Wochen der Extreme für Rapid: Zwischen „lernen“ und „müssen“
Bundesliga 23.August.2015 Daniel Mandl 0
Für den SK Rapid geht eine spannende Woche der Extreme zu Ende. Am Mittwoch verlor die Truppe von Zoran Barisic nach beherztem Kampf vor einem vollen Happelstadion mit 0:1 gegen Shakhtar Donetsk und am Samstagnachmittag fuhren die Hütteldorfer den Pflichtsieg gegen Grödig ein. Aus diesen beiden ungleichen Begegnungen lassen sich einige Rückschlüsse ziehen.
Rapid suchte gegen den ukrainischen Vizemeister den Kampf, fand recht gut ins Spiel, schaffte es Nadelstiche zu setzen. Der Qualitätsunterschied war lediglich im direkten Spielaufbau und in letzter Instanz zu beobachten. Die positive Erkenntnis: Was Ballsicherheit und Kombinationsspiel angeht, sind die Hütteldorfer in Bestbesetzung von internationalen Klassemannschaften nicht mehr weit entfernt.
In einem Jahr eine gute Mischung aufgebaut
Rapid baute seine Ballsicherheit über Jahre clever auf, schaffte den endgültigen Punch, den es für die aktuelle, eigentlich Rapid-untypische Spielweise braucht, aber konkret im letzten Jahr. Speziell die Verpflichtungen von Kainz und Beric machten Rapid technisch beinahe auf Anhieb wesentlich sicherer, dadurch auch torgefährlicher. Mit Spielern wie Schobesberger oder Huspek holte man die Varianz mit ins Boot, Kicker wie Schwab oder Grahovac bringen die nötige Physis und Qualität im Spiel gegen den Ball mit. Was vor zwei Jahren noch weit weg schien, wird jetzt Stück für Stück Realität: Rapid hat wieder eine gute Mischung.
Probleme liegen im Detail
Die Unterschiede zu echten Klassemannschaften finden sich nun in den Bereichen Robustheit und Schnellkraft in Schnittzweikämpfen, sowie im konkreten, offensiv ausgerichteten Spielaufbau aus der Verteidigung heraus. Rapids Abwehr ist auf nationaler Ebene nahezu in sämtlichen Konstellationen gut genug, hat aber international Probleme aufgrund mangelnder Technik, teilweise auch Koordination und Präzision bei längeren Passwegen. Dabei passt das grundsätzliche Stellungsspiel der Rapid-Defensive auch auf hohem Level, allerdings haben Teile der Viererkette defensiv Probleme, wenn sich Spielsituationen spontan verändern. Die Adaptierungsfähigkeit, rasche Koordination und Ordnungsfindung untereinander und das Verteidigen von Einzelaktionen sind noch ausbaufähig. Dies war unter anderem bei Marlos‘ Goldtor zum 1:0 vor der Pause zu beobachten.
Rasche Fortschritte
Rapid ist aber auf einem guten Weg und das obwohl es erst drei Härtetests gegen Teams der Güteklasse gab, in die man selbst aufsteigen will. Angesichts der wesentlich höheren Anforderungen als in der heimischen Liga sind diese raschen Fortschritte durchaus beeindruckend. Nach dem Rückspiel gegen Shakhtar Donetsk am Dienstag wartet auf Rapid auf jeden Fall eine Gruppenphase, in der vieles davon abhängen wird, ob die Mannschaft über die Transferperiode hinaus zusammengehalten werden kann. Falls ja, wird der Lernfaktor und auf kurz oder lang auch der Erfolgsfaktor für diese Mannschaft ein sehr hoher sein.
B-Elf plagt sich gegen Mauertaktik ab
Zurück zum Ligaalltag. Eine auf acht Mannschaftsteilen veränderte Rapid-Elf tut sich gegen den Abstiegskandidaten aus Grödig schwer, findet nur selten Mittel gegen die dicht gestaffelte und tief stehende 4-4-2-Abwehrformation. Mit der ruhigen Art des Spielaufbaus verliert Rapid nach und nach Zeit, fährt in der ersten Halbzeit viel zu wenige konkrete Angriffe. Die drei Aluminiumtreffer vor dem erlösenden 1:0 fielen nach Einzelaktionen und einer Standardsituation. Aus dem Spiel heraus funktionierte zu wenig, die letzte Passinstanz vor dem Abschluss war entweder zu kompliziert oder zu unpräzise.
Schaub-Einwechslung lässt die Partie kippen
Louis Schaubs Einwechslung brachte viel frischen Wind und vor allem Unbekümmertheit, nachdem man den Eindruck hatte, dass die Rapid-Offensive nach und nach verkrampfte, weil man gegen den SV Grödig keinen Treffer zustande brachte. Schaubs Einwechslung half der Mannschaft technisch, taktisch und mental – Prosenik und Alar konnten nun weiter nach vorne rücken und hatten einen spielerischen Anker um sich. Mit dem 1:0 durch Sonnleitner wurde das Spiel für Rapid entspannter. Grödig musste aufmachen, Rapid fand endlich Räume vor. Dass die Hütteldorfer auf nationaler Ebene wissen, wie man mit solchen Räumen umzugehen hat, ist bekannt und so fiel der Sieg doch noch deutlich aus.
Zähe Spiele, aber B-Elf auch stark genug für die Liga
Auffällig war aber vor allem, dass mit Beric, Kainz, Hofmann und Petsos vier fitte Stützen nicht zum Einsatz kamen. Schrammel und Stangl fehlten zudem verletzungsbedingt. Rapid spielte also tatsächlich mit einer B-Elf, was dem Zuseher auch nicht verborgen blieb. Die Automatismen griffen natürlich nicht so, wie in Bestbesetzung. Auch wenn von Rotation geprägte Spiele etwas zäh anmuten (Wolfsberg, Grödig) springen dennoch die Spieler aus der zweiten Reihe oder aber Wechselspieler in die Bresche.
16 Rapid-Spieler an 17 Bundesligatoren beteiligt
Bewertet man Tore und Assists, so trugen sich in sechs Bundesligaspielen bereits 13 Rapid-Spieler in die Scorerliste ein. Zum Vergleich: Bei der Austria waren es vor dem heutigen Spiel gegen Salzburg zehn, bei Salzburg gleichfalls zehn, bei Sturm nach sechs Spielen nur sechs Spieler. Nimmt man auch die Assist-Assists in diese Wertung auf, so waren bei Rapid in den ersten sechs Spielen 16 Spieler von 20 eingesetzten Feldspielern an der Entstehung von Toren beteiligt. Von den eingesetzten Spielern hatten bisher nur Nutz, Huspek, Maximilian Hofmann und Schrammel nicht ihre Füße mit im Spiel, wenn Rapid in der Saison 2015/16 ein Bundesligator erzielte. Die Leistungsdichte im Kader ist also extrem hoch, fast alle Spieler sind gut eingebunden.
Eine noch extremere Woche steht an
Das 3:0 gegen Grödig war eines dieser typischen Spiele, „die man gewinnen muss“. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Rapid den Platz nach einem solchen Spiel vor einem oder zwei Jahren nicht als Sieger verlassen hätte. Die Woche war eine gute Vorbereitung auf die nächste Woche der Extreme, die bereits ansteht. In Lemberg wird die Aufgabe für Rapid noch anspruchsvoller als im Heimspiel und am Wochenende wartet mit Mattersburg ein Gegner, der ebenfalls besiegt werden sollte, allerdings mehr individuelle Klasse und Stärke im Konterspiel besitzt, als die Grödiger. Der Vorteil vor dem Wochenendspiel: Aufgrund der darauffolgenden Länderspielpause muss Barisic nicht zwangsläufig rotieren.
Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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