Ein schlichter Titel, der alles aussagt. Hans Krankls Biografie ist genügsam nur mit seinem Nachnamen betitelt. Schließlich geht es in diesem Buch ja nur um ihn: Um den Sportler und den Menschen Johann „Hans“ Krankl. Das Leben des „Goleadors“ wurde vom Journalisten und Autor Wolfgang M. Gran niedergeschrieben, der ehemalige Spieler hat dabei mitgewirkt. Im ersten Teil sahen wir uns seine Laufbahn als Spieler an, nun widmen wir uns seiner Zeit nach seiner aktiven Karriere.
Ein Trainingslager in Usbekistan
…. ließ Krankl das Kapitel Rapid endgültig beenden. Dort will er nicht hin. Einige andere wollen auch nicht, doch lassen sich „wieder umdrehen.“: „Ich bin nicht in Usbekistan gelandet, sondern beim Wiener Sportklub.“ Nach dem Engagement beim Sportklub beendete der ergraute Toptorjäger nach einem Intermezzo bei Krems seine Karriere mit einem Aufstieg in die erste Liga: Bei Salzburg machte er noch einmal zehn Tore in vierzehn Spielen. Dann endet die Karriere des Jahrhundert-Rapidlers. In Kapitel 11 fassen Gran und Krankl abschließend die Erfolge des Stürmers zusammen: Locker eine halbe Buchseite nehmen „Hanseees“ Titel und Triumphe in Kauf: Vom Silbernen Schuh bis zum Goldenen, vom gewonnen Europacupfinale bis zum verlorenen. Er hat es sich verdient, der Herr Krankl. Anschließend läutet das Autorengespann die zweite sportliche Karriere des Ex-Rapid-Kapitäns ein. Als Trainer hatte der gebürtige Mariahilfer nämlich weniger Glück, als während seiner Karriere als Spieler. Ironischerweise ist ab dieser Stelle noch nicht einmal die Hälfte des Buches gelesen.
Schon im Cupfinale gegen die Austria des „Legenden-Kollegen“ Herbert Prohaska war der frischgebackene Trainer laut seiner Biografie ein „Hans ohne Glück“. Sein violetter Gegenpart sieht es in seinem oben schon erwähnten Buch ähnlich: Krankls taktische Wechsel im Cupfinale ‘90 waren richtig, einzig und allein FAK-Stürmer Andi Ogris zerstörte den Traum vom Pokal, indem er in der Nachspielzeit ausglich. 3:1 siegte die Austria schließlich in der Verlängerung. Im Mai 1991 kam es noch schlimmer: Krankls Rapid verlor das Pokal-Endspiel 2:1 gegen den Zweitligisten Stockerau. „Hansi unser“ spart nicht mit Selbstkritik: „Ich war nach Niederlagen beleidigt auf die Spieler, auf die Gegner, auf mich selbst und überhaupt. Das war völlig falsch.“
Nach drei Saisonen bei den Grün-Weißen hatte Krankl beim Vfb Mödling mit Marasek und Barisic zwei zukünftige Rapid-Kicker unter seinen Fittichen. Marasek lobt ihn noch heute: „Sein Training war erstklassig, und er war der erste Trainer, bei dem ich mit 22 Jahren das Verschieben gelernt habe.“ 1994 machte Innsbruck Krankl ein nicht abzulehnendes Angebot: Geld floss reichlich und die Wunschspieler des „Goleadors“ wurden eingekauft. So mischten die Tiroler eine Zeit lang die Liga auf. Doch der Geldhahn verebbte plötzlich, ein Finanzskandal wurde aufgedeckt und die Mannschaft zerstritt sich. Rechtfertigend reihen sich an dieser Stelle aufmunternde Zitate aneinander: „Wenn es die Mair-Sache (Klaus Mair, Präsident des FC Tirol Innsbruck, wurde wegen Veruntreuung verhaftet, Anmerkung) nicht passiert wäre, hätte der Hans seinen heiß ersehnten Titel wohl längst in der Tasche […]“ (Tiroler-Krone-Sportchef Fraisl) oder „Da war Hans zur falschen Zeit beim richtigen Verein.“ (Josef Hickersberger). Fortuna Köln, Admira Wacker, das österreichische Nationalteam – überall hatte „Hanseee“ nur „relative Erfolge.“ Dass von ihm aber Absolute erwartet werden, bringt der Ex-Barca-Stürmer gut auf den Punkt.
So beschreibt es Krankl ausführlich beim Thema Nationalteam: Kühbauer, Kirchler, Baric und Hickersberger geben ihm Rückendeckung: Der Hans hätte es nicht besser machen können. „Das Material, das er hat, ist um etliches unter dem, das ich zur Verfügung hatte. Mir konnten sie vorwerfen, auf einen vergessen zu haben, aber das ist beim Hans ja gar nicht möglich.“, erzählt beispielsweise Herbert Prohaska.
Jetzt schlägt‘s 13
Im Kapitel mit eben dieser Nummer soll es um Journalisten gehen. Krankl erzählt jene Anekdote, als er die Zusammenarbeit als Glossenautor der Krone abbrechen wollte, da ihm der ihm zugewiesene Journalist zuviel „dreinschrieb.“ Das Lob für die letzte Glosse, mit der der „Goleador“ gar nicht einverstanden war, nahm er aber noch dankend entgegen: „Da hat mich der Hemingway behaucht.“, antwortete er auf ein Kompliment. Die Geschichte klingt selbstironisch und man muss zu Recht schmunzeln. Irgendwie passt das Kuriosum zum selbstbewussten Johann K. und es ist erstaunlich, freimütig erzählt, wie er sich mit fremden Federn schmückte. Das sei eben seine Persönlichkeit – take it or leave it. Amüsante Anekdoten wechseln sich nun ab und schließlich erklärt „Medienschreck“ Peter Pacult, warum „der Hans“ manchmal emotional wird: „Für uns aus dieser Generation ist es schwieriger geworden, mit 25-jährigen Journalisten zu reden, die nie eine Murmel getroffen haben und nicht wissen, wovon sie sprechen.“
Das „Mi interessiert des net“-Interview („..und mir schlogen Wales zwamoi…“), ein Hit auf youtube, wird auch noch aufgegriffen. Krankl erzählt aus seiner Sicht die „Affäre Oberhauser“ (Krankl attestierte dem damaligen ORF-Sportchef Elmar Oberhauser, er sei „vom Turnen befreit“ gewesen) und die Entscheidung als Teamchef lieber einen Italienurlaub zu buchen, anstatt bei der EM ‘04 in Portugal zu „kiebitzen“. Auch hier spürt man, dass der „Jahrhundert-Rapidler“ wahrscheinlich ein Mensch ist der oft missverstanden wird: Keine Spur vom „prahlerischen Affen“ flattert durch die Zeilen. Der Ex-Kicker war uneitel genug auch Kritik in seine Biografie aufzunehmen. Beispielsweise lässt er Prohaska folgendes „ins Poesie-Album malen“: „Er (Hans Krankl, Anmerkung) will sich immer rächen. Das sind Dinge, da sollte er meiner Meinung nach drüber stehen, denn alles was er ist, kann ihm ja ohnehin keiner wegnehmen.“ Wer kann es ihm verübeln, dass er letztendlich in seinem eigenen Buch dennoch einen positiven Eindruck hinterlassen möchte und deshalb nicht seine Erzfeinde zu einer Wortspende gebeten hat.
„Es ist 22 Uhr und hier ist Hans Krankl, der Nachtfalke“
In den letzten fünf Kapiteln stellt Johann K. den Menschen Hans Krankl in den Vordergrund. Er beginnt von seiner „Geliebten“ zu erzählen: Neben der „Ehefrau Fußball“ pflegte Hans seit jeher eine innige Beziehung zur Musik. Schon als Bub haben es dem „Hanseee“ „The Kinks“ angetan, später wurde er auch zum Jazz-Liebhaber- die Initialzündung für seine Radio-Wien-Show „Der Nachtfalke“. Heute sei er „ein wandelndes Musiklexikon“, das auch selbst leidenschaftlich gerne singt. Und zwar nicht mit irgendwem: Krankl spielte mit Willi Resetarits alias Dr. Kurt Ostbahn oder Kottans Kapelle groß auf. Lob kassierte er dafür von der Leadsängerin der „Seer“: „Er ist ein faszinierender Mensch, der das gewisse Glitzern in den Augen hat.“ Seine „Bescheidenheit“ zeigt Krankl in diesem Kapitel auch ungeschönt: „Ich mache das, wenn ich Kindern helfen kann, oder wenn es eine Kohle zu verdienen gibt auch.“ oder „Ich bin der zweitbeste zeitgenössische Rhythm-&-Blues-Sänger nach dem Kurt Ostbahn, ich spiele nur mit exzellenten Bands.“ Doch darüber kann man gekonnt schmunzeln und muss nicht gleich den „Der-ist-so-ein-eingebildeter-Zipf-Hammer“ auspacken und dem „Hansi-Burli“ auf die Finger hauen.
Als gelernter Automechaniker ist Krankl außerdem „ein bisserl ein Autofreak“ und ein modebewusster Mensch: „Einer der ungeputzte Schuhe trägt, ist für mich ein schlampiger Mensch. Das bin ich nicht.“ Ungekürzt huldigt Krankl Ehefrau und Familie: „Inge ist die beste Frau, die es gibt, die beste Mutter, der beste Freund und die beste Geliebte- warum hätte ich mich jemals um eine Freundin umschauen sollen?“ Krankl sieht sich als liberalen Patriarchen: „Wenn sie (seine drei Kinder, Anmerkung) einen Rat wollen, können sie immer kommen, wenn nicht, ist das auch okay.“ Das Schlusskapitel ist einfach: „I’m not like everybody else“.
Dass Krankl einfach Krankl ist, war auch schon vor dem Studieren seines Buches klar. Auch die Biografie „Krankl“ ist einfach „Krankl“: Eine gut geschriebene, kompakte und interessante Biografie. Man kann dem Leser persönlichere Einblicke ins eigene Selbst vermitteln, aber grundsätzlich ist die niedergeschriebene Lebensgeschichte ein saftiger Drehschuss ins Tor.
Vielleicht bin ich tatsächlich nicht der richtige Maßstab, aber grundsätzlich findet sich keine überzogene Selbstbeweihräucherung. Krankl streut sich keine Blumen, wie ein französisches Sprichwort über eitle Menschen lauten würde. Gran beschreibt den Ex-Sportler als kontroverse Figur und dazu stand Johann K. auch immer. Weltweit oder auch nur in Österreich hat man eindeutig mehr Maulhelden oder selbstverliebte Stars gesehen. Im Endeffekt gehört auch eine gehörige Portion Glück dazu, welche „Farbe“ eine Person des öffentlichen Lebens von den Medien umgehängt bekommt. Stolz wie ein Spanier, so ist Hans Krankl und anders kann man ihn sich heute auch nicht mehr vorstellen. Etwas zu malerisch und zu poetisch endet „Krankl“ aber doch: „Denn Hans Krankls heiliger Zorn kann einen ins Wanken bringen. Aber unter der Wucht seiner Liebe geht man zu Boden.“ Tatsächlich?!
Marie Samstag, abseits.at
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