Mit dem leihweisen Wechsel von Alon Turgeman zu Wisla Krakau endet vorerst das Kapitel des Stürmers bei der Austria. Trotz vieler Vorschusslorbeeren und großen Erwartungen, konnte der Israeli nach neun Toren in 26 Bundesligaspielen die in ihn gesetzten Hoffnungen der Fans nie wirklich gerecht werden. Woran hackte es beim hochveranlagten Stürmer letztlich, dass er sein Potenzial nie abrufen und zu einer festen Größe heranwachsen konnte?
Hoffnungsträger mit Einstand nach Maß
Als einer der besten Stürmer seines Heimatlandes, wagte der damalige israelische Teamstürmer Alon Turgeman den Sprung ins Ausland und trotz zahlreicher Angebote wählte er als erste Station die der Wiener Austria aus. Die Violetten machten bekanntlich in der Vergangenheit recht gute Erfahrungen mit Transfers aus der israelischen Liga, wo man mit Stürmern wie Damari oder Kayode nicht nur von der Anzahl der Tore einen Volltreffer landete, sondern vor allem auch in finanzieller Hinsicht. Bei Turgeman hoffte man speziell darauf, dass dieser in die Fußstapfen seines Landsmannes Damari schlüpfen würde, was allerdings nicht nur mit dem Herkunftsland der beiden zusammenhing. Vor allem der Spielstil der beiden ähnelte sich in gewisser Weiße, denn beide verfügen nicht nur über eine exzellente Schusstechnik, sondern auch über eine gute Ballbehandlung.
Turgeman schien dabei mit seinen Attributen genau in die bekannte „Austria-Schule“ zu passen. Ein Knipser, der genau weiß wo das Tor steht und nebenbei auch außerhalb des Strafraumes etwas mit dem Ball anzufangen weiß. Doch die Vorzeichen bei seinem Wechsel im Sommer 2018 sahen allerdings etwas zwiespältig aus. Der damalige Trainer Thomas Letsch wollte eine intensivere und auf Pressing ausgelegte Spielphilosophie implementieren, wo vor allem die hohe Intensität und das Spiel gegen den Ball in den Fokus rückte. Die Angreifer waren in diesem Plan auch gegen den Ball gefordert, ein hohes Laufpensum abzuspulen und im Anlaufen und Gegenpressing viel für die Mannschaft zu arbeiten.
Für Turgeman bedeutete dies allerdings eine große Umstellung. In der israelischen Liga liegt der Fokus vermehrt auf dem Spiel mit dem Ball und dem fußballerischen Aspekt, als auf der Intensität bzw. der Physis und dem Spiel gegen den Ball. Dementsprechend fielen bei dem Israeli die Defizite in der Arbeit gegen den Ball auch aus und so war von Haus aus auch ein Lernprozess vonnöten, um diese Schwachstellen zu beheben. Die Verantwortlichen bzw. der damalige Trainer der Austria traute sich allerdings zu, dies in den Griff zu bekommen und man entschied sich dennoch für die Verpflichtung von Turgeman. Dessen Stärken und Qualitäten wogen dabei schwerer, als die Defizite in Punkto Kompatibilität mit der Spielidee.
Zunächst lief auch alles nach Plan und im ersten Spiel gegen Wacker Innsbruck erzielte der israelische Angreifer den Siegestreffer zum 2:1 und zeigte da seine Qualitäten im Spiel. Doch in den Wochen danach sollte es für den Stürmer dann nicht mehr wirklich rund laufen und Turgeman tat sich schwer, anzuschreiben und sein Potenzial abzurufen.
Spielstil und Verletzungen als Hindernisse
In Ansätzen sah man dabei immer wieder die Stärken von Turgeman, vor allem bei seiner Ballbehandlung mit dem Rücken zum Tor. Dennoch wirkte der Israeli gehemmt und kam nicht richtig zur Entfaltung. Bisweilen wirkte es so, als würde Turgeman durch die höhere Intensität gegen den Ball und den größeren Kraftaufwand, fehleranfälliger im Spiel mit dem Ball agieren. Immer wieder unterliefen ihm kleine Ballfehler und sah sein ganzes Spiel nicht so rund und sauber aus, wie dies noch in Israel der Fall war. Dabei erscheint dieser Aspekt als durchaus logisch, denn ist man schneller erschöpft, leidet klarerweise auch die Konzentrationsfähigkeit darunter. Aber auch seine Spritzigkeit und Beweglichkeit wirkten eingeschränkt und dem Israeli mangelte es schlicht an Explosivität.
Doch nicht nur die höhere Intensität bereitete Turgeman Probleme, auch die Spielanlage der Austria unter Letsch spielte ihm nicht wirklich in die Karten. Durch das Spielsystem mit der Raute und dem hohen Zentrumsfokus, fand der Israeli gänzlich andere Räume und Positionierungen vor, als er es bislang gewohnt war. In Israel war Turgeman noch ein klassisches 4-3-3/4-2-3-1 gewohnt, wo er als Solospitze agierte, von zwei Flügelspielern gefüttert wurde und die Spielanlage auf seine Stärken ausgelegt war. Bei der Austria fiel nicht nur die Spielanlage anders aus, sondern auch das Flügelspiel als Orientierungspunkt war nicht mehr wirklich präsent und er musste sich stattdessen die Räume mit einem Sturmpartner teilen.
Dadurch verändert sich klarerweise nicht nur das Aufgabengebiet, sondern man muss nun mit dem Sturmpartner auch interagieren und zusammenarbeiten, um das Optimum aus dieser Konstellation herauszuholen. Doch schon früh schien es so, als würde es auch da bei Turgeman Probleme geben. Mit Friesenbichler oder Monschein harmonierte der Israeli nicht wirklich, da die beiden jeweils keine Zuarbeiter sind, sondern selber mit Bällen gefüttert werden müssen. Vom Spielstil schien zwar Edomwonyi der ideale Sturmpartner für Turgeman zu sein, doch schien es ganz so, als würde bei den beiden eher der Konkurrenzgedanke im Vordergrund stehen und es zwischenmenschliche Probleme geben.
Dazu kam dann auch noch ständige Verletzungsprobleme, mit denen sich Turgeman plagte. Im ersten Jahr riss sich der Israeli nur wenige Wochen nach Saisonstart das Syndesmoseband und fiel beinahe den gesamten Herbst aus. Im Frühjahr machte der Israeli zwar die Vorbereitung wieder mit und erholte sich von der Verletzung, doch so wirklich fit wirkte er auch da nicht. Zwar erzielte er in den ersten drei Frühjahrrunden immerhin zwei Treffer, doch speziell beim Heimspiel gegen Altach, welches das Ende der Ära Letsch letztlich besiegelte, lieferte er eine ganz schlechte Leistung ab. Dadurch fiel er in der Rangordnung wieder zurück und bekam kaum Einsatzzeiten. Das nagte an dem Israeli und das Selbstvertrauen war nicht mehr da, was man vor allem bei seinen Trainingsleistungen zu sehen bekam. Turgeman war bereits in Israel ein Spieler, der das Vertrauen seines Trainers brauchte und spüren musste, um seine volle Leistungsfähigkeit abrufen zu können. Daher gab es auch in seiner Heimat immer wieder Phasen, wo er hinterherlief und sein Leistungsvermögen und Potenzial nicht abrufen konnte, sofern der Trainer nicht auf ihn setzte.
Dennoch beendete er seine erste Saison mit einer ordentlichen Quote von sechs Treffern aus 18 Spielen. Allerdings bahnte sich bereits vor dem Saisonende die nächste schwerere Verletzung an und Turgeman hatte mit Leistenbeschwerden zu kämpfen, die sich sogar zu einer Schambeinentzündung entwickelten.
Auch unter Ilzer nur zweite Wahl
Das war für Turgeman besonders schwerwiegend, verpasste er doch nicht nur weite Teile der Vorbereitung, sondern konnte sich dadurch auch nicht dem neuen Trainer Christian Ilzer präsentieren. Erst Mitte August kehrte der Israeli zurück in den Kader der Violetten, doch in seiner Abwesenheit konnte sich Christoph Monschein dank seiner starken Leistungen als klarer Platzhirsch in der Stürmerrangordnung etablieren. So musste sich Turgeman zumeist mit einem Bankplatz und kurzen Einsatzzeiten begnügen, da die Austria unter Ilzer selten mit zwei klaren Mittelstürmern auflief und Monschein nicht zu verdrängen war. Bekam Turgeman allerdings die Chance von Anfang an, deutete er auch prompt sein Potenzial an und erzielte gegen den SKN und die WSG sogar zwei Treffer hintereinander am Stück.
Doch in dieser Phase und eigentlich den gesamten Herbst über plagte sich Turgeman mit Leistenbeschwerden und spielte teilweise mit Schmerzmitteln, wobei gegen Ende des Herbstes die Probleme größer wurden. Daher bekam in dieser Phase Edmonwonyi vorwiegend die Kurzeinsätze und Turgeman kam kaum mehr zum Einsatz. Interessant wäre es gewesen, den israelischen Stürmer vor allem im zum Ende des Herbstes hin etablierten 4-2-3-1 System als Solospitze zu begutachten. Diese Rolle würde dem Angreifer wohl am besten liegen, da er wie erwähnt mitunter seine stärksten Phasen in seiner Heimat in dieser Grundordnung hatte.
Letztendlich spielten viele verschieden Faktoren eine Rolle, die dazu führten, dass Turgeman sein Potenzial nicht entfalten konnte und nun den leihweisen Wechsel forcierte, um in Polen mehr Spielpraxis zu bekommen. Verletzungen, mangelnde Flexibilität und eine schlechte Einbindung in das Offensivspiel waren die Ursachen, die bislang zumindest die Investition in den Israeli nicht rentabel machten (Turgeman zählt zu den Topverdienern der Violetten). Möglicherweise ist allerdings das letzte Wort noch nicht gesprochen, denn eine Rückkehr im Sommer liegt im Bereich des Möglichen und sollte Monschein den Sprung ins Ausland wagen, stünde Turgeman bereit, um die gesetzten Erwartungen im zweiten Anlauf womöglich doch noch zu erfüllen.
Dalibor Babic
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