Zentrale Löcher und wenig Risiko – Salzburg schlägt Sturm dank Einzelaktionen
Bundesliga 8.April.2013 Alexander Semeliker 1
Kann Red Bull Salzburg im Kampf um den Meistertitel noch einmal eingreifen? Nachdem man letzte Woche gegen den FK Austria Wien in Unterzahl ein 1:1 erreichte, gewann der regierende Titelträger gegen den SK Sturm Graz mit 3:0. Besonders ansehnlich war die Partie allerdings nicht. Beide Teams nahmen wenig Risiko. Dass die Tore durch Jonathan Soriano und Sadio Mane nach kaum attraktiven Spielzügen fielen, überrascht daher nicht.
Nachdem die Austria am Samstag gegen den Wolfsberger AC daheim überraschend 0:4 verlor, verkürzte Red Bull Salzburg den Abstand zu den Wienern auf zehn Punkte. Die Verantwortlichen der Mozartstädter wollen von einem möglichen Titelkampf jedoch nichts wissen. Noch vor dem Sonntagsspiel war zu lesen, dass sie den Meisterteller abgehakt haben und das Ziel nun sei, Platz zwei abzusichern. Zwar bietet der Sieg gegen Sturm den Journalisten wieder die Möglichkeit, die Bullen ins Titelrennen zurückzuschreiben, überzeugend war er aber trotz dreier Tore nicht.
Offensive linke Seite und neues Zentrum
Gegenüber dem Remis in der Generali-Arena stellte Red-Bull-Coach Roger Schmidt seine Startelf teils notgedrungen an einigen Positionen um. In der Innenverteidigung fehlte Isaac Vorsah aufgrund der roten Karte, die er gegen die Veilchen sah. Wie in der zweiten Halbzeit in Wien verteidigte deshalb Franz Schiemer an der Seite von Rodnei. Während die rechte Seite der Viererkette abermals von Christian Schwegler besetzt wurde, entschied sich Schmidt links für Dusan Svento und ließ Andreas Ulmer auf der Bank.
Der Slowake gilt als offensivstärker und passt vom Spielstil perfekt zu seinem Vordermann Mane, der kein klassischer Flügelspieler ist. Der Senegalese sucht immer wieder den Weg ins Zentrum und zwischen die gegnerischen Linien, Svento sorgt dann für die Breite in der Offensive. Starke fünf Flanken gehen auf sein Konto. Ebenfalls modifiziert wurde das Zentrum. Statt einer Doppelsechs und mit Zehner begann Red Bull nur mit Stefan Ilsanker als Absicherung im Defensivmittelfeld und zwei Achtern, die markante Rollen einnahmen.
Hyballa setzt auf Konter
Auch Peter Hyballa musste sein Team aufgrund von Sperren umstellen, denn Milan Dudic und Christian Klem sahen bei der 0:1-Niederlage in Wiener Neustadt jeweils die fünfte gelbe Karte. Auf die Formation hatte dies allerdings keinen Einfluss. Michael Madl rückte aus dem zentralen Mittelfeld zurück in die Innenverteidigung und absolvierte dort eine weitestgehend unauffällige Partie – nur 31 Ballkontakte und unter 50% gewonnene Zweikämpfe.
Die hoch scheinende 95-prozentige Passerfolgsquote wird durch das fehlende Risiko im Aufbauspiel relativiert. Neben Jürgen Säumel stand damit Tobias Kainz in der Startelf, in die auch Ex-Kapitän Andreas Hölzl als rechter Außenverteidiger rutschte. Martin Ehrenreich ging folglich auf die gegenüberliegende Seite. Die Nominierung von Rubin Okotie anstelle von Imre Szabics als Sturmpartner von Richard Sukuta-Pasu deutete schon Hyballas präferierte Ausrichtung an. Der Deutsche wollte über Konter zum Erfolg kommen.
Vertikale Achter machen Platz
Von Beginn an war daher die Spielrichtung vorgezeichnet: Red Bull Salzburg dominierte von Anpfiff weg den Ballbesitz und musste die tiefstehenden Grazer mit Kombinationen knacken.In den ersten zehn bis fünfzehn Minuten gelang das den Gastgebern auch gut. Mane und Kevin Kampl rückten von den Flügeln immer wieder diagonal, in für die Steirer unangenehme Räume zurück und waren die auffälligsten Spieler. Zum einen konnten sie dadurch Platz für ihre Mitspieler kreieren, wurden sie trotz Deckung angespielt, konnten sie sich aufgrund ihrer technische Klasse befreien.
Im Zentrum agierten Stefan Hierländer und Valon Berisha äußert vertikal, gingen immer wieder diagonal hinter die Flügelspieler oder die Abwehr, nachdem sich Soriano fallen ließ. Dadurch drängten sie ihre Gegenspieler, die Sturm-Doppelsechs, zurück und die Staffelung der Gäste war dahin. Die teilweise zu kurz geklärten Bälle konnten die Salzburger – insbesondere Ilsanker – leicht absammeln, umgehend retournieren und den Druck auf die Grazer konstant hoch halten. Außerdem führten die Achter komplementäre Bewegungen aus, was in Minute 13 beinahe im Führungstreffer geendete hätte – siehe rechts.
Sturm defensiv nicht schön, aber meist effektiv
Die defensive Ordnung geriet aber nicht nur aufgrund der guten Bewegungen der Salzburger durcheinander. Besonders nachdem die Angriffsoffensive der Salzburger abflachte wurde das relativ simple Konzept gegen den Ball klar. Zwar stand man meist kompakt, Druck auf den Ballführenden konnten sie jedoch nicht geordnet ausüben.
Die Impulse gingen nun ausschließlich durch Einzelaktionen und Dribblings einzelner Red-Bull-Akteure aus – für die Grazer keine große Aufgabe. Sie zogen sich zusammen und hatten dadurch eine große Erfolgswahrscheinlichkeit den Ball zu gewinnen. In Extremsituation, wie das nebenstehende Bild zeigt, glich diese Vorgehensweise jener eines örtlichen Nachwuchsteams. Erwähnenswert ist an dieser Stelle zudem, dass Berisha von Tobias Kainz zusehends in Manndeckung genommen wurde und man so den dominierenden Zentrumspieler der Salzburger aus dem Spiel nehmen konnte. Auch hier gilt: nicht elegant, aber effektiv.
Große Abstände im Spielaufbau
Dass die Grazer mit Fortschreiten der Spielzeit weniger unter Druck gerieten, lag aber auch an der Spielweise der Salzburger. Diese nahmen im Spielaufbau wenig Risiko, was sich darin zeigte, dass die aufbauenden Spieler – besonders die Innenverteidiger – verglichen mit dem restlichen Team extrem tief positionierte.
Die Abstände von ihnen zum Mittelfeld waren extrem groß, ein Pass nach vorne konnte so vom Gegner leicht abgefangen werden. Dies mündete oft in fadem Hin- und Hergeschiebe des Balls, was auch die hohen Passquoten der Innenverteidiger erklärt. Ein Beispiel dafür sieht man im rechten Bild, das zudem die defensive Ausrichtung der Grazer verdeutlicht. Sie stehen sehr tief, nur die beiden Spitzen attackieren. Aufgrund der großen Abstände und hätten sie bei Ballgewinnen aber durchaus gute Konterchancen gehabt.
Auch bei den Grazern sah man dieses Manko im Aufbauspiel, in den meisten Fällen sogar noch extremer. Die Außenverteidiger standen nämlich nicht so hoch wie jene der Hausherren, zudem ließ sich der abkippende Sechser – meist war dies Säumel – tiefer fallen als Ilsanker. Der andere hingegen stand höher als das entsprechende Salzburger Pendant. Verbunden mit der Tatsache, dass mit einem Zweiersturm gespielt wurde, was ohnehin eine höhere Fähigkeit der entsprechenden Zentrumspieler verlangt, das Spiel zu gestalten, hatte dies zur Folge, dass bei den Grazern kein flüssiges Kombinationsspiel zustande kam.
Man erkennt das in nebenstehenden Szene: Sturm steht mit vier Spielern näher zum Tor als Red Bull, weswegen vorne die Anspielstationen fehlen.
Grazer Umschaltspiel fehlt zentrale Anspielstation
Aber auch im ursprünglichen Plan Hyballas, nach schnellem Umschalten zu Torchancen zu kommen, wurde dieses Loch im Zentrum sichtbar. Gewann man den Ball, kam man zwar über die Seiten relativ schnell nach vorne, allerdings fehlten in Drucksituationen die Anspielstationen um sich aus diesen zu befreien.
So verpufften die Grazer Konter sehr schnell und die Stürmer hingen 90 Minuten in der Luft. Zudem brachte Sturm aufgrund der sehr vorsichtigen Ausrichtung und konservativen, tiefen Spielweise der Abwehrspieler schlicht zu wenig Spieler in die gefährlichen Zonen. Auch dafür gibt es eine Beispielszene rechts. Der Druck auf den Ballführenden ist an der Seitenlinie groß. Um sich vom Pressing zu lösen fehlen aber die Anspielstationen und der Angriff ist wenige Augenblicke später dahin.
Individuelle Aktionen entscheiden
Aufgrund der oben ausgeführten Punkte war es keine Verwunderung, dass der Sieg über Einzelaktionen oder die individualtaktische Reife oder Schwäche einzelner Spieler führen würde. Den Führungstreffer der Salzburger erzielte Soriano nachdem ihn Mane nach einem Solo auf der linken Seite bediente. Zudem wurde der Schuss abgefälscht. Das 2:0 wurde mit einem einfachen langen Ball eingeleitet, bei dem sämtliche Grazer anschließend die nötige Aggressivität vermissen ließen.
Ähnlich verhielten sie sich beim letzten Tor. Davor sah man in den Reihen der Blackies allerdings erneut zu große Abstände zwischen Mittelfeld- und Abwehrlinie, was Kampl bei seinem Alleingang zugute kam. Mit dem Sieg darf sich Red Bull Salzburg jedenfalls als Sieger der Runde fühlen, während Sturm Graz Gefahr läuft einen Europacupplatz im Saisonfinish noch zu verspielen.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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