustadt zu Rapid kam trauten ihm nicht viele zu, eine wichtige Rolle zu übernehmen. Das lag vermutlich auch daran, dass er körperlich nicht dem vorherrschenden Bild des modernen Verteidigers entspricht. Er ist nicht klein, wendig, besonders schnell oder auch technisch übermäßig begabt. Stangl punktet vielmehr mit seiner Robustheit und, ähnlich wie Kainz, mit seiner Sachlichkeit. Auch deshalb ergänzten sich die beiden wohl sehr gut.
Trotz dieser scheinbar sehr beschränkten Anlagen zeigte Stangl, dass er auf viele verschiedene Arten in die Spielweise eines Teams eingebunden werden kann. In Wiener Neustadt und Horn war es vor allem wichtig, die Defensive zu stützen, was er dank seiner Athletik größtenteils sehr gut machte. Beim SK Rapid zeigte er in den letzten beiden Jahren, dass er offensiv nicht nur mithalten kann, sondern sich auch variantenreich bewegen kann.
Besonders zwei Basis-Spielzüge setzen sich hier durch. Die eine bestand darin, dass Kainz sehr breit stand und den Ball forderte, Stangl dann durch die Schnittstellen der gegnerischen Formation lief. Die andere war, dass Kainz mit dem Ball einrückte und Stangl das Hinterlaufen ermöglichte. In manchen Aktionen war aber auch Stangl derjenige, der seinen Vordermann einsetzte, indem er selbst sehr hoch stand und den Ball, ab und zu sogar zwischen den Linien, forderte.
Mehr spielerische Möglichkeiten
Mit Oscar Garcia entwickelte auch Red Bull Salzburg eine neue Spielweise. Seit der Spanier das Traineramt übernahm wird nun nicht mehr versucht ausschließlich mit einem sehr aggressiven Spiel gegen den Ball den Spielrhythmus zu diktieren, sondern es wird auch dem Ballbesitzspiel ein wichtiger Wert zugeordnet. Aufgrund der bisherigen Verpflichtungen ist davon auszugehen, dass dieser Aspekt in der kommenden Saison noch mehr in den Fokus rückt.
Stangls Rolle dürfte dabei relativ klar sein und nur unwesentlich mit der Grundformation zusammenhängen. Egal, ob die Salzburger in einer 4-3-3-, 4-4-2- oder 4-2-3-1-Ordnung auftreten werden, der Hauptgrund für seine Verpflichtung dürfte vor allem in seiner Kompetenz mit dem Ball sein. Mit Andreas Ulmer hatte man bisher zwar einen ebenfalls verlässlichen Außenverteidiger. Dieser hat allerdings seine Stärken im Umschaltspiel und weniger im Kombinationsspiel, wo er eher eindimensional agierte. Mit Stangl dürften sich nun mehr spielerische Möglichkeiten auftun.
Richtungsweisender Konkurrenzkampf
Trotz dieser Vorteile zugunsten Stangls und der Tatsache, dass die Salzburger für den gebürtigen Steirer vergleichsweise viel Geld in die Hand nehmen, bleibt abzuwarten, ob sich dieser gleich kurzfristig durchsetzt. Interessant wird der Konkurrenzkampf zwischen zwei der aktuell wohl besten österreichischen Linksverteidiger jedoch allemal. Angesichts des Rückzugs von Christian Fuchs aus der Nationalmannschaft wird im ÖFB-Teamkader eine Stelle offen. Wer sich in Salzburg durchsetzt, dürfte also auch realistische Chancen haben, beim Start der WM-Qualifikation dabei zu sein.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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