Rapids Yasin Pehlivan wechselt um die kolportierte Ablösesumme von einer Million Euro zu Gaziantepspor. Ein Transfer, den Pehlivan sehnlich erwartete, denn der 13fache Nationalspieler... Yasin Pehlivan zu Gaziantepspor – ein Win-Win-Transfer

Rapids Yasin Pehlivan wechselt um die kolportierte Ablösesumme von einer Million Euro zu Gaziantepspor. Ein Transfer, den Pehlivan sehnlich erwartete, denn der 13fache Nationalspieler war in Hütteldorf nicht mehr 100%ig glücklich, fühlte sich für höhere Aufgaben berufen. War der Transfer nach Südostanatolien eine richtige Entscheidung?

Gaziantep. Eine 1,3-Millionen-Einwohnerstadt in der Region Güneydoğu Anadolu. Fast die Hälfte der Bevölkerung sind Kurden, etwas mehr als die Hälfte Türken. Zudem gibt es in der Stadt eine arabische Minderheit. Wer hier durch die Straßen flaniert, hat nicht das Gefühl in Istanbul oder einer anderen türkischen Großstadt zu sein. Gaziantep ist orientalischer, der Lebensstandard geringer. Als Austria Wiens Torschützenkönig Roland Linz hier im Herbst 2009 unter Vertrag stand, fand er keine passende Bleibe inklusive Toilette, blieb bis zu seinem winterlichen Transfer zur Wiener Austria im Hotel.

SYSTEM WIE MASSGESCHNEIDERT

Für Pehlivan ist die Eingewöhnung in der Türkei freilich einfacher als für Roland Linz. Der Sohn türkischer Einwanderer spricht die Sprache, verkörpert mit seinem energischen Spielstil die Mentalität des Landes und seiner Fußballer. Die Mannschaft Gaziantepspor beendete die Saison 2010/11 in der türkischen Liga auf Platz 4. Vor Besiktas, vor Galatasaray. Mit dem 19jährigen Angreifer Cenk Tosun verfügt Gaziantep über einen Spieler, der in den Medien bereits als neuer türkischer Fußball-Messias ausgerufen wird. Gaziantepspor praktiziert hauptsächlich ein 4-2-3-1-System. Eine Formation, die dem laufstarken Pehlivan entgegenkommen müsste. Der 23jährige Serdar Kurtulus und der 31jährige Argentinier Cristian Zurita waren auf den beiden Defensivpositionen im Mittelfeld meistens gesetzt. Keine schlafende Konkurrenz für den jungen ÖFB-Teamspieler.

EINER MIT DEM GEWISSEN ETWAS

Als Pehlivan in der Saison 2008/09 aus der Amateurmannschaft zu den Profis stieß, kämpfte er sich in die Herzen der Fans. Pehlivan präsentierte sich als motivierte „Klette“, die man im defensiven Mittelfeld neben einem Routinier wie Heikkinen benötigt, kam stets schnell hinter den Ball, scheute keine Zweikämpfe. Selbst sein erstes Bundesligator ließ nur vier Spiele auf sich warten: Gegen den Kapfenberger SV zimmerte Pehlivan einen Ball halbvolley ins Kreuzeck. Die Saison 2008/09 wirkte als hätte Rapid einen Rohdiamanten in den eigenen Reihen gefunden, den man nur noch schleifen und einem reichen Sammler verkaufen müsse.

KOLLATERALSCHÄDEN DES PROFIFUSSBALLS

Aber die Situation veränderte sich: Pehlivans Leistungen fielen 2009/10 ab, der junge Mittelfeldspieler wurde für seine Alibipässe und fehlenden Spielwitz kritisiert. Der damals 21jährige merkte das, woraufhin seine Konzentration nachließ, die schlechten Nachrichten abseits des Platzes häufiger wurden. Im Winter 2010 brach sich Pehlivan bei einer angeblichen Prügelei in einem Wiener Innenstadtlokal beide Mittelhandknochen. Wie Peter Pacult schon früh warnt, gibt sich Pehlivan mit den falschen Freunden ab, entwickelt Starallüren, schiebt den Fußball von Zeit zu Zeit in die zweite Schublade von oben. Bis er schließlich nach einer verkorksten Saison mit zahlreichen Misserfolgen und Verletzungen das Handtuch wirft und mit aller Kraft den Klub verlassen möchte. Italien sollte die Destination werden, Südostanatolien wurde es im Endeffekt. Und die siebenstellige Ablösesumme für den „Problemboy in Ausbildung“ sollte Rapid sorgsam verwahren und nicht darüber nachdenken, wieso man sie eigentlich bekam. Denn eigentlich ist diese Million zu viel für einen Spieler, der erst 86 Pflichtspiele für seinen bisherigen Klub in den Beinen hat, und noch wenig zeigte. Und sofern das Land seiner Eltern Yasin Pehlivan nicht „heilt“ und er sich weiterhin nicht auf das Wesentliche konzentriert, ist eine baldige Rückkehr nicht auszuschließen.

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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