Der regierende Meister hat eine Seuchensaison hinter sich. Das zu lange Festhalten an Huub Stevens, dessen Philosophie des Fußballs so gar nicht mit Dietmar... Umdenken, Umbau, Neuausrichtung – was passiert in Salzburg?

Der regierende Meister hat eine Seuchensaison hinter sich. Das zu lange Festhalten an Huub Stevens, dessen Philosophie des Fußballs so gar nicht mit Dietmar Beiersdorfers Transfers zusammenpasste und miese Leistungen sowie Verletztungspech hätten fast dazu geführt, dass die Mozartstädter die Saison ohne Europacup und Fans beenden.

Unattraktiv soll vorbei sein…

…ist es aber noch nicht ganz. Beiersdorfer und Stevens haben das Mannschaftsgefüge zerrüttet. Natürlich kam dann auch noch Pech dazu, dass mit Mendes und Schiemer zwei, sagen wir, psychologische Schlüsselspieler verletzt sind und mit da Silva ein möglicher neuer solcher Spieler gleich beim Verletzten mitmachte. Der gechasste Trainer schaffte es einfach nicht, die Mannschaft nach der letzten Saison auf dem selben Level zu halten, zu sehr fehlten Janko und Tchoyi in der Offensive und zu sehr wackelte die Defensive um Sekagya und Afolabi. Die Bindeglieder zwischen Verteidigung und Sturm – Leitgeb, Pokrivac, Ulmer, Schwegler – machten dann beim munteren Verletzten und außer-Form-Sein bereitwillig mit. Erst unter Moniz und Kovac offenbarte sich das Grundproblem der Salzburger: Selbst wenn mit Hinteregger, Offenbacher, Hierländer oder Teigl junge Spieler, die die Adjektive von bieder über solide bis sehr gut für sich beanspruchen, endlich junge Spieler nachdrängen und die Offensive um Alan, Leitgeb, Svento, Cziommer und Zarate wieder funktioniert: Das Problem liegt im Kopf und daran ist Schleifer Stevens schuld.

Auf Tour durch die kleinen europäischen Städte

Der schon wieder Sportdirektor Heinz Hochhauser, der im Hintergrund immer an der in Zukunft wohl Österreichs bester Nachwuchsarbeit bastelte, nahm dem jungen, dynamischen Trainerduo Moniz/Kovac den sprichwörtlichen Rucksack der Champions League ab und sagte im Endeffekt eines: „Traut euch!“. Es ist bei der hohen individuellen Klasse, die das Dress in rot-weiß trägt, anscheinend relativ egal, man landet schon irgendwie unter den Top 3 und damit in Europa. Die Europa League, die durch ähnliche Vorgänge wie bei Red Bull – also dem Empordrängen von Vereinen durch ein Mäzenatentum – ohnehin zu einer kleinen Champions League wurde, soll nicht mehr als Trostpflaster angesehen werden, sondern als Ziel. Der Meistercup ist, und das scheint man in Fuschl entgültig verstanden zu haben, ein elitärer Kreis für einige Mannschaten, die ohnehin immer dabei sind und eine Qualifikation eines Meisters aus einem kleinen Land – Stichwort Zilina – ist ohnehin eine Sensation. Dennoch würde es nicht wundern, wenn man mit der – für Salzburg und auch für Österreich – wichtigen „neuen“ Marschroute im Sommer 2012 plötzlich genau dort ist.

Zerschnitten

Klar, dass wenn man seine Fans in den ersten 5 Jahren des Re-launches mit 3 Titeln und 2 Vizemeisterschaften verwöhnt, diese leicht angesäuert sind, wenn die Mannschaft so einen, auf gut Deutsch gesagt, Käse abliefert. Das Tuch zwischen Fans und Verein, welches ohnehin seit 2005 an einem seidenen Faden hing, muss genäht werden. Behutsam. Mit neuen Integrationsfiguren, die alle begeistern, wie Tchoyi oder Janko, wie davor Kovac oder Zickler. Nichts wäre peinlicher als eine Europacup-Qualifikation gegen, beispielsweise, Liverpool und im Stadion sind vielleicht 10000 Menschen. Die Salzburger Fußballfans wollen Leidenschaft, Kampf und Kreativität sehen. Dinge, die unter Stevens nicht präsent waren, die nun aber wieder her müssen, damit man sich nicht auch noch die letzten Fans vergrault. Das bedarf viel Arbeit.

Die roten Bullen müssen endlich anfangen, die Möglichkeit, die Mateschitz’ Millionen bringen nachhaltig auszunützen. Ein Blick in die verklärte violett-weiße Vergangenheit des Vereins oder der Lizenz (je nach Standpunkt) könnte den elitären Herren in Fuschl vielleicht helfen, Fußball zu verstehen. Dann braucht man eventuell in Zukunft nicht mehr nur einen Rucksack bei den Fanreisen nach Lüttich, Charkow oder Lodz, sondern eine Suite, wenn es endlich gegen Real, Bayern oder Manchester geht…

Georg Sander, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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