Bemüht aber in jeder Hinsicht unterlegen – U21-Team verliert 2:6 gegen Spanien
Nachwuchs 6.September.2013 Alexander Semeliker 5
Bevor es für das österreichische Nationalteam am Freitagabend in München in der WM-Qualifikation gegen Deutschland geht, traf die U21-Auswahl im Zuge der EM-Qualifikation in Graz auf Spanien. Der amtierende Europameister war der klare Favorit und wurde dieser Rolle auch gerecht. Am Ende musste die Truppe von Werner Gregoritsch eine 2:6-Klatsche einstecken. Der Klassenunterschied war dabei in jeder Hinsicht klar erkennbar.
Schon in der zweiten Minute gingen die Spanier durch Daniel Carvajal in Führung. Die weiteren Treffer für die Gäste erzielten dessen Real-Teamkollegen Jese Rodriguez und Alvaro Morata, der gleich viermal traf. Für dievTreffer aufseiten des ÖFB-Nachwuchs‘ waren Florian Kainz sowie ein Eigentor Carvajals nach einem Freistoß zuständig.
Schwere Aufgabe für Doppelsechs
Im Vorfeld wurde betont, dass Gregoritsch auf das gleiche 4-2-3-1-System wie A-Teamchef Marcel Koller setzt. Dies zeigt das große Missverständnis mit derartigen Bezeichnungen auf. Denn es handelt sich dabei zwar um die gleiche Grundformation, jedoch wird sie in beiden Fällen anders interpretiert. So wird unter Koller in einem 4-4-2 gepresst, das dadurch zustande kommt, indem sich der Zehner nach vorne bewegt, während die Abläufe im U21-Team etwas anders sind. Zwar agierten auch in diesem Spiel Zehner und Stürmer im Spiel gegen den Ball nebeneinander, jedoch positionierten sich Raphael Holzhauser und Robert Zulj merkbar tiefer.
Die Pressingformation war also eher als 4-2-4-0 aufzufassen, was gegen die Spanier insofern verständlich war, als diese stets versuchen ein Übergewicht im Mittelfeld herzustellen. Jedoch ließen sich Zulj und Holzhauser von den fluiden Bewegungen der Spanier ein ums andere Mal wegziehen, was die Doppelsechs, bestehend aus Marcel Ziegl und Daniel Offenbacher, vor eine schwere Aufgabe stellte, an der sie zerbrachen. Ein wichtiger Grund dafür war, dass die beiden als Spieler der österreichischen Bundesliga an komplexe Abläufe, wie sie die Spanier zeigten, nicht gewohnt sind und unnötige Wege gingen.
Spanien mit gewohnter Ausrichtung
Aufseiten der Spanier sah man das gewohnte Bild: viele aktuelle und ehemalige Spieler des FC Barcelona und von Real Madrid, ergänzt von dem ein oder anderen Ausnahmekönner eines anderen Vereins. Der bekannteste Akteur dabei war Kapitän Iker Muniain, der trotz seiner erst 20 Jahren mit Athletic Bilbao bereits in seine fünfte Saison in der Primera Division geht. Er hielt am linken Flügel lange die Breite, zog aber immer wieder mit Tempo, auch ohne Ball, in die Mitte.
Das zentrale Mittelfeld bildeten Rayos Saul Niguez, Liverpools Suso (aktuell an Almeria ausgeliehen) sowie Sergi Roberto vom FC Barcelona. Vor allem die letzten beiden sorgten für viel Bewegung im Mittelfeld, da sie sehr vertikal agierten – ein kleiner Unterschied zum Spielstil des A-Teams. Ansonsten sah man bei den Gästen die gewohnten Abläufe und das gewohnte Spiel. Sie dominierten den Ballbesitz, waren aufgrund ihrer technischen Stärke kaum vom Ball zu trennen, konnten ihrerseits aber durch schnelles Gegenpressing rasch Druck auf die Gegenspieler ausüben.
Ein guter Vorsatz
Im Vorfeld konnten man aus dem ÖFB-Lager durchaus selbstbewusste Äußerungen wahrnehmen, was sich auf dem Spielfeld fortsetzte. Die Gregoritsch-Elf versuchte früh Zugriff auf das Aufbauspiel des Gegners zu bekommen und ein hohes Pressing aufzuziehen. Dadurch wollte man die Spanier zu langen Bällen zwingen, um die körperlichen Vorteile ausspielen zu können. Dies ging so weit, dass man bei Abstößen und Freistößen in Nähe des Strafraums die nahen Gegenspieler zustellte.
In diesen Fällen ging die Strategie auf, was nicht weiter verwunderlich ist. Die ÖFB-Kicker hatten genug Zeit sich zu organisieren, konnten sich immer wieder versichern richtig zu stehen und gegebenenfalls reagieren. Probleme gab es indes wenn die Spanier den Ball laufen ließen, ganz groß waren sie wenn das Tempo anzogen wurden. Die schnellen Bewegungen der Iberer riefen immer wieder falsche Reaktionen aufseiten der rot-weiß-roten Youngster hervor.
Kleine Fehler, große Wirkung
Allerdings sei an dieser Stelle erwähnt, dass die taktischen Fehler keineswegs amateurhaft waren, in Spielen der österreichischen Bundesliga zuhauf vorkommen. Vielmehr bestätigen sie die Klasse der spanischen Kicker und die These, dass gegen solche Teams schon ein, zwei Meter oder falscher Ehrgeiz das Pendel zugunsten des Gegners ausschlagen lassen. Anhand der Entstehung der ersten beiden Gegentore soll dies verdeutlicht werden.
Nach einer Verlagerung formen die Spanier eines ihrer gewohnten Dreiecke, bestehend aus Muinian, Sergi Roberto (gelb) und Suso (blau). Ziegl (rot) befindet sich in diesem und spult aufgrund seines zu hohes Ballfokus‘ etliche „leere Meter“ ab. In der Mitte orientiert sich Offenbacher (schwarz) richtigerweise zurück.
Über Suso kommt der Ball wieder zu Sergi Roberto. Ziegl begeht den Fehler, dass er letzteren alleine unter Druck setzen will. In der tipp3-Bundesliga entstehen durch derartiges Anlaufen ab und zu Abspielfehler, Spieler des spanischen U21-Teams sind dadurch aber nicht vom Ball trennen. Hinzu kommt, dass es Offenbacher verabsäumt sich näher zu Suso zu orientieren, weshalb Spaniens Nummer elf viel Platz bekommt.
Nach einer weiteren Verlagerung ergibt sich schließlich die oben dargestellte Szene. Österreichs Außenspieler müssen auf die beiden Spanier an der Seitenlinie schieben, was den Raum hinter ihnen öffnet. Die ÖFB-Doppelsechs kann den Abstand zu Suso nicht schließen und dieser kann flanken. Carvajal gewinnt den daraus resultierenden zweiten Ball und netzt ein.
Der Fehler vor dem 0:2 ist noch unscheinbarer. Die Österreicher wollen mit einem kurz abgespielten Freistoß das Spiel schnell machen, jedoch sichern sie diesen Angriff nicht genügend ab. Patrick Farkas und Holzhauser müssten dieser Szene ein paar Schritte weiter nach vorne rücken, da anzunehmen ist, dass der Ball im Fall eines Abprallers im gelben Bereich landen wird. So schenkt man den Spaniern einen billigen Konter, den diese mit ihren schnellen Akteuren dankbar annehmen.
ÖFB-Team auch individuell schwächer
Das Spiel charakterisierte sich jedoch nicht ausschließlich durch derartige gruppentaktische Aspekte. In vielen Aktionen sah man eindeutig, dass die spanischen Akteure den Österreichern auch individuell mehr als eine Klasse überlegen waren. Das ging von den bereits erwähnten unterschiedlichen Reaktionen auf das jeweilige Pressing über die Ballverarbeitung bis hin zur Chancenauswertung. So hatten die ÖFB-Auswahl laut offizieller UEFA-Website sowohl mehr gefährliche Angriffe (38:37) als auch mehr Großchancen (3:0).
Auch die beiden Tore rücken in ein schlechteres Licht, wenn man bedenkt, dass sie nach Standardsituationen und unter Mithilfe des Gegners – beim 1:3 wirkte Spaniens Torhüter bei einer Flanke orientierungslos – fielen. Am Montag hat die Truppe von Werner Gregoritsch jedoch die Chance mit einem Sieg gegen Bosnien und Herzegowina wieder Kurs Richtung EM-Teilnahme zu nehmen.
Alexander Semeliker, abseits.at
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Alexander Semeliker
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