Die österreichische Fußballmeisterschaft 2012 scheint entschieden, denn im Spitzenspiel der 33. Runde siegte Red Bull Salzburg beim SK Rapid Wien mit 1:0. Damit zogen... Die Zentralachse im Griff und etwas Glück – Red Bull Salzburg auf dem Weg zum Titel

Die österreichische Fußballmeisterschaft 2012 scheint entschieden, denn im Spitzenspiel der 33. Runde siegte Red Bull Salzburg beim SK Rapid Wien mit 1:0. Damit zogen die Salzburger in der Tabelle bei noch drei ausstehenden Runden auf sechs Punkte weg. Im ausverkaufen Hanappi Stadion war es ausgerechnet Stefan Maierhofer, der seinem Team im Titelrennen drei wichtige Punkte sicherte. Der ehemalige Rapid-Stürmer köpfte in der 49. Minute zum spielentscheidenden Tor ein.

Der 2,02 Meter große Angreifer stand aber nicht nur wegen seines Treffers im Mittelpunkt. Mit einem Ellbogencheck gegen Pichler und einem Handspiel im eigenen Strafraum zog Maierhofer nämlich noch zusätzliche Missfallensrufe von den Tribünen auf sich. Aus taktischer Sicht wurde das Spitzenduell auf der Zentralachse entschieden. Rapids Hauptproblem, das sich schon über die ganze Saison zieht, spielte nach mehr oder weniger günstigen Umständen den Bullen in die Karten und war auch der Ausgangspunkt für das einzige Tor des Spiels.

Massives Zentrum auf beiden Seiten

An zwei Positionen veränderte Rapid-Trainer Peter Schöttel sein Team im Vergleich zum 3:2-Auswärtssieg bei der SV Ried. Zum einen rückte Markus Katzer statt Thomas Schrammel als Linksverteidiger in die Startelf. Der Burgenländer, der eigentlich für seine offensiven Vorstöße bekannt ist, hielt sich in den letzten Spielen zurück und musste auf der Bank platznehmen. Katzer agierte vor allem in der Anfangsphase extrem hoch, konzentrierte sich dann aber vermehrt auf die Defensive und hielt seine Seite im Großen und Ganzen dicht. Die zweite Veränderung betraf das zentrale Mittelfeld. Hier kehrte Markus Heikkinen nach abgesessener Gelbsperre zurück. Wie erwartet bildete der Finne gemeinsam mit Kulovits die Doppelsechs vor der Abwehr, um diese defensiv zu entlasten. Die Dreierreihe davor rotierte viel, vor allem Hofmann und Burgstaller tauschten häufig die Positionen.

Ebenfalls mit mehr Kampfkraft im Zentrum begann Red Bull Salzburg. David Mendes da Silva lief von Beginn statt Christoph Leitgeb auf. Der Blondschopf sollte aber noch vor der Halbzeitpause statt Jantscher, der sich eine Schulterverletzung zuzog, eingewechselt werden, was spielentscheidenden Charakter hatte.

Die Anfangsphase

In der ersten halben Stunde wirkten die Salzburger souveräner als der Herausforderer aus Hütteldorf. Das Pressing war kompakter, zudem wurde man in der Annahme bestätigt, dass die Bullen über mehr Spieler mit individueller Klasse verfügen. So zogen zum Beispiel die Flügelspieler Jantscher und Zarate nach Alleingängen in den Strafraum um die ersten Schüsse auf das Tor von Königshofer abzugeben. Dass es die einzige gefährliche Aktion des Argentiniers blieb und er, als es in der Folge auf mannschaftstaktische Aspekte ankam, untertauchte, ist ein Beleg dafür, dass er in erster Linie von seinen individuellen Fähigkeiten lebt. Generell hatte das Spiel Red Bulls starke Linkslastigkeit. Der weitaufgerückte Ulmer und Jantscher setzten Drazan und Schimpelsberger in Zwei-gegen-Zwei-Situationen immer wieder unter Druck und sorgten für viel Breite. Rapid hingegen wirkte in der Anfangsphase nervös. Vor allem bei Salzburgs Gegenpressing unterliefen den Hütteldorfern leicht vermeidbare Fehler. Unsicherheiten beim Stoppen, Kerzen und unpräzise Abschläge waren im Verteidigungsdrittel keine Seltenheit. Erst mit Fortdauer des Spiels, als man sich im wahrsten Sinne des Wortes ins Spiel reinkämpfte, konnte Rapid das Gleichgewicht herstellen.

Rapid und die Zentralachse – eine Neverending Story?

Wo die Grünen aber immer angreifbar blieben, war die zentrale Achse – sowohl im Aufbau als auch im Spiel gegen den Ball. Der landläufigen Meinung, dass man mit zwei destruktiven Sechsern vor der Abwehr keinen erfolgversprechenden oder gar ansehnlichen Fußball spielen kann, nimmt zum Beispiel Borussia Dortmund den Wind aus den Segeln. Jürgen Klopp setzte beim deutschen Meister über eine lange Saisonphase auf das Duo Kehl-Bender – die Folgen sind bekannt. Warum aber klappt dies bei Schwarzgelb und bei Grünweiß wird man immer wieder mit fußballerischer Magerkost abgespeist? Der Schlüssel sind die Innenverteidiger. Während man in Dortmund mit Mats Hummels über einen der weltweit besten spieleröffnenden Innenverteidiger verfügt, können sich Sonnleitner und Pichler vieles auf ihre Vita heften – nur nicht ein brauchbares Aufbauspiel (auch wenn sich Pichler in dieser Hinsicht zuletzt leicht verbesserte). Viel zu tief stehen sie beim Herausspielen, verhindern somit effektives Dreiecksspiel. Zudem rückte keiner von den beiden mit dem Ball am Fuß ins Mittefeld vor, obwohl sich diese Option durch Maierhofers Stellung, die in erster Linie den Passweg zum zweiten Innenverteidiger blockieren sollte, einige Male anbot. Hier eine schematische Beispielszene aus der ersten Halbzeit.

Maierhofer presst von der Seite, statt wie üblich frontal. Sonnleitner steht zu tief, daher ist keine sinnvolle Dreiecksbildung möglich. Pichler hat zwei Möglichkeiten: Entweder er spielt hinten herum über Königshofer bzw. Sonnleitner, oder geht mit dem Ball nach vorne. Damit würde er bei Salzburgs Zentralblock für ein durchaus ungutes Gefühl sorgen. Die Spieler müssten ihre Positionen aufgeben und attackieren, womit die entsprechenden Gegenspieler Raum erlangen würden und anspielbar wären. Ähnlich würde es aussehen wenn sich Sonnleitner weiter vorne postieren würde. In diese missgünstige Lage brachte Rapid seine Gegner aber nie – im Gegensatz zu Red Bull. Sekagya marschierte ein ums andere Mal aus seiner Innenverteidigerposition nach vorne und sorgte für Verwirrung im Rapid-Mittelfeld. Generell war die zentrale Zone, wie mehrfach erwähnt, größtenteils in Salzburger Hand. Kam man – sei es durch Sekagyas Rausrücken oder durch ruhiges Kombinieren – hinter Rapids erste Pressingreihe, fand man dort Räume vor um den Ball schnell durchs zweite Drittel zu bringen. Entscheidend war die typische Passer-Abräumer-Verteilung zwischen Svento und Mendes da Silva. Der Niederländer hatte aufgrund der tiefen Stellung von Rapids Doppelsechs viel Zeit um die Bälle zu verteilen. Verstärkt wurde der Effekt durch die Einwechslung von Leitgeb. Nach der Hereinnahme des 27-Jährigen rutschte Leonardo auf den Flügel und Salzburgs Formation glich mehr einem 4-1-4-1 als dem ursprünglichen 4-2-3-1. Mit einer 1-2-Stellung im Zentrum, die sich durch das Verhalten Leitgebs ergab, hatten die Bullen beide Rapid-Sechser gebunden und Mendes hatte Platz um das Spiel zu ordnen. Die Vorgeschichte des spielentscheidenden Treffers geht genau auf diese Überlegenheit auf der Zentralachse zurück.

Fazit

Die Statistik mag den Eindruck vermitteln, dass ein Remis das gerechteste Ergebnis gewesen wäre, und auch als Zuschauer hatte man das Gefühl, dass das Spiel ausgeglichen war. Hinzu kommen die strittigen Entscheidungen von Schiedsrichter Robert Schörgenhofer und ein Lattenschuss von Steffen Hofmann. Auf den zweiten Blick findet man aber kaum Gründe, was einen Salzburg-Sieg unverdient machen würde. Dass gewisse Entscheidungen pro Red Bull ausgefallen sind, liegt nicht im Zuständigkeitsbereich der Salzburger und an der sportlichen Leistung gibt auch kaum was auszusetzen. Auch wenn es im Endeffekt nur ein Tor war, das Red Bull Salzburg den Sieg brachte, man hat seine Aufgaben erfüllt und die sich bietenden Möglichkeiten genutzt. Damit ist nicht ausschließlich der Siegestreffer gemeint, sondern vielmehr die Kontrolle im Mittelfeld. Rapid bot seinem Gegner die zentrale Zone an und gerade in dieser biederen Saison macht das Ausnützen der gegnerischen Schwächen den Unterschied aus.

axl, abseits.at

Alexander Semeliker

@axlsem

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