Zögerlich, unentschlossen, feig: Rapid nach 1:2 bei der Admira zurück am Boden der Realität
Bundesliga 3.Dezember.2015 Daniel Mandl 1
Trotz einer 1:0-Pausenführung verlor Rapid gestern Abend mit 1:2 in der Südstadt und erweckte damit nach den Wolfsbergern mit der Admira die nächste Mannschaft zum Leben, die bis zum Duell mit den Grün-Weißen in der sprichwörtlichen „Kist’n“ war. Jeder Mannschaftsteil Rapids und auch die Trainer bettelten um diese Niederlage.
Unterm Strich bettelten sie alle: Die Abwehr inklusive Keeper aufgrund ihrer Fehleranfälligkeit, das zentral-defensive Mittelfeld wegen des Fehlens eines Leaders, die Offensive durch Unentschlossen- und Zögerlichkeit und das Trainerteam durch fragwürdige Rotation, vor allem aber durch Feigheit.
Tormannfehler
Zwei böse Schnitzer von Richard Strebinger brachten der Admira die beiden Treffer und damit den Sieg. Beim ersten Gegentor ließ Strebinger nach einem Freistoß den Ball fallen, beim zweiten verursachte er ein vermeidbares und an dieser Feldposition überflüssiges Elfmeterfoul. Strebinger trifft dennoch nur eine Mitschuld an der Niederlage, da die Admira im Grunde höher hätte siegen müssen. Zahlreiche Fehler von Strebingers Vorderleuten ermöglichten den Südstädtern noch weitaus mehr Chancen.
Kein Defensiver ohne Bock
In der Viererkette Rapids war diesmal niemand vor Fehlern gefeit. Die markantesten machten Maximilian Hofmann und der völlig überforderte Stephan Auer gegen seine Ex-Kollegen. Auch Sonnleitner bewies nicht gerade Standhaftigkeit und Stangl patzte defensiv wie offensiv. Als abkippender Sechser ist auch Srdjan Grahovac als Teil der Rapid-Defensive heranzuziehen. Der Bosnier leitete mit einem haarsträubenden Rückpass – zum auffälligen Admira-Offensivspieler Srdjan Spiridonovic – das Festival der individuellen Fehler in Grün-Weiß ein.
Schwache Mittelfeldzentrale
Auch davor, in der Mittelfeldzentrale, lief absolut nichts nach Plan. Obwohl Mate Jelic anfänglich passable Ansätze im Antizipationsspiel zeigte, wurde er von Rapids zentralen Akteuren nur selten als Passziel ausgemacht. Stefan Schwab wirkte langsam in Kopf und Beinen, nicht zielgerichtet, oft sogar tollpatschig, wie etwa vor dem völlig unnötigen Foul, das den Freistoß zum 1:1 einbrachte. Auch Kapitän Steffen Hofmann konnte das Spiel nicht an sich reißen, obwohl er gerade in der ersten halben Stunde aufgrund einer aktiven Admira Räume in der Mitte vorfand. So richtig vorne weg ging aber auch der Routinier nicht. Erst die Einwechslung von Thanos Petsos ließ Rapid etwas emotionaler wirken – da war es aber schon zu spät, die Admira fühlte sich sicher und konnte den Vorsprung mit Kampfkraft und taktischer Disziplin verwalten.
Zögerlich und ohne Emotion
Abgesehen von Florian Kainz, der weiterhin der einzige wirklich konstante Rapid-Offensivspieler in der laufenden Saison ist, präsentierte sich keiner der Offensiven entschlossen. Die Aktionen von Schobesberger und Jelic wirkten zögerlich, verkrampft und emotionslos. Alar hatte zwar die besten Aktionen aller Rapidler, war aber ebenfalls körperlos, unsicher und technisch nicht gerade am Limit angesiedelt. Auch den Vorstößen der Außenverteidiger mangelte es an Esprit. Man verfiel in alte Muster, suchte immer wieder auf ähnliche Art und Weise den Weg zum Tor, brach nicht aus diesem Konzept aus. Ein einziges Mal, nach Kainz‘ Stanglpass auf Deni Alar, klappte es. Ansonsten schlug Rapid wie schon in Grödig zahlreiche Flanken zur Mitte, fand aber praktisch nie einen Abnehmer. Auch wenn es phasenweise knapp war: Die Admira hatte das Glück des Tüchtigen.
Individuelle Fehler und Hektik
Rapid verlor das Spiel aufgrund zahlreicher individueller Fehler, einem schwachen Offensivkonzept und völlig unnötiger Hektik in nahezu allen Lagen. Auch die Passsicherheit war diesmal geringer, als man es von Rapid kennt. Nur zwei von drei Zuspielen der Hütteldorfer fanden in der Hälfte der Admira einen Abnehmer.
Trainerteam nicht frei von Schuld
Während eine schlechte Partie immer passieren kann, gelten die fundamentaleren Fragen dem Trainerteam der Hütteldorfer. Zusammengefasst muss durchdacht werden – auch von Barisic selbst – ob Rapid in der Südstadt nicht einer Überrotation zum Opfer fiel und, ob das Wechselverhalten und das starre Festhalten an einer einzigen Formation, ohne jemals auszubrechen, nicht kontraproduktiv ist bzw. zumindest ein falsches Signal vermittelt.
Never change 5 out of 11 in a winning team…
Im Vergleich zum Spiel gegen Altach veränderte Zoran Barisic seine Mannschaft an fünf Positionen. Über mögliche physische Details, die dies notwendig machten, ist zwar nichts bekannt, allerdings legte Rapid vor drei Tagen gegen die Vorarlberger eine höchst clevere Leistung hin, deren letzte halbe Stunde bereits als Regeneration innerhalb des Spiels bezeichnet werden konnte. Dennoch mischte Barisic in der Südstadt, im viertletzten Spiel des Jahres, wild durch.
Das Problem mit dem In-Game-Coaching
Schlimmer als die mögliche Überrotation ist jedoch die Reaktion auf den Spielverlauf, die einmal mehr Barisic‘ große Probleme im In-Game-Coaching offenbarten. Der Rapid-Coach mag ein akribischer Arbeiter, wichtiger sozialer Anker für seine Spieler, psychologisch wertvoll und mit Langzeitplan ausgestattet sein – aber ein Schachspieler ist er nicht. Einmal mehr drehte der 45-Jährige an den falschen Zahnrädern, blieb bei seinen positionsbezogenen Wechseln glücklos. Dass er sich viel zu oft falsch bzw. zu kontrolliert verhält, wenn sein Team in Rückstand gerät, ist ein schwarzer Fleck auf der sonst immer reiner werdenden Weste des aufstrebenden Rapid-Trainers. An der Fähigkeit sich auch stilistisch nach links und rechts zu bewegen, wenn es die Situation erfordert, wird Barisic jedoch insgesamt als Trainer gemessen werden.
Starres System wird immer mehr zum Problem
Problematisch ist dabei vor allem, dass das 4-2-3-1-System für Barisic weiterhin unumstößlich ist. Auf der Admira-Bank lachte man sich wohl ins Fäustchen, als der insgesamt wieder schwache Matej Jelic vom Feld trabte und durch Philipp Prosenik ersetzt wurde. Wohlgemerkt in einem Spiel, in dem Rapid mal wieder 19 Flanken in den Strafraum schlug, von denen wiederum nur zwei an den Mann kamen, weil sich die Admira durch Kommunikation und einfache, aber präzise Staffelung auf diese Flanken einstellen konnte. Beim Stand von 1:2 aus der Sicht Rapids in der Südstadt muss das situative Umstellen auf ein 4-1-3-2-System, möglicherweise auch auf das moderner werdende 3-5-2, das in Vorwärtsbewegung wie ein 3-3-4 anmutet, eine Option sein.
Sich situativ an des Gegners Stil anzupassen ist auch bei klarer Spielphilosophie keine Schande
Dieser Mannschaft mehr formative Variabilität zu geben, ist aufgrund des bestehenden Spielermaterials absolut möglich. Wie schon zu Saisonbeginn analysiert, ist Rapid keine Mannschaft der Spezialisten, sondern ein Team der Variablen. Die letzten fünf Rapid-Niederlagen in der Meisterschaft endeten allesamt mit einem 2:1-Sieg des Gegners. Doch niemals wich man vom Einstürmersystem mit Doppelacht und unveränderlicher Viererkette ab. Auch nicht für wenige Minuten. Das Spiel gegen die Admira wirft zum wiederholten Mal die Frage auf, was passieren muss, damit Barisic aus der Situation heraus kurzfristig davon abweicht, dem Gegner das Rapid-Spiel und das allgemein gültige Barisic’sche Konzept aufzwingen zu wollen und sich stattdessen auf die Gegebenheiten des Spiels und den Stil des Gegners einstellt. Gegnerische Destruktivität kann man durchaus effizient bekämpfen, würde man sich nur etwas häufiger etwas weiter aus dem Fenster lehnen.
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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