Der Star soll das Team sein: Volker Finkes Kamerun und die Hoffnung auf hochmodernen Fußball
Fußball in Österreich 8.Juni.2014 Stefan Karger 0
Trainer Volker Finke will in Brasilien laut eigener Aussage einen modernen Fußball spielen lassen und setzt dabei auf ein flexibles 4-3-3-System. Er will dabei deutsche und typisch afrikanische Tugenden vermischen, das heißt ein modernes Pressing aufziehen, das von der Athletik seiner Spieler lebt. Finke betonte außerdem, dass er weder Stars noch Führungspersönlichkeiten in seiner Mannschaft braucht, da dies die anderen Spieler herabsetzen würde. Das Kollektiv steht bei ihm, so wie ehemals in Freiburg, klar im Vordergrund – eine Aussage die sicherlich auch an Samuel Eto´o gerichtet war.
Volker Finke war einer der Pioniere was das Pressing in der deutschen Bundesliga angeht und hatte mit Freiburg große Erfolge mit seinem Spielsystem. Auch Kamerun wird den Gegner schon früh unter Druck setzen und nach Ballverlusten unmittelbar ins Gegenpressing übergehen. Finke fordert eine extrem hohe Laufbereitschaft und Einsatzfreude, die Frage ist allerdings wie präzise sich das Pressing in der Nationalmannschaft umsetzen lässt. Auf Vereinsebene kann man Woche für Woche die komplizierten Abläufe trainieren, bis sie von der Mannschaft verinnerlicht werden, was Finke in Freiburg auch perfekt gelang. Im Nationalteam steht weniger Zeit zur Verfügung, da die Spieler die meiste Zeit über bei ihren Vereinen sind und man weit weniger Übungseinheiten zur Verfügung hat. Finke stehen allerdings im zentralen Mittelfeld einige Spieler zur Verfügung, die ihre Stärken in der Balleroberung haben, sodass man sich im Verbund mit dem Fachwissen des Trainers doch einiges erwarten darf.
Nicolas Nkoulou und Aurélien Chedjou machten teilweise einen guten Job im Abwehrzentrum, dennoch offenbarte beispielsweise die 5:1-Niederlage gegen Portugal, dass die Defensive der Kameruner die Schwachstelle ist. Schlägt das Gegenpressing fehl, dann offenbaren sich Lücken in der Defensive, die der Gegner bespielen kann. Sieht man sich die Gruppengegner an, dann hält sich der Optimismus in Grenzen, da beispielsweise Kroatien mit Luka Modric einen Spieler in seinen Reihen hat, der absolut pressingresistent ist und den Afrikanern große Schwierigkeiten bereiten kann. Als Pluspunkt kann hier Volker Finkes Erfahrung angeführt werden, der bewiesen hat, dass er die Taktik nach den Gegnern ausrichten kann und überaus flexibel ist, was uns zum nächsten Punkt bringt.
Finke will nach eigenen Aussagen ein flexibles 4-3-3 spielen lassen, scheut sich aber nicht seinen Spielplan an die jeweiligen Situationen anzupassen. Im Normalfall agiert Kamerun mit hohem Pressing, aber Finke kann die Flügelstürmer auch zurückziehen und abwartender agieren, wenn es die Situation erfordert. Was den eigenen Spielaufbau betrifft fordert der deutsche Coach ein präzises Aufbauspiel, was meist über das Zentrum erfolgen soll, um das Spiel im richtigen Moment auf einen der Flügel zu verlagern. Finke verlangt von seinen Spielern, dass sie auch auf engem Raum kombinieren können, bis sich Lücken in der gegnerischen Formation offenbaren.
Die Erwartungshaltung im eigenen Land ist hoch und es ist Volker Finke zu verdanken, dass die Unruhen auf Verbandsebene nicht allzu stark auf die Mannschaft überschwappen werden. Größen wie Roger Milla schossen bei Finkes Verpflichtung gegen ihn und kritisierten, dass ein ausländischer Trainer verpflichtet wurde. Mittlerweile gelang es Finke die Nation weitestgehend von ihm zu überzeugen, wobei es hier wichtig war, dass er gut französisch spricht und sich in Kamerun viele Meisterschaftsspiele ansah und somit Präsenz zeigte. Die Fans der Nationalmannschaft erwarten immer viel von ihrem Team und rechnen auch bei Gruppengegnern wie Brasilien, Kroatien und Mexiko mit dem Aufstieg ins Achtelfinale. Die Realität ist jedoch, dass das Team in den letzten 20 Jahren bei vier Weltmeisterschaften kein einziges Mal die Gruppenphase überstand.
Ob die Löwen dieses Mal unbezähmbar sein werden darf angezweifelt werden, denn insbesondere die Defensivabteilung kann nicht wirklich überzeugen und zeigte auch bei Testspielen ihre Fehleranfälligkeit. Es besteht also die realistische Möglichkeit, dass Kamerun zum fünften Mal in Folge in der Gruppenphase den Aufstieg verpassen wird. Trotzdem darf man auf die Auftritte der Afrikaner gespannt sein, da Coach Volker Finke immer wieder für die eine oder andere Überraschung gut ist und womöglich das Maximum aus seinem Team herausholen kann.
Mögliche Aufstellung
Wir dürfen uns auf eine moderne 4-3-3-Formation freuen, die ein aufwendiges Pressing betreiben wird. Der Star soll die Mannschaft sein, das Kollektiv steht über den einzelnen Spielern. Auf den Außenbahnen stehen Finke jedoch einige interessante Möglichkeiten zur Verfügung.
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Stefan Karger
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