Sieben Siege aus 22 Ligaspielen, näher am Abstiegsplatz als am Europacupplatz und damit am Lokalrivalen Austria Wien. Trotz einiger Lichtblicke und partieller Verbesserungen im... Zu wenig grün-weiße Gefahr: Daran hapert es derzeit beim SK Rapid!

Block West Rapid_abseits.at

Sieben Siege aus 22 Ligaspielen, näher am Abstiegsplatz als am Europacupplatz und damit am Lokalrivalen Austria Wien. Trotz einiger Lichtblicke und partieller Verbesserungen im Spiel holte Rapid unter Neo-Coach Damir Canadi nur zehn Punkte aus zehn Partien, erzielte magere zehn Treffer, traf nur gegen Ried öfter als einmal. Was ist mit Rapid los? Woran hapert es?

Normalform? Derzeit bei Rapid ein Fremdwort. Einzig Tobias Knoflach konnte beim 0:0 gegen die Admira überzeugen, war stets zur Stelle, wenn er gebraucht wurde. Die Feldspieler hinken allesamt ihrer Form hinterher bzw. sind nach Verletzungen und anderen Rückschlägen noch nicht ganz auf der Höhe. Die verhext wirkende Verletzungsmisere tut ihr Übriges, die Möglichkeiten von der Bank sind enden wollend. Was kann Rapid also aus eigener Kraft machen, um aus diesem Sumpf herauszukommen?

Verkrampfter Rekordmeister

Nach dem Spiel wurde immer wieder die fehlende Leichtigkeit, die Selbstverständlichkeit vor dem Tor angesprochen. Dieser Mangel spielt in der aktuellen Situation sicher eine Rolle. Rapid verkrampfte nach Joelintons Ausschluss gegen die Austria und auch als die Matchuhr gegen die biedere, aber disziplinierte Admira eine immer höhere Zahl anzeigte. Um oben mitzuspielen, muss man auch Geduldspiele gewinnen. Das gelang Rapid unter Canadi nur gegen St.Pölten und Ried, als man ebenfalls auf jeweils schwache Gegner traf.

Nicht nur mentale Gründe

Sich auf die einst von Mario Konrad geprägte „Scheissgass’n“ auszureden wäre jedoch zu einfach, denn obwohl man bei Rapid vom neu gefundenen Zusammenhalt und einem tollen Trainingslager schwärmte, werden spielerische und taktische Fehler gemacht. Angefangen beim Derby, weitergeführt im Heimspiel gegen die Südstädter, bei dem Rapid seine wohl schwächste Ersatzbank der bisherigen Saison stellte.

Zu wenig Gefahr ausgestrahlt

Rapid konnte die Wiener Austria in Schach halten. Eine Woche vor dem eiskalten 4:0 der Veilchen bei Sturm Graz, ließen die Hütteldorfer gegen den Erzrivalen praktisch nichts zu, brach sich durch kollektives Versagen in der Nachspielzeit dennoch selbst das Genick. Auch gegen die Admira ließ Rapid nur sehr wenig zu, traf während der 90 Minuten aber wieder auf ein anderes, altes Problem. Die Hütteldorfer schafften es mit Ausnahme der Anfangsphase nicht, Gefahr zu erzeugen. Der Tabellenfünfte kickte sich weitgehend durch Zonen, die für die Admira einfach zu verteidigen waren.

Eintönige Rapidler

Unter Büskens, aber auch schon unter Barisic war eines der großen Probleme Rapids, dass die Mannschaft sehr berechenbar aufgestellt war und auch so spielte. Die Pass- und Laufmuster gestalteten sich immer wieder sehr ähnlich. Wenn man gegen Rapid tief stand und Zweikämpfe suchte, konnte man die eintönig angreifenden Grün-Weißen nicht nur im Zaum halten, sondern kam auch immer wieder zu Konterchancen.

Nicht nur tiefstehende Gegner

Später verschob sich dieses Rapid-Problem sogar noch mehr zugunsten der Gegner. Nach und nach trauten sich die Gegner weiter heraus und konnten auch dank der entsprechenden Härte in höheren Zonen mit Rapid mitspielen. Die tiefe Feldposition war nicht mehr nötig und die Mannschaften der tipico Bundesliga holten Rapid durch Kompaktheit und Disziplin spielerisch ein Level weiter nach unten.

Zentrale Kompaktheit auf Kosten anderer Positionen

Damir Canadi wusste dies bereits als Altach-Trainer, modelte Rapid im Spätherbst 2016 um und suchte sich in der angeschlagenen Rapid-Elf seine Anker. Anfänglich waren dies Sonnleitner, Dibon und Joelinton. Sie sollten die Zentralachse im neu gefundenen 3-5-2-System stabilisieren. Das gelang auch ansatzweise und Rapid findet in der Zentrale mittlerweile mehr Anspielstationen und auch eine höhere physische Kompaktheit. Die Maßnahmen gingen jedoch auf Kosten anderer Positionen.

Flügel zu dünn, mehr Druck auf der Zentrale

Rapid stellt derzeit keine Überzahl an den Flügeln her – weder defensiv, noch offensiv. Dadurch kann der Gegner neuerlich mit recht einfachen Mitteln verteidigen, Rapid hingegen ist auf Einzelaktionen angewiesen, wie etwa Kuens starke Flanke auf Kvilitaias Kopf im Derby. Auch die Halbpositionen sind mangelhaft besetzt und es kommt nur zu wenigen intensiven Läufen in die Abwehrschnittstelle des Gegners. Dies war eines der Stilmittel, das Rapid in der besten Barisic-Zeit stark machte. Das Flügelspiel ist trotz Asymmetrie – weil Pavelic auf rechts vieles anders macht, als Kuen auf links – viel zu eintönig. Da dies von einem disziplinierten Gegner gut verteidigt werden kann, lastet höherer Druck auf der Zentrale.

Zentrum: Es fehlen die zielgerichteten Vertikalpässe

In Rapids Zentrale fehlen allerdings die starken Vertikalpassspieler:

– Stefan Schwab gelingen dank seiner körperlichen Stärke immer wieder Durchbrüche, jedoch bringt dies nur Raumgewinne. Zumeist folgen Querpässe mit minimalem Raumgewinn. Gegen die Admira fanden gleich 13 versuchte Vertikalpässe Schwabs keinen Abnehmer.

– Christopher Dibon ist in der Abwehr ein passabler Spieleröffner, als Sechser aber aufgrund der höheren Ansprüche im 360°-Spiel mit dem Ball nicht stark genug. Gerade in einem Heimspiel gegen die Admira ist es demnach unverständlich, wieso er diese enorm wichtige Aufbaurolle bis zur 85.Minute bekleiden durfte.

Louis Schaubs Passmuster beim 0:0 gegen die Admira– Einer, der als wichtiges Bindeglied zwischen Mittelfeld und Angriff fungieren müsste, ist Louis Schaub. Auch aufgrund des fehlenden Erfolgserlebnisses bleibt der Rapid-Jungstar derzeit farblos. Dribblings funktionieren nicht, Überraschungsmomente fehlen, kein einziger Pass Schaubs konnte gegen die Admira für Gefahr sorgen. Sein Passmuster ist sinnbildlich für die mangelnde Risikofreudigkeit und Direktheit des Rapid-Spiels.

– Auch die Ersatzleute können kurzfristig keine Abhilfe schaffen. Grahovac könnte mehr für das Spiel in die Tiefe tun, hat aber eine mentale Blockade und traut sich zu wenig zu. Steffen Hofmann zeigte in der Vorbereitung (und auch nach seiner Einwechslung gegen die Admira), dass er am Ball derzeit zu unsicher ist. Malicsek fehlt es an Körperlichkeit, Szánto an Präsenz.

Nur ein einziger Torschuss

Ebenso sinnbildlich steht die Matchstatistik. Rapid hatte mit 75% eine passable Passquote, gewann durch die angesprochene Kompaktheit in der Zentrale mehr Zweikämpfe als die Admira, schoss am Ende des Tages aber nur ein einziges Mal aufs gegnerische Tor, während die Admira immerhin drei Abschlüsse auf Knoflachs Kasten hatte.

Admira blieb passiv und konzentriert

Die Hütteldorfer wurden von der passiven, aber cleveren Admira schlichtweg zugestellt. Wenn Rapid auf die Seiten verlagerte, musste die Admira nur mit wenigen Akteuren von innen nach außen verteidigen, weil Rapid ohnehin keine Flügelüberzahlen schaffte und auch die Halbräume zwischen den Admira-Verteidigern nicht konsequent genug bespielt wurden. Ohne zu viele Zweikämpfe im Mittelfeld suchen zu müssen, stellte sich die Admira gut auf Rapid und die grün-weißen Probleme ein. Anders als in seinen bisherigen Partien, reagierte Canadi diesmal nicht hart genug und sah sich das aussichtslose Rapid-Spiel zu lange an, obwohl die Mannschaft bereits offenkundig mit sich selbst haderte.

Höher Fokus auf „armen“ Kvilitaia

Das Resultat des zu wenig direkten Rapid-Auftritts war schließlich auch ein zu starker Fokus auf Giorgi Kvilitaia, der mit der Gangart der Admira-Hintermannschaft nicht zurechtkam und 19 Zweikämpfe und 9 Luftduelle führen musste. Zwar konnte er gelegentlich Bälle sichern, aber weil das Bespielen der Admira-Schnittstellen nicht explosiv genug vonstattenging (Traustason, Schaub), blieb er weitgehend auf verlorenem Posten und kämpfte gegen Windmühlen an.

Zu wenige Rochaden, kaum Überraschungsmomente

Neben der offensichtlichen Nervosität hat Rapid also noch einige weitere Probleme, die auch Canadi bisher nicht abstellen konnte. Dazu gehört vor allem die Tatsache, dass sich die Gegner weiterhin mit zu simplen Mitteln auf Rapid einstellen können. Trotz der Systemumstellung ist Rapid nicht variabel genug, rochiert vor allem in den Halbräumen zu wenig. Zudem passt an den Flügeln nicht nur das gruppentaktische Positionsspiel nicht – auch das Spielermaterial ist für das 3-5-2-System nicht perfekt geeignet. Explosive Außenspieler mit offensiven, wie defensiven Stärken – etwa von der Marke des athletischen Christopher Trimmel – fehlen bei Rapid derzeit völlig. Auch das wissen die Gegner.

Zum Spielermaterial passende Spielidee gesucht

Canadis Spielidee kann zweifelsohne funktionieren. Allerdings fehlen ihm zur Verwirklichung der bestimmt angedachten offensiven Flexibilität die richtigen Spieler. Ein personeller Umbruch im Sommer ist somit kaum abzuwenden. Angesichts zahlreicher langfristiger Verträge und eines letztsommerlichen Einkaufsprogramms, das auf andere Stilmittel abzielte, wird dieser Umbruch jedoch teuer und schmerzhaft. Und bis dahin stellt sich die Frage: Sollte man bei Rapid nicht vielleicht eine erfolgsversprechende Innovation andenken, die auch mit dem aktuellen Spielermaterial realistisch umsetzbar ist? Denn trotz der erhöhten defensiven Stabilität wird es bei Rapid schon alleine aufgrund der Gegnerausrichtung immer darauf ankommen, offensiv durch gesteigerte Dynamik und mehr Mut für gefährliche Situationen unterschiedlichen Typs zu sorgen. Nach einem 0:0 zu Hause gegen die Admira mit nur einem Schuss aufs Tor dürfen ausgelassene Tormöglichkeiten, wie jene von Arnór Traustason in der Anfangsphase nie als Ausrede gelten. Das ginge, wenn diese Chance eine von zehn herausgespielten gewesen wäre…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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