Warum Linz ein Stadion braucht, aber wohl so schnell keines bekommen wird
Bundesliga 9.Dezember.2017 Werner Sonnleitner 0
In Linz herrscht wieder eine Fußballeuphorie. Der LASK begeistert die Massen und füllt regelmäßig die TGW-Arena. Von den neun Heimspielen im Herbst waren acht ausverkauft. Am Samstag werden wieder Hundertschaften im schwarz-weißen Outfit Richtung Pasching pilgern. Dies werden sie auch noch bis 2022 so tun, bis dahin läuft nämlich der Mietvertrag. Doch Verein und Fans möchten lieber schon früher ein neues, eigenes Stadion beziehen. Der Haken an der Sache: Ein solches steht noch nicht und die Hürden für die Errichtung sind auch nicht gerade klein. Wir machten uns schlau, wie der aktuelle Status dieses für Linz, aber ganz Oberösterreich sportinfrastrukturell bedeutenden Projektes ist.
Der Traum von Linzer Fußballstadion
Die „Freunde des LASK“ haben sich die Errichtung einer modernen Fußballarena in der drittgrößten Stadt Österreichs auf die Fahnen geheftet. Die Pläne sind ehrgeizig, 40 Millionen Euro wurden als Kostenrahmen veranschlagt. 20.000 Besucher sollen laut eigenen Visionen in der Arena Platz finden und damit auch wieder Länderspiele in Oberösterreich ermöglichen. Dazu soll es selbstredend ein reines Fußballstadion werden, verkehrstechnisch gut erschlossen sein, am besten mit guter Öffi-Anbindung und ausreichenden Parkmöglichkeiten. Durch alternative Nutzung soll der Bau ausgelastet und damit refinanziert werden.
Ein Blick über die Landesgrenzen könnte als etwas kleineres, abgespecktes Vorbild genügen. Für deutlich weniger Geld als die desaströse Gugl-Renovierung verschlungen hat, wurde in St. Pölten ein kleines aber feines Schmuckkästchen hochgezogen. Das mit 8.000 Zuschauern im ersten Schritt wohl auch für Linz eine vernünftige Kapazität bieten würde. Die Erweiterung auf die für ein Länderspiel notwendigen 15.500 ist durch eine darauf ausgerichtete vorausschauende Architektur einfach möglich.
Soweit der ehrgeizige Plan. Die Umsetzung dieses Projektes ist grundsätzlich finanziell auf drei Säulen verteilt: das Land Oberösterreich, die Stadt Linz und der Verein durch Eigenmittel oder Sponsoren. Und damit gibt es schon drei kleinere bis größere Probleme…
Klamme Linzer Stadtkassen
Durch zweifelhafte politische Entscheidungen fehlt in der einnahmereichen Industriestadt der notwendige budgetäre Spielraum. Wesentliche Infrastrukturprojekte und Investitionen in die Zukunft werden ob der drückenden Schuldenlage stetig rausgezögert: Das Verbessern des jetzt schon heillos überfüllten öffentlichen Verkehrs gepaart mit den von Linzern und Pendlern verstopften Straßen inklusive der notwendigen Donauquerungen – Linz bietet mehr Jobs als man Einwohner hat. Dazu treffen gesellschaftspolitische Probleme in der Innenstadt einerseits auf kulturelle Einschnitte andererseits. Außerdem wird jetzt schon im Breitensport der Sparstift drastisch angesetzt. Hallenbäder und Schwimmklubs werden geschlossen, Infrastrukturförderungen bei Amateur-Fußballklubs gekürzt und Gebühren angehoben.
In diesem Kontext fällt die Finanzierung eines Stadionneubaus nur schwer vorstellbar bzw. für die breite Bevölkerung argumentierbar. Dazu fehlt jetzt schon der Wohnraum für die stetig steigende Bewohnerzahl. Ein finanzierbares Areal das die Voraussetzungen für ein moderneres Stadion erfüllt, ist gar nicht so leicht zu finden. Schlichtweg ist der Raum innerstädtisch begrenzt. Bei einem Ausweichen ins Umland, außerhalb der Stadtgrenzen – wie es bei vielen Neubauten heutzutage Mode ist – würde wohl das Magistrat dankend mit einem „geht uns nichts an“ frohlockend abspringen.
Da wäre dann noch bestenfalls die Gemeinde Pasching, die dank Plus-City und Co zu den finanzstärksten Kommunen des Landes zählt und ein mögliches Neubauprojekt durchaus auch mitstemmen könnte – sofern sie willig wäre. Doch das würde wieder einerseits zum Identitätsverlust und andererseits zum endgültigen Abzug als Hauptstadt-Klub führen. Zwei wesentliche psychologische Fakten, die kaum eine echte Schwarz-Weiß-Seele vollständig befriedigen würden.
Sparwille von Landesseite
Dazu steht auch auf Landesebene ein sorgfältiges Budget dieser Tage mehr denn je im Fokus. Auf der Mission die Finanzen zu sanieren sind Einschnitte quer durch alle Bereiche angekündigt und in den nächsten Jahren zu erwarten. Ob Soziales, Kultur oder der Förderdschungel. Ob man sich unter diesen Rahmenbedingungen auf ein Stadionprojekt einlässt? Wenngleich Politiker aller Couleur auf kommunaler als auch regionaler Ebene ihre Absichtserklärungen und Zustimmungen regelmäßig medientauglich in die Kameras und Notizblöcke bekunden. Ging es bislang ans Eingemachte, fehlt dann der nötige Nachdruck. Um den 2015 im Arbeitsübereinkommen der damals neuen oberösterreichischen Landesregierung festgehalten Stadionneubaus, ist es zuletzt nämlich wieder verdächtig ruhig geworden.
Was den nächsten Stich in die LASK-Herz verursacht, ist auch die Tatsache, dass vor der Euro 2008 ein vom Bund gut gesponsertes Stadionprojekt in Oberösterreich leichtfertig Richtung Wörthersee abgelehnt wurde. Stattdessen wurden in der Folge über 30 Millionen in der über sechzig Jahre alten Ruine „Gugl“ versenkt. Trotz des ambitionierten Umbaus versprüht der sanierte Betonpunker in bester Wohnlage auch weiterhin den kalten achtziger Jahre Ostblock-Charme und ist alles andere als eine Wohlfühloase mit Heimvorteil für einen österreichischen Spitzenklub.
Das fehlende Kleingeld im Verein
Und selbst die dritte Säule ist logischerweise noch zu fragil: Die vom Verein aufgebrachten Eigenmittel kombiniert mit Sponsoren aus der Wirtschaft sind nach den Chaos-Jahren in der sportlichen Bedeutungslosigkeit noch nicht gegeben. Und wird das wohl auch kurzfristig bleiben, denn dass private Firmen statt der öffentlichen Hand in die Bresche springen, wäre eine Glücksfall.
Und um nach dem Vorbild von Rapid das Stadion zu einem großen Teil selbst bzw. durch lukrierte Sponsoren zu finanzieren, braucht es Zeit – viel Zeit. Vor allem wenn man quasi vor ein paar Jahren noch bei Null stand – sportlich wie finanziell. Um für eine Infrastrukturerweiterung „flüssig“ aufgestellt zu sein, braucht es jahre-, eher jahrzehntelangen nationalen Spitzen-Fußball inklusive Europacup. Und das am besten gepaart mit Transfererlösen, sowie überquälenden Kassen aus dem Spielbetrieb für einen längeren Zeitraum. Da steht der Verein – naturgemäß trotz Motivation und besten Absichten aller Beteiligten – erst am Anfang, vor knapp fünf Jahren stand man in der Regionalliga vorm Zusperren.
Fazit – Aussicht
Das Paschinger Waldstadion erfüllt die Anforderungen für einen ambitionierten Aufsteiger allemal. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die TGW-Arena eine durchaus perfekte Lösung: Die Stimmung passt, die lange so vermisste Nähe zwischen Fans und Mannschaft ist gegeben. Und wenn nicht gerade die Spitzenklubs der Liga mit „Fanmassen“ ausrücken und in den Paschinger Gärten stehen, funktioniert auch die Infrastruktur.
Will man sich zukünftig mit den Bezirksstädten Wolfsberg, Mattersburg oder wohl bald wieder Ried um einen Platz im sicheren Mittelfeld ohne Abstiegssorgen duellieren, reicht die aktuelle Stadionsituation auch langfristig. Will man aber – so der ausgegebene Anspruch – langfristig (wieder) in die Valenz des Hauptstadt-Quartetts mit Graz, Salzburg und den beiden Wiener Klubs vorstoßen, die das letzte Jahrzehnt im nationalen Fußball prägten, reicht die Paschinger Arena aber nicht aus. Dafür sollte auch in Österreichs drittgrößte Stadt, mit den zweithöchsten Steuereinnahmen des Landes, am besten eine länderspieltaugliche, mindestens aber eine moderne, bundesligareife Arena auf der West-Strecke zwischen Salzburg und Wien möglich sein.
Werner Sonnleitner, abseits.at
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Werner Sonnleitner
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