Wenn Unauffälligkeit zum Qualitätsmerkmal wird: Konrad Laimers Rolle bei Red Bull Salzburg
Bundesliga 31.März.2015 Alexander Semeliker 0
Red Bull Salzburg befindet sich im Umbruch. In den letzten beiden Transferperioden gab es nämlich empfindliche Abgänge. Jetzt, so Ralf Rangnick in der Winterpause, gehe es darum die nächste Generation von Kampls, Manes, Ramalhos zu entwickeln. Einer davon ist Konrad Laimer, mit dessen Entwicklung wir uns in diesem Artikel beschäftigen.
17 Jahre, vier Monate und einen Tag war Laimer bei seinem Bundesligadebüt im September gegen Rapid Wien alt. Damit ist er nach Valentino Lazaro der zweitjüngste Spieler, den die Salzburger in der höchsten Spielklasse je eingesetzt haben. Trotz seiner Jugend agiert er auf dem Platz aber sehr routiniert und ist auch im taktischen Bereich relativ reif, wenngleich er durch seine Spielweise weniger auffällt. Gerade aufgrund seiner Jugend ist dies jedoch keinesfalls als Kritik aufzufassen.
Pendelnder Achter bei Liefering
Erst 15 Spiele in den obersten beiden Spielklassen Österreichs hat Laimer in den Beinen, acht für den FC Liefering in der ersten Liga und sieben für Red Bull Salzburg in der Bundesliga. Hinzu kommen drei Einsätze in der Europa League. Bei den Jungbullen agierte er dabei in aller Regel auf einer der zwei Mittelfeldhalbpositionen in einer 4-3-3-Grundformation. Die Aufgabenverteilung in diesem Dreiermittelfeld war relativ klar. Der Sechser sorgte für die Absicherung und die beiden Achter pendelten.
Insbesondere bei Laimer war das Bewegungsprofil sehr vertikal, wie man anhand der nebenstehenden Heatmap erkennen kann. Mit Ante Roguljic gab es zudem einen weiteren interessanten, ähnlich veranlagten Spieler auf der zweiten Halbposition. Dieser war im Allgemeinen dominanter, jedoch mehr für die Struktur und Balance zuständig. Laimer hingegen sorgte mit seinen passenden Bewegungen dafür, dass die Aktionen seines Teams erst effektiv wurden – egal ob es das Spiel mit oder gegen den Ball war. Situativ besetzte er beispielsweise den Zehnerraum, um von dort aus Schnittstellenpässe zu spielen.
Hütter: „Prototyp von unserem Spielstil“
Laimer, erklärt Bullen-Coach Adi Hütter, sei „der Prototyp von unserem Spielstil“. Insbesondere vom aggressiven Defensivspiel und der Zweikampfführung des Youngsters ist der 45-Jährige angetan. Insbesondere damit konnte er nämlich so schnell Fuß bei den Profis fassen. In gewisser Weise ähnelt er Stefan Ilsanker, der mit seinen Fähigkeiten im Gegenpressing und seiner intelligenten Positionierung ein ganz wichtiger Baustein im Spiel der Bullen ist. Wie Ilsanker ist auch Laimer ein eher schlaksiger Spieler, bringt bei 1,79m Körpergröße 68kg auf die Waage.
Während der A-Teamspieler in den Defensivaktionen aber sehr überlegt vorgeht, passt das Verhalten des Nachwuchsteamspielers zu dessen unbekümmerter Spielweise. Er bestreitet pro 90 Minuten Einsatzzeit mehr Zweikämpfe als Ilsanker, verursacht mehr Fouls und hat in sieben Spielen bereits zwei gelbe Karten erhalten. Zudem hat Laimer noch keine einzige Ballsicherung auf seinem Konto. Diese Gegenüberstellung zeigt, gemeinsam mit Hütters Aussage, zudem auch den schleichenden Kurswechsel der Bullen in dieser Saison: weg vom strukturierten Angriffspressing unter Roger Schmidt, hin zum hochaggressiven Chaospressing, das man aus Hütters Grödig-Zeit kennt.
Keita als passender Partner auf der Doppelsechs
Dass der oben gebrachte Vergleich mit Ilsanker dermaßen einseitig ausfällt, liegt jedoch auch am kleinen Stichprobenumfang aufseiten Laimers. Man konnte in den letzten Spielen, als Laimer die Rolle von Ilsanker im 4-2-2-2 der Salzburger übernahm, nämlich sehen, dass er ebenso strukturiert agieren kann bzw. sich in diese Richtung entwickelt. Interessant war in diesem Zusammenhang auch die Wechselwirkung mit seinem Nebenmann Naby Keita, die dafür sorgte, dass das Gleichgewicht im Zentrum aufrechterhalten blieb.
Während Keita ein enorm starker Balleroberer ist, sorgt Laimer für die passenden spielerischen Strukturen. Diese Aufteilung der beiden Kernaspekte gibt es auch zwischen Ilsanker und dessen nominellen Partner Christoph Leitgeb – allerdings mit anderen physischen Vorzeichen. Keita und Leitgeb sind wendige Akteure, Laimer und Ilsanker wie erwähnt schlaksig – wenngleich Laimer nicht ganz so statisch wie Ilsanker ist. Das erlaubt ihm auch die erwähnte Rolle im Kombinationsspiel.
Intelligente Raumnutzung in der Offensive
Die Partie gegen Sturm Graz sei an dieser Stelle für die intelligente Raumnutzung von Lainer erwähnt. Die Bullen wurden dabei von den Steirern bzw. deren Fünferkette überrascht und konnten nicht wie gewohnt die Räume vor der Abwehr überladen. Laimers Fähigkeiten erlaubten den Salzburgern aber eine noch höhere Zentrumspräsenz im Laufe des Spiels. Er hielt sich zunächst wie gewohnt zurück, ging dann aber in den passenden Momenten nach vorne, besetzte freie Räume und brachte so Dynamik ins Spiel.
In diesem Bild sieht man eine Beispielszene. Sturm hat durch die drei Innenverteidiger eine Überzahl gegenüber den beiden Angreifern. Die beiden Außenverteidiger orientieren sich an den Salzburger Flügelspielern. Der ballnahe Sechser sowie ein zurückfallender Offensivspieler gehen auf den ballführenden, eingerückten Rechtsverteidiger von Red Bull. Der Ballferne Sturm-Sechser orientierte sich an Keita, sodass der Sechserraum der Grazer komplett frei wird. Laimer erkennt dies, geht nach vorne und bereitet mit einem Steilpass eine gute Torchance vor.
Luft nach oben im Passspiel
Der erwähnte Pass wäre eigentlich für einen der beiden Stürmer gedacht gewesen, kam aber nicht an, sondern wurde erst durch das gute Mitlaufen des rechten Flügelspielers gefährlich. Insofern ist die obige Szene auch ein Beispiel für den Bereich, in dem sich Laimer noch am ehesten steigern müsste: dem Passspiel. Mit 63,3% hat der 17-Jährige nämlich die schlechteste Passquote aller Mittelfeldspieler im Kader von Red Bull Salzburg.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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