Als Rapid das letzte Mal in zwei aufeinanderfolgenden Spielen innerhalb einer Saison jeweils mindestens fünf Tore erzielte, saß noch Josef Hickersberger auf der Trainerbank... Zweimal 5:0 in vier Tagen: Eine Woche für Rapid

Als Rapid das letzte Mal in zwei aufeinanderfolgenden Spielen innerhalb einer Saison jeweils mindestens fünf Tore erzielte, saß noch Josef Hickersberger auf der Trainerbank – und mit einem 5:0 über Austria Salzburg und einem 6:0 gegen die Admira innerhalb von nur vier Tagen wurde im Mai 2005 der Grundstein für den Meistertitel 2005 gelegt. Dieses Kunststück gelang den Hütteldorfern in der vergangenen Woche in den Auswärtsspielen gegen Debrecen und Blau-Weiß Linz erneut.

Damals trafen Spieler wie Axel Lawarée (vierfach), Tomás Dosek und Sebastian Martínez (jeweils doppelt) oder auch der heutige Geschäftsführer Steffen Hofmann und Ex-Trainer Ferdinand Feldhofer für die Grün-Weißen. Letzterer erzielte vier Tage danach auch noch sein berühmtestes Tor – zum 1:0-Auswärtssieg in der Südstadt mit der Schulter.

Diesmal war Kapitän Guido Burgstaller mit drei Toren in zwei Partien der beste Torschütze. Ante Bajic traf als Joker doppelt und auch Matthias Seidl, Marco Grüll, Leopold Querfeld und Fally Mayulu konnten sich in die Schützenliste eintragen.

Hohe grün-weiße Effizienz

Rapid überzeugte in den beiden Spielen vor allem mit großer Effizienz. 14 Schüsse brachten die Wiener auf die Tore von Debrecen und Blau-Weiß Linz, neun davon waren drin, eines schoss sich Debrecen selbst. Zusammengerechnet benötigte Rapid für diese zehn Treffer gerade mal 3.86 xG (Expected Goals). Bei einer Tordifferenz von 10:0 in zwei aufeinanderfolgenden Partien hieß das xG-Verhältnis am Ende 3.86 : 1.74 für die Grün-Weißen. Rapid lief also „über Erwartung“, bewies aber auch große Spielfreude, hörte weder in Ungarn noch in Linz auf, Druck zu machen und wollte stets weitertreffen.

Joker stachen in Linz

Die Gastgeber aus Linz spielten zwar am Sonntagabend weitgehend wie ein Absteiger, dennoch war für Rapid erfreulich, dass auch die Joker diesmal stachen – war doch der Qualitätsunterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Anzug des Rekordmeisters zuletzt immer wieder ein Thema. Barisic konnte seine Top-Spieler vor dem Duell mit der AC Fiorentina bereits frühzeitig auswechseln, Spieler wie Bajic, Mayulu und Moormann, die allesamt Scorerpunkte gegen BW Linz sammelten, sprangen diesmal gut in die Bresche. Bajic gelang dies auch schon in Debrecen.

Oswalds Top-Leistungen auf ungewohnter Position

Einer der „Helden aus der zweiten Reihe“ überzeugte aber über diese beiden Spiele am meisten: Moritz Oswald wurde vom Achter zum Rechtsaußen umfunktioniert, weil Nicolas Kühn mit einer Sommergrippe ausfiel. Der U21-Teamspieler bereitete in Debrecen einen Treffer vor, in Linz zwei, wobei speziell die Flanke vor Burgstallers 1:0 mustergültig ausfiel. Noch schöner war jedoch Oswalds Abseitstor, das in der ersten Halbzeit das 3:0 für Rapid bedeutet hätte – der 21-Jährige traf per Fallrückzieher, wurde aber im Nachhinein vom VAR enttäuscht, der sich wegen eines vorangegangenen Handspiels von Matthias Seidl einschaltete.

Oswalds Leistungen als Rechtsaußen sind aus mehreren Gründen ein wichtiges Learning für Rapid. Einerseits macht er auf der höheren Position das Offensivpressing griffiger, andererseits ist sein Passspiel im Spielfluss aufgrund der Außenposition ungefährlicher und muss nicht zwingend progressiv sein. Anstatt Pässe aus dem Achterraum zwischen die Linien zu spielen und zumeist physisch starken, gegnerischen Sechsern/Achtern gegenüberzustehen, kann Oswald in Ballbesitz etwas ruhiger agieren und Bälle in defensiv betrachtet ungefährlicheren Zonen besser ausspielen.

Weckruf für andere Rechtsaußen-Kandidaten

Und auch für die Kadersituation ist Oswalds Fabelwoche wichtig. Nicolas Kühn bekommt nun noch mehr Druck und weiß, dass er sich nicht auf seinem sicher geglaubten Stammplatz ausruhen darf. Ein noch größerer Weckruf könnten Oswalds starke Leistungen für Oliver Strunz sein. Auf seiner Standardposition wurde ihm nun zweimal der umfunktionierte Oswald vorgezogen und der nützte seine Chance, weil er vor allem gegen den Ball giftiger war. Strunz wurde demnach nur gegen Blau-Weiß Linz als Zehner eingewechselt, blieb in Debrecen über die volle Spieldauer auf der Bank. Das von Barisic gerne hochgelobte Top-Talent muss sich ranhalten und auch die Einstellung im Spiel gegen den Ball überdenken, sonst braucht es nicht mal Neuverpflichtungen, um Strunz in der Kaderhierarchie eine schwere Zeit zu bescheren. Barisic’ unerwarteter Schachzug ging voll auf – und könnte durchaus noch einen Rattenschwanz nach sich ziehen.

Schöne Momentaufnahme – aber die schweren Partien kommen noch

Rapid-Coach Barisic wirkte nach den beiden 5:0-Erfolgen sichtlich gelöst. Seine Mannschaft befolgte den „Einfachheitsgedanken“ des Trainers und teilweise lief der Ball wie am Schnürchen. Die große Effizienz trug ihr Übriges dazu bei, dass die Rapid-Fans nach der schwachen Vorwoche wieder häufig jubeln durften. Das letzte Mal, dass Rapid zehn Tore in einer Woche bejubeln durfte, war im September 2009, als man zuerst in der Europa League den Hamburger SV – damals Bundesliga-Tabellenführer – in einer legendären Partie mit 3:0 besiegte und drei Tage später im ÖFB-Cup mit 7:1 in St. Veit gewann.

Mit Debrecen und Blau-Weiß Linz traf man vergangene Woche zwar auf Gegner, die sich phasenweise hilflos und extrem fehlerbehaftet präsentierten (negative Überraschung war der inferiore Debrecen-Kapitän Dzsudzsak), allerdings waren es schon die Klarheit und Konsequenz im Spiel der Wiener, die die letzten Gegner nicht ins Spiel kommen ließen. Gegen die „Kleinen“ scheint Rapid also noch besser zu funktionieren, als in der Vorsaison – ein richtig harter Brocken wartet allerdings am Donnerstag im „Bonusspiel“ gegen die Fiorentina. Auch hier könnte Rapid natürlich Nadelstiche setzen, der Charakter des Spiels wird aber ein völlig anderer sein.

Cvetkovic-Ausfall schmerzt

Der große Wermutstropfen der vergangenen Woche war mit Sicherheit die Verletzung von Abwehrchef Nenad Cvetkovic, der sich stark in die Mannschaft einfügte, in Linz aber mit Verdacht auf Kreuzbandriss ausgewechselt werden musste. Sollte sich die Diagnose bewahrheiten, kommt wohl auch auf Markus Katzer in den elf letzten Tagen der Transferzeit unerwartete Zusatzarbeit zu. Den Herbst mit Querfeld und Hofmann als Einsergarnitur und Sollbauer und Moormann als Backups zu bestreiten, wäre ausgesprochen riskant – selbst, wenn es keine Mehrfachbelastung mehr geben sollte…

Daniel Mandl, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen