Warum der Aufwärtstrend des SK Rapid auf wackligen Beinen steht
Bundesliga 24.September.2019 Stefan Karger
Der SK Rapid holte aus den letzten sechs Meisterschaftsspielen 15 Punkte und musste sich dabei nur dem LASK knapp geschlagen geben. Man möchte meinen, dass der Trend eindeutig nach oben zeigt und es sprechen auch einige Aspekte dafür, dass Didi Kühbauers Mannschaft nach dem Cup-Spiel gegen Salzburg in der Meisterschaft die Siegserie fortsetzen wird. Ein Blick auf die Statistiken zeigt aber, dass noch lange nicht alles eitel Wonne ist. Wir zeigen euch anhand einiger Daten in welchen Bereichen sich die Mannschaft verbessern konnte und wo noch viel Arbeit auf Trainer Kühbauer und seine Mannschaft wartet.
Das Expected-Goal-Modell
Das 2012 entwickelte Expected-Goal-Modell ist eine der sinnvolleren Modelle, wenn es darum geht aus nackten Zahlen Erkenntnisse für den Fußballsport zu gewinnen. Wir empfehlen euch vorweg unseren Artikel zum Expected-Goal-Modell, zumal wir euch in Zukunft öfters mit diesen Werten füttern wollen. Kurz zusammengefasst beschreibt dieses Modell wie hoch in einer gewissen Situation die Chance auf einen Treffer ist. Der sogenannte xG-Wert liegt bei einer Torchance immer zwischen 0 und 1, wobei ein Elfmeter beispielsweise einen Wert von 0.76 hat – was bedeutet, dass der Schütze im Schnitt eine 76-prozentige Chance hat den Strafstoß zu verwandeln. Von einer Großchance spricht man ab einem xG-Wert von etwa 0.38. Bei Situationen aus dem Spiel heraus wird unter anderem die Distanz und der Winkel zum gegnerischen Tor berücksichtigt, wie die Torchance kreiert wird, welche Geschwindigkeit der Schütze zum Zeitpunkt der Schussabgabe hat, ob gegnerische Verteidiger Druck auf den Spieler ausüben und mit welchem Körperteil der Ball getroffen wird. Je besser eine Chance, desto höher fällt auch der xG-Wert für die jeweilige Situation aus. Wir arbeiten mit den xG-Werten von Wyscout S.p.a.
Mit dem xG-Wert lässt sich auf diese Weise nicht nur die Leistung eines einzelnen Spielers analysieren, sondern auch die der gesamten Mannschaft. Steigt der Punkteschnitt eines Teams über einen gewissen Zeitraum ohne eine Verbesserung der xG-Werte, dann ist es wahrscheinlich, dass es sich um einen Ausreißer nach oben handelt, der in erster Linie der Varianz und nicht der verbesserten Spielstärke geschuldet ist. In diesem Fall ist zu erwarten, dass über kurz oder lang der Punkteschnitt wieder fallen wird.
Ein Blick auf die vergangene Saison des SK Rapid
Der aktuelle Rapid-Trainer Didi Kühbauer nahm Anfang Oktober 2018 das Trainerzepter in die Hand und verlor zum Auftakt gegen die Rangers. Für die Gegenüberstellung des xG-Werts mit der heurigen Saison wollen wir aber die Europa-League- und Cup-Spiele außer Acht lassen und uns nur auf die Meisterschaft konzentrieren. Außerdem müssen wir die Spiele vom Grunddurchgang und vom Finaldurchgang trennen, da der SK Rapid in den letzten zehn Runden der Vorsaison ausschließlich auf Teams der unteren Tabellenhälfte traf.
Zwischen Kühbauers Amtsübernahme und dem Ende des Grunddurchgangs sehen die Statistiken für den Rapid-Coach nicht gut aus. Die Mannschaft hätte pro Spiel im Schnitt 1.28 Tore erzielen und 1.30 Gegentore kassieren „müssen“. In den darauffolgenden zehn Partien gegen den schwächeren Gegnerpool im unteren Playoff sieht man deutlich den Unterschied, denn hier steht ein xG-Wert von 1.99 geschossenen Toren 1.17 Gegentoren gegenüber.
Nimmt man alle Meisterschaftsspiele der Saison 2018/19 unter Didi Kühbauer zur Hand erhält man einen Wert von xG-Wert von 1.60 erzielten Toren und 1.24 Gegentoren pro Partie. Nach acht Spielen in der Saison 2019/20 erhalten wir folgende xG-Werte: 1.36 : 1.06.
Zusammenfassend:
Seit Kühbauers Amtsübernahme bis zum Ende des Grunddurchgang: 1.28 : 1.30
Unteres Playoff: 1.99 : 1.17
Alle Bundesligaspiele unter Kühbauer in der Saison 2018/19: 1.60 : 1.24
Meisterschaftssaison 2019/20: 1.36 : 1.06
Der Expected-Goal-Wert der bisherigen Meisterschaftssaison 2019/20
Quelle: Wyscout S.p.a
In den bisherigen acht Runden hätte der SK Rapid laut dem Expected-Goal-Modell 1.36 Tore pro Spiel erzielen und 1.06 Gegentreffer pro Partie hinnehmen müssen.Wenn wir die aktuellen Werte mit denen der Vorsaison vergleichen, dann sollten wir berücksichtigen, dass zehn Partien im unteren Playoff gegen einen schwächeren Gegnerpool gespielt wurden. Allerdings lässt sich deutlich sehen, dass sich der xG-Wert der zu erwartenden Treffer selbst gegenüber der schlechtesten Phase, nämlich Kühbauers Amtsübernahme bis zum Ende des Grunddurchgangs, ebenfalls kaum gesteigert hat.
Eine Sample-Größe von acht Partien ist groß genug um anhand dieser beiden Zahlen mit an großer Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit zwei Schlussfolgerungen festzustellen:
- Der SK Rapid spielt sich (nach wie vor) zu wenige aussichtsreiche Torchancen heraus
- Didi Kühbauer hat es geschafft die Abwehr weiter zu stabilisieren
Rapid im Herausarbeiten von Torchancen unterm Strich
Bezüglich Punkt 1 sei gesagt, dass es beim SK Rapid in der neuen Saison keinesfalls an der Verwertung von Torchancen mangelt. Die Mannschaft hätte im Schnitt 1.36 Tore erzielen müssen, hat aber nach acht Runden 16 Tore auf dem Konto. Natürlich lassen die Spieler, wie bei jedem anderen Verein auch, Großchancen liegen, dafür wurden aber auch Tormöglichkeiten genutzt, die laut dem bewährten xG-Modell eher geringere Aussichten auf einen Treffer hatten.
Dies wird umso deutlicher, wenn man sich die offensivstarken Konkurrenten in der Liga ansieht. RB Salzburg hat einen außergewöhnlichen xG-Wert von 3.01 Toren pro Spiel, sollte also im Schnitt mehr als doppelt so viele Treffer wie die Hütteldorfer erzielen. Auch der Wolfsberger AC kommt auf einen tollen xG-Wert von 2.35 Toren. Mattersburg (1.47), der LASK (1.44), Altach (1.43) liegen in dieser Statistik ebenfalls vor dem SK Rapid. Der TSV Hartberg hat mit einem xG-Wert von 1.36 haargenau den gleichen Wert wie die Mannschaft von Didi Kühbauer.
Defensive verbessert
Immerhin hat sich die Abwehrleistung der Hütteldorfer deutlich verbessert, denn mit 1.06 zu erwartenden Gegentoren liegt der SK Rapid nur knapp hinter RB Salzburg (1.04) auf Platz 3! Der WAC liegt mit einem xG-Wert von 1,14 Gegentoren knapp dahinter, danach folgt der SK Sturm mit 1,38 zu erwartenden Gegentoren. Unangefochten Nummer Eins ist in dieser Hinsicht der LASK, der mit seinem intensiven Pressing und mit viel Arbeit den Gegner weit weg vom eigenen Tor hält, womit sich ein Spitzenwert von 0.84 zu erwartenden Gegentoren pro Spiel ergibt. Vergangene Saison war dieser Wert über die gesamte Saison mit 0.79 zu erwartenden Gegentoren im Schnitt sogar noch ein wenig besser.
Fazit
Es ist nicht immer zielführend nur aufgrund von nackten Zahlen ein Gesamtbild der aktuellen Situation zu zeichnen, aber eine recht klare Tendenz lässt sich aus diesen Statistiken jedenfalls herauslesen. Der SK Rapid hat sich im Herausspielen von Chancen gegenüber letzter Saison höchstens minimal verbessert und hat momentan einfach mehr Glück bei den Abschlüssen. Wenn Didi Kühbauers Mannschaft den xG-Wert nicht schrittweise erhöht, werden die Ergebnisse irgendwann ausbleiben, da man erwarten muss, dass die Spieler irgendwann nicht mehr über der zu erwartenden Wahrscheinlichkeit treffen werden.
Positiv ist hingegen, dass die Anzahl der zu erwartenden Gegentore in den ersten acht Runden deutlich gesenkt wurde! Sogar im unteren Playoff kassierten die Grün-Weißen vergangene Saison durchschnittlich mehr Treffer als in der aktuellen Spielzeit. Hoffnung können den Rapid-Fans zudem die xG-Werte aus den letzten drei Spielen machen, da in diesen sowohl die Offensiv- als auch Defensivwerte deutlich verbessert waren, was allerdings zum Teil auch den Gegnern geschuldet war.
Stefan Karger, abseits.at
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