Zusätzliche Kampfkraft im Zentrum: Welche Rolle kann Yasin Pehlivan in Salzburg spielen?
Bundesliga 25.August.2015 Alexander Semeliker 0
Am Montag noch Trainingsgast und Testpilot, am Sonntag schon in der Startelf. Yasin Pehlivan hat eine ereignisreiche Woche hinter sich. Der vereinslose 17-fache ÖFB-Teamspieler wurde letzte Woche von Red Bull Salzburg verpflichtet. abseits.at geht der Frage nach, inwiefern er dem angeschlagenen Doublesieger helfen wird können.
Die Vertragskonstellation ist für Salzburger Verhältnisse durchaus ungewöhnlich, denn das Arbeitspapier von Pehlivan ist vorerst nur bis Saisonende befristet. Danach gibt es die Option, es um zwei weitere Jahre zu verlängern. Ein Hinweis darauf, dass die Verantwortlichen bei dieser Verpflichtung unschlüssig sind und sie möglicherweise sogar eine Panikreaktion war?
Mäßige Bilanz in der Türkei
Vor nicht allzu langer Zeit setzten einige durchaus große Hoffnungen in Pehlivan, sahen den langjährigen Rapid-Spieler als möglichen Stabilisator im ÖFB-Team. Mit 20 Jahren und nur fünf Bundesligaspielen in den Beinen debütierte er im April 2009 unter Didi Constantini im Teamdress. Seit Marcel Koller Teamchef stand er zwar ab und zu im Kader, zu mehr als 20 Einsatzminuten reichte es aber unter dem Schweizer nicht.
Während der Pool an zentralen Mittelfeldspielern sowohl qualitativ als auch quantitativ wuchs, kämpfte Pehlivan in der Türkei um seinen Status und verschwand vom Radar der breiten Öffentlichkeit. Bei Gaziantepspor, wohin er 2011 wechselte, war seine Bilanz noch in Ordnung: 20 Einsätze in der ersten, 14 in der zweiten Saison. Leistenprobleme Mitte 2012/2013 verhinderten weitere Spiele. Dann wechselte er zu Bursaspor, wo er in eineinhalb Jahren nur in drei Partien durchspielte. Die vergangene Frühjahrssaison bei war er bei Kayseri Erciyesspor zwar Stammspieler, belegte mit den Blau-Schwarzen jedoch am Ende einen Abstiegsplatz.
Kampfkraft, und sonst?
In Salzburg kommt er nun in ein Team, um das es ebenfalls unruhig ist. Der Saisonstart wurde verpatzt, sodass die umgestellte Vereinsphilosophie hin zum Ausbildungsverein von sämtlichen Seiten angeprangert wird. Dass in dieser Phase dann noch Führungsspieler wie Jonatan Soriano und Martin Hinteregger ausfallen, setzt den Bullen zusätzlich zu. Daneben konnten auch die vielversprechenden Neuzugänge Reinhold Yabo und Omer Damari kaum mitwirken. Dass Salzburgs sportlicher Leiter Christoph Freund daher die nationale und internationale Erfahrung Pehlivans herausstreicht, ist naheliegend.
Andere sehen in der Verpflichtung des 26-Jährigen vor allem ein Element, das den Mozartstädtern im Sommer abhandengekommen ist: Kampfkraft im zentralen Mittelfeld. Stefan Ilsanker und Andre Ramalho verließen den Verein bekanntlich in Richtung Deutschland. Gerade Ilsanker wurde von vielen gerne auf seine Zweikampfstärke und Einsatzbereitschaft beschränkt. Dass der Neo-Leipziger jedoch auch in seinen taktischen Bewegungen überaus überlegt und stark agierte, ging oft unter. Es war in erster Linie diese Eigenschaft, die ihn zur Gegenpressingmaschine und zum Stabilisator machte.
Pehlivan steht Ilsanker von den individuellen Anlagen um quasi nichts nach – gerade in den defensiven Disziplinen. Zudem wirkt Salzburgs neue Nummer 55 auch etwas dynamischer und wendiger. Andererseits fehlt ihm auf der strategischen Ebene die Gabe, Situationen hundertprozentig richtig einschätzen zu können. Seine Entscheidungen führen zwar nicht zwingend zu merkbaren Fehlern, jedoch würde eine antizipativere Spielweise die eine oder andere Alibi-Aktion verhindern bzw. sogar direkt in eine Chanceneinleitung überführen.
Austria-Spiel gibt erste Aufschlüsse
Dass Pehlivan unmittelbar nach seiner Verpflichtung bereits in der Startelf stand, ist ein erster Hinweis darauf, dass man sich von ihm kurzfristige Hilfe erwartet. Zudem gab die Partie gegen die Wiener Austria erste Aufschlüsse, wie die sportliche Rolle von Pehlivan bei den Bullen aussehen dürfte. Im gewohnten 4-2-2-2 spielte er 67 Minuten gemeinsam mit Valon Berisha auf der Doppelsechs. Der Norweger war dabei naturgemäß der weitaus auffälligere Spieler, wie man anhand der nachstehenden Passschemen erkennen kann.
Während Berisha variantenreich und weiträumig spielte, beschränkte Pehlivan sich meist auf Pässe in die Breite. Wie Ilsanker war er der tiefere Sechser und sollte den Ballbesitz sichern. Dabei wirkte er jedoch nicht immer sicher, spielte die Pässe teilweise mit unpassender Geschwindigkeit oder in unangenehmer Höhe, sodass nach der angespielte Mitspieler der Verlagerung nicht sofort Tempo aufnehmen konnte. Die landläufige Meinung, dass er auf der anderen Seite defensiv bessere Werte aufweisen kann, trifft hier nicht zu: Pehlivan kam auf drei Balleroberungen, Berisha hatte deren sieben.
Die Rolle, die Pehlivan gegen die Austria zukam, lässt sich am ehesten als Balancespieler beschreiben – wenngleich er dabei taktisch nicht immer sauber agierte. In dynamischerer Ausführung gibt es einen solchen mit Christoph Leitgeb bereits im Kader, dieser entfacht seine Stärken jedoch eher im Achter- als im Sechserraum, wie Pehlivan. Der 30-Jährige ergänzt sich jedoch sehr gut mit dem ebenfalls dynamischen Naby Keita, was die Bullen variabler macht. Mit Pehlivan am Feld würde die Tendenz eher in Richtung klassischer Sechser-Achter-Aufgabenteilung gehen. Ein passender Gegenpart wäre Yabo, dessen Rückkehr jedoch in den Sternen steht.
Alexander Semeliker, abseits.at
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