Kaum ein heimischer Fußballer polarisiert so sehr wie Stefan Maierhofer. Spätestens seit seinem Bundesliga-Comeback für den SC Wiener Neustadt ist der „Lange“ wieder in... Vor dem Wiedersehen mit Rapid: Wie gut passt Stefan Maierhofer zum SC Wiener Neustadt?

Stefan MaierhoferKaum ein heimischer Fußballer polarisiert so sehr wie Stefan Maierhofer. Spätestens seit seinem Bundesliga-Comeback für den SC Wiener Neustadt ist der „Lange“ wieder in aller Munde. Heute trifft Maierhofer mit dem Tabellenletzten auf den SK Rapid Wien. Das Vorab-Echo lautet: „Der trifft heut‘ sicher, das ist wie das Amen im Gebet“. Aber wie gut passt der 32-Jährige wirklich zu den Niederösterreichern?

Die Grenze zwischen Spott und Vergötterung ist im Fall Maierhofer sehr dünn. Bei Rapid avancierte er dank seiner Extrovertiertheit und 31 Bundesligatreffern schnell zum Publikumsliebling. In England und Deutschland wusste man nicht viel mit dem technisch limitierten, aber stets gefährlichen Maierhofer anzufangen. In Salzburg wusste man dies trotz Meistertitel und Scorerkrone auch nicht so recht. Mit Tiefpunkten, wie etwa der Leistung beim historischen Ausscheiden gegen Düdelingen, sicherte sich Maierhofer die Klick-Krone auf YouTube.

Seit heuer „kennt“ Maierhofer Abstiegskampf

Seit vergangenem Frühjahr kennt Maierhofer etwas Neues, auf das er – zumindest als Stammspieler – 31 Jahre warten musste. Mit Millwall spielte der „Major“ gegen den Abstieg, der letztendlich auch verhindert werden konnte. Sein Doppelpack gegen Middlesbrough vier Runden vor Schluss – seine einzigen Treffer für die Lions – bedeutete die Schubumkehr für das Team aus dem Südosten Londons. Dieses Ende der Tabelle zu kennen, ist für Maierhofers Wiener Neustadt Engagement natürlich ein Vorteil.

Aufbruchsstimmung beim Tabellenletzten

Nachdem die Neustädter ohnehin jedes Jahr als Abstiegskandidat Nummer Eins gehandelt wurden, schien es 2014/15 nun tatsächlich so weit zu sein: 40 Gegentore aus den ersten 15 Spielen, nur neun Punkte, Trainerwechsel. Seit 2009 spielen die Blau-Weißen in der Bundesliga – die sechste Saison scheint die bisher größte Prüfung für das einstige „Tiger Team“ Stronachs zu sein. Die Hälfte der Punkte in der laufenden Saison holte Wiener Neustadt gegen die Überraschungself aus Wolfsberg. Beide Spiele wurden gewonnen und nach dem 2:0-Heimsieg vom vergangenen Wochenende – Maierhofer-Traumtor inklusive – herrscht wieder Aufbruchsstimmung.

Im Dienst der Mannschaft

Die Gründe, dass Maierhofer für Wiener Neustadt ein enorm wichtiger Akteur werden kann bzw. bereits ist, sind mentaler und physischer Natur. Betrachtet man seine Leistung gegen den Wolfsberger AC genauer, so springt einem schnell Maierhofers Durchschnittsposition ins Auge. Der gebürtige Gablitzer arbeitete hart für die Mannschaft, antizipierte recht tief und ließ seine Gegenspieler seine Anwesenheit spüren. In seinem Positionsspiel zieht es ihn immer wieder ein wenig nach links, wo Maierhofer Bälle sichert und sie einfach und zumeist in die Breite weiterspielt. Zuspiele in die Spitze waren gegen den WAC in mehr als der Hälfte der Fälle Fehlpässe.

Bälle sichern, verteilen und „draufgehen“

Maierhofer ist nicht nur eine wertvolle Waffe in der unmittelbaren Gefahrenzone, sondern macht auch die Flügelspieler besser und erleichtert das Pressing. Mit Osman Ali und Daniel Schöpf hat Maierhofer zwei schnelle Vorlagengeber an den Seiten, die er mit Ballsicherungen und –ablagen unterstützen soll. Dabei sorgt er auch für größere Räume für seine flinken Kollegen an den Flanken, zumal der hünenhafte Stürmer Gegner bindet und auch die Abwehrreihen auseinanderreißen kann. Als höchste Pressinginstanz agiert Maierhofer äußerst aggressiv, begeht viele Fouls und lässt seine Gegenspieler spüren, dass ihnen keine gemütliche Partie bevorsteht. Die spielintelligenten Akteure hinter Maierhofer, etwa Herbert Rauter oder Conor O’Brien profitieren von der Power des Angreifers, die den Gegner zu Fehler zwingen. Maierhofer kann praktisch mit dem Rammbock vorauslaufen, die Bälle absammeln müssen andere.

Eine Waffe bei Standards

Außer Frage steht, dass der 19-fache Nationalspieler bei Standardsituationen ein deutliches Asset für den SC Wiener Neustadt ist. Durch seine Körpergröße von 202cm ist er in der Offensive torgefährlich und defensiv ein Turm, den man auch erst mal überwinden muss. Nicht nur aufgrund seiner Größe, sondern auch weil der routinierte Angreifer unverändert eine gewaltige Physis aufweist. Schließlich ist Größe allein noch kein Indikator für außergewöhnliche Kopfballstärke.

Der mentale Faktor

Die wohl größte Verbesserung, die Maierhofer mitbringt, ist aber seine mentale Stärke und die positive Verrücktheit, die ihm in seiner untypischen Karriere einige große Erfolge bescherte. Maierhofer versteht es seine Teamspieler, jung wie alt, mitzureißen, gilt als großer Motivator und vermittelt seinen Kollegen bereits im Training die richtige Einstellung. Große Spiele, wie das bevorstehende gegen den SK Rapid, liegen dem Stürmer am meisten, motivieren ihn doppelt und dreifach.

Nicht so spektakulär, wie alle erwarten?

Da das Maierhofer’sche Gesamtpaket aber nicht unbedingt auf Tempofußball und technischen Finessen basiert, könnte das Bild ein anderes sein, wenn Wiener Neustadt gemäß der bisherigen Kräfteverhältnisse von einem Gegner an die Wand gespielt wird. Maierhofer ist freilich kein idealer Konterstürmer und benötigt eine Mannschaft, die selbst Druck ausübt, herausrückt und das Spiel macht, um seine einfachen, aber effizienten Tugenden perfekt auszuspielen. Dies ist heute gegen die ballbesitzorientierten Grün-Weißen im Prater nicht zu erwarten, wodurch ein Spiel auf Maierhofer zukommt, das von Nadelstichen und zahlreichen Zweikämpfen ohne Ballbesitz geprägt sein wird. Das Wiedersehen Maierhofers mit Rapid wird im Vorfeld heiß gekocht, könnte aber unspektakulärer werden, als es momentan alle erwarten. Das Momentum hat Wiener Neustadt gegen den kriselnden Rekordmeister heute dennoch auf seiner Seite.

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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