Viel Ballbesitz, aber wenig Penetration – Das war die Herbstsaison des SK Rapid Wien
Bundesliga 2.Januar.2015 Alexander Semeliker 0
Die Herbstsaison 2014/2015 in der tipico Bundesliga ist beendet. In dieser Serie nimmt abseits.at den bisherigen Saisonverlauf, die Taktik, die wichtigsten Team- und Spielerstatistiken und die besten Akteure der zehn österreichischen Bundesligaklubs unter die Lupe. In diesem Artikel sehen wir uns den SK Rapid Wien an.
Bisheriger Saisonverlauf
Die Saison des SK Rapid begann denkbar schlecht, denn im Eröffnungsspiel wurden die Hütteldorfer von Red Bull Salzburg in ihre Einzelteile zerlegt, verloren mit 1:6 und zierten damit kurzzeitig das Tabellenende. Danach kletterten sie auf Platz vier, ehe ein verhängnisvoller August folgte: in der Europa-League-Qualifikation scheiterte man an HJK Helsinki und in der Liga holte man aus fünf Spielen nur einen Sieg. Da die Konkurrenz aber ebenfalls sehr inkonstant spielte, wurde der Schaden tabellarisch in Grenzen gehalten.
Danach folgte die bisher stärkste Saisonphase der Grün-Weißen: zwischen 8. und 13. Spieltag holten sie mehr Punkte, schossen mehr Tore und erhielten weniger als anderen Teams der Liga. Man war drauf und dran den früh aufgerissenen Rückstand zum Spitzenduo zu verringern, ehe der Höhenflug mit einem katastrophalen November gestoppt wurde: vier Niederlagen aus fünf Spielen. Und so startet der Rekordmeister quasi auf Augenhöhe mit drei anderen Teams im Frühjahr die Jagd auf Platz zwei.
Taktik und Spielweise
Die Inkonstanz der Ergebnisse zeigt sich auch in der Spielweise der Rapidler. Trainer Zoran Barisic will – wie viele seiner Kollegen – vor allem über ein schnelles Umschaltspiel gefährlich werden und nach Ballverlusten den Gegner umgehend unter Druck setzen. In der Umsetzung von Letzterem kristallisierten sich vor allem ein Kernprobleme heraus: In vielen Fällen wird ballnah zwar durchaus aggressiv gepresst, allerdings fehlt die entsprechende Rückendeckung. Dies rührt insbesondere von der tiefen Stellung der Verteidigung her.
Vor allem die beiden Innenverteidiger lassen sich nach Ballverlusten zu sehr nach hinten fallen, wobei sie an und für sich zu den Schnelleren ihrer Zunft gehören. Tut dies das gesamte Team geschlossen, erreicht man eine gewisse Stabilität und kann den gegnerischen Angriff verzögern; bei Rapid ist aber oft Gegenteiliges der Fall. Überwindet der Gegner die erste Pressinglinie kann er mit Tempo auf die Verteidigung zulaufen, was ein immenser Vorteil ist. Ein anderes Problem war das Kombinationsspiel, das vor allem dann wenig Wirkung hatte, wenn man auf einen passiven Gegner traf.
Teamstatistiken
Die Probleme des SK Rapid erkennt man auch anschaulich anhand der Statistiken. Die Hütteldorfer haben zwar die höchste Passquote (74,5%) und den drittmeisten Ballbesitz (57%) der Liga, es fehlt allerdings jegliche Penetration. Im Schnitt brauchten sie im Herbst 40,4 Pässe pro Schuss. Zwar hat man immerhin die zweitmeisten Tore am Konto (31), der Abstand zur Spitze (57) ist jedoch beträchtlich, weshalb der Datenpunkt auf dieser Achse nahe dem Zentrum ist.
Im Pressing gibt es nur zwei Mannschaften, die ihren Gegnern den Ball schneller abjagen konnten als Rapid (7,9 erlaubte Pässe pro Balleroberung) – ein sehr guter Wert, wenn man die oben angesprochenen Probleme im defensiven Umschaltspiel bedenkt. Scheinbar schlecht schneidet Rapid bei der Anzahl an klärenden Aktionen ab, was aber auf den zweiten Blick durchaus logisch erscheint. Einerseits haben sie selbst oft den Ball, weshalb der Gegner bei seinen Angriffen direkter Richtung Tor spielen kann und es dementsprechend selten Flanken gegen sie gibt. Andererseits wird versucht, derartige Situationen spielerisch zu lösen, was man auch anhand der Quote an langen Pässen sieht (19,6%).
Spielerstatistiken
In diesem Abschnitt sehen wir uns die wichtigsten Spielerstatistiken, aufgeschlüsselt nach Positionen und normiert auf eine Einsatzzeit von 90 Minuten, an. Voraussetzung ist, dass ein Spieler mindestens 500 Minuten spielte.
Beste Zweikampfquote (Abwehr): Christopher Dibon (66,4%)
Meiste Balleroberungen (Abwehr): Stefan Stangl (6,4)
Meiste klärende Aktionen (Abwehr): Christopher Dibon (5,4)
Meiste Pässe (Mittelfeld): Thanos Petsos (66,3)
Beste Passquote (Mittelfeld): Dominik Wydra (81,3%)
Meiste Torschussbeteiligungen (Mittelfeld): Steffen Hofmann (4,9)
Meiste Balleroberungen (Mittelfeld): Dominik Wydra (6,8)
Meiste Pässe (Angriff): Louis Schaub (31,7)
Meiste Torschüsse (Angriff): Robert Beric (1,8)
Beste Chancenverwertung (Angriff): Robert Beric (46,4%)
Die Topspieler
Robert Beric – Als der Slowene im Sommer verpflichtet wurde, äußerten viele Fans ihren Unmut. Rückwirkend betrachtet mag dies zwar ein weiterer „logischer Transfer“ gewesen sein, er hat jedoch auf allen Ebenen eingeschlagen. Mit 46,4% hat Beric nicht nur eine herausragende Chancenverwertung bei einer beachtlichen Anzahl an Schüssen (28), sondern er besticht auch durch seine hervorragenden Bewegungen im Kombinationsspiel.
Thomas Schrammel – Neben Beric war der 27-Jährige im Herbst wohl der konstanteste Spieler im grün-weißen Trikot. Seit 2011 ist Schrammel nun bereits wieder bei Rapid, so strukturiert in seinen Aktionen war er jedoch zuvor nicht einmal ansatzweise. Er überzeugte nicht nur links hinten, sondern auch als Notnagel rechts.
Stefan Schwab – Ein weiterer „logischer Transfer“, der nur schwer in die Gänge kam. Seine strategischen Mängel sah man insbesondere beim 1:2 in Helsinki. Mit Fortdauer der Saison kamen dem 24-Jährige aber weniger spielerische, sondern mehr physische Aufgaben zu und er wurde zum fixen Bestandteil des Rapid-Spiels.
Alexander Semeliker, abseits.at
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