Massimo Bruno – Ein ungeschliffener Diamant für Red Bull Salzburg
Fußball in Österreich 16.Juni.2014 Stefan Karger 0
Red Bull Salzburg verpflichtete den 20-jährigen Belgier Massimo Bruno vom Traditionsklub RSC Anderlecht. Der offensive Flügelspieler unterschrieb einen Vertrag bis 2019 und will mit seinem neuen Klub groß in der Champions League aufspielen. Die Perspektive mit Leipzig später in der deutschen Bundesliga zu spielen gab schlussendlich den Ausschlag für den Wechsel, sodass Mitkonkurrent 1899 Hoffenheim durch die Finger schaute. Was dürfen sich die Fans vom Salzburger Neuzugang erwarten? Wir sehen uns seine bisherige Karriere an und analysieren seine Stärken und Schwächen.
Der Weg zum RSC Anderlecht
Massimo Bruno wurde am 17. September 1993 als Sohn italienischer Eltern in der belgischen Gemeinde Boussu geboren, einer Stadt mit knapp 20.000 Einwohnern, die in der Grafschaft Hennegau nahe an der französischen Grenze liegt. Nachdem er bei RSB Frameries seine ersten Schritte im Jugendbereich tätigte wechselte er nach einer Saison mit sieben Jahren zum RAEC Mons, wo er zwischen 2000 und 2002 in den Nachwuchsmannschaften spielte. Seine Eltern zogen anschließend nach Anderlecht und Bruno trainierte vier Jahre lang beim belgischen Rekordmeister, bis er als 14-Jähriger wieder nach Mons zog, um dort eine Ausbildung neben dem Fußball zu absolvieren. Es sah damals nämlich nicht unbedingt danach aus, dass er im Profifußball eine große Karriere vor sich haben würde, denn er verfügte zwar unbestrittener Weise über ein großes Talent, hatte zu der Zeit jedoch mit Verletzungssorgen zu kämpfen, da ihm seine Ferse immer wieder Schwierigkeiten bereitete. In seiner Heimat kurierte er die Verletzung aus und wurde schließlich im Jahr 2009 von Sporting Charleroi verpflichtet. Für die“ Zebras“ debütierte er ein Jahr später mit 17 Jahren in der Jupiler Pro League gegen Cercle Brügge, wobei es bei diesem einen Einsatz bleiben sollte. Kurz nach seinem ersten Auftritt verpflichtete ihn nämlich der belgische Rekordmeister.
Zwei Meistertitel mit Anderlecht
Bruno kam ein Jahr lang bei der Reservemannschaft zum Einsatz und debütierte erst in der darauffolgenden Saison 2012/13 für seinen neuen Klub, abermals gegen Cercle Brügge, als er in der 85. Minute beim Stand von 3:0 eingewechselt wurde. Weit wichtiger sollte sein zweiter Pflichtspieleinsatz zwölf Tage später werden. Anderlecht verlor das Hinspiel in der Champions-League-Qualifikation gegen AEL Limassol mit 2:1 und benötige unbedingt einen Sieg, um in die Königsklasse aufzusteigen. Der junge Flügelspieler wurde im Rückspiel beim Stand von 0:0 in der 74. Minute eingewechselt und bereitete nur sieben Minuten später mit einer schönen Flanke das 1:0 von Dieumerci Mbokani vor. Knapp vor dem Abpfiff erzielte Jakowenko das erlösende 2:0 und Massimo Bruno wurde am folgenden Tag in den belgischen Gazetten als der neue Shooting-Star gefeiert.
Dieser Assist öffnete ihm die Tür in die Kampfmannschaft und Bruno zeigte von Beginn an starke Leistungen in der Jupiler Pro League. Auf dem Weg zu seiner ersten Meisterschaft schoss er in 33 Partien (26 von Beginn an) sieben Treffer und bereitete zehn Tore vor. Er sammelte zudem Erfahrung in der Champions League, wo er gegen Kaliber wie AC Milan und Malaga zum Einsatz kam. Anderlecht konnte sich jedoch nicht fürs Achtelfinale qualifizieren und landete mit fünf Punkten am letzten Gruppenplatz. In der darauffolgenden Saison wurde er erneut Meister und erzielte in 36 Spielen (28 von Beginn an) zehn Treffer und acht Assists. In der Champions League landete er erneut nur am vierten Gruppenplatz, wobei diesmal gegen Paris Saint-Germain, Olympiakos Piräus und Benfica nur ein einziges Unentschieden gegen die Franzosen herausschauen sollte. Bruno kam in drei der sechs Partien zum Einsatz und erzielte bei der 2:3-Heimniederlage gegen Benfica immerhin seinen ersten Treffer in der Königsklasse.
Während dieser Zeit wurde Massimo Bruno immer wieder von zahlreichen Scouts beobachtet und besonders aus der Premier League gab es einige namhafte Interessenten wie Arsenal, Liverpool oder Tottenham. Bruno stellte klar, dass er wohl nicht seine gesamte Karriere in Belgien verbringen würde, aber zwei Saisonen beim Rekordmeister absolvieren will, um Spielerfahrung zu sammeln. Zuletzt buhlte auch Hoffenheim um den Offensivspieler, der sich dann aber doch für Red Bull Salzburg entschied. Er traf diese Entscheidung, da er vom Red-Bull-Projekt überzeugt sei und ihn neben der Champions League mit Salzburg die zukünftige Perspektive mit Leipzig in der deutschen Bundesliga reizte. Über die Ablösesumme wurde Stillschweigen vereinbart – der belgische Rekordmeister sprach von einem Angebot, das nicht abzulehnen war.
Seine Stärken und Schwächen
Massimo Bruno spielt am liebsten als rechter Flügelstürmer und nahm diese Rolle in Anderlecht sowohl in einem 4-3-3, als auch 4-2-3-1-System ein. Er ist jedoch vielseitig einsetzbar und agierte auch schon als klassischer Strafraumstürmer – notfalls kann er auch am linken Flügel eingesetzt werden. Ende 2013 und Anfang 2014 kam er auch in einem 4-2-3-1 auf der Position des offensiven Mittelfeldspielers zum Einsatz, womit er in diesem System theoretisch jede Position in der Offensive besetzen kann. Seine besten Partien zeigte er jedoch als rechter Flügelstürmer, da dort seine Stärken am besten zur Geltung kommen.
Massimo Bruno ist ein schneller und technisch starker Spieler, der Eins-gegen-Eins-Situationen gut lösen kann, ein Auge für seine Mitspieler hat, starke Flanken schlägt und insgesamt über eine hohe Effektivität verfügt. Seine Schnelligkeit ist seine größte Waffe, er wirkt sehr dynamisch und hat einen guten Zug zum Tor. Wenn er als klassischer Stürmer aufläuft, lebt er in erster Linie von seinem Torriecher und seiner guten Abschlussquote – er hat das Gespür wo er stehen muss um Abpraller zu erwischen und erfasst Spielsituationen oftmals schneller als die Verteidiger. Sein Umschaltspiel nach Ballgewinnen ist großartig und in der vergangenen Saison arbeitete er auch besser nach hinten, was auch notwendig war, da Rechtsverteidiger Anthony Vanden Borre seinen enormen Offensivdrang auslebte und Bruno situativ hinten absichern musste. Auch wenn er hier noch Verbesserungspotential hat, erledigte er seine Defensivaufgaben insgesamt recht ordentlich und zeigte Steigerungen gegenüber seiner ersten Saison.
Durch seine Geschwindigkeit und seine starke Technik macht er in Eins-gegen-Eins-Duellen einiges wett, dennoch sollte er an seinem Körper arbeiten, wenn er den nächsten Schritt nach vorne machen will. Hier wird er in Salzburg hart an sich arbeiten müssen und ein wenig an Masse bzw. Muskeln zulegen. Sein größtes Problem in Anderlecht war zuletzt jedoch, dass er seine Leistungen nicht mehr konstant abrufen konnte. Einmal Weltklasse – das andere Mal Kreisklasse. An schlechten Tagen leidet seine Entscheidungsfindung und er vertändelt sich in Zweikämpfe, die er nicht gewinnen kann. Nach stark wechselhaften Leistungen im Frühjahr 2014 verlor er sogar seinen Stammplatz an den honduranischen Nationalspieler Andy Nájar, der auch bei der Weltmeisterschaft im Eröffnungsspiel gegen Frankreich in der Startaufstellung stand.
Fazit – Red Bull Salzburg der richtige Schritt
Massimo Bruno hat alle Anlagen dazu eines Tages in einer Spitzenliga ein Leistungsträger zu werden und verfügt unbestritten über ein riesiges Talent. Momentan käme dieser Karriereschritt jedoch noch ein wenig zu früh, da es scheint, dass er noch Erfahrungen sammeln muss, um seine starken Leistungen konstant abrufen zu können. Red Bull Salzburg kann es sich leisten Geduld mit ihm zu haben und ihn für höhere Aufgaben aufzubauen, wobei es ihm auch durchaus zuzutrauen ist, dass er in der österreichischen Liga von Beginn an glänzen wird. Bruno tat trotzdem gut daran die Angebote der Premier-League-Klubs vorerst auszuschlagen, denn nach einer schwachen Phase bei Arsenal bekäme er nicht so schnell eine zweite Chance. Der Belgier wäre theoretisch aufgrund seiner italienischen Eltern übrigens auch für die Squadra Azzurra spielberechtigt, da er bisher nur in Nachwuchsländerspielen (U17 – U21) für sein Geburtsland auflief. Der 20-Jährige meinte, dass dies zwar ein Traum von ihm wäre, er aber nicht glaubt, dass Italien ihn brauchen würde. Womit wir schlussendlich bei seinem Charakter wären: Massimo Bruno galt in Belgien als absolut bodenständiger Fußballer und kam in Interviews immer sehr sympathisch rüber. Auch bei seinem Abschied aus Anderlecht verlor er nur gute Worte über seinen alten Verein, da er weiß, dass er dem belgischen Rekordmeister seinen Durchbruch zu verdanken hat.
Stefan Karger, www.abseits.at
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