Peter Stögers Mannschaft konnte überzeugen. Abseits der großen Bundesligastandorte arbeiteten die Wiener Neustädter an dem Einbau junger Spieler und dem Klassenerhalt. Mit dem Abstieg hatten die Blauen doch recht früh wenig zu tun.
Kleines Börserl
Im Sommer gab es doch einige Aktivitäten am Transfermarkt. Mit Guido Burgstaller (SK Rapid), Saso Fornezzi (Orduspor) und Alexander Grünwald (FK Austria) verließen absolute Leistungsträger den Verein. Diese Spieler wurden weiterentwickelt, mit Pavel Kostal (Hansa Rostock), Hannes Aigner (LASK) und Vacval Kolousek (FC Brünn) gingen auch Routiniers. Kein leichtes Unterfangen für Peter Stöger. Mit Thomas Helly (WSK), Serkan Ciftci (SK Rapid II), Jörg Siebenhandl (Columbia Floridsdorf) und Mario Pollhammer (GAK) kamen neue Talente aus den Regionalligen. An der Routiniersfront setzte man auf Bewährtes: Fernando Troyansky (FK Austria II) wurde reaktiviert, Günter Friesenbichler (TSV Hartberg) und Daniel Wolf (Admira) sollten diese Abgänge kompensieren. Der Rest des Kaders wurde größtenteils mit Eigenbauspielern aufgefüllt.
Im Winter musste Spielmacher Tomas Simkovic (FK Austria) ziehen gelassen werden, statt ihm kam Christoph Saurer (SK Rapid). Ansonsten blieb es im Transferfenster im Jänner 2012 ruhig, neun Punkte Vorsprung auf den Tabellenletzten veranlassten die Verantwortlichen, auf Kontinuität zu setzen. Auf das Holen von irgendwelchen Agenturspielern verzichtete man, auch wenn die Bilanz mit vier Siegen und je sieben Unentschieden und Niederlagen nicht so rosig aussah.
Big Points gleich zu Beginn
Im Nachbarschaftsduell gegen den ebenfalls als Abstiegskandidaten gehandelten SV Mattersburg wurden sofort zum Saisonbeginn wichtige drei Punkte eingefahren. Nach Niederlagen gegen Rapid und die Admira folgte auf ein Unentschieden daheim gegen Wacker Innsbruck der nächste wichtige Sieg. Gegen den KSV wurde auswärts voll angeschrieben. Die roten Bullen waren in Runde acht zu stark, davor und danach konnten Heimremis gegen die Europacup-Starter Austria und Ried eingefahren werden. Nach dem ersten Saisonviertel betrug der Vorsprung auf den Abstiegsplatz bereits fünf Punkte, der SC winkte der Konkurrenz vom siebten Platz zu. Im zweiten Saisonviertel wurden mit zehn Punkten sogar einer mehr geholt als im ersten Viertel. Das Highlight war der 3:1-Heimsieg gegen Sturm Graz. In der 19. Runde konnte im Duell mit Mattersburg auf 2:1 gestellt werden, mit dem wichtigen Dreier ging es mit einem Erfolgserlebnis in die Winterpause. Satte zwölf Punkte Vorsprung auf die letztplatzierten Kapfenberger waren ein kommoder Polster für den Winterschlaf. Angesichts der Tatsache, dass Salzburg am dritten Platz liegend mit 30 nur acht Punkte mehr hatte, ließ die Neustädter auch von einer Platzierung im Mittelfeld träumen.
Beständiges Anschreiben
Ganz am Ende der Transferzeit verlor das Team Spielmacher Simkovic an die Veilchen. Der Attraktivität des Kicks tat das gezwungenermaßen einen kleinen Abbruch. Die Verteidigung des Vorsprungs gelang aber bis zum Start des letzten Saisonviertels. Nicht zuletzt deshalb, weil die Neustädter, die in dieser Zeit nur einen Sieg feiern konnten, nie in eine Negativserie rutschten, sondern nach der Niederlage gegen Kapfenberg remisieren konnten und auch sonst bestätig Pünktchen sammelten. Erst gegen Ende der Saison zollte man der Defensivtaktik Tribut, die Ausfälle von Leistungsträgern waren dann vom kleinen und qualitativ nicht hochwertig besetzten Kader zu kompensieren. So setzte es gegen die Admira (1:4), die Austria (1:3) und Red Bull (1:5) deutliche Niederlagen. Aber nach dem 0:0 in der 33. Runde war den Blauen der Klassenerhalt nicht einmal mehr arithmetisch zu nehmen.
Taktikspiele
Wer als Underdog in die Saison startet und sich hauptsächlich in der Liga halten will, trainiert in 99 Prozent der Fälle eher weniger Offensivaktion um Offensivaktion. Vorsicht herrscht und so sah auch die taktische Ausrichtung des Sportclubs aus. Peter Stöger vertraute größtenteils auf einen Sechs-Mann-Abwehrverbund. Im Mittelfeld wurden die Räume eng gemacht, dahinter organisierten (bis zum Achillessehnenriss im März) der hoch veranlagte Christian Ramsebner und Goalie Jörg Siebenhandl die Abwehr. In der Offensive mussten die Neustädter vorsichtig agieren, mit wenig Mann angreifen, um bei einem etwaigen Ballverlust schnell genügend Männer hinter das Spielgerät zu bekommen. Deswegen könnte die Taktik als „Kontertaktik“ interpretiert werden. Diese wurde daheim wie auswärts durchgezogen. Eine großartige Diskrepanz im Punktehamstern gab es nicht, im heimischen Stadion wurde nur eine Handvoll mehr Punkte angeschrieben als in der Fremde.
Der Vorteil einer reaktiven Taktik liegt auf der Hand und musste ohne Simkovic konsequenter durchgesetzt werden. Im Kader gab es weder außergewöhnlich schnelle Spieler, die am Gegenspieler mit zwei, drei Schritten vorbeikamen, noch technisch überaus versierte, die auch mal zwei Gegner ausdribbeln konnten. Durch die vorsichtige Offensive, die mit 26 Treffern keine sonderlich hohe Ausbeute hatte, konnte aber gut verteidigt werden. Der Quervergleich mit den Tabellennachbarn aus dem Burgenland verdeutlicht das. Die Mattersburger hatten am Ende der Saison fünf Zähler mehr, schossen 15 Tore mehr, erhielten acht weniger. Das Schlüsselwort heißt Effizienz. Nicht nur budgetär – Wiener Neustadt soll in etwa mit der Hälfte dessen auskommen, was der SVM pro Saison benötigt – sondern auch auf dem Spielfeld. Aus einem am Beginn der Saison nicht als Bundesliga-tauglich eingestuftem Kader machte Peter Stöger das Maximum: Den Nicht-Abstieg.
Moment der Saison
Das erste Tor der Bundesliga-Saison 2011/12 erzielte Jörg Siebenhandl. Der Torhüter, der sich durch starke Leistungen sogar in den erweiterten Kreis der Nationalspieler kickte, zeigte damit seinem Team, dass man stark genug sei. Wenn nämlich sogar der Schlussmann treffen kann, dann kann so gut wie gar nichts mehr schief gehen – und so war es.
Fazit
Der SCWN erwirtschaftete sich ein leichtes Plus und wird auch in der kommenden Saison gegen den Abstieg spielen müssen. Auch die Fanbindung lässt, so nach dem Lizenztransfer von Schwanenstadt überhaupt vorhanden, mehr und mehr nach. Auch im Sommer werden einige Leistungsträger den Verein verlassen. Peter Stöger war des Öfteren im Gespräch für einen Trainerstuhl weiter oben in der Tabelle, Siebenhandl, Madl und Schicker – allesamt Leistungsträger – zeigten auf. Präsident Manfred Rottensteiner wird alle Hände voll zu tun haben, um einen schlagkräftigen Kader zusammen zu stellen. Einerseits wird nicht nur in der Ersten Liga besser bezahlt, sondern auch in der Regionalliga Ost. Andererseits wird es auch schwer sein, starke und motivierte Spieler über einen längeren Zeitraum zu binden, wenn man sich stetig in Abstiegsgefahr befindet. Kurzfristige Verträge heißen nämlich auch, dass bei Transfers weniger Geld lukriert werden kann. Es wird eine verdammt schwere Saison werden.
Georg Sander, abseits.at
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