Am Montag, den 1.10.2018, gab der SK Rapid am späten Abend die Verpflichtung von Dietmar Kühbauer als neuen Cheftrainer bekannt. Da er als Wunschkandidat... Vorliebe für’s 4-4-2: So könnte Kühbauer Rapid verändern

Am Montag, den 1.10.2018, gab der SK Rapid am späten Abend die Verpflichtung von Dietmar Kühbauer als neuen Cheftrainer bekannt. Da er als Wunschkandidat vieler Fans galt, scheint es auf den ersten Blick so, als ob man den Weg des geringsten Widerstandes gegangen wäre. Warum dem nicht so ist und welche Auswirkungen seine Einstellung auf das Spiel der Rapidler haben könnte werden wir Ihnen im folgenden Text erklären.

Kühbauer als Garant für schnellen Erfolg

Wenn man einen Blick auf die Statistiken des Didi Kühbauer schaut, wird man schnell darauf aufmerksam, dass er zu Beginn seiner Engagements in der Bundesliga immer große Erfolge mit seinen Teams feiern konnte. Das lag auch in den ersten beiden Fällen bei der Admira und beim Wolfsberger AC in erster Linie daran, dass er es schaffte, seine Kollegen auf der gegnerischen Trainerbank zu überraschen. Versuchten zum Beispiel andere Teams dieser Größenordnung ihre Gegner mit einer tiefstehenden Defensive zu zermürben, so wagte sich Kühbauer als erster Trainer kleinerer Klubs, seine Mannschaft mit der Devise aufs Feld zu schicken, dass man selbst versucht, das Spiel zu machen und offensive Akzente zu setzen. Bei seiner dritten Station als Bundesliga-Trainer in St.Pölten zeigte er nun, dass er sein System auch an andere Mannschaften anpassen kann, wenn der Erfolg ausbleibt. Auch hier schaffte er es sofort, den Erfolg zurückzubringen. Man schaffte als Letzter der Vorsaison über die Relegation und liegt nun nach neun Spielen auf dem zweiten Platz. Bleibt nur zu hoffen, dass in Hütteldorf der Leistungsschwund nicht wieder einkehrt. Denn sowohl bei der Admira als auch beim WAC schaffte er es nicht, an die gezeigten Leistungen der guten ersten Saison anzuknüpfen und in beiden Fällen war die zweite Bundesliga-Saison auch seine Letzte beim Verein. Aber da bei Rapid momentan kräftig Feuer am Dach ist, könnte Didi Kühbauer genau der richtige Mann für eine baldige Trendwende sein.

„Mentalitätsmonster“ Didi Kühbauer

Die wohl größte Stärke des neuen Rapid-Coachs ist ist wohl seine unglaubliche Siegermentalität. Schon zu aktiven Zeiten verkörperte er den berühmten Rapid-Geist so wie kaum ein Zweiter. Aufgeben kam in seinem Wortschatz noch nie vor. Und mit genau dieser Einstellung schaffte er es jedes mal aufs neue, dass er mit seiner unnachahmlichen energischen Art die Mannschaft für sich zu gewinnen. Er ist sicher einer der besten darin, wenn es darum geht, eine Mannschaft zu formen und sie so zu motivieren, dass jeder für jeden alles auf dem Platz gibt. Er scheut sich aber auch nicht, vielleicht einmal laut zu werden, wenn er das Gefühl hat, das seine Spieler nicht bereit sind, 100% für das Team zu geben. Auch während eines Matches ist er immer einer gewesen, der nicht still auf der Trainerbank sitzen bleibt, sondern aktiv an der Seitenlinie seine Kreise zieht. Da er ein absolutes Idol für die Rapid-Anhängerschaft ist, hat er sicherlich einen gewissen Kredit bei den Fans und kann so trotz der prekären Situation in Hütteldorf zu Beginn seiner Amtszeit mit einer gewissen Ruhe an seine neue Aufgabe herangehen. Außerdem gilt er als einer, der nicht all zu viel auf die Meinung anderer gibt und deshalb ist er bestimmt auch keiner, der sich dumme Sprüche von manchen Fans zu sehr zu Herzen nimmt oder sich von eventuellen vereinsinternen Störfeuern beeinflussen lässt. Zusammengefasst kann man sagen, dass er von allen Kandidaten für diese Trainerstelle wohl derjenige ist, der charakterlich und von der Mentalität her am besten zu Rapid passt.

Präsenz in der Zentrale als oberstes Gebot

Sieht man sich seine bisherigen Mannschaften an, so sieht man, dass er viel Wert darauf legt, mit mehreren Spielern das Zentrum zu besetzen. Er lässt seine Teams normalerweise in einem 4-4-2 mit Doppelsechs auflaufen. Das hat zur Folge, dass man einerseits im Spiel gegen den Ball immer wieder Überzahlsituationen vor der eigenen Verteidigungszone herstellen kann. Somit wird der Gegner auf die Flügel gedrängt und die eigenen Sechser haben nun die Möglichkeit, sich entweder in den eigenen Strafraum fallen zu lassen und so die Innenverteidiger zu unterstützen oder sie warten circa 20-30 Meter vor dem eigenen Tor und lauern auf die zweiten Bälle.

Die defensivere Ausrichtung der beiden Sechser kann auch den Vorteil haben, dass man mit ihnen das Aufbauspiel stärken kann. Lässt sich nämlich einer der beiden defensiven Mittelfeldspieler zwischen oder neben die beiden Innenverteidiger fallen, so kann man mithilfe des zweiten Sechsers oder der Außenverteidiger immer wieder Überzahlsituationen oder auch Dreiecksbildungen im eigenen Spielaufbau herstellen. Dieses hat aber den Nachteil, dass nominell kein Zehner auf dem Spielfeld steht und somit das wichtigste Bindeglied zwischen Verteidigung und Sturm fehlt. Das fehlen eines solchen Zentrumsspielers kann ausgeglichen werden, indem entweder ein Flügelspieler ins Zentrum rückt oder einer der beiden Stürmer hängend agiert und so immer eine Pendelbewegung zwischen offensiven Mittelfeld und Sturmspitze durchführt. Eine andere Variante wäre aber, dass einer der beiden Außenverteidiger den dritten Aufbauspieler in der ersten Spiellinie mimt und so einer der beiden Sechser als Verbindungsglied zwischen zweiter und dritter Spiellinie agiert. Für so eine Position würden sich spielstarke Akteure wie Stefan Schwab oder Christoph Knasmüllner empfehlen. Sollte wirklich mit einem hoch agierenden Sechser gespielt werden, so würde man auch das offensive Spielzentrum gegenüber dem von seinem Vorgänger praktizierten 4-2-3-1 mit einem zusätzlichen Strafraumspieler stärken können und so mehr Variabilität ins Offensivspiel bringen.

Vor allem das Spiel über die Flügel kann durch die neue Präsenz im Strafraum stärker forciert werden und durch ein mögliches Einrücken des passiven Flügels – also der Flügelspieler, dessen Seite nicht bespielt wird – können gegen höher stehende Gegner sogar im gegnerischen Sechzehner Überzahlsituationen hergestellt werden. Gegen tiefstehende Gegner wird es zwar trotzdem schwer eine Überzahl in der Box herzustellen, aber man kann durch kluge Laufwege der anderen Spieler im Zentrum immer wieder versuchen, so viele Gegenspieler wie möglich von einem vorher bestimmten Zielspieler weg zu ziehen und diesen so freizuspielen.

Wenn man aber eher das Spiel durch die Mitte forcieren will, so kann man wiederum mit klugen Abkipp- und Ausweichbewegungen immer wieder für den gefährliche Überbesetzungen herstellen, die vor allem im Raum vor der gegnerischen Abwehr für viel Unruhe und Gefahr sorgen können. Dafür wäre neben dem Aufrücken eines Sechsers auch noch das Abkippen des spielstärkeren Stürners notwendig. Zusätzlich könnte wieder einer der Flügelspieler ins Zentrum einrücken und mit ungewöhnlichen Laufwegen als Raumöffner für Schnittstellenpässe fungieren. Dieses Szenario ist aber wohl zu Beginn der Trainer-Ära Kühbauer noch etwas zu schwer zu spielen, da man Gefahr läuft, sich wegen fehlender Automatismen im Positionsspiel und der nicht ausreichend einstudierten Laufwege gegenseitig im Weg zu stehen.

Die Doppelspitze als ein Markenzeichen Kühbauers

Wirft man einen Blick auf seine bisherigen  Stationen, so sieht man, dass Didi Kühbauer – komme, was da wolle – immer mit zwei Stürmern spielen ließ. Nachdem das Thema Zentrumspräsenz jetzt zur Genüge behandelt wurde, möchten wir jetzt genauer darauf eingehen, welche Stürmertypen hier zum Einsatz kommen. Bei der Auswahl dieser beiden Spieler muss man genau darauf achten, wie man das Spiel anlegt. Wie analysieren hierzu drei Szenarien.

Im ersten Szenario muss Rapid selbst das Spiel machen und über die Flügel sein Glück versuchen. Hier wäre es angebracht, einen klassischen Neuner, der kopfballstark und gut im Abschluss ist, mit einem Stürmer des Typus „Arbeiter“ zu kombinieren, der laufstark genug ist, um anderen Spielern die Defensivaufgaben abzunehmen und genug Kampfkraft besitzt, um mit guten Laufwegen seinem Nebenmann genügend Freiräume zu schaffen. Für die Rolle des Arbeiters würde sich wohl keiner besser als Veton Berisha empfehlen und auch auf der Position des Vollstreckers hat man mit Pavlovic und Alar zwei Klassespieler.

Findet man sich in der selben Situation wieder, könnte man auch versuchen, durchs Zentrum zum Torerfolg zu kommen, so müsste einer der beiden Stürmer auch spielerisch top sein und sowohl als Neuner, als auch als Zehner agieren können. Beim zweiten Stürmer hat sollte darauf geachtet werden, dass der Spieler auf dieser Position nicht viel Raum braucht, um gefährlich zu werden und auch im Abdecken des Balles gewisse Qualitäten besitzen. Für die Rolle der „hängenden Spitze“ würden sich Deni Alar und eventuell auch Christoph Knasmüllner empfehlen. Die andere Rolle wäre wahrscheinlich optimal für Andrija Pavlovic. Vom Potential wäre wohl auch Jeremy Guillemenot einer, der diese Position besetzen kann.

Die seltenste der drei Varianten wäre ein Match, in dem Rapid auf einen nominell stärkeren Gegner trifft und sich somit aufs Kontern konzentrieren könnte. Hier wären auf beiden Positionen schnelle, dynamische Stürmer zu empfehlen, die auch über einen guten Abschluss verfügen. In Optimalbesetzung sind hier wohl Schobesberger und Ivan die beste Lösung, obwohl auch beispielsweise Berisha oder Guillemenot über keinen schlechten Grundspeed verfügen.

Kühbauer ist kein Vertreter des Angriffspressings

Auch wenn er immer auf ein gutes Umschaltspiel setzt, ist Didi Kühbauer kein großer Freund des Offensivpressings. Anders als beim „Forechecking“, bei dem der Gegner bereits am eigenen Sechzehner attackiert wird, setzt Kühbauer eher auf ein raumorientiertes Mittelfeldpressing, bei dem es das Ziel ist, die Räume zwischen der Aufbaulinie des Gegners und den gegnerischen Stürmern zu schließen. Hin wieder versucht zwar einer der beiden Stürmer die Aufbauspieler des Gegners anzulaufen, aber das hat nur den Zweck das Aufbauspiel der anderen Mannschaft etwas zu bremsen und eventuell den Ball auf einen der passschwächeren Spieler zu lenken.

Das ist zwar nicht unbedingt die aktivste Herangehensweise, kann aber trotzdem effektiv sein. Besonders jetzt, wo Rapid immer wieder Probleme hat, per Pressing auf das gegnerische Spiel Einfluss zu nehmen, kann dieser Schritt zurück doch ein Schritt nach vorne sein. Und so könnte Rapid auch wieder Sicherheit im Spiel gegen den Ball gewinnen, ohne ein zu großes Risiko zu gehen.

Fazit und Prognose

In der aktuellen Situation ist Didi Kühbauer wohl die (erschwingliche) Optimalbesetzung für den Trainerposten. Erstens, weil er bei den wählerischen Fans der Hütteldorfer ein hohes Ansehen genießt und zweitens, weil er durch seine einfache Art des Fußballes jemand ist, der kurzfristig noch bei jedem seiner bisherigen Verein für Erfolg gesorgt hat. Somit ist er mit Blick auf die restliche Spielzeit auf jeden Fall einer, der Rapid noch in höhere Tabellenregionen führen und auch in den anderen Bewerben eine gute Rolle spielen kann. Da er als Motivationskünstler bekannt ist, ist er wohl einer der wenigen, der dieser launischen Rapid-Mannschaft wieder die richtige Einstellung auf den Platz mitgeben kann.

Aber auch wenn er in dieser Saison noch den Karren aus dem Dreck ziehen kann, darf er nie darin müde werden, seine Mannschaft, sich selbst und sein Spielsystem weiterzuentwickeln, anstatt auf sich mit bereits Erreichtem zufrieden zu geben. Er muss es von Spiel zu Spiel aufs Neue schaffen, sich und seine Spieler ein bisschen zu verbessern und immer mit noch mehr Elan und Leidenschaft als im vergangenen Spiel an die Sache herangehen.

Mögliche Startformation im 4-4-2

Kristian Müller, abseits.at

Kristian Müller

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